Die Facebook-Seite 'Antimaidan Deutsch' verbreitet seit Mitte April 2014 pro-russische Propaganda und krude Verschwörungstheorien. Überraschend nannte gestern ein Admin seinen Namen: Es handelt sich um den Leipziger Stadtrat Alexej Danckwardt (Linke).
Der Lokalpolitiker gab sich in einer Diskussion mit einem AfD-Anhänger zu erkennen (siehe on.fb.me/1p1y87m), als er die umstrittene Ausstellung "Massaker in Odessa" verteidigen wollte, die heute in Leipzig eröffnet wird (Hintergrundinfos dazu siehe goo.gl/Nxk6hj). Diverse Äußerungen, die in jüngerer Zeit auf der Facebook-Seite selbst getätigt wurden, deuten darauf hin, dass es dort nur einen einzigen Admin gibt, bspw. "Peter Scholl-Latour ist tot. Diese Meldung hat mich heute getroffen" (siehe on.fb.me/1BJi3x9). Der Admin scheint demnach mit Danckwart identisch zu sein.
Das einschlägige Engagement des ebenso umtriebigen wie umstrittenen Stadtrats verwundert insofern nicht, als dass dieser bereits mehrfach durch kritiklose Unterstützung der prorussischen Milizionäre in der Ostukraine und schräge Theorien zum Thema aufgefallen ist, die sogar Teilen seiner eigenen Partei zu weit gingen (siehe Leipziger Volkszeitung goo.gl/ZGfrbf). Obwohl vor Begeisterung für die von der Putin-Regierung bewaffneten Freischärler geradezu glüht, scheint er sich selbst als Pazifisten wahrzunehmen. Deshalb trat er auch als einer der Veranstalter der Leipziger 'Kundgebung für den Frieden' mit Konstantin Wecker am 30. Mai in Erscheinung (Hintergründe dazu siehe goo.gl/krPSb3).
Auf 'Antimaidan deutsch' findet sich die für Wahnwichtel übliche Mischung aus Meldungen der russischen Auslandsmedien und selektiv ausgewählten Artikeln der westlichen Presse. Deutschen Medien wird pauschal Manipulation und Einseitigkeit vorgeworfen, paradoxerweise zieht man dazu Meldungen aus eben diesen Medien heran, die der behaupteten Propagandalinie eigentlich widersprechen (z.B.on.fb.me/1pkYzKn). Von der eigenen Meinung abweichende Informationen werden systematisch ignoriert und geleugnet. Um den angeblichen Lügenkampagnen der Medien zu begegnen, verbreitet 'Antimaidan Deutsch' groteske und widersprüchliche Theorien, etwa zum Abschuss des Flugzeugs MH17 (z.B.on.fb.me/1s97qNy).
Das Übliche halt.
Dabei wird auch nicht vor der Verwendung offensichtlicher Fotomontagen (z.B.on.fb.me/1pkV7Q3, zum Vergleich: bit.ly/1trFjLu) oder Gräuelbildern (z.B.goo.gl/rfaf5I) zurückgeschreckt. Der Administrator verlinkt darüber hinaus Verschwörungsblogs wie 'Hinter der Fichte' (siehe on.fb.me/1s93VGU) von Hartmut Beyerl, dem Antisemitismus vorgeworfen wurde (siehe bit.ly/1rpIdme). Auch 'Die Blaue Hand' (siehe on.fb.me/XEO1vo) empfiehlt 'Antimaidan Deutsch' der Leser_innenschaft - eine FB-Seite, die u.a. Videos des rechten YouTube-Kanals 'Reconquista Germania' (z.B. goo.gl/uQSCBn), der berüchtigten Politsekte Büso (siehe goo.gl/XYSP6A) und des antisemitischen Truther-Projekts 'Zeitgeist' (siehegoo.gl/tyzSGz) verbreitet.
An mehreren Stellen schreibt 'Antimaidan Deutsch', dass es eine "Kooperation mit South Front" gibt und leitet Videos von dort weiter (siehe on.fb.me/1pl0m20). Man muss sicher einige Gläschen Wodka intus haben, um die Propaganda-Seite 'South Front' für irgendwie pazifistisch zu halten (Englische Version:https://www.facebook.com/southfronteng). 'South Front' arbeitet mit einer gewissen Professionalität und hat Mittel zur Verfügung, die die Vermutung naheliegen, dass es sich um eine Kreml-gesteuerte Seite handelt. Abgesehen davon gibt es dort für Liebhaber schräger Theorien auch merkwürdige Andeutungen über Hillary Clintons Halskette zu entdecken (siehe on.fb.me/1wgAoS7) u.v.m.
Für 'Antimaidan Deutsch' ist es übrigens ein erwiesener Fakt, dass die Islamisten der ISIS von den USA finanziert werden (siehe goo.gl/tgI6ga). Das ist so klar, dass Belege nicht erbracht werden müssen.
Alexej Danckwardt selbst scheint unterdessen von einem kommunistischen "Neurussland" zu träumen (siehe goo.gl/dVkZSa), was außerhalb seiner offenbar blühenden Fantasie wohl nie existieren wird. Die eigentliche Frage zu diesem Zirkus ist wohl, wie lange sich die Linkspartei in Leipzig die seltsamen Aktivitäten ihres Stadtrats noch untätig anschauen will.
oh je
Was für eine krasse Verschwörungstheorie!
Wie schändlich! Zu zeigen, was die ukrainische Armee und die Nazi-Milizen dort gegen die Zivilbevölkerung anrichtet.
Wer hat denn gesagt, dass sie pazifistisch ist? Pazifismus ist meines Wissens auch kein Konsens in der Linken. Was ist der Vorwurf?
Im Moment geht es darum Faschisten beispielsweise in der Form des Azow-Bataillons und ihre NATO-Freunde militärisch in die Schranken zu weisen. Punkt.
@Indy lu: Ihr solltet eventuell mal überdenken, was für Leuten ihr hier eine Plattform gibt. Das systematische Erscheinen von anti-linken Artikeln und offener Diffamierung und Hetze erinnert eher an Taktiken der Zersetzung.
Bitte einen Gang zurückschalten
Die "Zersetzung" betreibt wohl eher, wer unkritisch patriotische Kriegspropaganda verbreitet - egal, ob die nun aus Moskau oder Kiew kommt. Pazifismus mag kein Konsens sein, ist aber ein Prinzip, dass Herr Danckwarth sich selbst auf die Fahnen schreibt, wenn er Friedensdemos mitorganisiert. Sein Verhalten widerspricht diesem Anspruch.
Gräuelpropaganda trägt nicht dazu bei, dass Konfligt differenziert betrachtet werden können. Und - ob du es glaubst oder nicht - es ist möglich, den Nationalismus und die Beteiligung von Rechtsradikalen sowohl aus (pro-)russischer als auch auf ukrainischer Seite abzulehnen.
Das Problem an dieser Debatte ist auch nicht zuletzt, dass immer sofort mit Unterstellungen um sich geschossen wird. Der Artikel thematisiert die Nazis des Bat. Asow überhaupt nicht. Das muss an anderer Stelle geschehen. Auch das Pogrom von Odessa wird nicht verharmlost oder gar gutgeheißen.
Um Aufklärung zu erreichen und die Situation zu verbessern, muss zwischen Propaganda (egal aus welcher Quelle) und ernsthafter Auseinandersetzung unterschieden werden. Danckwardt betreibt nationalistische Propaganda und schreckt vor dem Verwenden rechter und sogar rechtsradikaler Materialien nicht zurück, solange sie nur in sein Weltbild passen. Dafür wird er hier zu Recht kritisiert.
Was mir auffällt, ...
... wie schnell sich Leute hier für eine der Bürgerkriegsparteien ins Zeug werfen und dann die jeweilige andere Seite als "Faschisten" bezeichnen. Kann es sein, dass in diesem Konflikt "Antifaschismus" von Ultranationalisten begrifflich okkupiert wurde, und hier einige Leute mit Drang zu eindeutigen Gewissheiten diesem auf dem Leim gehen?
kann es sein?
... dass von einigen in der Indymedia Debatte zur Ukraine nach Argumenten gesucht wird, die fehlende Solidarität mit den Opfern staatlicher Gewalt zu entschuldigen?
So wie eigentlich in fast jedem anderen überregionalen Konflikt auch? Mit der Ausnahme von Griechenland gab es in den vergangenen Jahren kaum noch Solidarität mit Kämpfen von unten gegen oben, egal ob innerhalb oder ausserhalb des Landes. Der Kampf ums eigenen Szeneghetto samt seiner bedrohten Projekte ist natürlich wichtig, scheint für viele aber das Ende des eigenen Eingreifens darstellen.
Wieviel wehrlose Menschen müssen in der Ostukraine, Palestina, den USA oder Kurdistan noch erschossen werden, bis sich deutsche Linke mal nach den konkreten Ursachen all dieser Konflikte erkundigen.
Ok, von den USA haben deutsche staatliche Behörden und Konzerne bisher eher gelernt. Macht bestimmt Sinn, sich das mal anzuschauen, wenn wir einen Vorgeschmack auf Lärmwaffen, Gummi- und Holzgeschosse und militarisierte Polizei haben möchten, bevor wir dann später für den Rest unseres Lebens Zwangsarbeit im Knast ableisten.
In den anderen genannten Konflikten ist die hiesige Regierung jedoch selbst Interessenspartei. In der Ukraine materiell und handfest, in Palestina und Kurdistan mehr aus geostrategischer Sicht. Es ist derzeit schon atemberaubend, wie diese Regierung über die Bewaffnung kurdischer Einheiten als Fußvolk ihrer Interessen redet und gleichzeitig Dutzende von Kurd_innen in bundesdeutschen Knästen als "Terrorist_innen" gefangen hält, weil sie Gelder für Gefangene gesammelt, Treffen organisiert oder Flugbätter verteilt haben sollen (Stichwort §129b).
Es wäre in einer sich als "radikal" begreifenden Linken wirklich interessant, mal die Ursachen zu untersuchen und sich dann auch zu einer eigenen Positionierung inklusive solidarischem Handeln durchzuringen, als hier einen Stadtrat der LINKEN (wen interessiert der eigentlich - oder geht es nur um Wahlkampf Gedisse auf dem kostenfreien Linksunten?) mit FB-Zitaten vorzuführen.
Stimmt
und ein guter Text, der dabei helfen kann ist
http://de.indymedia.org/node/896
bin ganz gespannt auf die weiteren rechtfertigungen
mal überlegen....
vielleicht den verfasser persönlich angreifen?
oder den antifaschistischen charakter von volksrepubliken hervorzuheben?
oder zu behaupten, dass wer von russischen nationalisten reden wagt, ein "russophob" und US-amerikanische lakai ist?