Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Berlinerinnen und Berliner, wir haben heute (Sonntag den 28.06.2015) in der Bundeshauptstadt zwei zentrale Brunnen eingefärbt, um Sie auf die bevorstehende Asylrechtsverschärfung hinzuweisen, die in der kommenden Woche verabschiedet werden soll. Am 02.07.2015 stimmt der Deutsche Bundestag über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung ab. Dieser Gesetzentwurf enthält zahlreiche Verschlechterungen für Asylsuchende und unter anderem auch einen Kriterienkatalog, mit dem Flüchtlinge zukünftig schneller in Abschiebehaft genommen werden können, um sie schneller und effektiver abzuschieben.
Wir halten die Abschiebeparaxis der Bundesrepublik für höchst bedenklich und betrachten sie als Teil einer Flüchtlingspolitik, die aus Abschreckung und Ausgrenzung besteht. Wir halten das Vorgehen gegen Schutzsuchende sowohl an den Außengrenzen, wie auch im Inland für unmenschlich. Wir denken, dass es einer zivilisatorischen Gesellschaft nicht angemessen ist, wenn man Menschen ins Gefängnis steckt, deren einziges Verbrechen darin besteht, sich auf die Flucht begeben zu haben, um ein besseres Leben zu finden.
Leider verfügen wir nicht über die finanziellen Mittel anderer politischer Verbände, unser Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen, weshalb wir auf dieses unkonventionelle Mittel zurück greifen mussten.
Wir haben die Farbe Rot gewählt, um an das Blut der Menschen zu erinnern, die an den Außengrenzen der EU ihr Leben verloren haben und die aufgrund von bürokratischen Entscheidungen und unmenschlichen Gesetzen in ihrer Existenz bedroht sind. Das mag vielleicht ein wenig pathetisch sein, aber für eine andere Farbe reichte unsere Fantasie leider nicht aus.
Doch unser Protest erschöpft sich nicht in der Betroffenheit über die vielen Opfer der humanitären Katastrophen im Mittelmeer. Unser Protest ist eben auch als Kritik an diesem politischen System zu verstehen und an einer Wirtschaftsform, die neben unermesslichem Reichtum auch Hunger, Armut und Not sowie Krieg und Vertreibung produziert. Im Gegensatz zu den Kolleg_innen vom Zentrum für Politische Schönheit, halten wir die Politik von Bundesminister Thomas de Maizière keineswegs für pathologisch und geisteskrank, sondern für hochgradig rational und diesem Wirtschaftssystem angemessen. Die Toten an den EU Außengrenzen, die Schikanen für Asylsuchende im Inland, die Ausbeutungspolitik gegenüber den afrikanischen Ländern, die geopolitischen Fehlschläge der letzten Jahre, all das hängt damit zusammen, dass hier eine Art der Reichtumsproduktion stattfindet, in der es nicht darum geht, wie man möglichst viele Menschen, möglichst gut versorgt, sondern darum, aus Geld mehr Geld zu machen. Solange so und nicht anders produziert wird, werden Gesetze wie am 02.07.2015 verabschiedet werden, so lange werden Rassisten vor Asylbewerberheimen stehen und ihrem Ausländerhass freien Lauf lassen und solange wird Herr Seehofer seine rassistische Hetze in den Medien verbreiten dürfen.
Leider verfügen wir auch nicht über einen gleichwertigen Medienzugang, um dieser Hetze etwas entgegen zu setzen. Wir bitten deshalb um Verständnis für die farbliche Beeinträchtigung Ihrer Brunnen. Die Farbe ist allerdings ungiftig und wird sich nach ein paar Tagen ausgewaschen haben. Im Gegensatz zur sogenannten Asylproblematik wird sich diese Aktion in ein paar Tagen von selbst aufgelöst haben.
klasse aktion
seid ihr bereit mitzuteilen, mit welchem mittel ihr das gemacht habt?
würde eine nachahmung deutlich erleichtern.
Lebensmittelfarbe
War nicht dabei, aber Lebensmittelfarbe ist das Mittel der Wahl. Gibt's in Fachgeschäften günstig und in großen Flaschen.
Presse
B.Z.: Aktion am Wasserklops - Weltkugelbrunnen: Warum sprudelt das Wasser rot? (1.7.2015)
Weitere Presse
Berliner Morgenpost: Wasser im Brunnen an der Gedächtniskirche sprudelt rot (1.7.2015)
Bemerkenswert ist, dass die Berliner Morgenpost das Bekennerschreiben zusätzlich zu ihrem Artikel ungekürtzt im Wortlaut veröffentlicht hat.
Über die dpa fand folgende Meldung ihren Weg in verschiedene Zeitungen:
Die Bild berichtet auch. Bemerkenswerter weise auch wenig kritisch gegenüber der Aktion mit einem Zitat aus dem Schreiben zum Abschluss.