SYRIRZA ist tot! Es lebe SYRIZA?

LAE-Gruendungskonferenz

Tsipras-KritikerInnen formieren sich: Gestern Abend fand in Griechenland - ergänzend zur schon vor rund zehn Tagen erfolgten parlamentarischen Fraktionsgründung [1] - die Konferenz zur Gründung der LAE („Volkseinheit“ oder „Populare Einheit“) als Wahlformation statt [2]. Dies ist Konsequenz der einen Tag vor der Fraktionsgründung erfolgten Rücktritts- und Neuwahlankündigung [3] des bisherigen SYRIZA-Ministerpräsidenten Alexis Tsipras; die KritikerInnen seiner Unterzeichnung des dritten Griechenland-Memorandums [4], das weitere Sozialkürzungen, Privatisierungen und Erhöhungen der Massensteuern vorsieht, mußten damit rechnen, bei der Aufstellung der KandidatInnen für die Neuwahl nicht mehr berücksichtigt zu werden (die Nominierung liegt - angesichts des Wahltermins nach griech. Recht - allein in Tsipras Händen).


In etwa zeitgleich zu der Konferenz veröffentlichte das englischsprachige Jacobinmag ein Interview [5] mit Stathis Kouvelakis [6], einem der Protagonisten der LAE. Das Interview dürfte die bisher ausführlichste Darstellung der politischen Linie der LAE sein. Ihm seien daher einige kritische Anmerkungen und ergänzende Lesehinweise gewidmet.

 

Zu Anfang etwas Positives - zumindest dem Anspruch nach: "Politics is something we do with social forces and mobilizations."

 

Nach dem Rücktritt Tsipras‘ am Donnerstag der vorletzten Woche und als drittgrößte Fraktion hatte die LAE bzw. ihr Fraktionsvorsitzender Lafazanis vergangene Woche gemäß der griech. Verfassung für drei Tage Gelegenheit, zu versuchen, eine neue Regierung zu bilden. Dazu berichtet Kouvelakis:

 

We have been given these three days, and we will try and use them to demonstrate what our conception of politics is. We are guided by the principle that social forces should have their say, and our proposals work in this same direction: namely, the democratization of Greece’s institutions.
So firstly, Panagiotis Lafazanis will have discussions with representatives of the social forces most affected by the memorandum’s various different aspects, and who are in the front rank of the fight against the memorandum and its consequences. That is to say, representatives of the unions of employees and retired people particularly affected by the coming pensions cuts and the liquidation of our remaining social rights; citizen campaigns against privatizations; farmers, fishermen, etc.
The idea is to show that for us politics is not simply about conclaves with the representatives of political parties. Politics is something we do with social forces and mobilizations.
Secondly, we will make institutional proposals: as a democratic measure, we want to do away with the fifty-seat bonus that is given to the party who comes first in the vote, as Syriza itself had promised before the elections — one of its key policies, abandoned just like the rest.

 

LAE - eine reine Anti-Memorandums- / Anti-Austeritäts-Formation, keine revolutionär-antikapitalistische Kraft

 

Ansonsten wird in dem Interview sehr deutlich, daß die LAE als reine Anti-Memorandums- / Anti-Austeritäts-Formation konzeptioniert ist und die LAE einfach da weitermachen will, wo SYRIZA die eine Hälfte ihres Programms (Weg mit den Memoranden) zugunsten der anderen Hälfte ihres Programms (In der Eurozone bleiben) aufgab:

 

The decisive point is rupture with the memorandum and austerity policies. We want to cancel the memorandums, just as Syriza had promised to do.


Reformistischer Voluntarismus 2.0

Im Gegenzug ist die LAE zwar nun bereit mit der Eurozone brechen. Aber einen klaren Begriff davon, was nicht nur die Eurozone, sondern auch die EU (von Kapitalismus gar nicht erst zu reden) ist, scheint die LAE weiterhin nicht zu haben.

So möchte auch die LAE verhandeln – über eine Reduzierung der Schulden; fast ihr einziges Druckmittel dabei: zunächst einmal gar keinen Schuldendienst zu leisten und (wie sie meint) die Wiedereinführung einer eigenen griech. Währung.

 

Our policy is based on immediately stopping the debt repayments: we will negotiate for the cancellation of the greater part of the debt, but on that basis!

it is an extremely important lever with regard to the debt question: if we instead go for a national currency, the debt will become almost unpayable, since no one would accept the repayment of a debt redenominated in a national currency. That places us in a position of strength.

 

Ich hatte meinerseits in der vergangenen Woche in Kritik an Tsipras Rücktrittsrede ebenfalls geschrieben:

 

Das (also: Wie kämpfen?) kommt logischerweise auch auf das Ziel, das erreicht werden soll, an. Verbleiben wir in der SYRIZA-Logik, eine Einigung und Zugeständnisse erreichen zu wollen, wäre eine Möglichkeit gewesen, von Anfang den Schuldendienst einzustellen – und zu sagen: ‚Wenn Ihr doch noch ein paar Cents (wieder)sehen 1 wollt, dann müßt Ihr uns jetzt mal ein paar großzügige Angebote machen.’ Kein Ahnung, ob das auch nur geringe Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.

 

Aber: 1. Zwischen „Kein Ahnung, ob das auch nur geringe Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.“ und dem Gewißheits-Glauben: „That places us in a position of strength.“ ist ein großer Unterschied. 2. Es ist ein Unterschied, ob diese Taktik Ende Jan. / Anfang Feb. probiert worden wäre oder ob sie nach der Neuwahl Ende. Sept. probiert werden würde. Denn inzwischen haben wir es mit einer anderen Konfliktdynamik zu tun. Schon als Reaktion auf den von Tsipras in Form des Referendums begonnenen und dann am Tage nach dem Referendum abgebrochenen Widerstand bekam das dritte Memorandum einen klar verschärften, punitiven (bestrafenden) Charakter, wie Kouvelakis selbst analysiert:

 

„There was a very clear punitive dimension to all this. In breaking Syriza, they wanted to kill off any attempt at a break with austerity. At the same time, we ought to be clear that the current capitalist crisis is far from over, and that the ruling classes seem prepared to do everything necessary to deepen austerity policies.“

 

Es müßte also eher damit gerechnet werden, daß die Reaktionen auf eine eventuelle LAE-Regierung (allerdings sieht es nach den bisherigen Umfragen ohnehin bei weitem nicht so aus, als ob es dazu kommen könnte. Die ‚Radikalität‘ der LAE ist also eh weitgehend eine ‚Schaufenster-Radikalität‘ [7]) und eine etwaige Schuldendienst-Einstellung noch schärfer ausfallen würden – und eine Schuldendiensteinstellung durchaus keine „position of strength“ bedeutet.

 

Geopolitische Illusionen

 

Als zweites Ass im Ärmel erwähnt Kouvelakis Rußland und die anderen BRICS-Staaten, und er wirft Tsipras vor, sich nicht ausreichend um deren Unterstützung bemüht zu haben. Auch wenn ich eine solche partielle Kooperation nicht grundsätzlich verwerfe, so muß für eine realistische Strategieentwicklung von vornherein berücksichtigt werden:

 

1.

die Neigung in Russland und China, sich auf die Seite Griechenlands und gegen den Rest der EU zu stellen, gering. Russland wäre zwar angesichts seiner Konflikte mit dem Westen bezüglich der Ukraine gegenwärtig durchaus daran interessiert, einen Keil in die EU zu treiben. Andererseits ist die EU als Handelspartner sowohl für Russland als auch für Chi­na weitaus wichtiger als das kleine Griechenland. Warum also wegen Griechenland eine Verschlechterung der Beziehungen zur EU riskieren? Die chinesische Regierung hat auch deutlich gemacht, dass sie den Konflikt als ein innereuropäisches Problem betrachtet, d.h. sich da nicht einmischen wird.
(http://www.jungewelt.de/2015/07-18/014.php)

 

2. Die BRCIS-Staaten sind auch alles kapitalistische Staaten und jedenfalls in den Beziehungen zwischen kapitalistischen Staaten setzt sich derjenige durch, der am längeren Hebel sitzt – da kann Kouvelakis viel über „terms favorable to the interests of the Greek people“ reden.

Eine belastbare Strategie muß von vornherein den eigenen Schwächen und Verwundbarkeiten klar ins Auge sehen, statt sich an vermeidlichen Machtpositionen und BündnispartnerInnen, die in Wahrheit unsichere KantonistInnen sind, zu berauschen.

 

Grexit? Kein Problem! - Wirklich nicht?

 

Auch die Bedenken dagegen, daß ein kapitalistischer Grexit auch nur in kapitalistischer Logik funktionieren, geschweige denn positiv für die Lohnabhängigen in Griechenland ausfallen würde, wird – statt mit konkreten Argumenten und Hinweisen auf konkret beabsichtigten Maßnahmen – einfach mit Gewißheits-Glauben beiseitegewischt:

 

Certainly, currency devaluation does create certain problems, but also opportunities: it boosts domestic production, it allows for exports to be substituted for imports, and makes exports more competitive. Without doubt it creates problems for some things that have to be paid for in hard currency: petrol, energy, some medications that have to be imported — although not all that much, since domestic production can provide a good part of that.
All that does open up temporary difficulties, in the transition phase. But as all the economists hostile to neoliberalism have shown — from Krugman to Stiglitz, and from Aglietta to Lordon — the debate is over. As they tell us, Greece’s best possible choice, and in reality the only viable one, is for it to return to a national currency; naturally, within the framework of a progressive policy to relaunch the economy, and which can also handle the problems that result from this. There will be inflationary pressures, but even in that context a left-wing government can protect wages.

 

Kouvelakis ignoriert hier,

  • daß die griech. Handelsbilanz negativ ist, die Verteuerung der Importe also relativ stärker zu Buche schlägt, als die Verbesserung der Exportchancen.
  • Er erwähnt – anders als ein LAE-Fan bei Facebook – nicht einmal die z.Z. ausgeglichene griech. Leistungsbilanz. Aber sie ist in den letzten beiden Jahren erstmals seit Beginn der statistischen Erfassung positiv (also nicht verläßlich; u.a. deshalb gibt es ja die hohe griech. Auslandsverschuldung) – und sie ist eh nur in den Sommermonaten (wegen des Tourismus) positiv.
  • Das heißt: Griechenland müßte zumindest kurzfristig – in den Wintermonaten – kreditfähig sein, was es aber nicht ist, wenn es den Schuldendienst einseitig einstellt.
  • Und die Ersetzung von Importen durch einheimische Produktion erfordert in vielen Fällen zunächst einmal den Import von (modernen) Produktionsmitteln.
  • Und von den konkreten Mitteln, mit denen „a left-wing government can protect wages“, wenn (1.) die Importpreise steigen, (2.) die Regierung wenig finanzielle Mittel zur Verfügung hat und (3.) die Exportindustrie konkurrenzfähiger werden soll, könnte er zumindest mal ein paar beispielhaft aufzählen.

 

Illusionen in den bürgerlichen Staat...

 

Insgesamt ist dieser Optimismus von den dahinterstehenden Illusionen getragen, kapitalistische Ökonomie lasse sich vom bürgerlichen Staat nicht nur marginal, sondern grundlegend steuern; und ein bürgerlicher Staat könne – je nach Willen derjenigen, die in ihm Ämter besetzen – für beliebige Zwecke benutzt werden. Die Struktur und Funktionslogik des bürgerlichen Staats und die Zwänge der kapitalistischen Konkurrenz werden ignoriert.

Und genauso fehlt der LAE ein Begriff davon, daß die EU keine Einrichtung zur Förderung des vermeintlichen europäischen ‚Gemeinwohls‘ (das es in einer Gesellschaft, die von Herrschaft und Ausbeutung strukuriert ist, nicht geben kann), sondern – qua Vertragsgrundlagen und Funktionsweise – eine Einrichtung zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Kapitals seiner Mitgliedsstaaten ist:

 

Frage: „Your program would have Greece leave the eurozone — but would it quit the European Union?“

Antwort: „No, not necessarily. The question may well be posed, but not automatically so. After all, there are ten EU countries that are not in the euro. For us, that’s not a done and dusted question. What our program prescribes for, in the case that the confrontation does go further, is to go to a referendum.
The British government is preparing such a vote: its political orientation is entirely at odds with our own, but we don’t see why we couldn’t pose the question, too. But leaving the EU is not one of Popular Unity’s objectives.“

 

...und kein Verständnis von den Ursachen kapitalistischer Krisen

 

In dem Interview werden zwar einmal – an der oben schon zitierten Stelle – die „ruling classes“ und an einer anderen Stelle die „working-class and popular layers“ und an einer dritten Stelle die „current capitalist crisis“ erwähnt. Aber in dem Interview fehlt ganz grundlegend ein Verständnis davon, was Klassenherrschaft, was Klassenantagonismus, was kapitalistische Produktionsweise oder auch nur kapitalistische Krise heißt.

 

„Es ist eine reine Tautologie zu sagen, daß die Krisen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion oder an zahlungsfähigen Konsumenten hervorgehn. Andre Konsumarten, als zahlende, kennt das kapitalistische System nicht, ausgenommen die sub forma pauperis 1* oder die des ‚Spitzbuben‘. Daß Waren unverkäuflich sind, heißt nichts, als daß sich keine zahlungsfähigen Käufer für sie fanden, also Konsumenten (sei es nun, daß die Waren in letzter Instanz zum Behuf produktiver oder individueller Konsumtion gekauft werden). Will man aber dieser Tautologie einen Schein tiefrer Begründung dadurch geben, daß man sagt, die Arbeiterklasse erhalte einen zu geringen Teil ihres eignen Produkts, und dem Übelstand werde mithin abgeholfen, sobald sie größern Anteil davon empfängt, ihr Arbeitslohn folglich wächst, so ist nur zu bemerken, daß die Krisen jedesmal gerade vorbereitet werden durch eine Periode, worin der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse realiter größern Anteil an dem für Konsumtion bestimmten Teil des jährlichen Produkts erhält. Jene Periode müßte – von dem Gesichtspunkt dieser Ritter vom gesunden und ‚einfachen‘ (!) Menschenverstand – umgekehrt die Krise entfernen. Es scheint also, daß die kapitalistische Produktion vom guten oder bösen Willen unabhängige Bedingungen einschließt, die jene relative Prosperität der Arbeiterklasse nur momentan zulassen, und zwar immer nur als Sturmvogel einer Krise.46

1* Konsumart der Armen

46 Ad notam für etwaige Anhänger der Rodbertusschen Krisentheorie. F.E.
(https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf, 409 f. – meine Hv.)


Die kapitalistischen Grenzen des Sozialstaats - oder: Neoliberalismus ist kein ‚Irrtum

Dies heißt zwar nicht, daß es in der kapitalistischen Produktionsweise keine Lohnerhöhungen und keine staatlichen Reformen (im alten, prä-neoliberalen Sinne) gegeben könne (in der ‚Goldenen Zeit des Fordismus‘ gab es beides relativ lange). Aber es heißt, daß solche Reformen und Lohnerhöhungen nicht den Klassenwiderspruch transzendieren; daß sie nichts sind, was die Krisenhaftigkeit der kapitalistischen Produktionsweise überwindet, sondern die nächste Krise schon in sich tragen, weil sie früher oder später zu sehr auf die Profirate drückt.

Der Wechsel von der keynesianistisch-sozialstaatlichen zur neoliberalen Strategie war weder Zufall, noch Resultat ideologischer Verblendung, sondern folgte Interessen, die durchgesetzt werden konnten.

Dies heißt auch nicht, daß auf den Kampf um Lohnerhöhungen und Reformen zu verzichten wäre, solange eine Revolution nicht möglich ist. Aber es heißt, daß er als konkreter und parteilicher Kampf und nicht als Kampf um ein Projekt zur Verbesserung des Kapitalismus zu führen ist. Er sollte nicht als Kampf um eine Verbesserung des Kapitalismus, sondern als Kampf für dessen Abmilderung (solange seine Abschaffung nicht möglich ist) im Interesse der Lohnabhängigen geführt werden. (Und entsprechend ist das hinsichtlich des Kampfes um Reformen in den race und gender relations zu formulieren: Es sollte nicht um die ‚Verbesserung‘ von Patriarchat und Rassismus, sondern um deren Abmilderung, solange deren Abschaffung nicht möglich ist, im Interesse von Frauen und Schwarzen gehen.)


Eine Frage an die SAV bzw. deren griech. Schwesterorganisationen und alle anderen revolutionären AntikapitalistInnen, die es für sinnvoll halten, bei LAE mitzumachen

Kommen wir zu dem letzten Punkt aus dem Interview, den ich ansprechen möchte:

Andreas Payiatsos von der griech. Schwesterorganisation der SAV, die sich an der LAE beteiligt, postuliert:

 

Nur ein sozialistisches Programm kann Griechenland und in Wirklichkeit Menschen in ganz Europa und auf dem Planeten vor der Barbarei des kapitalistischen Systems retten.

 

und im Sinne meiner vorstehenden Ausführungen, die eine gewisse Präzisierung gegenüber diesem einen Satz von Andreas Payiatsos bedeuten, würde ich ihm zustimmen. In einem vorgehenden Interview postulierte er,

 

eine „Formation aufzubauen auf der politischen Grundlage einer frontalen Konfrontation mit der Eurozone und dem kapitalistischen System“.

 

Und er spricht dort von der

 

„Notwendigkeit eines Übergangsprogramms gelangt, das mit dem kapitalistischen System und der EU bricht“.

 

Davon kam aber in der Erklärung von Lafazanis und anderen vom 13. August, die Andreas Payiatsos mitunterschrieben hatte, nichts vor. Dort ging es statt dessen um eine „gemeinsame Bewegung auf der Höhe der Bestrebungen des Volks nach Demokratie und soziale Gerechtigkeit“ [8], also um ein sozialdemokratisches Programm. Auch in dem Text von Kouvelakis vom 21. Aug. „Griechenland: „Volkseinheit“ ist entstanden!“ steht nichts von Sozialismus und/oder Bruch mit dem Kapitalismus. Dort kommt zwar die „Nationalisierung der strategischen Sektoren der Wirtschaft, angefangen mit dem Bankensystem, unter gesellschaftlicher Kontrolle“ vor, aber es wird nicht gesagt, was genau mit „gesellschaftlicher Kontrolle“ gemeint ist: In welchem Ausmaß sollen trotzdem Markt-/Konkurrenzmechanismen fortexistieren? Wie sollen sie nach einem revolutionären Bruch (der in dem Text logischerweise nicht erwähnt wird, wenn schon von Sozialismus und Kapitalismus nicht die Rede ist) sukzessive zurückgedrängt werden?

Wie dem auch sei, in dem L‘Humanité-Interview mit Kouvelakis werden die Nationalisierungen nun auf die „nationalization of the four systemic banks“ und „infrastructure […], such as the electric grid, ports and telecommunications“ zurückgenommen, und auch von „gesellschaftlicher Kontrolle“ ist dort nicht die Rede; statt dessen wird extra betont: „I am not talking about countries in transition toward socialism“.

 

Ich möchte daher fragen: Warum macht die griech. SAV-Schwester also bei diesem Projekt mit, statt bei ANTARSYA?

 

 


Ergänzende Lesehinweise


** Zurück auf die Straße – für den vollständigen Bruch mit dem System

http://theoriealspraxis.blogsport.de/ 2015/08/31/ neuer-text-von-okde-spartacus-zurueck-auf -die-strasse-fuer-den-vollstaendigen-bru ch-mit-dem-system/



** 'I think that the dilemma of 'reform or revolution?' is still valid'

http://www.leftvoice.org/ I-think-that-the-dilemma-of-reform-or-rev olution-is-still-valid



** Syriza fell in Greece because it gave in to the bosses demands for austerity

http://socialistworker.co.uk/art/41160/ Syriza+fell+in+Greece+because+it+gave+in+ to+the+bosses+demands+for+austerity



** La “Unidad Popular” de la izquierda de Syriza, una nueva ilusión reformista

http://www.laizquierdadiario.com/ La-Unidad-Popular-de-la-izquierda-de-Syri za-una-nueva-ilusion-reformista

 

 

** „Volkseinheit“, „plebejische Einheit“ – oder doch lieber revolutionäre Organisierung? Anmerkungen zur Umgruppierung der linken Kräfte in Griechenland


[Anfang eines - noch nicht fertiggestellten - weitere Textes von mir: siehe .pdf-Anhang zum hiesigen Artikel]

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[1] http://islinke.de/; siehe meinen kritischen Kurzkommentar: http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/08/21/nationales-pathos-gegen-....

[2] Stathis Kouvelakis postete bei FB ein paar Fotos und einen kurzen Bericht: "A few photos from the founding organizational conference of Popular Unity, yesterday, at Athens Economic University ASOEE. Fifteen or so organizations and any personalities approved the founding manifesto and appointed the Political Council of PU. These organizations cover a very broad spectrum of the Greek radical Left, from Antarsya (ARAN and ARAS have been founding components of the far-Left coalition) to groups coming from PASOK and the KKE. The backbone is the former „Left Platform“ of Syriza, but other, very important regroupments coming from Syriza have joined, such as those represented by Eleni Portaliou, from a Left-Eurocommunist background, or Kostas Marmatakis, Mania Barsefski and Antonis Sigalas, a fraction of the „53″ tendency rooted in the antiglobalization movement, antiracism and the struggle for LGBT rights.
On top: Panagiotis Lafazanis at the podium, below, left to right, Zoe Kostantopoulou, Eleni Portaliou and Venios Angelopoulos, Petros Papaconstantinou, standing, Nadia Valavani, Tassos Stavropoulos and Panos Kosmas, sitting." (https://www.facebook.com/stathis.kouvelakis/posts/10153488137575470)

[3] Siehe meine kritische Redeanalyse: https://linksunten.indymedia.org/de/node/151405.

[4] Vollständige zweisprachige (deutsch/englisch) Fassung (= Bundestags-Drucksache): http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/08/18/bundestags-drucksache-18... das Hauptdokument in engl. Fassung mit Kommentaren von Ex-Finanzminister Varoufakis: http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/08/17/reingeschrieben-varoufak....

 

[5] https://www.jacobinmag.com/2015/08/greece-grexit-popular-unity-syriza/; die frz. Originalfassung erschien bereits in der vergangenen Woche: http://www.humanite.fr/grece-stathis-kouvelakis-aucune-illusion-sur-le-c....

[6] Siehe das dortige PS.: http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/07/21/stathis-kouvelakis-syriz....

[7] Die LAE tritt ja aber mit der These auf und an, Tsipras hätte in der Position, an der er war – nämlich als Regierungschef eines kleinen, ökonomisch schwachen bürgerlichen Staates – eine andere Politik machen können, als er tatsächlich gemacht hat. An diesem Anspruch auf bürgerliche Regierungspolitikfähigkeit muß sich LAE also messen lassen. (ANTARSYA vertritt dagegen einen ganz anderen Anspruch und muß sich daher an diesem Maßstab (bürgerliche Regierungspolitikfähigkeit) nicht messen lassen!
Freilich würde auch ein sozialistischer Grexit auf die oben angesprochenen Schwierigkeiten stoßen [und diesem Problem sollte sich ANTARSYA stellen]; aber eben deshalb ist für jede Strategie, die die Lebenslage der Lohnabhängigen in Griechenland wirksam verbessern soll, zentral, daß sie nicht auf einen nationalstaatlichen Weg raus aus Eurozone und EU fokussiert, sondern diesen allenfalls als ersten Schritt einer europäischen Strategie zur Zerschlagung der EU und deren Ersetzung durch Vereinigte sozialistische Staaten von Europa begreift [s. dort Nr. 3].
Die handgreifliche Umsetzung dieser Strategie ist freilich ist nichts, was als Ergebnis der griech. Neuwahl am 20. Sept. begonnen werden könnte und was aller Wahrscheinlichkeit auch im Laufe des nächsten 3/4 Jahres nicht ansteht. Aber diese Strategie zu konkretisieren und zu propagieren, sollte jetzt begonnen – und nicht durch Wahlwerbung für eine Sozialdemokratie 3.0 ersetzt werden.)

 

[8] Siehe dazu kritisch: http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/08/13/die-wahren-syriza-vertre....

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Das Syriza kein stringent linksradikales antikapitalistisches Projekt ist, war schon immer klar, denn nur mit einer weiten programmatischen Öffnung zur bürgerlichen Mitte konnten sie 35% bekommen. Alleine das ist schon eine Sensation in derzeitigen Europa. Ähnliches gilt nun für die LAE, sie wollen Prozente bei den Wahlen holen und machen deswegen keine Antarsya-Politik, denn, wie du selbst in deinem letzten Artikel festgestellt hast: Das "Volk" ist noch nicht reif für wirklich linksradikale Politik. Es war auf jedenfall der Verdienst von Syriza, der Bevölkerung die Grenzen des pseudo-demokratischen Europa und die Allmacht des Kapitals vorzuführen. Auch wenn Syriza daran zerbrochen ist, die Gesellschaft wird sich weiter nach links radikalisieren und LAE ist der nächste Schritt auf parlamentarischer Ebene. Strategisch wäre es allerdings besser gewesen, wenn man dem Volk" weiterhin eine linke Einheitsfront vorgegaukelt hätte, das war wohl auch der Plan von Tsipras. Jetzt besteht die Gefahr, das die linke Macht im Parlament flöten geht und der Konflikt wieder auf der Straße ausgetragen wird. Da hat das Kapital leider die besseren Waffen.

 

1.

 

"Jetzt besteht die Gefahr, das die linke Macht im Parlament flöten geht und der Konflikt wieder auf der Straße ausgetragen wird. Da hat das Kapital leider die besseren Waffen."

 

Das sehe ich nun gar nicht so. Parlamentarismus funktioniert so, daß da nur Bürgerliches bei rauskommen kann. Der parlamentarisch-legale Weg zum Sozialismus/Kommunismus war, ist und bleibt eine Illusion.

 

Auf der Straße ist der Staatsapparat zwar zunächst einmal (und lange Zeit) waffentechnisch überlegen; aber ab einem bestimmten Ausmaß an Massenhaftigkeit des Widerstandes und der Zersetzung des repressiven Staatsapparates ist das keine notwendigweise unüberwindlich Hürde (mal optimistisch angenommen, daß die NATO keine Atomwaffen gegen innere Aufstände einsetzt).

 

Und eine ANTARSYA-Mitgliedsorganisationen schlägt in der Tat vor, den Wahlkampf unter dem „Motto ‚Rückkehr auf die Straßen‘“ zu führen. - Das scheint mir eine prinzipiell richtige Orientierung zu sein, auch wenn die Schwierigkeit darin besteht, daß die Massen ja nicht allein deshalb auf die Straße gehen, weil das ein paar Organisationen auf ihre Plakate schreiben.

 

2.

 

"Auch wenn Syriza daran zerbrochen ist, die Gesellschaft wird sich weiter nach links radikalisieren und LAE ist der nächste Schritt auf parlamentarischer Ebene."

 

Auch diese evolutionär-deterministischen Stadientheorie in Bezug auf das Massenbewußtsein (mit der Implikation, sich dem jeweils gegebenen Stadium ziemlich weit anzupassen) halte ich für analytisch unzutreffend und politisch desorientierend. Das Gleiche gilt für ständig neue Versuche, solche Formationen wie SYRIZA (oder in Brasilien: PT oder in Italien: RC) aufzubauen und dann regelmäßig nach einem Erfolgsrausch vor einem Scherbenhaufen zu stehen.

 

Siehe dazu die Kritik von Achim Schill und mir sowohl an der Stadien-Theorie als auch an Entrismus-Taktiken:

 

http://www.trend.infopartisan.net/trd0915/t120915.html

 

 

3.

 

"Das Syriza kein stringent linksradikales antikapitalistisches Projekt ist, war schon immer klar,"

 

Denjenigen, die jetzt enttäuscht sind und von "Verrat" und "Betrug" reden, scheint das ja aber nicht klar gewesen zu sein... - siehe dazu meine Kritiken an der GAM, dem Lower Class Magazine sowie Micha Prütz (der zwar nicht von "Verrat" und "Betrug" redet, aber seine eigenen früheren Hoffnungen einfach vergessen zu haben scheint):

  • Selbstkritik wäre eine Alternative gewesen. Ein Kommentar zum Text vom 11.7.2015 der L5I (‚GAM-Internationale‘) zu Griechenland

http://www.trend.infopartisan.net/trd0715/t360716.html

 

  • Noch einmal zur Kritik des „Verrats“-Begriffs

http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/07/13/noch-einmal-zur-kritik-d...

 

  • Micha Prütz macht macht den ‚Super-Adenauer‘ („Was interessiert mich mein Geschwätz der letzten drei Jahre?!“)

http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/07/19/micha-pruetz-macht-macht...


Erst einmal nur zu diesen Punkten - vielleicht komme ich später noch zum Rest:

 


1.

 

SYRIZA ist an der Massivität und Kompaktheit des europäischen Blocks an der Macht gescheitert. Die Kräfteverhältnisse in der EU und speziell in der Euro-Gruppe haben kein besseres Ergebnis zugelassen.

 

Ja, aber das heißt nicht, daß SYRIZA alles oder auch nur das Wichtigste richtig gemacht hat. Die Frage sollte vielmehr lauten: Hatte (und hat) SYRIZA einen klaren Begriff davon, wie dieses Kräfteverhältnis aussieht und was es ausmacht? (Schon drauf muß die Antwort m.E. "Nein" lauten.) Und: War / ist SYRIZA ein geeignetes Projekt, um an diesem Kräfteverhältnis etwas nach links zu verschieben? Auch diese Frage muß (folglich und aus weiteren Gründen, die vielleicht von mir noch nachgetragen werden) m.E. mit "Nein" beantwortet werden:

Das Schüren von Illusionen, deren absehbare Enttäuschung danach zu Resignation und Frustration führt, verschiebt kein Kräfteverhältnis nach links.

 


2.

 

Im konfliktiv-kooperativen Verhältnis zwischen Bewegung und Partei folgt auf die Kooperation wieder der Konflikt.

 

Nein, das was schon passiert ist (und das, was noch kommen wird) ist keine Verschiebung innerhalb des "konfliktiv-kooperativen Verhältnis zwischen" Teilen der sozialen Bewegung und der Partei der SYRIZA, in dem sich halt ab und an mal die Gewichte von Kooperation und Konflikt verschieben. Vielmehr verwandelt sich SYRIZA mit dem Regieren unter Memorandums-Bedingungen zu einer gewöhnlichen Verwalterin der neoliberalen Austeritätspolitik. Da wird es in Griechenland so wenig zu kooperieren geben wie in Deutschland seit der Schröder-/Fischer- / Agenda 2010-Ära mit der SPD - fast nichts, außer manchmal in Antifa-Sachen.

 

 

PS.:

Noch ein Lesetipp - neu (auf Englisch) von einer ANTARSYA-Mitgliedsgruppe:

 

OKDE–Spartakos statement on the oncoming elections

http://www.okde.org/index.php/en/announcement/83-uncategoried1/283-okde-...

 

Nun zu zwei Punkten, die sich einfach beantworten lassen:

 

 

1.

 

Der Ausgang der Erpressungsverhandlungen hat aber eines sehr deutlich werden lassen: Deutschland ist zum imperialen Zentrum der EU geworden. Das finden die einen gut und die anderen schlecht, aber dass es so ist, kann kaum noch jemand bestreiten. Bei aller darin liegenden Tragik markiert die Niederlage damit auch einen Bruch und zieht eine Konfliktlinie: Die vermittelnde Mitte, die zumeist mit dem Argument operiert hat, dass bei aller konkreten Negativität der neoliberalen EU, sie trotzdem im Kern ein fortschrittliches Projekt gegenüber dem Zeitalter der Nationalstaaten sei, hat sich abgeschafft.

 

Ja. - Vgl. dazu gerne:

 

Thesen zu einer europäischen revolutionären Programmatik

 

http://www.trend.infopartisan.net/trd0815/t400815.html

 

 

2.

 

Frage, ob Tsipras ein Betrüger ist oder nicht, gar nicht mehr so interessant, wie es sich zunächst anhört.

 

Ich habe dieser Verrats- und Betrugs-Rhetorik mehrfach widersprochen:

 

  • Selbstkritik wäre eine Alternative gewesen. Ein Kommentar zum Text vom 11.7.2015 der L5I (‚GAM-Internationale‘) zu Griechenland

http://www.trend.infopartisan.net/trd0715/t360716.html

 

  • Noch einmal zur Kritik des „Verrats“-Begriffs [= Kritik an einer Passage eines Artikels des Lower Class Magazines]

 

http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/07/13/noch-einmal-zur-kritik-des-verrats-begriffs/

 

 

nur macht dies Tsipras' Politik nicht richtig: :-)


Über die Dringlichkeit, die Verhältnisse zu ändern

 

https://linksunten.indymedia.org/de/node/151405

 

und

 

»Ehe man an die nötige Tat herangeht« SYRIZA-Debatte: Kein Strategiewechsel ohne Truppen-Reorganisation. Zum Verhältnis von Handeln und Denken nicht nur in Griechenland

 

http://www.neues-deutschland.de/artikel/979085.ehe-man-an-die-noetige-ta...

 

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Zu den restlichen Thesen von Daniel Knopp dann später.

 

1. Das Wahlprogramm der griech. LAE / „Volkseinheit“

[= link zum griech. Text + kurze dt. Inhaltsübersicht]

http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/09/03/das-wahlprogramm-der-griech-lae-volkseinheit/

 

 

2. Wie's statt dessen auch geht - ein paar Zitate aus der google-‘Übersetzung‘ einer gemeinsamen Erklärung EEK und ANTARSYA

 

"auf der Grundlage der Zusammenarbeit der Arbeiterklasse und der Volksmassen Europas und ihre Bewegungen in der modernen sozialistischen und kommunistischen Richtung."

 

"brechen mit der bürgerlichen Macht und dem Staat"

 

"für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung."

 

"in Wahl bevorstehenden Wahlen 20.09 zusammenarbeiten. Es ist selbstverständlich, dass jede Kraft hat seine Autonomie im Rahmen der Politik der Zusammenarbeit"

 

http://www.eek.gr/index.php/announcements/3687-deltio-typoy-tou-eek-gia-tis-ekloges-tis-20is-septemvriou