Die Demo am Freitag (Auftaktkundgebung um 18 Uhr an den City Arkaden in Wuppertal-Elberfeld) richtet sich auch gegen Polizeigewalt. Deshalb veröffentlichen wir hier eine (unvollständige) Kritik an der Polizei in zwei Schwerpunkten: Das Handeln der Polizei in Wuppertal (gewaltätige Hunderschaftseinheiten, eine Täter-Opfer-Umkehrung und eine Polizei-führung – die trotz täglicher Pöbeleien vor Geflüchtetenunterkünften und dem HoGeSa-Mordanschlag kein Problem mit rechter Gewalt sieht – dafür aber antifaschistisches Handeln wo es nur geht kriminalisiert) ist leider kein Einzelfall, sondern trauriger Alltag in der Arbeit der Polizei weltweit.
Polizei & Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
Schikanöses bis gewaltätiges Handeln der Polizei trifft bevorzugt bestimmte Gruppen in der Gesellschaft. Beschäftigt man sich abgesehen von den strukturellen Ursachen mit den diesem Handel zu Grunde liegenden Motiven trifft man immer wieder auf Haltungen wie Rassismus, Fremdenfeindlichkeit oder auch Sozialchauvinismus.
Was all diese unterschiedlichen Haltungen verbindet ist sogenannte 
“gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit”, also ein Denken in Gruppen, das
 nicht prinzipiell von der Gleichwertigkeit der Interessen der 
verschiedenen Gruppen ausgeht und so in seinem Kern immer auch die 
Feindschaft zwischen Menschen bestimmter Gruppen beinhaltet. Symptome 
gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit begleiten ständig die Arbeit der 
Polizei und führen dazu, dass diese vielen Gruppen in der Gesellschaft 
alltäglich praktisch feindlich eingestellt gegenübertritt.
Ein häufiges Motiv ist dabei Rassismus in all seinen Ausprägungen, der 
sich aus aktuellem Anlass anbietet die Mechanismen dieser 
Gruppenbezogenen Menschfeindlichkeit in der Arbeit der Polizei 
exemplarisch für all die anderen Formen näher zu erörtern.
Individueller Rassismus mag bei der 
Polizei nicht mehr oder weniger verbreitet sein als im Rest der 
Gesellschaft, auf Grund der großen Macht die der Polizei als Träger des 
staatlichen Gewaltmonopols im Alltag über Menschen zufällt, hat er hier 
aber besonders drastische Konsequenzen für die Betroffenen.
Zum Beispiel bei der Bundespolizei Hannover, wo der 39 jährige Torsten 
S. wiederholt brutal Geflüchtete im Gewahsam misshandelte und davon 
Bilder und Berichte über Handy an seine Kolleg*innen schickte. Auf den 
Bildern war neben Torsten S. die Anwesenheit mindestens einer weiteren 
Person an den Stiefeln zu erkennen und aus den verschickten Nachrichten 
ging hervor, dass auch die Vorgesetzten von den Misshandlungen wussten.
Die Sache fiel letztendlich nur auf, weil Torsten S. auch Kolleg*innen 
mit gezogener Waffe bedrohte, woraufhin sich diese anonym an die Presse 
wandten. Es ist davon auszugehen, dass diese Fälle, wie vermutlich viele
 andere auch, niemals öffentlich geworden wären, hätte sich Torsten S. 
darauf beschränkt seinen Sadismus weiterhin nur an den rassistisch und 
sozial Marginalisierten dieser Gesellschaft auszuleben.
Im Fall der Bundespolizei Hannover wurde dann auch sehr deutlich, welche
 Strukturen es sind, die Menschen wie Torsten S. ermöglichen ihren 
Rassismus dermaßen brutal und offen auszuleben.
Kurze Zeit nach dem Auffliegen der Misshandlungen wurde eine Facebook-Gruppe bestehend aus Mitgliedern der Bundespolizei Hannover öffentlich bekannt, in der Hetzkommentare durch die Beamt*innen veröffentlicht wurden. Hier nur einige der Kommentare, die einen Eindruck geben mögen vom internen Diskurs der
Bundespolizei Hannover:
“Oh ja, Fußball. Rüstung an, Knüppel frei. Wir sind bereit”,
“Asoziales Pack!!! Wann kriegen wir endlich Pumpgun und Taser!”,
“Armes Deutschland! Ich hoffe das man sich irgendwann mal besinnt und 
die Gesellschaft diesem kriminellen Migrationsmob zeigt, wo es 
langgeht.”
Laut NDR hatte diese Gruppe ca. 150 
Mitglieder, darunter auch die Vorgesetzen der Kommentierenden, die mit 
solchen Kommentaren aber scheinbar keine Probleme hatten, ermittelt die 
Staatsanwaltschaft doch erst nachdem Wissen über die Gruppe durch NDR-Recherchen an die Öffentlichkeit gelangte und nicht etwa auf Grund einer internen Anzeige durch Kolleg*innen oder Vorgesetzte.
Vor diesem Hintergrund überrrascht es dann auch nicht mehr, wenn ein Insider dem NDR
 die Zustände bei der Bundespolizeidirektion Hannover, die dem 
“kriminellen Migrationsmob” mal “zeigt wo es langgeht”, wie folgt 
schildert:
“Es gab öfter lautes Geschrei in den Gewahrsamszellen. Und wenn das zu 
nervig war, dann wurde nicht nachgeschaut. Es wurde einfach die Tür 
geschlossen, damit nichts nach außen drang. Das habe ich selbst einmal 
gesehen. Geschlossen wurde die Tür auch vom Dienstgruppenleiter.”
Denn vom Diensgruppenleiter bis zu einfachen Beamt*innen herrscht 
offensichtlich Einigkeit darüber wie man mit “asozialem Pack” und 
“kriminellem Migrationsmob” zu verfahren hat.
Und das nicht nur bei der Bundespolizei Hannover, erinnert sei hier an 
die rassistischen Morde an Oury Jalloh, der am 7. Januar 2005 mit den 
Händen gefesselt in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte, an Laya 
Condé, der am gleichen Tag nach einem Brechmitteleinsatz im 
Polizeigewahrsam in Bremen starb oder Christy Schwundeck, die am 19. Mai
 2011 in einem Frankfurter Jobcenter von der Polizei erschossen wurde.
Wenn individuell rassistische Weltbilder und der in dieser Gesellschaft tief verwurzelte institutionelle Rassismus zusammenkommen, insbesondere im Handeln der Polizei, dann hat das katastrophale Folgen für die Betroffenen, die von Freiheitsentzug bis hin zum Mord reichen.
Strukturell rassistische Ausländer- und 
Asylgesetze, die Straftaten schaffen, die nur von Migrant*innen begangen
 werden können, und damit den Kontrollbereich der Polizei gegenüber 
Migrant*innen ständig erweitern kommen zusammen mit einem allgemeinen 
gesellschaftlichen Diskurs der Migrant*innen als Gruppe in der Regel 
irgendwie konträr zur Mehrheitsgesellschaft sieht und hauptsächlich als 
Belastung und Gefahr, bestenfalls Herausforderung für diese darstellt.
Es ist dieses gesellschaftliche Klima in dem sich die Polizei in 
Hannover dann als eine Art Avantgarde der Mehrheitsgesellschaft fühlen 
darf, die an vorderster Front gegen “Asoziales Pack” und “kriminellen 
Migrationsmob” kämpft und im Sinne des Allgemeinwohls dabei eben auch 
mal hart durchgreifen muss.
Wofür es dann Menschen wie Torsten S. gibt, denen man im Bedarfsfall hinter verschlossenen Türen freie Hand lässt.
Abgesehen von den vielen Fällen extremer Gewalt scheint es darüber 
hinaus bei der Polizei erfahrungsgemäß weit verbreitet zu sein 
Migrant*inen nicht als zu schützende Mitglieder der Gesellschaft, 
sondern als unter generalverdacht stehende Gruppe von Menschen am Rand 
der, aus einer Perspektive der vemeintlichen Mitte heraus betrachteten, 
Gesellschaft zu sehen.
Und wenn die Bundesregierung im Juli 2015 auf eine kleine Anfrage der 
Linkspartei im Bundestag bezüglicher ihrer Einschätzung zu 
institutionellem Rassismus im Handeln der Polizei antwortet, es gäbe 
„keinen Ansatz für die Feststellung eines Strukturproblems“ und „im 
Einzelfall” enstehe “fälschlicherweise der Eindruck“ von “subjektiv als 
unberechtigt empfundene(n) polizeiliche(n) Maßnahmen“, dann können sich 
einzelne Beamt*innen, trotz NSU, auch 
weiterhin der Rückdeckung von ganz Oben sicher sein, wenn er beim Racial
 Profiling am Bahnhof Menschen nach Haut- und Haarfarbe aussortiert und 
sich dannach, schärfere Gesetze fordernd, darüber mockiert der 
“kriminelle Migrationsmob” begehe soviele Straftaten.
Wobei ihm die politzeiliche Kriminalitätstatistik recht zu geben 
scheint, womit man zum nächsten Punkt kommt: Der Rolle der Polizei im 
öffentliche Diskurs der bürgerlichen Gesellschaft.
Polizei & Öffentlicher Diskurs
Als Exekutivorgan des Staates ist das Handeln der Polizei an die Politik gebunden, womit letztendlich der öffentliche Diskurs der bürgerlichen Gesellschaft über die Befugnisse der Polizei und den Grad der Akzeptanz von Polizeigewalt gegen bestimmte Gruppen der Gesellschaft entscheidet und damit den Rahmen für akzeptiertes polizeiliches Handeln setzt.
Immer wieder ist die Polizei daher bemüht Einfluss auf den öffentlichen Diskurs zu nehmen und diesen in ihrem Sinne zu beieinflussen, was meist die Forderung nach repressiveren Gesetzen, besserer Ausrüstung oder mehr Überwachung bedeutet.
Durch die Polizei erstellte Statistiken sind dabei immer wieder ein 
wichtiges Mittel um die öffentliche Meinung in die gewünschte Richtige 
zu lenken.
Zum Beispiel mittels fragwürdiger Kriminalitätsstatistiken, die systematisch die sogenannte “Ausländerkriminalität” überhöhen.
Da es sich um polizeiliche Statistiken handelt, sind es lediglich 
Anzeigestatistiken, die daher nur die Zahl der von der Polizei 
erstellten Anzeigen angeben, unabhängig davon ob diesen eine 
Verurteilung folgte.
Diese Statistiken sagen also letztendlich nichts aus, bis auf, dass die 
Polizei besonders häufig Menschen anzeigt die, zumindest in ihrem 
Ordnungssystem, in den Bereich “Ausländer” fallen.
Gern wird auch jeder Kratzer auf eigener Seite als verletzte*r 
Polizist*in gezählt und aus einem Tränengasangriff auf die eigenen 
Reihen wird schon mal ein “Angriff mit einer ätzenden Substanz” und 40 
verletzte Beamt*innen, während man bei den Opfern der eigenen Taten oft 
erst bei den Schwerverletzten anfängt zu zählen.
Derlei Statistiken zusammen mit dramatisierenden bzw. beschwichtigenden 
Polizeimeldungen liefern dann die Munition für Scharfmacher in Politik 
und Polizeigewerkschaft, die das fordern, was die Beamt*innen in 
Hannover schon lange wollen: “endlich Pumpgun und Taser!”.
Momentan wird vorallem eine Zunahme der Gewalt gegen Polizeibeamt*innen behauptet um höhere Strafen zu fordern, zum einen mit besagten Statistiken, zum anderen mit reißerischen Polizeimeldungen von tatsächlichen oder angeblichen Angriffen auf die Polizei, immer abgeschlossen von einer dramatischen Warnung vor einer “neuen Qualität von Gewalt”.
Diese Berichterstattung in Form von Pressemitteilungen und 
Polizeiberichten ist neben der Statistik ein weiteres wichtiges Mittel 
in der Politik der Polizei.
Polizeimeldungen haben enormen Einfluss auf die öffentliche Meinung, 
gerade auf lokaler Ebene wo eine unkritische Presse die Meldungen häufig
 als Tatsachenberichte verbreitet, wie es die WZ in Wuppertal immer 
wieder tut, aber auch auf Bundesebene ist kein Krawall mehr denkbar ohne
 Horrormeldungen der Polizei über gestiegene Aggressivität gegenüber 
ihren Beamt*innen, gefolgt von Forderungen der Polizeigewerkschaft nach 
politischen Konsequenzen.
Während die Polizei in Wuppertal in ihrem Polizeibericht eine Täter-Opfer-Umkehr vornahmen, um ihr Handeln zu legitimieren, schrieb bespielsweise die Hamburger Polizei eine nächtliche Attacke von betrunkenen Fußballfans auf Polizist*innen in ihrem Bericht um zu einer organisierten und zielgerichteten Attacke von Autonomen auf die Polizei und nahm diesen selbst gefälschten Bericht dann zum Anlass fast die halbe Stadt als Gefahrengebiet mit Sondervollmachten für die Polizei auszuweisen.
Demo 02.10.2015
	
		Antifaschistische Demonstration
Freitag, 02.10.2015  // Wuppertal
Gegen HoGeSa, Nazis und Rassist`innen!
Kein Bock mehr auf Polizeigewalt!


ACAB
Auf gehts nach Wuppertal, zahlen wir den Schweinen all das zurück was sie uns angetan haben.
ACAB
Danke
Gelungener Text, super. Ich hoffe auf eine kraftvolle Demo.
Ein stützender Beleg
Passend zum Thema hier eine statistische Auswertung von Polizei-Pressemeldungen in Wien:
https://correctiv.org/recherchen/stories/2015/08/26/polizeiberichte-verzerren-wirklichkeit/