1.Mai Do Aufruf: An der Befreiung arbeiten - Die Anarchistische Bewegung vorantreiben!

Haymarket Riot 1886

Von vielen vergessen liegen die Ursprünge des 1.Mai in der US-Amerikanischen Arbeiterbewegung der 1880er Jahre,die entscheidend von anarchistischen Idealen und Forderungen geprägt war.

 

Als Höhepunkt einer Streikwelle sollte am 01.05.1886 mit einem Generalstreik der Forderung nach dem 8-Stunden Tag Nachdruck verliehen werden. Allein in Chicago folgten 40.000 Arbeiter*innen diesem Aufruf und auch in den folgenden Tagen gingen Tausende auf die Straße, trotzten Streikbrechern, privaten Söldnertruppen der Unternehmer und der Polizei, die am 03.05. vier Arbeiter erschoss. Eine erneute Versammlung am 04.05. auf dem Haymarket versuchte die Polizei (auch mit Schusswaffen) gewaltsam aufzulösen. In diesem Gemenge explodierte eine Bombe. Die Polizei fing an wild zu schießen und mindestens vier Arbeiter*innen und sieben Polizisten wurden dabei getötet. Wer die Bombe geworfen hatte ist bis heute unklar. Allerdings diente dieser Vorfall als Vorwand hunderte von Arbeiter*innen zu verhaften. Darunter waren auch einige bekannte Anarchist*innen. Trotz gegenteiliger Beweise wurden 7 bekannte Anarchisten in einem Schauprozess zum Tode verurteilt, 4x wurde dieses Urteil (bei einem Selbstmord vorher) vollstreckt. Die anderen Angeklagten wurden zu Haftstrafen verurteilt und nach 7 Jahren, ebenso wie die Hingerichteten vom neuen Gouverneur für unschuldig und zu „Opfern eines Justizmordes“ erklärt.
 

Während der 2.Internationale (bei der es zum Ausschluss der Anarchist*innen kam) wurde 1891 der 1.Mai als jährlicher “Arbeiterkampftag” ausgerufen und seit 1904 insbesondere von den großen sozialdemokratischen Parteien und Gewerkschaften für Demonstrationen genutzt. Während der Zeit der Nazi-Diktatur wurde der Tag propagandistisch als “Tag der Nationalen Arbeit” vom Staat als Feiertag organisiert. Auch in der DDR gehörten die Mai-Paraden zur Staatsräson und in der BRD blieb der Feiertag mit leicht veränderten Namen als “Tag der Arbeit” bestehen. Passend, da die Lohnarbeit auch hier als wichtigstes, Lebensinhalt spendendes Element gesehen werden soll.

 

Seit dem Ende des Ost/West-Konflikts erleben wir einen sich immer weiter verschärfenden Kapitalismus. Wer arm ist oder keiner Lohnarbeit nachgeht gilt als faul und wird als Belastung der Gesamtgesellschaft gesehen. Weit verbreitet ist die Ansicht, Armut sei nur die Folge von Eigenverschuldung. Es gibt immer weniger Jobs und die, die es noch gibt sind oft entfremdet und sinnentleert.

 

Heute finden die Demos und Kundgebungen zum 1. Mai größtenteils unter der Schirmherrschaft des DGB statt. Dabei ist kein Platz für eine grundsätzliche Kritik an diesem Gesellschaftssystem. Es gibt lediglich Forderungen nach mehr Lohn oder nach geringer Reduzierung von Arbeitsstunden. Über eine vom DGB unterstützte Betriebsbesetzung bei Massenentlassungen, wie sie in der Vergangenheit selten vorgekommen sind, würden wir uns schon sehr wundern. Selbst solche Forderungen und Aktionen dienen nur dazu den Frust, Zorn und Unmut der Arbeiter*Innen zu kanalisieren und diese zu befrieden. Obwohl sich die weichgespülten, reformistischen und am Ende staatstreuen Gewerkschaften bei den 1. Mai Kundgebungen kämpferisch geben werden in den Betrieben keine grundlegende Verbesserungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen erkämpft. An dem Wiederspruch zwischen Arbeit und Kapital wird nicht gerüttelt.

 

Während jeder “Krise” wird nach mehr Arbeitsstellen verlangt und es werden alte Zeiten beschworen in denen jede*r noch Arbeit hatte und es keine Arbeitslosigkeit gegeben hat. Es wird aber nicht an der grundlegenden Idee von Lohnarbeit und ihrer Funktion als Herrschaftsintstrument gerüttelt. Die heutige Wirtschaft wird durch Förderprogramme wie “Leitzinssenkung” und “Staatsinvestitionen” künstlich vermehrt. Die Schattenseiten werden dabei oft verdrängt oder als notwendiges Übel hingenommen. Dabei ist die heutige Gesellschaft geprägt vom Leistungszwang, wodurch die Menschen in ständiger Konkurrenz zueinander stehen. Es muss immer mehr für immer weniger Geld gearbeitet werden. Daran ändert auch ein lächerlicher Mindestlohn von 8,50 € nichts. Die Rechte der Arbeiter*innen werden immer weiter in Frage gestellt oder gleich beschnitten. Wenn nicht direkt durch Lohnkürzungen und unbezahlte Überstunden dann durch die Hintertür über Zeitarbeits- oder Werkverträge, durch die Verschiebung in schlechter bezahlte Branchen (siehe Amazon), durch Auffanggesellschaften, unbezahlte Praktika usw. Die Freizeit dient einzig und allein dazu sich wieder für die Arbeit zu regenerieren und es bleibt kaum Zeit sich einer Beschäftigung zu widmen, die keine kommerziell gewinnbringenden Ziele verfolgt. Selbst Dinge wie Bildung, Kunst, Kultur, Hobbys oder Freundschaften sollen auf jeden Fall konsumierbar und somit für den Kapitalismus von Nutzen sein. Wir sollen arbeiten um zu konsumieren. Sie zwingen uns in einen Kreislauf aus Arbeit und Konsum. Ein selbstbestimmtes Leben ist im Kapitalismus nicht möglich.

 

Arbeit ist zu einem Ideal geworden unter dem sich alles unterordnen muss. Es werden Betreuungsstellen und –programme für Kleinkinder geschaffen, um Eltern weiterhin das Arbeiten zu “ermöglichen”. Unsere persönliche Verwirklichung und unsere gesamte Lebensplanung wird der Arbeit untergeordnet. Auch unsere “persönlichen” Beziehungen werden mehr immer zum Gegenstand für Werbung und Konsum. Selbst Ruhe lässt sich im Erreichbarkeitszwang der multimedialen Gesellschaft oft nicht wirklich finden, da zum Beispiel die meisten Unternehmen die multimedialen Möglichkeiten dazu nutzen, um die Arbeitsverdichtung weiter voranzutreiben. Zur ständigen Flexibilität kommt jetzt noch der ständige Erreichbarkeitszwang. Nicht zuletzt kommt es zu immer mehr Krankheiten infolge der Arbeit und des damit verbundenen Leistungszwangs. Sei es körperlich, wie u.A. Rückenschäden oder psychische Krankheiten, Burn-Out oder Depressionen. Doch eine radikale Änderung dieses Systems der Ausbeutung wird nicht in Erwägung gezogen. Es wird an alten Legenden, wie der “Vollbeschäftigung” oder der “sozialen Marktwirtschaft” festgehalten und sich mit kleinen Entschädigungen zufrieden gegeben. Ziele von Arbeitskämpfen werden von oben vorgegeben und die Arbeiter*innen haben nach den Plänen der Funktionär*innen zu agieren. Von solchen Arbeitskämpfen können wir keine tiefgreifenden Veränderungen erwarten.

 

Lasst uns gemeinsam das Leben in die Hand nehmen, uns organisieren und eigenständig handeln. Nur wir selbst wissen, was für uns wichtig und notwendig ist. Wir dürfen die Verantwortung in allen Bereichen unseres Lebens nicht abgeben und können uns nicht in den hierachischen Systemen ausruhen. Wir müssen uns selbstbestimmt organisieren, das Bestehende kritisch hinterfragen und durch direkte Aktionen Veränderungen herbeiführen, um ein Leben in Freiheit zu führen. Denn Freiheit ist in einem kapitalistischen System nicht möglich. Darum kämpfen wir für eine Gesellschaft frei von Kapitalismus und Staat mit den damit verbundenen Repressionsorganen. Wir müssen nicht regiert werden! Die nationale Ab– und Ausgrenzung kotzt uns an und verhindert nur ein solidarisches und friedliches Miteinander aller Menschen. Wir kennen die Realität der heutigen Arbeitswelt aus den verschiedensten Perspektiven, ob als gewählte oder unfreiwillige Erwerbslose, Student*Innen oder “normal” Beschäftigte. Daher erleben wir auch tagtäglich die Repression des Systems gegen all jene, die sich nicht genügend anpassen wollen bzw. “leisten” können.

 

In Dortmund wurde der 1.Mai in den letzten Jahren neben der Gewerkschaftsfolklore von den lokalen Neo-Nazis in Beschlag genommen. Blockaden und andere Aktionen, die sich gegen Nazis richten sind wichtig und müssen auch in Zukunft laufen. Doch wir dürfen uns nicht auf das “Reagieren” auf Ihre Aktionen beschränken. Wir müssen agieren und unsere Handlungs- und Initiativspielräume erweitern. Wir müssen uns die Straße (nicht nur) am 1. Mai zurückholen und unsere Inhalte und Aktionen auf die Straße tragen.

 

Wir wollen an diesem Tag keine Forderungen an Parteien, Gewerkschaften, Konzerne/Firmen oder andere Autoritäten stellen, sondern wollen alle ermutigen selbst zu handeln! Der 1. Mai ist kein Tag für Forderungen! Es ist ein Tag für selbstbestimmtes und selbstbewusstes Handeln. Der 1. Mai ist ein Kampftag gegen den Arbeitswahn und gegen den Kapitalismus. Es geht um die Befreiung aller Menschen aus der Abhängigkeit der Lohnsklaverei. An diesem Tag geht es darum, unsere Vorstellung einer herrschaftsfreien Gesellschaft zu propagieren und unmissverständlich und kompromisslos zu zeigen, dass es viele Menschen gibt, die sich nicht verblenden und befrieden lassen.


Wir wollen den Prozess zu einer befreiten Gesellschaft vorantreiben in dem wir unsere Ideen verbreiten, uns weiterbilden, in eigenen Strukturen versuchen die verheerendsten Auswirkungen von Staat und Kapital abzufedern, uns mit politischen Aktionen in Debatten einschalten und gegen das einstehen, was uns nicht passt. Wir wollen gemeinsam lernen durch freiwillige Vereinbarungen miteinander zu leben.

 

In den letzten Jahren gab es ein Erstarken des antiautoritären Widerstand und der anarchistischen Bewegung im Ruhrgebiet. Daraus sind bereits einige freiheitliche Strukturen entstanden. Dies motiviert uns und wir sind fest entschlossen diesen Organisierungsprozess weiter voranzutreiben. Deshalb ist es uns wichtig, an diesem historischen Tag auch für die anarchistische Bewegung kreativ und laut auf die Straße zu gehen.

 

Sollten die Neo-Nazis auch dieses Jahr wieder in Dortmund marschieren wollen, rufen wir auf dieses nicht ungestört geschehen zu lassen und anschließend mit uns auf die Straße zu gehen. Brechen wir (nicht nur an diesem Tag) aus, aus einer gesellschaftlichen Normalität des stillen Wegschauens bei Armut, Vertreibung, Ausbeutung und Unterdrückung sowie Vortäuschung einer heilen und alternativlosen Welt.

 

Wir wollen am 1. Mai mit allen freiheitsliebenden Menschen für unsere Ziele demonstrieren.
Deshalb rufen wir unter dem Motto “An der Befreiung arbeiten! Die Anarchistische Bewegung vorantreiben!” zur 1. Mai Demonstration am Platz vor der Kirche in der Münsterstraße in Dortmund um 18Uhr auf.

 

FÜR EIN LEBEN OHNE ARBEITSZWANG UND JOBCENTER !
AN DER BEFREIUNG ARBEITEN!
DIE ANARCHISTISCHE BEWEGUNG VORANTREIBEN!

 

Mehr Infos unter: 1maidortmund.noblogs.org

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Könntet ihr symbolisch angehängte Fotos auch als solche kenntlich machen? Das dritte Foto wurde nie und nimmer im Ruhrgebiet und vermutlich noch nicht einmal in Schland aufgenommen. Das sieht man doch auf den ersten Blick.

Das letzte Bild wurde offensichtlich in Schweden aufgenommen. Die dortige anarchosyndikalistische Gewerkschaft SAC (Sveriges Arbetares Centralorganisation) verwendet schlichte schwarz-rote Fahnen. Auf einer der Warnwesten oben links sieht man zudem als Rückenaufdruck das Logo der SAC.