Linke Opposition und »Linke Opposition« in der Ukraine

Nach dem Maidan 2004 wurde in der Ukraine die Organisation der Marxisten gegründet. Nach den langen Streiten zwischen dem »stalinistischen« und dem »trozkistischen« Flügel, die sich 2010 zugespitzt hatten, sind daraus die Organisationen Borot’ba (Stalinisten) und die Linke Opposition (Trozkisten) hervorgegangen. Der Name »Linke Opposition« stammt aus der antistalinistischen Tradition und ist nicht zufällig gewählt.

Nach dem Maidan 2013-2014 bemühte sich die Linke Opposition und mehrere kleinere linke Zusammenhänge/Initiativen, die am Maidan ebenso teilnahmen, um die Gründung einer linken Partei. Letzte Woche ist der Prozeß abgeschlossen, am 14. Juni fand in Kyiw Hauptversammlung der Gründer statt unter Eihaltung aller nötigen Formalitäten, um die Partei zu registrieren. Die Partei heisst Soziale Bewegung (Соціальний Рух). Die Linke Opposition existiert weiter als eine selbständige Organisation und als eine Plattform innerhalb der neuen Partei.

 

Doch merkwürdigerweise wurde zwei Tage davor, am 13. Juni, eine andere Partei gegründet namens... »Linke Opposition«. Zu den Hauptgründern gehören die Progressiv-Sozialistische Partei der Ukraine (PSPU) und die Kommunistische Partei der Ukraine (KPU).

 

Zunächst über die KPU. Die identitären Angelegenheiten (das Einstehen für eine nicht auseinander gehaltene russisch-sowjetische Identität) spielen für diese Partei seit langer Zeit eine grössere Rolle als sozialer Kampf. Sie ist einer der Hauptverbündeten der Russischen Orthodoxen Kirche in der Ukraine,  sie vertritt die Wiedereinführung der Todeststrafe und versuchte im Parlament die Kriminalisierung der Homosexualität durchzusetzen. 2011 begrüßte sie die blutige Niederwerfung des Arbeiteraufstandes im kasachischen Janeosen (worin sie nicht untypischerweise einen von den USA und der EU inspirierten Versuch einer »bunten« Revolution zu erkennen glaubte).1 Die prorussische Position der Partei trieb sie dazu, eine Koalition mit Janukowitsch zu bilden, unter dessen Regierung die schlimmsten neoliberalen Reformen seit der ukrainischen Unabhängigkeit durchgeführt wurden (ob die neue ukrainische Regierung ihn darin übertrifft, bleibt abzuwarten). Am 16. Januar 2014 stimmte die Fraktion von der KPU im ukrainischen Parlament zusammen mit Janukowitschs Regionen-Partei für eine Reihe von Gesetzen, die das Land in eine Diktatur verwandelten. Unter einer Reihe von Einschränkungen von allen demokratischen Freiheiten befand sich auch die Strafbarkeit des »Extremismus«, worunter auch »das Schüren der sozialen Feindschaft« fiel. So gut wie alle linke Organisationen waren somit automatisch straffällig...

 

Noch interessanter ist die PSPU. Die Vorsitzende der Partei, Natalia Witrenko, gehört nach wie vor zum »höchsten Rat« der Eurasischen Bewegung vom russischen Faschisten Alexander Dugin.2 Verschwörungstheorien, Antisemitismus, Sexismus, Homophobie, Klerikalismus sowie offener Rassismus gehören zum festen Bestandteil der Partei. In einer Fernsehwerbung vor den Wahlen erschreckt die PSPU die Wählerschaft mit der folgenden Perspektive: Der orthodoxe Priester wird in der Zukunft... ein Schwarzer (falls die PSPU uns davor nicht schützt).3 Witrenko tritt gerne bei den Konferenzen auf, die vom »Schiller-Institut« organisiert werden und gibt zu, dass sie bereits seit 1994 mit Lyndon LaRouche zusammenarbeitet.4

 

Um zu illustrieren, sei an dieser Stelle nur auf einen einzigen Dokumment von der PSPU eingegangen. Es handelt sich um einen Aufruf an die Abgeordneten des ukrainischen Parlaments vom 17. Januar 2014, in dem Witrenko erklärt, was sie dringend zu erledigen haben:

 

Punkt 1. »Alle Gesetze abschaffen, die der Verfassung widersprechen und den Gendero-Homosexualismus oder unterschiedliche Formen von juwenalen Justitz durchsetzen«.

Punkt 8. »Die geheimen Massonenorganisationen abschaffen, die übernationale Programme durchsetzen, welche der Ukraine schaden«.

Punkt 11. »Die betrügerische Ideologie von der sogenannten Gewalt in der Familie verbieten«.

Punkt 13. »Die demagogische Ideologie von den sogenannten Rechten von Kindern abschaffen«.

Punkt 15. »Den Zugang zum Internet einzuschränken, um die Demoralisierung abzuwehren«.5

 

Dieser Text richtet sich wohl nicht an alle »deutsche Linken«, sondern nur an die Leute, die die Fähigkeiten zur Kritik und Reflexion im Zuge des »Ukraine-Konflikts« nicht vollkommen verloren haben. Wenn Kiritschuk oder Hunko nächstes Mal versuchen, an euch Faschos unter dem Mantel der »ukrainischen Linken« zu vermitteln, oder jemand eine neue Spendenkampagne für »ukrainische Antifaschisten« startet, müsst ihr aufpassen, mit wem ihr in Wirklichkeit zu tun habt.

 

Nicht jede »Linke Opposition« aus der Ukraine ist eine Linke Opposition. Gewarnt seid ihr.

 


1Offizielle Seite der KPU dazu: http://www.komunist.com.ua/article/1/15590.htm

4https://www.youtube.com/watch?v=pXu1hrJ-_fw

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Das Manifest der "Linken Opposition": http://www.vitrenko.org/article/26175

 

Die Linke Opposition über die "Linke Opposition": http://gaslo.info/?p=5932

 

Und ein Bonus-Foto: Natalia Witrenko mit Lyndon LaRouche

 

 

Die "Linke Opposition" ist am 12. Juni gegründet. Tut mir leid.

danke für die Infos - und besonders das Foto von den LaRouches mit Vitrenko!

Passt super zu unserem letzten Artikel

https://no4right.wordpress.com/2015/06/17/was-macht-eigentlich-dimitrij-...

den maidan fandste gut, da fielen dir keine faschist*innen auf, ja? was wäre die welt ohne deine warnungen nur für ein trüber ort

es ist ein unterschied, ob man rechte kräfte neben sich erkennt, sie so benennt und duldet - da auch sie in einer demokratie das recht auf kampf gegen despotistische präsidenten haben - oder ob man aus versatzstücken russischer imperialpolitik, völlig gleich ob nationalistisch, kommunistisch oder bolschewistisch, eine pro-russische querfront bildet.

ihr geschrei von faschos auf dem maidan entbehrt nicht jeglicher grundlage, aber die rechten hatten weder das zepter in der hand, noch waren sie in der mehrheit. die wahlergebnisse sprechen doch für sich. aber das wollen sie alles gar nicht wissen. russland liefert ihnen ein bolschewikisches all-inclusive paket, bei dem sie weder körper noch geist anstrengen müssen und völlig frei ihre reaktionären "urlinken" triebe ausleben dürfen.

"ob man rechte kräfte neben sich erkennt, sie so benennt und duldet"

 

Sie Duldet ??? 

 

Alter dir ist nicht zu helfen. Schlimm.

Die Wahlergebnisse und Politik der letzten Monate sprechen für einen breiten Nationalismus, getragen von Figuren wie Jazenjuk oder O. Ljaschko.  Tausende Faschos sitzen in den staatl. Institutionen und besonders dem Sicherheitsapparat. Für pro-russische Parteien ist es unmöglich am "demokratischen Prozess" zu partizipieren, die KPU steht vor dem Verbot.

Dass die Kämpfer im Donbass mehrheitlich links wären, will ich gar nicht behaupten. Der Unterschied ist vielmehr, dass man westlich der Front um sein Leben fürchten muss, wenn man Kommunist ist. Östlich der Front hisst man dagegen die Flagge mit Hammerund Sichel, nachdem man eine Stadt wie Debalzewe von faschistischen Freiwilligenverbänden befreit hat.

Daraus muss man als radikaler Linker noch lange nicht die Notwendigkeit ableiten, den Widerstand im Donbass oder Putin zu unterstützen. Aber am Maidan bzw. dem, was ihm folgt(e), irgendetwas gut zu finden, ist einfach weltfremd.

In einem Punkt sind wir uns gewiss einig: Der Maidan war ein prowestlicher Putsch mit tatkräftiger Unterstützung der Nazis. Die prorussischen Stalinisten und Nationalisten im Osten sind allerdings nicht viel besser. Diese ewige Diskussion zwischen Pro-Kiew und Pro-Moskau ist einfach nur müssig. Es ist doch offensichtlich, dass auf beiden Seiten eine Querfront am Werk ist. Im Westen mit ein paar verpeilten Anarchos und Trotzkisten als linken Flügel, Nazis als rechten, im Osten Stalinisten als linker Flügel, russische Nationalisten als rechter. Ob West oder Ost, das ganze hat mit Kommunismus und Anarchie überhaupt nichts zu tun und ist schlichtweg ein imperialistischer Stellvertreterkrieg zwischen der NATO und Russland.

Wikipedia schreibt zu Putsch: Ein Putsch (auch Staatsstreich oder französisch Coup d’État [ˌkudeˈta] genannt) ist eine oft überraschende, meist gewaltsame Aktion eines Teils der Staatsorgane (oder einer Gruppe davon; oft handelt es sich z. B. um das Militär oder einen Teil davon) mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen und die Macht im Staat zu übernehmen.

Das trifft für die Ukraine nicht zu. Dort gab es einen lang andauernden Massenaufstand. Mitnichten sind beide Seiten gleich. Es ist kein imperialistischer Stellvertreterkrieg zwischen der NATO und Russland. Putin hat einfach Angst vor einer Revolte im eigenen Land und stiftet daher Chaos in der Ukraine, um Leute davon abzuhalten. Dafür die Ukraine mit Krieg zu "beglücken" geht gar nicht.

Dafür hat die US-Regierung seit der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 etwa 5 Milliarden Dollar ausgegeben...........

 

http://www.heise.de/tp/artikel/42/42382/1.html

Witrenko nach Deutschland ein, sie erfreut euch mit noch einem Haufen verschwoerungstheoretischen Schwachsinn.

Ein Teil der Armee unterstützte Maidan sehr wohl, sonst hätte sie Janukowitsch wohl fleissiger verteidigt. Das ist ja nicht der erste Putsch, der von einem Massenaufstand begleitet wird. Deine Propaganda ist einfach nur langweilig. Putin will schlichtweg nicht total die Kontrolle über die Ukraine verlieren, was geopolitisch durchaus verständlich ist. "Schuld" an solchen Kriegen ist nicht der schlechte Charakter des einen oder anderen Präsidenten, sondern die imperialistische Logik des Kapitalismus. Und wieso genau sollte ein Krieg in der Ukraine die Russen von "einer Revolte im eigenen Land" abhalten? Das ist die gleiche Argumentation wie Verschwörungstheoretiker, die behaupten, das Kriege gemacht würden, um "uns abzulenken". Das mag propagandistisch den einen oder den anderen nützen, zum Verständnis der Situation sind solche Märchen hingegen komplett nutzlos.

- in dieser Phrase steckt euer ganzer "Antiimperialismus". Mehr braucht ihr eigentlich nicht zu sagen:)

Hör doch bitte auf, mir einen solchen Scheiss zu unterstellen. Im Gegensatz zu dir unterstütze ich im Konflikt keines der beiden Lager. Aus der Perspektive Russlands ist es verständlich, dass es geopolitisch erstrebenswert ist, die Nachbarländer zu kontrollieren, genau wie es aus der Perspektive der NATO verständlich ist, dass man eben diese Länder der russischen Kontrolle entreissen will. Das ist Imperialismus, und zwar auf beiden Seiten, wenn ich dieses Wort gebrauche, meine ich damit nicht nur die USA, sondern die allgemeine Logik von Geopolitik in einer kapitalistischen Welt. Dafür braucht man nicht immer Waffen, soft power kann auch ein Mittel sein. Genau deswegen unterstützt der Westen "demokratische" (sprich prowestliche) Kräfte im russischen Machtblock, genau wir Russland "antiimperialistische" (sprich prorussische) Kräfte im westlichen Machtblock unterstützt. Statt bescheurter propagandistischer Schlagworte könntest ja vielleicht mal versuchen, auf meine Argumente einzugehen.

Ohne Putin wärst du nur zu Dritt - du langweilst uns radikale Linke hier gewaltig.

 

Alter - da ham die Spacken 200 Millioen Dollar Jahr für Jahr in einem Land wie die Ukraine ausgegeben, um dort ihre Oligarchen an die Macht zu ballern: 200 Millionen Dollar im Jahr in einem Land wie die Ukraine - die deutsche Parteifinanzierung und deren Höhe ist dir wohl bekannt wa?

Eine Minderheit ist in Kiev rumgetanzt und nun gehts denen Dank Neuer Oligarchen ganz prima mit dem ukrainischen Faschismus und ihrer selbstzerkloppen Restökonomie - sollen die Idioten doch schön weiter für den IWF und das deutsche Kaptial rumhüpfen und laut "Slava Ukraina" brüllen.

"Unter einer Reihe von Einschränkungen von allen demokratischen Freiheiten befand sich auch die Strafbarkeit des »Extremismus«, worunter auch »das Schüren der sozialen Feindschaft« fiel. So gut wie alle linke Organisationen waren somit automatisch straffällig"". Naja, das war halt Teil von Janukowitschs "Schaukelpolitik". Damals, im Vorfeld der dann eben dann doch nicht Unterzeichnung der EU-Assoziierung, ging es um alberne Unterwerfungsleistungen - Janukowitsch sollte die Verurteilte Regierungskriminelle Julia Tomoschenko rechtswidrig aus dem Knast lassen- und um die Frage nach den Kosten der  EU-Assoziierung (die EU wollte nix zahlen, anders als die Russische Föderation, da gabs Plastic Money ohne Reinreden). Bestimmt hat Janukowitsch gedacht, mit so einem Gesetzt nach westlichem Vorbild Punkte bei der EU machen und neue Angebote der Russischen Föderation generieren zu können. Wenn wir den Extremismusbegriff deutscher Behörden untersuchen, kommen wir auf genau das: "Schüren sozialer Feindschaft" als kleinster gemeinsamer Nenner aller Extremist_innen. Und natürlich im Gegenzug zur Regierung als Garantin des "sozialen Friedens".

 

Janukovitsch hätte den Karlspreis 2015 verdient. Ein guter Europäer. Keine Ahnung, warum Junge Welt und Co den so gut finden.