Viele Rapper haben politische Texte

Erstveröffentlicht: 
25.04.2015

Mit einem HipHop-Konzert will das »Revolutionäre 1.-Mai-Bündnis« in Hamburg junge Menschen für linke Politik begeistern. Ein Gespräch mit Halil Şimşek

Interview: John Lütten

 

Sie planen eine Kundgebung mit politischen Reden und Live-Musik von rund einem Dutzend Musikern für den 2. Mai, also den Tag nach den traditionellen 1.-Mai-Demonstrationen. Warum?


Neben dem »Klassenfest« organisieren wir auch die revolutionäre 1.-Mai-Demonstration am Tag zuvor. Trotzdem denken wir, dass man auch andere und neue Wege gehen muss, um junge Menschen aus der Arbeiterklasse anzusprechen. Traditionelle Politikformen sind wichtig, aber oft beschäftigt sich die Linke dabei nur mit sich selbst und kommt nicht mit den Leuten in Kontakt, die sie erreichen will. Mit unserem HipHop-Konzert wollen wir etwas Neues ausprobieren. Außer den Auftritten von Rap-Musikern wird es auch Infostände und Redebeiträge geben.

 

Das Motto des Konzerts lautet »HipHop-Openair for the lower Class«. Welche Inhalte wollen Sie vermitteln?


Im Prinzip wollen wir alle erreichen. Aber wir sind vor allem auch Marxisten und wollen eine Revolution der arbeitenden Klasse. Und damit die irgendwann einmal real wird, müssen wir den Menschen deutlich machen, dass wir in einer Klassengesellschaft leben. Ausbeutung und Unterdrückung erleben die Leute jeden Tag, mit dem Begriff »Klasse« bringen sie aber nichts von all dem in Verbindung – das wollen wir ändern. Wir müssen uns zwar politisch organisieren, aber wir brauchen auch eine gemeinsame Kultur. Rap verarbeitet viel von der alltäglichen Unrechtserfahrung. Neben Rappern mit unmittelbar politischen Texten – z.B. Kaveh, Albino oder Derbst One – werden auch einige spielen, die politisch aus dem Alltag der sogenannten »Unterschicht« erzählen.

 

Ist Rap heute also die Musik der Arbeiterklasse?


Eine politisch oder kulturell homogene Arbeiterklasse gibt es heute eigentlich nicht mehr – die »roten« Arbeiterviertel sind oder werden zerschlagen, und ihre Kultur ist mit ihrer politischen Bedeutung verschwunden. Aber Rap hat viele fortschrittliche Elemente und kann mehr Inhalt als andere Musikrichtungen vermitteln. Es geht viel um Rassismus, Polizeigewalt und soziale Ungleichheit, und auch im »Straßenrap« wird sehr viel zutreffende Kritik geübt. Mitunter ist er auch reaktionär, wenn die Künstler sich völlig mit dem Konkurrenzdenken des Neoliberalismus identifizieren – auch das spiegelt eine Lebensrealität, die man zur Kenntnis nehmen muss, bevor man sie verurteilt. In keiner Musikrichtung wird die soziale Frage so direkt behandelt wie im Rap. Er hat historisch viel zum Kampf gegen Unterdrückung beigetragen. Daran wollen wir anknüpfen.

 

Bei vielen linken Kultur- und Benefizveranstaltungen treten ausschließlich Musiker mit politischen Inhalten auf. Das lockt meist nur jene an, die mit den Inhalten eh schon übereinstimmen. Braucht die Linke neue Konzepte für ihre Kulturveranstaltungen?


Nicht nur für ihre Kulturveranstaltungen – sie braucht auch sonst eine Generalüberholung! Viele, die sich der radikalen Linken zuordnen, setzen sich nicht mehr das Ziel, die Marginalisierten zu erreichen. Sie blicken nicht über den eigenen Tellerrand hinaus, verlieren sich in Nebenschauplätzen und stellen Unterschiede über Gemeinsamkeiten – man arbeitet völlig an den Leuten vorbei. Die Menschen kommen aber nicht politisch korrekt und geschult auf die Welt, sondern machen Erfahrungen, die politisch und kulturell verarbeitet werden. Da müssen wir einhaken. Genausowenig, wie wir den Leuten dabei nach dem Mund reden sollten, dürfen wir sie verstoßen, wenn sie vom Alltag des Kapitalismus geprägt sind.

 

Die Lokalpresse nennt Ihr Konzert bereits im Zusammenhang mit möglichen Mai-Krawallen und warnt vor angeblich radikalen und »umstrittenen« Musikern. Gehen Gefahren von Ihrer Veranstaltung aus?


Die Presse malt doch ständig irgendwelche Gewaltszenarien aus. Dabei geht die Gewalt – gerade in Hamburg – oft von der Polizei aus. Die Darstellung von Gewalt in den Medien ist zutiefst doppelmoralisch. Wir finden die Gewalt eines Vermieters, der jemanden aus seiner Wohnung räumen lässt, schlimmer als die der Person, die sich dagegen wehrt.

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Der Artikel dreht sich um:

Demo: 1. Mai | 18 Uhr | Bf. Altona

Klassenfest: 2. Mai | 16 Uhr | S-Sternschanze

Krach & Getöse gegen Olympia | 14 Uhr | Uni Hamburg Campus