CDU will sich für Veranstaltung in die Rote Flora einmieten

Erstveröffentlicht: 
21.01.2015

Eskalation im Schanzenviertel: Nachdem ein Flüchtlings-Dialog im Haus 73 wegen Störern abgebrochen wurde, will die CDU nun ausgerechnet in der Roten Flora eine neue Veranstaltung ausrichten.

 

Hamburg. Nach dem Rückkauf der Roten Flora durch den Senat im Herbst schien der Konflikt zunächst befriedet - nun aber flammt der Streit über das besetzte Gebäudes im Schanzenviertel mitten im Wahlkampf wieder auf. Ein Grund ist eine offenbar auch von den Besetzern ausgehende massive Behinderung einer Diskussionsveranstaltung am Dienstagabend im benachbarten Haus 73. Wie berichtet, hatte eine linke Gruppe den dort debattierenden "taz"-Salon so massiv durch Geschrei im Veranstaltungsraum und durch laute Musikbeschallung vom Dach der Roten Flora gestört, dass die Diskussion über Flüchtlingspolitik vom Moderator und politischen Korrespondenten der "taz", Sven-Michael Veit, abgebrochen werden musste.

 

Deren stellvertretender CDU-Fraktionschef Roland Heintze sagte, Meinungsfreiheit und Flüchtlingspolitik seien zu wichtig, "als dass wir uns das gefallen lassen dürfen". Die Diskussion solle "schnellstmöglich nachgeholt werden" - und zwar in der Roten Flora selbst. Bereits am Mittwoch habe die CDU eine Nutzung des besetzen Gebäudes für eine Diskussionsveranstaltung über die Lawaetz-Stiftung angefragt, die das Gebäude treuhänderisch verwaltet. "Wir können es uns als Demokraten nicht gefallen lassen, dass linke Demonstranten den freien Meinungsaustausch zu unterdrücken versuchen", sagte Heintze. "Hier gilt es, standhaft zu bleiben." Einschüchterung dürfe "gerade dieser Tage kein Mittel der Politik werden".

 

Flüchtlingsproblematik für Provokation in verhasster Einrichtung missbraucht

 

Schon vor der neuen Eskalation hatte Roland Heintze gefordert, das besetzte Kulturzentrum im Schanzenviertel, das die Stadt im Herbst für 820.000 Euro vom Investor Kretschmer bzw. dessen Gläubigern zurückgekauft hatte, für alle Bürger zu öffnen. Es könne nicht sein, "dass der Steuerzahler den Kauf und Teile der laufenden Kosten finanziert und dann ist das Gebäude noch nicht einmal frei zugänglich", sagte Heintze. Schließlich seien auch alle anderen 28 Stadtteilkulturzentren in Hamburg frei zugänglich.

 

Dass die CDU nun eine Veranstaltung in der Roten Flora selbst abhalten will, bewerten die anderen Parteien als wenig hilfreiches Manöver. "Der Antrag der CDU trägt nach den Provokationen des Voreigentümers nicht dazu bei, die Lage vor Ort zu beruhigen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Dirk Kienscherf. Die FDP-Spitzenkandidatin Suding bezeichnete den Heintze-Plan als "durchsichtigen Populismus, mit dem die CDU dem drohendendem Wählerschwund Richtung AfD vorbeugen will". Linken-Politikerin Schneider nannte es "schäbig, dass die CDU ausgerechnet die Flüchtlingsproblematik für die Provokation einer ihr seit eh und je verhassten Einrichtung missbraucht". Eine Antwort der Lawaetz-Stiftung auf die CDU-Anfrage zur Nutzung der Roten Flora wird für die kommenden Tage erwartet.

 

"Infantil" und "menschenverachtend"

 

Die Spitzenkandidaten Dietrich Wersich (CDU), Katharina Fegebank (Grüne), Katja Suding (FDP), SPD-Fraktionschef Andreas Dressel und Linken-Innenpolitikern Christiane Schneider hatten am Dienstagabend wieder abziehen müssen, ohne über Flüchtlingspolitik gesprochen zu haben. Die "schätzungsweise 130 Menschen", die die gut besuchte Diskussion verhindert hätten, wollten offenbar nichts dazulernen und auch andere daran hindern, dies zu tun, sagte "taz"-Moderator Veit am Mittwoch. Politiker auf dem Podium mit Papierkügelchen zu bewerfen, sei "infantil" von den Störern, sagte Veit. "Ihnen auf der Straße Böller hinterher zu schmeißen, ist genau das, was sie eben diesen Politkern vorwerfen: menschenverachtend". SPD-Fraktionschef Andreas Dressel sagte, der "von den Chaoten herbeigeführten Abbruch" sei "für die Presse- und Meinungsfreiheit in unserer Stadt kein Ruhmesblatt".

 

Für CDU-Bürgermeisterkandidat Dietrich Wersich ist klar: "Wer nicht bereit ist, Diskussionen zu führen oder sie auch nur zuzulassen, hat nicht begriffen, was den eigentlichen Wert von Demokratie ausmacht." Auch FDP-Fraktionschefin Katja Suding sagte: "Presse- und Meinungsfreiheit müssen gerade nach den furchtbaren Anschlägen von Paris auch in Deutschland, Hamburg und im Schanzenviertel verteidigt werden." Linken-Politikerin Christiane Schneider bedauerte den "erzwungenen Abbruch" und sagte: "Politische Konflikte müssen im Meinungsstreit ausgetragen werden können." Zuhören sei das Mindeste, das man voneinander verlangen könne, sagte auch Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Fegebank. "Es ist außerdem befremdlich, wie sich eine Gruppe zu selbst erklärten Anwälten einer Sache macht, die deutlich komplexer ist als die Parolen der Rotfloristen." Sie wünsche sich, dass die Diskussion bald nachgeholt werde.

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Die etablierte Politik ist zurzeit eifrig bemüht, Hamburg in Wahlkampstimmung zu bringen. Auf Plakaten und mit Werbeveranstaltungen buhlt sie um die Gunst der Stimmen für die anstehende Bürgerschaftswahl. Doch wir werden hier keine bzw. eine andere Entscheidung treffen. Wir sagen FCK SPD und FCK YOU ALL! Die ganze Standortscheiße, eine marktkonforme Wohnraumpolitik, eine verwertungsorientierte und rassistische Flüchtlingspolitik sind nicht unsere Wahl – wir geben unsere Stimmen nicht ab, sondern tragen sie gegen systematische Verdrängung und Ausgrenzung auf die Straße!

 

Für den 31.01. rufen wir mit zur Demonstration „Recht auf Stadt – never mind the papers!“ auf. Bereits zuvor, am Dienstag den 20.01., werden wir ab 18:30 Uhr dabei sein, wenn im Haus 73 am Schulterblatt ein taz-Salon zum Thema Flüchtlingspolitik stattfinden soll. Hier wollen Spitzenkandidat*innen wie Dressel (SPD), Wersich (CDU) und Fegebank (Grüne) die „Lage der Flüchtlinge“ in Hamburg über die Köpfe der Betroffenen hinweg diskutieren und ihre Versionen eines repressiven und ausgrenzenden Umgangs wahlkampfgerecht aufbereiten. Diese Inszenierung werden wir nicht durchgehen lassen und ihnen die Suppe durch massenhaftes stören und unversöhnliche Einmischung versalzen!

 

Das europäische Grenz- und Migrationsregime ist in der Krise. Mehr und mehr Menschen versuchen die Außengrenzen Europas zu überwinden, werden dabei abgefangen oder kommen ums Leben. Aber auch immer wieder gelangen sie hinein, organisieren sich und fordern ihre Rechte ein. Innerhalb Deutschlands hat sich dies in den letzten Jahren etwa in den Kämpfen von „Lampedusa in Hamburg“, in der Besetzung von Plätzen und Schule oder in Flüchtlingsmärschen ausgedrückt.

Die etablierte Politik, die Medien und die Öffentlichkeit können die Augen vor den Bewegungen der Migration und den Kämpfen von Refugees nicht mehr verschließen. Doch statt Flucht und Migration als Ausdruck postkolonialer Wirtschaftspolitik, als Folge (mit)angezettelter Kriege wie z.B. im Irak oder Libyen und als Konsequenz kapitalistischer Verheerungen rund um den Globus zu begreifen, setzen die europäische und deutsche Politik auf eine fortgesetzte Verwaltung der Migration, bei der es einerseits um wirtschaftliche Nützlichkeitsabwägungen geht und andererseits tödliche Abschottung und Repression verschärft werden.

Zugleich nehmen reaktionäre Mobilisierungen aus der Bevölkerung zu. Was mit dem wachsenden Zuspruch für den Rechtspopulismus der AfD begonnen hat, findet im Auftreten von HoGeSa sein militantes Pendant. Vielerorts manifestiert sich Hetze gegen Flüchtlingsunterkünfte und Pegida in Dresden bringt das rassistische Ressentiment zehntausendfach auf die Straße.

 

Auch in Hamburg gab und gibt es Initiativen gegen Flüchtlingsunterkünfte und auch hier sind trotz deutlicher antirassistischer Proteste Geflüchtete von Ausgrenzung und Abschiebung betroffen. Der SPD-Senat konnte seine harte Linie „rechtsstaatlicher‘ Einzelfallprüfung gegenüber Lampedusa bislang durchziehen und verweigert nach wie vor die eingeforderten Grund- und Kollektivrechte. Trotz oder wegen dieser politischen Entscheidung erfährt die SPD weiterhin breiten Zuspruch aus der Wahlbevölkerung. Scholz sitzt fest in Sattel und es ist absehbar, dass er von der inzwischen wirtschaftsliberal gewendeten Ökopartei eine „green card“ bekommt, um eine weitere Amtszeit „durchregieren“ zu können.

 

Keine Illusionen, kein Bitten und Betteln und auch kein Hoffen auf eine vermeintlich bessere top-down-Politik – stattdessen setzen wir auf Intervention und Selbstorganisierung. Ein Recht auf Stadt ist für uns ein oppositionelles Projekt, das innerhalb und gegen die Verhältnisse erkämpft werden muss. Daher erheben wir keinen formalen Einspruch, sondern tragen unseren Widerstand in die heiße Wahlkampfphase und darüber hinaus.

 

20. Januar 18:30 Uhr – Action am Schulterblatt 73
Den taz-Salon zum Tanzen bringen!

31. Januar 13:00 Uhr – Demo ab Landungsbrücken
Recht auf Stadt – never mind the papers!


Flora bleibt unverträglich

Ok, aber nur 1 einziges Mal. 

Im Gegenzug findet eine Umsonstbörse + Motorradwerkstaatt in der CDU-Zentrale statt

mit anschliessendem Crustcore-Konzert.