Urteil: Freiburger Studentin stört Demo der Piusbrüder und muss Strafe zahlen

Erstveröffentlicht: 
18.09.2014

Eine Demo gegen die Piusbrüder hat in der Statistik die Zahl linksextremer Straftaten nach oben getrieben. Jetzt wurde eine Freiburger Studentin zu einer Geldstrafe verurteilt.

 

Der Richter blieb am unteren Ende dessen, was er für "schuld- und tatangemessen" hielt: 15 Tagessätze zu je zwölf Euro für die 25 Jahre alte Studentin seien "denkbar gering". Die Staatsanwaltschaft hatte 50 Tagessätze gefordert. In einem Anklagepunkt sprach der Richter die nicht vorbestrafte angehende Sozialpädagogin frei, zu einem Freispruch auch im zweiten Punkte wollte er sich aber nicht durchringen. Und obgleich er in seiner Urteilsbegründung hervorhob, man befinde sich im Gerichtssaal, nicht im Politikseminar, folgte genau dies: eine Belehrung in Sachen Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt in einer demokratisch-pluralistischen Gesellschaft.

Angeklagte wollte Demonstration stören


Ausgangspunkt war eine Kundgebung der Piusbruderschaft gegen das Recht auf Abtreibung gewesen. Diese begann vor der Freiburger Beratungsstelle von pro familia. Genehmigt war ein anschließender Demonstrationszug durch die Kaiser-Joseph-Straße. Den etwa 100 Teilnehmern der Kundgebung stellten sich ähnlich viele Gegendemonstranten in den Weg. Dazwischen die Polizei: Sie hatte den Auftrag, die angemeldete, erlaubte politische Versammlung zu ermöglichen. Videoaufnahmen dokumentieren ein Schieben und Drücken der Demonstranten; die einen rufen Protestparolen und trillern mit ihren Pfeifen, die anderen singen "Jesus ist mein König" und rufen die "heilige Maria Mutter Gottes" an, sie möge sie "vor den Nachstellungen des Teufels" schützen. Dazwischen Durchsagen der Polizei, den Weg freizumachen, damit sie "den ordnungsgemäßen Verlauf der genehmigten Versammlung gewährleisten" könne. Ergänzt durch den Hinweis: Wer sich dem widersetze, mache sich möglicherweise strafbar.

Was der Verteidiger bezweifelte. Eine Versammlung könne nur nach Versammlungsrecht aufgelöst werden, nicht nach Polizeirecht. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Mithin habe es sich bei der Gegendemonstration um eine – obwohl nicht angemeldete – rechtmäßige Versammlung gehandelt. Daher sei es keine Widerstandshandlung, sich gegen das Abdrängen zu wehren. Dem schloss sich das Gericht nicht an: Niemand habe das Recht auf Versammlung bestritten, aber es gebe kein Recht, dies just zu diesem Zeitpunkt und an diesem Ort zu tun, an dem eine andere Versammlung stattfinde.

Rangeleien steigerten Jahresstatistik


Über die Stadtgrenze hinaus bedeutsam wurde der Vorfall dadurch, wie er statistisch und rechtlich behandelt wurde. Denn jede einzelne Rangelei wurde vom Landesamt für Verfassungsschutz als eine linksextremistische Gewalttat gewertet – was in dessen Jahresbericht zu einem signifikanten Anstieg linksextremer Straftaten führte. Zudem wurden 33 Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Freiburg eingeleitet. Davon wurden einige eingestellt, andere mit einem Strafbefehl abgeschlossen.

Die jetzt verurteilte 25-Jährige indes wollte diesen nicht akzeptieren und legte Widerspruch ein. Auch um ein öffentliches Forum zu haben für ihr Statement gegen politischen und religiösen Fundamentalismus. Der Richter äußerte durchaus seine Anerkennung für diese Haltung, mahnte jedoch in seiner Urteilsbegründung mit den Worten von Rosa Luxemburg mehr Respekt vor der Meinung Andersdenkender an.

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