FL: Ausflug in die Zivilgesellschaft – Peinliche Inszenierung auf dem Flensburger Südermarkt

FL: Ausflug in die Zivilisation - 1

Wir sitzen in der Sonne beim Kaffe und bekommen eine SMS. Flashmob. Am Südermarkt. Um halb vier. Mit Die-In. Thematisch soll es um die im Mittelmeer sterbenden Flüchtenden gehen. „Klingt gut“, denken wir uns. Nach ein wenig Rumfragen sind wir zu siebt und erscheinen schließlich nachmittags am Ort des Geschehens. Uns begrüßen Fahnen von Kirche, Linkspartei und dem örtlichen Bündnis Buntes-Flensburg-gegen-Flegida. Wir entdecken außerdem eine Person mit Ordnerbinde und fragen nach: Ja, das ganze sei angemeldet. Wir denken uns unseren Teil, fragen uns ob irgendwer der Anwesenden den Reiz und das Konzept eines Flash-Mobs verstanden hat und bleiben etwas abseits stehen.

 

Irgendwer erklärt uns die offiziellen Forderungen der Veranstaltenden: Seenotrettung soll ausgeweitet werden. Wir fühlen uns ganz gehörig fehl am Platz, uns beschäftigt die Frage, ob Menschen ernsthaft meinen, das Problem im Mittelmer sei mangelnde Seenotrettung, bleiben aber neben der Kundgebung stehen. Nach Flashmob wirkt das Ganze überhaupt nicht. Nach ein paar Reden ertönt dann ein Gong und die Leute legen sich (exakt dort wo sie vorher in der Mitte des großen Platzes standen) eng nebeneinander auf den Boden. Uns erscheint das nicht besonders schlau, denn so bemerkt fast niemand die Aktion, alle können außenrum laufen. Wir legen uns also direkt vor die Geschäfte; dorthin wo die shoppenden Leute entlanglaufen. Nach wenigen Sekunden erscheint der aufgebrachte Ordner. Wir sollten uns wenn wir mitmachen wollen würden doch bitte zu den anderen legen. Wir erklären ihm, dass uns das unsinnig erscheint und wir liegenbleiben werden. Er scheint etwas perplex über derart viel Ungehorsam. Das ginge nicht, es handle sich um einen Rettungsweg. Wir bleiben bei unserer Meinung, dass ein Die-In an diesem Platz erheblich mehr Aufmerksamkeit erregen würde und bleiben liegen. Der Ordner zieht kurzfristig ab, kommt dann aber umgehend wieder, als eine Person von uns mit Kreide die Umrisse der liegenden Menschen auf den Asphalt malt. Das sei auf dem Südermarkt verboten und die Veranstaltenden müssten dann die Reinigung zahlen. Wir erklären ihm, dass er uns, wenn ihm das in seiner Demo nicht passe, ja ausschließen könne. Wir würden ggf. mit der Polizei dann auch selber reden. Wir werden dann tatsächlich von der Demo ausgeschlossen. Wir beschließen noch mit Kreide „Das Problem sind Grenzen“ neben die Umrisse zu schreiben und sofort bleiben Menschen stehen und lesen was dort auf der Straße steht. Damit aber nicht genug: Der übereifrige Ordner hat dann tatsächlich noch die (vorher nicht anwesende) Polizei gerufen, um denen mitzuteilen, dass etwas abseits seiner Versammlung mit Kreide gemalt worden sei und das nicht in seinem Sinne sei. Die Polizei schickt tatsächlich einen Beamten, mit dem der Ordner dann auch ein Gespräch führt, aber für uns interessieren tut der Beamte sich nicht. Wir teilen dem Ordner schließlich (nach dessen Gespräch mit dem Polizisten) noch mit, dass uns für sein Verhalten die Worte fehlen und uns das herausragend peinlich erschien. Dann machen wir uns auf den Rückweg, machen noch zwei weitere Die-Ins in der belebten Innenstadt und haben wieder mal was gelernt über Protestkultur und inszenierte Happenings, die mehr für die Bilder auf der eigenen Homepage als für reale Menschen auf der Straße durchgeführt werden.

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Auch wenn diese Leute manchmal mächtig nerven, so sind sie dennoch Menschen zu denen wir den Kontakt nicht verlieren sollten und die wir eher mehr als weniger mit anderen Formen der Kritik uns der Aktion konfrontieren sollten... auf eine höfliche, bestimmte Art... habt ihr ,finde ich, schon cool gemacht.