Stellungnahme der Roten Hilfe OG Bochum-Dortmund zu den Repressionen gegen die Avanti-Aktivist*innen

wir sind an eurer seite

Die Polizei ist ganz in Eurer Nähe? Wir sind dann an Eurer Seite! Am 29.08.2014 stürmte die Dortmunder Polizei die besetzte Albertus-Magnus-Kirche, beschlagnahmte das Gebäude als Tatort und räumte die sich darin befindlichen 38 Personen. Laut der Polizei geschah dies im Rahmen einer Ermittlung wegen versuchter Tötung am Samstag, den 23.08. An diesem Nachmittag haben die Neonazis um die Partei Die Rechte eine Kundgebung gegen die Besetzung vor der Kirche abgehalten, was die Polizei der Öffentlichkeit jedoch bis zum Abtransport der Neonazis aus der Innenstadt vor das Gebäude verschwieg. Die Besetzer*innen, gegen die die Neonazis von Anfang an im Internet hetzten und Gewalt androhten, wurden so von der Polizei in eine gefährliche Situation gebracht. Die Neonazis versuchten, in das Gebäude einzudringen, die Polizei war anfangs nicht in der Lage, sie davon abzuhalten. In Folge dessen sollen Besetzer*innen Steine auf die Neonazis geworfen haben, von denen zwei laut Medieninformationen Anzeige wegen schwerer Körperverletzung bei der Polizei erstatteten. Nach einer Untersuchung von auf dem Boden aufgesammelten Steinstücken wandelte die Staatsanwaltschaft diesen Vorwurf in versuchte Tötung um.

 

Während die Polizei in ihren Pressemitteilungen von nur einer Tatverdächtigen und festgenommenen Person spricht, die allerdings wegen fehlender Beweise ein paar Stunden nach ihrer Festnahme entlassen wurde, werden die restlichen 37 Personen in ihren Durchsuchungsprotokollen als "Verdächtige Zeugen" bezeichnet. Die 37 Personen wurden einer ED-Behandlung unterzogen und mussten ihre Handys und Smartphones sowie Laptops der Polizei übergeben. Entgegen Aussagen der Polizei in der Presse, man wolle nicht alle Besetzer*innen mit der Tat in Verbindung bringen, gelten alle Personen also als verdächtig. Den Anwesenden wurde angebliches Beweismaterial in Form von Videos und Fotos vorgelegt, zu denen sie Stellung nehmen sollten. Ihnen wurde weis gemacht, sie könnten die Aussage nicht verweigern.

 

Aus dem Gebäude wurden PCs und Speichermedien, sowie Gegenstände mitgenommen, deren Gefährlichkeit noch eingeschätzt werden muss. Die Presse schreibt aber schon mal was über Dolche, Teleskopschlagstöcke und Pfeffersprays, um die Besetzer*innen des Gebäudes, deren Projekt innerhalb weniger Tage die Zustimmung der Nachbarschaft und Personen aus der Stadtspitze erhalten hatte, in gewohnter Weise als gewalttätig und gefährlich darzustellen.

 

Statement zu Ermittlungen und Darstellungen in der Presse

 

Erst 6 Tage, nachdem die angebliche versuchte Tötung geschehen sein soll, fängt die Polizei an, verdächtige Personen zu ermitteln. Dies erschließt sich den Anwält*innen der RH Bochum-Dortmund nicht. Die Polizei begründet den Einsatzzeitpunkt damit, dass sich die Einsatzplanungen hingezogen haben, weil sie die Polizei sowie die Besetzer*innen nicht gefährden wollten während der Maßnahme. Da stellt sich uns doch die Frage, warum der Ermittlungsort großräumig abgesperrt wurde und weder die Presse noch diverse Abgeordnete lange Zeit während der Maßnahmen gegen die Besetzer*innen nicht in die Nähe der Kirche gelassen wurden, um diese demokratisch und dokumentierend begleiten zu können. Angeblich, weil die Polizei eine Gefährdungssituation sah. Am Ende des Tages musste die Dortmunder Polizei allerdings zugeben, dass von Besetzer*innen zu keinem Zeitpunkt der Maßnahme eine Gefahr für die Polizei oder andere ausging. Die Presse durfte dann im späteren Verlauf des Tages Fotos von der Polizei selber und dem Gebäude von vorne machen, aber Fotos der angeblich gefundenen, gefährlichen Gegenstände oder gar dem Inneren des Gebäudes gibt es nicht.

 

Die Person, die als tatverdächtig mitgenommen wurde, scheint uns dabei willkürlich rausgepickt. Diese Sicht bestätigt die Tatsache, dass die betroffene Person einige Stunden später wieder entlassen wurde, weil die Polizei keinen dringenden Tatverdacht feststellen konnte, es gab also keine Indizien oder Beweise, dass genau diese Person die Tat begangen haben soll. Trotzdem überschreiben die Ruhrnachrichten auch Tage später noch ihren Artikel zu den Ereignissen vom 29.08. mit "Polizei findet mutmaßliche Steinewerferin". Dies ist eine Falschdarstellung der Ereignisse, passt aber zum Verhalten der Polizei während der Stürmung der besetzten Kirche. Gegenüber den Besetzer*innen machten sie klar: wen auch immer sie in diesem Falle als dringend tatverdächtig bezeichnet, wird es schon gewesen sein (müssen). Die Hoffnung der Polizei war wohl, mit diesem Tatvorwurf ein bedrohliches Klima zu erzeugen, welches die festgenommene Person zum Reden zwingen würde. Jedoch hat sich die festgenommene Person nicht eingelassen und dies sollten unserer Meinung nach auch alle anderen Beschuldigten so handhaben.

 

Weiterhin sind die Maßnahmen gegen die verdächtigen Personen nicht nachvollziehbar. Warum wurden den Personen ihre Handys weggenommen? Für die RH-Ortsgruppe Bochum Dortmund stellt sich die Situation so dar, dass die Polizei aus den Ermittlungen vor der Stürmung keine Ergebnisse ziehen konnte und es nun mit Schikanen versucht, in der Hoffnung, irgendwer wird irgendetwas sagen, was ihnen nützen könnte. Hier ist die Aufdeckung von Netzwerken und Strukturen in der linken Szene besonders interessant für die Dortmunder Polizei.

 

Mittlerweile hat die Dortmunder Polizei zu weiteren "Maßnahmen" gegriffen. So wurden 3.000 Euro Belohnung auf Hinweise ausgesetzt, die angebliche Täter*innen überführen können. Diese Belohnung richtet sich dabei vor allem an die linke Szene in Dortmund selber, was mehrere Anquatschversuche des LKA mit Hinweis auf die 3.000 Euro beweisen. Der Staatsschutz und Zivilpolizisten tauchen überall da auf, wo eine Veranstaltung von oder für das Avanti-Projekt angekündigt wird. Die Rote Hilfe Ortsgruppe Bochum Dortmund rät: Bitte sagen Sie jetzt nichts!

 

Was tun, jetzt da es brennt?

 

Solidarität und Zusammenarbeit sollten jetzt an erster Stelle stehen, damit die Dortmunder Polizei mit ihren bisherigen unsinnigen Ermittlungen und der Schikane nicht durch Zufall durchkommt und es schafft, irgendeine willkürlich ausgesuchte Person als Täter*in beschuldigen zu können. Gerade jetzt sind die Tipps der Roten Hilfe wichtiger denn je:

  • Alle Betroffenen sollten sich ein Gedächtnisprotokoll anlegen. Was dieses Gedächtnisprotokoll enthalten soll, steht hier . Am besten erzählt Ihr einer vertrauten Person von den Geschehnissen und diese schreibt das dann auf. Das Gedächtnisprotokoll wird für eine Verfahrensstrategie sehr wichtig sein und es sollte dem*der vertretenden Anwält*in übergeben werden.
  • Eine Hausdurchsuchung bei allen Betroffenen ist noch nicht ausgeschlossen! Räumt Eure Buden auf und bringt die Sachen sicher unter. Weitere Informationen zum Verhalten bei Hausdurchsuchungen findet ihr hier. Legt Euch am besten ein Backup Eurer digitalen Daten an, um im Fall einer Beschlagnahmung Eurer PCs nicht völlig aus Eurem Leben gerissen zu werden, verschlüsselt dieses und hinterlegt es an einem sicheren Ort.
  • Verschlüsselt Eure PC's und Speichermedien! Anleitungen dafür findet Ihr im Internet. Wichtig ist eine ausreichend lange Passphrase von mindestens 20 Zeichen, die aus Zahlen, Buchstaben in Klein- und Großschreibung sowie Sonderzeichen besteht.
  • Verschlüsselt Eure Kommunikation! E-Mail-Verschlüsselung ist mittlerweile leicht zu nutzen, eine Anleitung dafür findet Ihr hier. Für ein verschlüsseltes Chatten empfehlen wir Jabber mit OTR-Verschlüsselung (Off-The-Record-Messenging), welches für jedes Betriebsystem verfügbar ist. Anleitungen findet Ihr hier
  • Mit TOR (The Onion Routing) könnt Ihr auch im Internet anonym unterwegs sein. Anleitungen und Infos dazu gibt es hier
  • Helft Euch gegenseitig! Ihr kennt bestimmt Leute in Eurem Umkreis, die sich mit Datensicherheit auskennen. Ihr seid nicht allein!
  • Redet weder am Telefon, noch mit einem Telefon im Raum über die Geschehnisse am Samstag, den 23.08..
  • Wie immer gilt auch, sich nicht mit den Ermittlungsorganen einzulassen. Lest die Informationen der Roten Hilfe zum Thema Aussageverweigerung durch und lasst Euch von Eurer Roten-Hilfe-Ortsgruppe beraten. Alles, was Ihr  sagt, kann und wird gegen Euch und gegen alle anderen Beschuldigten  verwendet werden, egal was die Polizei oder die Staatsanwaltschaft Euch  verspricht. Schon ein "Ich war das aber gar nicht" ist zuviel, da Ihr damit den  Kreis der Verdächtigen einengt und so Eure Genoss*innen in den Fokus  rücken!
  • Auch zu Anquatschversuchen bietet die Rote Hilfe Info-Material an: Flyer Anquatschversuch - Was tun?

Die Ortsgruppe der Roten Hilfe in Bochum-Dortmund steht Euch jederzeit für Fragen und Beratungen zur Verfügung. Jeden 1. Montag im Monat könnt Ihr ab 19.30 Uhr für Beratungen ins Soziale Zentrum Bochum, Josephstraße 2, kommen. Natürlich könnt Ihr uns auch verschlüsselt eine E-Mail schreiben. Die Kontaktdaten und der pgp-Key findet ihr hier

 

Getroffen hat es einige, gemeint sind wir alle! Solidarität mit allen von Repression Betroffenen!

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Wieso wird da nicht politisch drauf eingegangen bzw. die Eskalation beantwortet ?

Wenn sowohl in HH als auch in DO wegen angeblichem Mordversuch "ermittelt" wird ist das eine Eskalation die auch benannt werden sollte. Das reicht nicht einfach zu sagen "Wir sind unschuldig". Eine Skandalisierung zu betreiben ist keine adäquate Antwort. Die Cops haben jede nur erdenkliche Möglichkeit und handhabe mit einem solchen Vorwurf, Wanzen und Hausdurchsuchungen etc., das kann Jahre lang weitergehen. Warum wird nicht auch politisch benannt worauf das alles hindeutet ? Das ist ein derartiges Ausmaß an Kriminalisierung dass darauf auch eine Antwort erfolgen sollte die unmißverständlich ist.

 

Wenn sie sagen: Mordversuch - Dann meinen sie: Nächstes Mal bringen wir Euch vorher um.

 

Wehrt Euch!

Hallo,

schön, mal mit jemandem zu kommunizieren, der oder die sich nicht so auskennt mit einer antifaschistischen Linken.

In der ersten Hälfte der 90er Jahre hat es einmal in einem Lokal in Berlin eine Konfrontation gegeben, bei der ein Antifa in Bedrängnis geriet und ein Messer einsetzte. Sein Gegenüber im Handgemenge, ein Nazi namens Kaindl, kam zu Tode. In einerlangwierigen Debatte gelangte eine antifaschistische Linke zu dem Schluß, keinerlei potentiell tödliche Waffen in Konfrontationen mit Nazis einzusetzen.

Nazis töten. Nazis ehren die Mörder von SS und Wehrmacht.  Nazis fordern die Todestrafe. Antifas widersprechen Nazis auch darin.

Antifas eskalieren nicht. Antifas bringen Nazis an den Punkt, sich zu überlegen, ob sie diese oder jene Grenze wirklich einreissen wollen.

Besonnenheit und verhältnismäßigkeit sind die Maxime. Wie auch, nicht nur auf den Naziangriff zu warten, dem Angreifer die Wahl von Zeit und Ort zu überlassen, sondern in den Angriff einzutreten, den Angreifer auszuforschen und ihm dazwichen zu grätschen: Antifa heisst Angriff!

Aber Danke für Deine Sorge. Aber ist besser, wenn die Genoss_innen in Dortmund der Sache treu bleiben.

 

https://www.youtube.com/watch?v=QeYrt5wN8iM

Na wie es der Zufall will war ich bereits Jahre vor der Sache mit Kaindl bereits aktiv und kenne die Geschichte.

Und ich weiß auch nicht wie Du darauf kommst ich würde irgendwas derartiges, worauf Du eingehst, geschrieben haben.

Es ist doch deutlich dass ich mit Eskalation das Vorgehen der Cops meine, und nicht einen in DO bestehenden Konflikt mit Nazis anstacheln will.

 

Wenn ich schreibe "unmißverständlich beantwortet werden" ist natürlich ein weit gefasster Rahmen an "Antworten" denkbar, aber zumindest muß doch benannt werden dass ein solches Gebahren der Cops selbst wiederum die Drohung bedeutet zu schießen, im Umkehrschluß. Außerdem ist bei Dir die ganze Zeit von Antifas die Rede, und das Häuserding-Spektrum ist doch ein weit größeres, umfasst allerlei verschiedene Ansätze. Gerade im Ruhrgebiet kann sich noch was tun dass in HH oder B so nicht mehr möglich ist, hier gibt es Leerstand ohne Ende. Wenn sich nach langer Zeit nun mal wieder was regt und es zu Bestzungen kommt und das die Reaktion des Staates ist sollte man darauf vorbereitet sein das Ganze konfrontativer zu begreifen und anzugehen.  Die Reaktion zeigt doch deutlich dass es bei der Zerschlagung der Besetzung um die Machtfrage selber ging. Deshalb sollte dann auch ein revolutionärer Standpunkt herausgestellt werden und nicht einfach auf "Wir sind zu Unrecht Opfer" geschaltet werden. Was urbane Raumplanungen angeht sieht man doch vielerlei die Vorbereitungen auf militärische Operationen ganz wie im Auslandseinsatz. Das hat doch Methode und Kontinuität.

Na und da ist das Ausschöpfen von Repressalien wie eben in diesem Fall ein deutliches Beispiel von Eskalation durch die Cops.

 

Besetzen wir also schon jetzt die Themen.

Machen wir klar dass hinter dem Vorwurf Mordversuch die Drohung steht dass die Cops "präventiv" schießen werden.

Es läuft auf Inlandseinsätze der Bundeswehr hinaus, auf Kooperationen von Militär und Polizei, europaweit. Offensichtlich.

Um das Ganze dann doch noch weiter auszuführen:

Es ist doch kein Zufall wenn zuvor in BO an Karfreitag "Life of Brian" öffentlich gezeigt wurde und es zu einer Anzeige kam. Schönerweise machten die Leute weiter und wollen bis vor´s Bundesverfassungsgericht damit. Der Konflikt mit bzw. gegen die Gesellschaft ist doch thematisch an dem Beispiel einer der weiter gefasst werden kann. Man hat eine Kirche besetzt. Anstelle diesen Angriff auf Eigentum und Gesellschaftsvertrag dann auch politisch zur Waffe zu machen wird Sozialpartnerschaft artikuliert, man seie ja ganz harmlos, die Repression erfolge ungerechtfertigterweise und unverhältnismäßig. Genau darin kommt man aber doch dem Staat in seinen Umgarnuhngsversuchen zuvor und dient sich an. Und das bezieht sich jetzt einzig auf die Räumung selber. Wenn aber doch die Grundlage dafür die besetzte Kirche als "Tatort" zu "beschlagnahmen" die Drohung durch die Cops ist das nächste Mal vielleicht vorher bereits "präventiv" zu schießen, und nichts anderes bedeutet eine "Ermittlung" wegen "Mordversuch" dann ist ein Punkt erreicht wo eben die Sozialpartnerschaft die man vorgibt eingehen zu wollen sich dann in aller Deutlichkeit gegen uns selber richtet. Das ist vorauseilender Gehorsam sich dafür herzugeben eine Unverhältnismäßigkeit zu behaupten, legitimiert das Vorgehen der Cops indirekt. Die Machtfrage zu stellen bedeutet damit zu rechnen dass solche Reaktionen folgen: Die Cops dürfen jetzt alles, das ganze Überwachungs- und Einschüchterungspotential nutzen, mit eben dem Vorwurf "Mordversuch" ist mit allem zu rechnen. Es macht aber doch nichts, wenn man sich ohnehin in einer derartigen Konfrontation sieht. Und genau da ist das Problem, danach sieht es nicht aus. Das ist alles kein Grund verschreckt die eigene Unschuld zu beteuern, sondern im Gegenteil klarzustellen dass die Reaktion des Staates der eigenen Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse nicht zuwiderläuft sondern diese bestätigt.

 

ANSTELLE VON WOHNUNGSPOLITIK
PLANT DER STAAT DEN BÜRGERKRIEG

So viel Solidarität hier, das ist ja nicht zu fassen. Kommentare auf Indy sind wohl auch nur noch wie jede andere Kommentarspalte irgendeines Schmierblattes.

 

ich wünsche den Genoss*innen viel Kraft und sende solidarische Grüße! Lasst Euch nicht einkriegen!