Varoufakis zum Reformprogramm «Es ist bereits gescheitert»

Erstveröffentlicht: 
18.07.2015

Giannis Varoufakis zeichnet ein düsteres Bild für die Reformen in Griechenland. Er prophezeit: Das Programm werde als «grösste Katastrophe» in die Geschichte eingehen.

 

Der zurückgetretene griechische Finanzminister Giannis Varoufakis zweifelte in einem Interview des britischen Senders BBCden Erfolg der Reformen an. «Dieses Programm ist zum Scheitern verurteilt, wer auch immer es umsetzt», sagte Varoufakis. Auf die Frage, wie lange dies noch dauern würde, sagte er: «Es ist bereits gescheitert.»

 

Sein Land sei einem Programm unterworfen, das als «grösste Katastrophe des volkswirtschaftlichen Managements» in die Geschichte eingehen werde. Varoufakis war vor knapp zwei Wochen zurückgetreten, nachdem die Griechen sich in einem Referendum gegen zusätzliche Sparmassnahmen ausgesprochen. Tsipras vollzog nach der Volksabstimmung eine Kehrtwende und stimmte solchen Auflagen doch zu.

 

«Hinrichtung oder Kapitulation»


Varoufakis erklärte dazu: «Wir hatten die Wahl zwischen der Hinrichtung und der Kapitulation.» Tsipras habe sich für die Kapitulation entschieden. «Ich mag darin nicht mit ihm übereinstimmen und das habe ich mit meinem Rücktritt klargemacht. Aber ich verstehe sehr genau, in was für einer schwierigen Lage er sich befindet.»

 

Nach der Umbildung des Kabinetts übernahm Panos Skourletis das wichtige Ministerium für Umwelt und Energie, das zahlreiche Privatisierungen vornehmen muss. Skourletis war zuvor Tsipras' Mitarbeiter. Finanzminister bleibt Euklid Tsakalotos. Auch Aussenminister Nikos Kotzias behält sein Amt.

 

Neue Minister vereidigt


Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras will die Verhandlungen über ein dritten Milliarden-Hilfsprogramm mit einer neuen Regierung unter Dach und Fach bringen. Nach der Kabinettsumbildung wurden in Athen die neuen Minister vereidigt. Tsipras hatte am Vorabend zahlreiche Vertreter des linken Flügels seiner Syriza-Partei aus dem Kabinett entlassen.

 

Die Euro-Finanzminister hatten am Freitag den Start neuer Verhandlungen über ein weiteres Hilfspaket gebilligt. Zuvor hatte auch der deutsche Bundestag nach hitziger Debatte den Weg dafür freigemacht.

 

86 Milliarden Euro


Griechenland ist mit über 300 Milliarden Euro verschuldet und steht kurz vor der Pleite. Das neue Paket soll nach bisherigen Planungen bis zu 86 Milliarden Euro für drei Jahre umfassen. Im Gegenzug muss Athen harte Spar- und Reformauflagen erfüllen.

 

In einem ersten Schritt hatte das Parlament ein Gesetzespaket mit Reform- und Sparauflagen gebilligt - eine Bedingung der Euro-Partner. Weitere Massnahmen müssen am kommenden Mittwoch beschlossen werden.

 

Schauspieler als Vize-Arbeitsminister

 

Für einige Irritationen sorgte die Besetzung des Postens des stellvertretenden Arbeitsministers mit dem Schauspieler Pavlos Haikalis. Er gehört den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (Anel) an, dem Koalitionspartner der Syriza.

 

Unter den Entlassenen war der Energie- und Umweltminister Panagiotis Lafazanis. Zudem wurde der Vize-Minister für Sozialthemen, Dimitris Stratoulis, gefeuert. Beide hatten - wie 30 andere Abgeordnete der Syriza - in der Nacht auf Donnerstag gegen die Spar- und Reformgesetze votiert.

 

Neuwahlen vielleicht im Herbst

 

Analysten glauben jedoch, dass die Kabinettsumbildung nicht ausreichen wird, um die Krise beizulegen. Sie rechnen mit Neuwahlen, womöglich schon im Herbst.

 

Doch trotz der Kehrtwende von Tsipras bleiben die Zustimmungswerte für ihn hoch. In einer in der linksgerichteten Zeitung «Efimerida Ton Syntaknon» veröffentlichten Umfrage kommt seine Syriza-Partei auf 42,5 Prozent. Die grösste Oppositionspartei Nea Dimokratia erhielte bei einer Wahl derzeit nur 21,5 Prozent. Zudem sprachen sich 70 Prozent für das neue Hilfsprogramm aus, wenn Griechenland damit in der Euro-Zone bleiben kann.

 

Notkredit von sieben Milliarden Euro

 

Das dritte Hilfspaket dürfte allerdings erst in einigen Wochen stehen. Angestrebt wird bisher eine Einigung bis Mitte August. Damit Griechenland nicht schon vorher in den Bankrott rutscht, bekommt es einen Notkredit von rund sieben Milliarden Euro aus dem EU-Rettungstopf EFSM.

 

Diese Brückenfinanzierung soll Athen helfen, an diesem Montag Schulden an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzahlen zu können. 3,5 Milliarden Euro werden dann fällig.

(dia/sda)

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ATHENS — The leaders of Greece and Germany on Friday confronted dissenters over the wisdom of a $96 billion Greek bailout agreed to this week, as concerns mounted on both sides that the plans would cause fresh pain for Greece without delivering it from years of economic turmoil......

 

https://www.washingtonpost.com/world/debate-kicks-off-in-german-parliame...

 Das Land ist bankrott, heisst es. Als ob Griechenland eine Firma wäre, die seit Mittwoch ihre Gläubiger nicht mehr befriedigen kann.

Das Prozedere wäre dann einfach: Die Firma wird abgewickelt, die Angestellten werden entlassen, das letzte Hab und Gut veräussert.

Griechenland ist aber keine Firma. Man kann die GriechInnen nicht entlassen. Doch die Gläubiger holen sich längst, was zu holen ist.

 

http://www.woz.ch/1527/das-sterben-verhindern/helfen-wir-den-griechinnen