[B] Alter Friedensbewegung droht politische Eiszeit

Lars Mährholz, Initiator der Montagsmahnwachen am 8.12.2014 vor dem Brandenburger Tor

Voraussichtlich wird die aktuelle Friedenswinterkampagne 2014/15 der alten Friedensbewegung wegen des Joint Ventures zwischen ihr und den rechtsoffenen Montagsmahnwachen in eine friedenspolitische Eiszeit münden. Zahlreiche aktive Organisationen im bundesweiten Friedensnetzwerk gehen offen auf Distanz zur Kampagne und zu den rechten und antisemitischen Inhalten der Montagsmahnwachen. Ob es zu spät ist, wird sich zeigen. Eine Gelegenheit, sich deutlich abzugrenzen, bieten die bundesweiten Friedensdemos zum Auftakt des Friedenswinters am morgigen Samstag (13. Dezember 2014).

 

Mit Demonstrationen in mehreren deutschen Städten beginnt am Samstag die heiße Phase des Friedenswinters 2014/15. Diese Kampagne gegen die weltweiten Krisen - und Kriegszustände wird von Teilen der sogenannten alten Friedensbewegung und den Montagsmahnwachen organisiert. Wegen Beteiligung der Mahnwachen, denen rechte Ideologieelemente zugeschrieben und ebensolche Verbindungen nachgesagt werden, haben sich namhafte friedenspolitische Organisationen und Personen vom Friedenswinter distanziert.

 

Andere Persönlichkeiten aus der Friedensbewegung und die Organisatoren des Friedenswinters verteidigen die Kooperation mit den Hauptakteuren der Montagsmahnwachen, vornweg deren Initiator Lars Mährholz sowie den regelmäßigen Rednern Ken Jebsen und Pedram Shahyar.

Zu den Vorwürfen gegen die Mahnwachler sagte der Hauptorganisator des Friedenswinters Reiner Braun (Geschäftsführer IALANA, Ko-Sprecher Kooperation für den Frieden), dass Mährholz "maßgeblich zur Trennung der Mahnwachen von Rechtsradikalen beigetragen" habe.

 

Lars Mährholz: Persona non grata oder Rechter?

 

Was ist nun an den Beschuldigungen dran, die Lars Mährholz nach eigenem Bekunden "zu einer Persona non grata" werden lässt. Er will nie was mit Rechts zu tun gehabt und auch "nie irgendwas antisemitisches gesagt" haben. Er sieht sich einer Hetzkampagne gewaltbereiter Linker ausgesetzt, die nicht weit weg vom roten Faschismus seien. Dies sagte Mährholz während des dreistündigen Youtube-Live-Chats "Friedenswächter - Wort zum Sonntag" am Abend des 30. November 2014.

 

Hat es also nichts mit Rechts zu tun, wenn er auf seiner Homepage lobende Worte für den Münchener Rassisten und BIA-Stadtrat Karl Richter findet? Oder was ist mit den Flyern "Stimme und Gegenstimme" (S&G) des Schweizer Sektenkonzerns von Ivo Sasek? Seit Frühjahr 2014 wird die S&G auf den Berliner Mahnwachen verteilt oder liegen regelmäßig auf dem Büchertisch der Montagsmahnwache aus.

 

Dieses Faltblatt kann es getrost mit der "Deutschen Stimme" der NPD aufnehmen. So liest man in der Ausgabe Nr.4/Juli 2012, dass mit den Antirassismus-Gesetzen "die Völker politisch wehrlos gemacht [wurden], um so der uneingeschränkten Völkervermischung Tür und Tor zu öffnen. (...) Das bedeutet doch, dass durch die Vermischung verschiedenartigster Kulturen jegliches nationale Denken und Empfinden verloren geht." Ivo Sasek, Chef der christlich-fundamentalistischen Religionsgemeinschaft, schreibt in der Ausgabe 44/12: "Denn alles, was unsere Lebensgrundlagen zerstört, ist Krieg, komme er nun in Form von Zwangsimpfung, von Weltgeldbetrug oder im Gewand der erzwungenen Völkervermischung usw. daher.

 

Und was meint Lars Mährholz, Initiator der Montagsmahnwachen, zu diesem Thema? Nein, für die der S&G hat er noch nichts verfasst. Im Youtube-Live-Chat "Friedenswächter - Wort zum Sonntag" sagte er jedoch vergleichbar rassistisches: "Ich finde schon teilweise, dass durch dieses Multikulti, was verkauft wird, dadurch werden Nationen und Kulturen aufgelöst in meinen Augen, eher als wenn die Leute anständig dort leben könnten, wo sie ... wollen und wo sie geboren sind, wo Familien ist. Also, keiner will doch von seiner Familien weg, außer es ist so schlimm und unaushaltbar, dass er weg will und muss."

 

Die Autorenschaft der S&G mixt in ihren Beiträgen hin und wieder zum rassistischen Gedankengut antisemitisches hinzu. Unter der Überschrift "Zerstörung der Völker als Programm"(S&G 47/12) schreiben sie: "Für die Wegbereitung der durch die Familien Rockefeller und Rothschild vorangetriebenen Neuen Weltordnung wurden (...) stabile gesellschaftliche Strukturen bis zur völligen Zerstörung schrittweise aufgeweicht, mit dem Ziel der besseren Regierbarkeit der Völker."

 

Prof. Dr. Schachtschneider, der in den Kreisen in denen Mährholz inzwischen verkehrt kein Unbekannter ist, wird in der S&G 56/12 mit Worten zitiert, die ihn fast zum Holocaustleugner machen: "Mit dem Holocaust mag gewesen sein, was will. Ich war nicht dabei, aber ich rede auch nicht darüber, weil es verboten ist. Man darf das nicht diskutieren, auch nicht wissenschaftlich."

 

Die Frage, ob der Friedensmahnwachen-Chef Lars Mährholz mit der antisemitischen Reichsbürgerpropaganda der "Stimme und Gegenstimme" Ausgabe 63/13 leben kann, muss mit einem deutlichen "Ja" beantwortet werden. In der S&G heiß es: "Doch faktisch ist die BRD, wenn auch nicht formal, tatsächlich eine Finanzagentur, also eine Art wirtschaftlicher Zweigbetrieb der großen khasarischen Finanzkonglomerate wie Rothschild, Goldman Sachs, FED - wobei Rothschild sozusagen über allen als 'Muttergesellschaft' die Geschicke bestimmt." Mährholz führte auf seiner Homepage unter der Überschrift "Du denkst, du hast die deutsche Staatsangehörigkeit?!?!?!" aus, dass es so aussieht, "als ob Deutschland unter Verwaltung steht". Im eingebetteten Video "Staatenlos in Deutschland - Reiner Oberüber im Gespräch mit Michael Friedrich Vogt" gibt es die volle Dröhnung rassistischer Reichsbürgerideologie zu sehen und zu hören.

 

Dass diese "Beträge" von Mährholz nicht mehr abrufbar sind, dass derzeit so wenig über BRD-GmbH und ähnliches auf den Mahnwachen gesprochen wird, liegt offensichtlich am scharfen medialen Gegenwind, die den Montagskundgebungen von Anbeginn entgegenblies.

Dazu Mährholz im Chat der "Friedenswächter - Wort zum Sonntag": "Ich wollte niemals irgendwelche Gesprächsverbote oder irgendwelche Themenauflagen raushauen. Ich wollte verhindern, dass eine Forderung der Bewegung, die Souveränität Deutschlands ist. (...) Natürlich soll über Souveränität, über BRD-G... ... kann über alles gesprochen werden. (...) Ich habe auch in den letzten Monaten hauptsächlich versucht, die Mahnwachen durch die Medien- und Politiklandschaft zu schippern, so dass wir wenig angreifbar sind und so wenig Probleme kriegen, wie möglich."

 

Durch diese Aussage wird klar, dass der Initiator der Montagsmahnwachen aus strategischen Gründen die Reichsbürgerinhalte auf seiner Homepage löschte. Diese Themen und Inhalte sind offiziell dem "unangreifbaren schippern durch die Medien- und Politiklandschaft" zum Opfern gefallen.

 

Kapitalismuskritik oder NS-Propaganda?

 

Nichtsdestotrotz hat Lars Mährholz aktuell Themen drauf, die ihn anderweitig Rechts verorten lassen. Zu seinem Leib- und Magenthema "Geldsystemkritik" und FED schreib Sasks S&G in der Ausgabe 52/13: "Schließlich ist der IWF nichts anderes als eine Außenstelle der privaten jüdischen Notenbank der USA, der FED." Am Anfang der Montagsmahnwachenbewegung stand ähnliches auf der Website des Initiators. Mährholz behauptete, dass fast alle Zentralbanken, etliche us-amerikanische TV- und Medienhäuser sowie namhafte Industrieunternehmen zum Imperium der Rothschilds gehören. Als Quelle stützte er sich auf eine antisemitische Website, die, wäre sie in Deutschland gehostet, verboten wäre.

 

Nach außen hin geläutert und diplomatisch - was bei den Organisatoren des Friedenswinters verfängt, sprechen seine scheinbar antikapitalistischen Worte im Chat der Friedenswächter eine andere Sprache. Kapitalismuskritik, die er "old school" nennt, reduziert er auf Kritik am Zinseszins und auf Geldsystemkritik. Warum? "Weil der Kapitalismus an sich, wenn der gesund und normal vonstattengehen würde, kein Problem" ist, sagt er.

Das sagt und denkt nicht nur Mährholz, sondern auch sein lebendes Vorbild in Sachen Geldsystemkritik, der marktschreierische Ökonom Andreas Popp. Popp wiederum, der sein Geld mit scharlatanerischen Seminaren verdient, bezieht sich in seiner Geldsystemkritik unter anderem auf den NS-Ideologen Gottfried Feder (1883-1941), den er in seinem "Plan B" als großen Wirtschaftstheoretiker würdigt, "der leider noch immer mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht" wird.

 

Etwas kryptisch aber dennoch sehr verständlich bezieht sich auch Mährholz auf Feder wenn er sagt:

"Egal, was irgendjemand mal gesagt hat, und egal, wie fragwürdig die Person gewesen ist, die das gesagt hat, das darf deswegen kein Verbot für zukünftige Generationen sein, auf einem ganz normalen friedlichen und sachlichen Level darüber zu sprechen. (...) Nur weil irgendwelche Leute irgendwelche Sachen mal wirklich missbraucht haben oder halt wirklich schlimme Sachen gemacht haben, heiß das nicht, dass nichts davon jemals wieder angesprochen werden darf. Da müssen wir rauskommen von. Wie gesagt, diese Geldsystemkritik, die muss erlaubt sein. Und auch Zinseszins muss diskutiert werden können. Ansonsten haben wir hier Gedankenverbote, die uns niemals aus dieser Situation rausbringen."

 

Gut, und worüber will Lars Mährholz sprechen? Welche Gedankenverbote bezüglich Gottfried Feder will er aufheben?

Offensichtlich unterstützenswert finden Popp und Mährholz Feders 1919 aufgeschriebene Worte: "Wir erkennen klar, daß nicht die kapitalistische Wirtschaftsordnung an sich, nicht das Kapital als solches die Geißel der Menschheit ist. (...) Das zinsfressende Leihkapital ist die Geißel der Menschheit, das ewige mühe- und endlose Wachstum des Großleihkapitals führt zur Ausbeutung der Völker, nicht das schaffende, gütererzeugende, industrielle Betriebskapital."

 

Doch was ist mit dem, was Gottfried Feder, "der leider noch immer mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht" wird (Andreas Popp im "Plan B"), im Jahre 1933 verfasste? Im Aufsatz "Die Judenfrage" schrieb er: "Die Juden sind eine Menschengruppe, deren rassische Geschlossenheit sie aus allen übrigen Völkern heraushebt und äußere und innere Eigenarten von ganz bestimmtem Gepräge bedingt." (...) Sie sind "eine Inzuchtgruppe besonderer Mischung". (...) Alle "Versuche, die Judenfrage zu lösen, sind gescheitert, weil die besonderen Eigenschaften der Juden, die sie außerdem zu einem Staat im Staate, einem feindlichen Staat, machen, blutbedingt und darum untilgbar sind".

 

Ganz offenkundig wollen Mährholz und Popp die früheren antisemitischen Schriften Feders von den besonders hässlichen und eliminatorischen aus den 1930er Jahren abklammern. Dass diese jedoch eine konsequente Fortentwicklung in Feders Werk sind, können sie nicht verstehen. Denn wer einerseits Zins- und Geldsystemkritik übt und andererseits vom gesunden Kapitalismus schwadroniert beziehungsweise ihn in aller Ausführlichkeit vorlebt - Popp verlangt 2600 Euro für ein einwöchiges inhaltsleeres Seminar, der steht mit beiden Beinen tief im antisemitischen und nationalsozialistischen Morast eines Gottfried Feders.

 

Gebildete Mahnwachenbewegung?

 

Im Video-Chat betonte Mahnwachen-Initiator Lars Mährholz mehrfach den besonders hohen Bildungsstand bei den Montagsmahnwachen. Diese Selbstüberhöhung kulminierte in der abstrusen Aussage: "Ich würde sagen, dass schöne an der Bewegung ist, dass wir alle Philosophen sind. Weil Philosoph ist der, der die Wahrheit sucht. Das bedeutet Philosophie."

 

Gegenüber seiner Friedensbewegung fehle es der Alten an Bildung. Die alte Friedensbewegung habe sich, was den Hintergrund der drohenden Kriegsgefahr angeht, noch nie in die Analyse getraut, so Mährholz am Abend des 30. November 2014. "Also von daher ist es halt da diese Bildungsdifferenz" zwischen neuer und alter Friedensbewegung. "Wie immer. Das Problem ist Bildung."

Nicht nur die alte Friedensbewegung hat nach seiner Auffassung Bildungsdefizite. "Da kann ich auch wieder nur sagen, jeder NPD-ler ist ja tendenziell NPD-ler, weil er Bildungsprobleme hat. Der denkt ja, die NPD hat die Lösungsansätze. (...) Also von daher: Bildung, Bildung, Bildung, Information, Information."

 

Friedensbewegung am Ende?

 

Nun arbeiten alte und neue Friedensbewegung mit einigen Störungen harmonisch im Friedenswinter zusammen. Insgeheim erhoffen sich die Montagsmahnwachen "einen gewissen Einfluss auf die alte Friedensbewegung" zu haben. Sie solle mitbekommen, dass "186 Länder ihre Regierungen abschaffen könnten, weil sie nur eine Farce sind", stammelt der große Anführer der neuen Friedensbewegung etwas hilflos über die angebliche Allmacht der Neuen Weltordnung (NWO), ohne sie explizit beim Namen zu nennen. Muss er bei so viel Bildung, die sich jeden Montag auf den Marktplätzen Deutschlands versammelt, auch nicht. Denn im Erkennen gewisser Codes, sind dieser Wahrheit-Philosophen spätestens seit 9/11 wahre Weltmeister. Zitat Mährholz: "Wir wissen doch [...], dass Nine-Eleven nicht von Moslems gemacht wurde."

 

Und die alte Friedensbewegung? Für sie wird wahrscheinlich der Friedenswinter, dank tatkräftiger Unterstützung der Mahnwachenbewegung um Lars Mährholz eher in eine politische Eiszeit führen denn in einen erhofften neuen Frühling.

 

 


 

Quellen:

 

Friedenswinter 2014/2015

http://friedenswinter.de/

 

Wikipedia: "Mahnwachen für den Frieden"

http://de.wikipedia.org/wiki/Mahnwachen_f%C3%BCr_den_Frieden

 

Neues-Deutschland "Entzweit über ein Bündnis" (08.12.2014)

http://www.neues-deutschland.de/artikel/954762.entzweit-ueber-ein-buendn...

 

YouTube: "Friedenswächter - Wort zum Sonntag"

youtube.com/watch?v=YgfBDU6mnTU

 

"Stimme & Gegenstimme (S & G)"

gesundes-deutschland.de/S&G/

 

YouTube: "Staatenlos in Deutschland - Reiner Oberüber im Gespräch mit Michael Friedrich Vogt"

youtube.com/watch?v=OSVBWRcw4r4

 

Wissensmanufaktur: "Plan B" (von Andreas Popp, Rico Albrecht

wissensmanufaktur.net/plan-b

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"Friedenswinter einheizen! - Gegen Antisemitismus und Verschwörungstheorien"

 

12.12.2014, 17 Uhr, Max-Joseph-Platz

 

http://www.preiselbauer.de/2014/12/11/friedenswinter-einheizen/

Wenn Gruppen die gar keine Kapitalismuskritik haben anderen eine verkürtzte Kapitalismuskritik vorwerfen entbehrt das nicht einer gewissen Komik. Als Marxist kann man wohl nur hingehen um sich zu amüsieren.

?

wat wie wo, gegen dieses pack auf die straße???????

"Gegen den Friedenswinter - Querfront verhindern!"

 

13. Dezember 2014, 13 Uhr, Washingtonplatz (Hauptbahnhof) 

 

KEIN FRIEDEN MIT ANTISEMITEN, VERSCHWÖRUNGSTHEORETIKERN, NATIONALISTEN, PUTINISTEN UND REICHSBÜRGERN!

GEGEN VERKÜRZTE KAPITALISMUSKRITIK!

 

https://linksunten.indymedia.org/de/node/129551

Ist groß geschrieben. Muss wichtig sein!


Fallschirmspringer supporten Deutsches Fussball-Nationalteam in Fehrbellin!