Wer hat uns verraten, lautet die Frage, deren Antwort eigentlich schon alles sagt. Der Sozialdemokrat und Professor Oskar Negt hat im Juni 1972 dazu beigetragen, dass Ulrike Meinhof verhaftet wurde. Sie verließ den Knast nicht mehr lebend. Wenige Tage zuvor, am 3. und 4. Juni 1972 hat Negt auf dem Kongress „Am Beispiel Angela Davis” in Frankfurt am Main dazu aufgerufen, der RAF die Unterstützung bei der Suche nach Wohnungen, Fahrzeugen und materieller Hilfe zu entziehen, um sie damit den Verfolgungsbehörden auszuliefern. Es gäbe „nicht die geringste Gemeinsamkeit, die die politische Linke der Bundesrepublik zur Solidarität veranlassen könnte.” Der Kongress ist dank Negt zu einer Veranstaltung der Distanzierung und Entsolidarisierung mit der RAF geworden.
Intellektuelle wie Negt befürchteten durch die staatliche Mobilmachung gegen die RAF schlechtere Bedingungen für ihre weitere Karriere und die legale Linke. Sie bewegten sich dabei in dem ungelösten Widerspruch, dass sie einen Kongress zur Solidarität mit Angela Davis organisierten, die sich dem schwarzen Widerstand in den USA, der nicht gewaltfrei war, verbunden fühlte. Sie sprachen von Revolution, die sie jedoch nur fernab auf anderen Kontinenten befürworteten. Sie strebten ein großes Bündnis der Linken an, das jedoch ihre Grenzen spätestens bei K-Gruppen und RAF fand.
Oskar Negt redete Mitte Juni seinen Freund, dem Volksschullehrer Fritz Rodewald, zu, die Polizei zu verständigen. Rodewald und seine Freundin Ulrike Winkelvoss beherbergten Ulrike Meinhof. Rodewald hatte ihr zugesagt, dass sie bei ihm nächtigen könne. Dieses Versprechen brach er – auf anraten von Oskar Negt. Dies hat Jutta Ditfurth in ihrer Meinhof-Biografie (S. 344) ausführlich dargestellt.
Die RAF hat Oskar Negt für seine Rede auf dem Frankfurter Solidaritätskongress scharf kritisiert. Die Passagen, die Negt betreffen sind lesenswert. Oskar Negt ist nicht ohne diese kritischen Worte zu denken. Jede Würdigung von Negt – sollte sie seriös sein – muss die Kritik an Negt an seinem Verrat einschließen.
Der Text der RAF von 1972 ist hier zu finden: www.socialhistoryportal.org/sites/default/files/raf/0019721100_9.pdf
Nachfolgend ist die Passage als txt-Datei dokumentiert:
NEGT - DAS SCHWEIN
Negt, der in Frankfurt nach Noskes Devise "Einer muß der Bluthund werden" rangegangen ist, hat dort die Position des Opportunismus - mit allem Kauderwelsch, aller Massenverachtung, allen Appellen an "die Politiker", aller Berufung auf den gesunden Menschenverstand, die dazu gehören - formuliert. Allerdings ohne sich auch nur andeutungsweise - wie Bernstein - die Mühe einer ökonomischen Analyse zu machen. Da das Problem des Opportunismus aber unabhängig vom theoretischen Niveau seiner Sprecher objektiv besteht, ist es notwendig, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Es besteht objektiv als Resultat der Ungleichzeitigkeit der Entwicklung, die das System geschaffen hat, der Ungleichmäßigkeit der Formen der Ausbeutung, die das System anwendet, der Ungleichmäßigkeit der Erfahrung der Unterdrückung innerhalb dieses Systems.
Daß Negt überhaupt Beifall bekam, trotz des schwachsinnigen theoretischen Niveaus seiner Ausführungen, beweist, wie stark die objektiven Gründe sind, die hier dafür sprechen, eine opportunistische Position einzunehmen. Wir nehmen uns Negt auch deshalb vor, damit seine Anhänger sehen, welchem Bockmist sie da aufgesessen sind.
NEGT ÜBER SOLIDARITÄT
Negt: "Die Mechanik der Solidarität zerstört jede sozialistische Politik. Sie ist das schlechteste Erbteil der Protestbewegung".
"Mechanisch" mögen Leute zum Portemonnaie greifen, wenn sie einem Mundharmonikaspieler an der Hauptwache begegnen, und mag Bertold Beitz einen Scheck für die Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel unterschreiben - Solidarität ist keine Reflexhandlung, was jeder weiß, der jemals solidarisch gehandelt hat. Oder will Negt mit seiner "Mechanik" von hinten den Begriff der Spontaneität gleich mit erledigen? "Spontane Solidarität" ... ? Tiefer als Negt kann man den Begriff der Solidarität nicht in den Dreck ziehen und diejenigen nicht, die den Mut und die psychische Widerstandskraft aufbringen, bei Gefahr für sich selbst solidarisch zu handeln.
NEGTS KINDERSTUBE
"Ungebeten und oft anonym" stünden sie vor der Tür - was glatt gelogen ist, bei Negt stand nie einer - In der Tat, ohne ihre Visitenkarte vorher eingereicht zu haben oder dem Verfassungsschutz das Tonband am Telefon vollgequatscht. Dann waren sie noch unrasiert und nachher haben sie das Badezimmer vollgespritzt. Das wollen Revolutionäre sein? Wo kämen wir da hin?
OPPORTUNISTISCHE ANMAßUNG
Statt den Zusammenhang zwischen Wohlstand hier und Verelendung dort herzustellen - das hieße: die Einheit des Systems analysieren - maßte sich Negt Richtersprüche an aufgrund eingebildeter Macht, indem er proklamiert: "daß politische Moral unteilbar ist" - soso (s.o.) - "daß derjenige, der den Völkermord in Vietnam toleriert oder gutheißt, das Recht verliert, im Namen von Demokratie zu sprechen" - das Bundesverfassungsgericht hustet ihm eins - soll er das denen doch mal verklickern.
PRINZIP DER VEREINZELUNG
Die Verbindung zwischen Verelendung hier und Verelendung dort - von Solidarität, Erkenntnis des Zusammenhangs - zu verhindern, macht sich Negt zur Hauptaufgabe: Lokalisierung der Konflikte, wie das System sie mit allen Mitteln betreibt.
Negt: "Die unter Solidarisierungszwang stehende Masse der Politisierten, der Studenten, Schüler, Jungarbeiter, die sich mühsam von ihren Familien, dem disziplinierenden Druck der Betriebe und der Ausbildungsstationen abgesetzt haben" - (nicht emanzipiert, nicht im Prozeß der Befreiung befreit, der weitergeht, weiter will, sondern abgesetzt") - "verlieren allmählich die Fähigkeit, selber Erfahrungen zu machen" - (eine Sozialarbeiterunverschämtheit) - "ständig im Zugzwang, den Anschluß an die radikalsten Positionen nicht zu verpassen, gewinnen sie ihre labile, außen geleitete Identität" - (woher nimmt er die Frechheit, mit sozialpsychologischen, mit Jugendamtsjargon über die herzufallen, über die er da redet?) - "aus der bloßen Identifizierung mit den Erfahrungen anderer". Also: die Bild-Zeitung erfährt nur der, über den sie berichtet, über die Siege des Vietkong darf sich nur der Vietkong freuen. Bomben gegen das US-Hauptquartier kriegt nur mit, wer sie legt - oder was?
"SELBSTERNANNTE AVANTGARDE"
Negt: "Selbsternannte Avantgarde" – (also von keinem Kultusminister ernannt, durch die Besetzung keiner Marktlücke legitimiert – oder was?) – "spiegeln ihnen gesellschaftliche und geschichtliche Erfahrungen vor" – (denn der antiimperialistische Kampf findet in Wirklichkeit gar nicht statt) –, "die der einzelne Schüler, Arbeiter, Lehrling, Student in den eigenen Arbeitszusammenhängen weder nachvollziehen noch auf politische Konsequenzen bringen kann". Wieso identifizieren sie sich denn? Glaubt Negt an die Selbstfertigung der Ideen im Hirn? Offenbar.
MATERIALISTISCHE DIALEKTIK
Mao: "Die materialistische Dialektik betrachtet die äußeren Ursachen als Bedingungen der Veränderung und die inneren Ursachen als deren Grundlage – wobei die äußeren Ursachen vermittels der inneren wirken."
Das heißt: Negt – als äußere Ursache – hat für sein dummes Gewäsch in Frankfurt Beifall gekriegt, weil der Opportunismus in den Metropolen starke inneren Gründe hat. Die Leute wollen "Freiheit für Angela Davis" – aber den Kampf nicht mit der Härte führen wie der Vietkong, wie der Schwarze September – das nicht – so verzweifelt über das System, ihrer eigenen Sache so sicher sind sie denn doch nicht, daß ihnen das ’ne Sache aufgeben und Tod wert wäre. Kommt Negt, sagt, braucht ihr auch nicht, wir machen das schon – sind sie erleichtert, Beifall.
Dagegen steht die RAF – ihrer eigenen Sache so sicher wie die Völker der III. Welt, weil sie deren Führungsanspruch anerkennt, weil sie weiß, daß der Kampf nur mit der Härte geführt werden kann, wie die ihn führen. Die RAF – als äußere Ursache – hat zunehmend bei Schülern, Studenten, Lehrlingen Zustimmung gefunden. Negt hat es bezeugt, ebenso dreckige "Meinungsumfragen" haben es bezeugt, Flugblätter, Sprechchöre, Demonstrationen, Teach-ins etc. Aber wie anders als durch "innere Ursachen"? – wie anders als dadurch, daß diese in ihren eigenen Arbeits- und Lebenszusammenhängen täglich erfahren, daß eben nur diese Härte, nur die Härte mit der die Völker der III. Welt den Kampf führen, zum Ziel – ihrer Befreiung – führen kann? Negts Gezeter beweist das Gegenteil von dem, was er behauptet: gerade weil Schüler, Lehrlinge, Studenten in ihren Lebens- und Arbeitszusammenhängen – innere Ursache – die Erfahrungen der Völker der III. Welt anfangen nachzuvollziehen, identifizieren die sich mit deren Kampf, mit der RAF, die ihn in die Metropole getragen hat, die ihn vermittelt – als äußere Ursache.
Wäre es anders, hätte nie ein Hahn nach der RAF gekräht, Genscher und Ruhnau nicht, und Negt wäre mit einem Nebensatzseitenhieb auf die RAF ausgekommen in Frankfurt – oder Sein und Bewußtsein haben nichts miteinander zu tun, die materialistische Dialektik wäre ein Hirngespinst.
Daß dieser Prozeß nur unendlich langsam, schwer, mühsam, erst stellenweise in Gang gekommen ist, wissen wir. Daß er überhaupt in Gang gekommen ist, beweist, daß die Situation "reif" ist, den antiimperialistischen Kampf auch in den Metropolen aufzunehmen – nicht "reif" für den Umsturz, aber "reif" für die antiimperialistische Offensive.
Daß es Genossen gibt, die sich selbst zu schade dafür sind, schon in diesem Anfangsstadium der "Reife" der Situation ihr Leben und ihre Freiheit zu verlieren, nur um diesen Prozeß überhaupt erst mal in Gang zu setzen, beweist, wie groß die Anziehungskraft des Systems in den Metropolen noch ist. Daß es Genossen gibt, denen ihr Leben außerhalb des revolutionären Befreiungskampfes nichts mehr wert ist, beweist, wie groß die Anziehungskraft der Revolution schon ist. Insofern es keine einzige Idee und keinen einzigen Gedanken gibt, der seinen Ursprung woanders hat, als im Leben, in der Gesellschaft – da mögen Gedanken, Ideen und Menschen so viel eingesperrt, ausgebürgert, ausgeschlossen und für verrückt erklärt werden, wie man will.
Die Spaltung der Linken in den Metropolen in einen revolutionären, antiimperialistischen Flügel und einen opportunistischen hat eingesetzt.
Nicht weil der Opportunismus an Boden gewinnt, sondern weil der verliert – wobei er mit Erstarken der linken Bewegung noch an Boden gewinnen wird. Negts Attacke war ein Rückzugsgefecht. Insofern kann es nur recht sein, daß er obendrein so saumäßig argumentiert und damit selbst die Demaskierung des Opportunismus vorantreibt. Er macht es uns leicht.
NEGT ALS ALEXANDER DER GROßE
"Der Knoten" aus "mechanisierter Solidarität", "Minderwertigkeitskomplexen", "Trennungsängsten", "verzerrter Realitätsauffassung", "Vernebelung der Gehirne" "kann nur zerhauen werden" (da hat er recht) – nicht mehr "mit behutsamem Verständnis" aufgelöst. Was heißt: bei Erstarken des linken Flügels der sozialistischen Bewegung diesen von den Faschisten liquidieren lassen. Was heißt: marxistische Theorie, ernsthafte Diskussion gleich "behutsames Verständnis" – man verschone die sozialistische Diskussion in der Tat mit Negts pfäffischem Zuspruch und seiner Seminar-Pädagogik. Marx und Freud könnten zu all dem allerhöchstens sagen: Wie bitte? Ein völlig durchgedrehter, wild um sich schlagender Kleinbürger – dieser Negt. Wenn man nicht wüßte, daß das Sein das Bewußtsein bestimmt, könnte man auf die Idee kommen, bei dieser durch und durch korrupten Ratte sei "Korruption im Spiel".
DIE OBJEKTIVE ROLLE DER OPPORTUNISTEN
Für seinen Arbeitsbereich hat Negt sie – unvernebelt – dargestellt: "Man sollte sich hüten, die linken Lehrer und Hochschullehrer aus Schulen und Universitäten zu drängen", sie seien die einzigen, "die durch alltägliche Überstunden, durch Organisation kleiner Gruppen" diesen katastrophalen Laden "am Laufen" hielten. Gegen genau diese systemstabilisierende Integration ihrer Arbeit als "Überstunden" hatten sich die Berliner Studenten der Gegenuniversität mit Händen und Füßen gewehrt – so kommt die opportunistische Katze auch aus dem seminar-marxistischen Sack.
DER KERN: WISSENSCHAFT FÜR DIE BOURGEOISIE
Als praktischer Kern bleibt noch bürgerliche Wissenschaft: "Würde man auch nur einen Teil des Geldes, das für die Bekämpfung der Kriminalität ausgegeben wird, für die Bekämpfung der Ursachen ausgeben, dann könnte man mit langfristigen Wirkungen rechnen; eine Gesellschaft, die diese Minimalaufgabe nicht zu lösen vermag, hat ihre Berechtigung verloren" – (laßt Negt mal ran, der wird den Laden schon schmeißen).
Auf diese Art langfristige Wirkung mit Geld statt militärischer Abenteuer ist die Investitionstätigkeit der multinationalen Konzerne berechnet.
Und um das Maß wirklich voll zu machen, haut Negt noch den ganzen Marxismus-Leninismus über Bord: "Es gibt kein objektives und eindeutiges Kriterium für die Unterscheidung zwischen rechts und links." Wieso nennt sich dieses dumme Schwein noch "Sozialist"?
Rosa Luxemburg über Bernstein: "Wie – das ist alles, was ihr zu sagen habt? Kein Splitter von einem neuen Gedanken! Kein einziger Gedanke, der nicht schon vor Jahrzehnten von dem Marxismus niedergetreten, zerstampft, ausgelacht, in nichts verwandelt worden wäre. Es genügte, daß der Opportunismus sprach, um zu zeigen, daß er nichts zu sagen hatte." Es genügte, daß Negt offen auftrat, um zu zeigen, daß er mit den Faschisten unter einer Decke steckt – ihr "berufenes", möglicherweise "unberufenes Werkzeug" (R.L.).
Lenin: "Am gefährlichsten sind Leute, die nicht verstehen wollen, daß der Kampf gegen den Imperialismus eine hohle, verlogene Phrase ist, wenn er nicht unlöslich verknüpft ist mit dem Kampf gegen den Opportunismus." Daß die Unterdrückten selbst ihnen noch mal ihren ganzen "katastrophalen Laden" zusammenschlagen könnten, das System an seinen eigenen Widersprüchen zugrunde gehen könnte – das Bewußtsein: wir sitzen alle in einem Boot, schweißt Opportunismus und System zusammen. Sie quatschen von Sozialismus und meinen das System. Sie stellen keine Fragen, sie verpassen Antworten. Niederlagen der Revolutionäre quittieren sie schadenfroh: Wieder einmal hat das Pferd das Rennen gemacht, auf das sie gesetzt haben.
REVOLUTIONÄRES SUBJEKT
Das Problem des Opportunismus ist damit, daß Negt sich entlarvt hat, nicht aus der Welt. Die Bestimmung des revolutionären Subjekts aus der Analyse des Systems ist mit der Erkenntnis, daß die Völker der III. Welt die Avantgarden sind und der Übertragung von Lenins Begriff der "Arbeiteraristokratie" auf die Massen in den Metropolen nicht erledigt und nicht abgetan. Im Gegenteil: Es läuft überhaupt erst an.
Mit Marx’ Begriff des Lohnarbeiters, dem in der Produktion der Mehrwert ausgepreßt wird, allein ist die Ausbeutungssituation der Massen in den Metropolen nicht mehr gedeckt.
Tatsache ist, daß die Ausbeutung im Bereich der Produktion eine nie dagewesene Form der physischen Belastung, einen nie dagewesenen Grad der psychischen Belastung angenommen hat, mit der weiteren Aufsplitterung der Arbeit eine ungeheure Steigerung der Arbeitsintensität stattgefunden hat und fortschreitet.
Tatsache ist darüber hinaus, daß mit der Einführung des 8-Std.-tages – der Voraussetzung für die Steigerung der Arbeitsintensität – das System sich der gesamten Freizeit der Menschen bemächtigt hat. Zu ihrer physischen Ausbeutung im Betrieb ist die Ausbeutung ihrer Gefühle und Gedanken, Wünsche und Utopien dazugekommen – zur Despotie der Kapitalisten im Betrieb die Despotie der Kapitalisten in allen Lebensbereichen durch Massenkonsum und Massenmedien.
Mit der Einführung des 8-Std.-tages hat der 24-Std.-tag der Herrschaft des Systems über den Arbeiter seinen Siegeszug angetreten – mit der Schaffung von Massenkaufkraft und "Einkommensspitze" hat das System den Siegeszug über die Pläne, Bedürfnisse, Alternativen, Phantasie, Spontaneität, kurz: den ganzen Menschen angetreten!
Das System hat es in den Metropolen geschafft, die Massen so tief in seinen eigenen Dreck zu ziehen, daß sie das Gefühl für ihre Lage als Ausgebeutete und Unterdrückte, als Objekt des imperialistischen Systems weitgehend verloren zu haben scheinen, so daß sie für’s Auto, ein paar Plünnen, ’ne Lebensversicherung und ’nen Bausparvertrag jedes Verbrechen des Systems billigend in Kauf nehmen und sich was anderes als ein Auto, eine Ferienreise, ein gekacheltes Bad kaum noch vorstellen und wünschen können.
Daraus folgt aber, daß das revolutionäre Subjekt jeder ist, der sich aus diesen Zwängen befreit und seine Teilnahme an den Verbrechen des Systems verweigert. Daß jeder, der im Befreiungskampf der Völker der III. Welt seine politische Identität findet, jeder, der sich verweigert, jeder, der nicht mehr mitmacht: revolutionäres Subjekt ist – Genosse.
Daraus ergibt sich, daß wir den 24-Std.tag des imperialistischen Systems zu analysieren haben. Daß wir für alle Lebens- und Arbeitsbereiche dieser Gesellschaft nachzuweisen haben, wie sich das Mehrwertaussaugen in ihnen abspielt, wie es sich zur Ausbeutung im Betrieb verhält, was jeweils genau der Punkt ist. Mit dem Postulat: Das revolutionäre Subjekt des Imperialismus in den Metropolen ist der Mensch, dessen Tag der 24-Std.-tag unter dem Diktat der Bevormundung des Systems ist – stecken wir nicht mehr als den Rahmen ab, innerhalb dessen die Klassenanalyse gemacht werden muß – wir behaupten nicht, daß das Postulat schon die Analyse ist.
Tatsache ist, daß weder Marx noch Lenin noch Rosa Luxemburg noch Mao es mit dem Bild-Leser, dem Fernsehzuschauer, dem Autofahrer, dem psychologisch konzipierten Schüler, der Hochschulreform, der Werbung, dem Radio, dem Versandhandel, dem Bausparvertrag, der "Qualität des Lebens" usw. zu tun hatten. Tatsache ist, daß das System in den Metropolen sich durch seine fortschreitende Offensive auf die Psyche der Menschen reproduziert und eben gerade nicht offen faschistisch, sondern über den Markt.
Nur deswegen ganze Bevölkerungsschichten als für den antiimperialistischen Kampf abgestorben zu erklären, weil sie in Marx’ Kapitalismusanalyse noch nicht vorkommen konnten, ist ebenso wahnwitzig, sektiererisch wie unmarxistisch.
Nur indem es uns gelingt, den 24-Std.-tag auf den imperialistischen-antiimperialistischen Begriff zu bringen, können wir dazu kommen, die tatsächlichen Probleme der Menschen in diesem so zu formulieren und darzustellen, daß wir von den Menschen verstanden werden, nicht nur unsere Aktionen verstanden werden – wie die der RAF verstanden worden sind, sondern auch unsere Propaganda, unsere Sprache, unsere Wörter. Dem Volk dienen!
Wenn die Völker der III. Welt die Avantgarde der antiimperialistischen Revolution sind, das heißt: die objektive, große Hoffnung der Menschen in den Metropolen auf ihre eigene Befreiung, dann ist es unsere Aufgabe: Den Zusammenhang herstellen zwischen dem Befreiungskampf der Völker der III. Welt und der Sehnsucht nach Befreiung, wo immer sie in den Metropolen auftaucht: in den Schulen, in den Hochschulen, in den Betrieben, in den Familien, in den Gefängnissen, in Großraumbüros, Krankenhäusern, Verwaltungen, Parteien, Gewerkschaften – überall. Gegen alles, was diesen Zusammenhang äußerlich negiert, unterdrückt, zerstört: Konsum, Medien, Mitbestimmung, Opportunismus, Dogmatismus, Herrschaft, Bevormundung, Brutalisierung, Vereinzelung.
"Gemeint sind wir!" Revolutionäres Subjekt sind wir.
Wer immer anfängt, zu kämpfen und Widerstand zu leisten, ist einer von uns.
Die Fragen, wie und an welcher Stelle das System am besten zu bekämpfen, am besten zu erpressen, selbst am schwächsten ist – die Frage haben wir zu beantworten – nicht nach der Devise: eins nach dem anderen, sondern in der Dialektik von Theorie und Praxis.
Negt war schon immer Opportunist
Das mit Ulrike Meinhof wusste ich gar nicht. Ich habe in Hannover studiert und habe Negt kennengelernt. In seiner politischen Arbeit an der Hochschule war er opportunistisch und agierte teils intrigant gegenüber linken Studentinnen und Studenten.
Die Biografie "Ulrike Meinhof" von Jutta Ditfurth
Hier ein Link zu der erwähnten und wirklich empfehlenswerten Biografie von Ulrike Meinhof:
http://www.jutta-ditfurth.de/ulrike-meinhof/Klappentext.htm
Sorry, der war s nicht.
Wenn man dem Spiegel seinerzeit trauen darf, dann war es ein DKP Lehrer, bei dem Ulrike Meinhof Unterschlupf fand und der die Polizei rief. Negt hatte zumindest damit nichts zu tun. Also etwas besser recherchieren und keine Verleumdungen in die Welt setzen.
Siehe: Wikipedia
Und warum sie den knast nicht lebend verließ? Weil sie von Baader und Ensslin gemobbt wurde? Auch so n Tabuthema in der Linken. Stört den Mythos RAF.
??????????
"Und warum sie den knast nicht lebend verließ? Weil sie von Baader und Ensslin gemobbt wurde?"
kein tabuthema, man weiß nur nicht ob es so war oder nicht doch mord!
jup die bio von dittfurt is super
Rodewald war eben der der DKP nahestehende Lehrer!
Der kannte Negt allerdings! Aber vermutlich hat er in dieser Situation nicht erst Rücksprache mit Negt gehalten, ob er die Bullen rufen sollte, da er dessen Meinung zur RAF sowieso kannte und er die eigene Haut retten wollte.
Rolle Negts
Im Artikel wird zur Rolle Negts auf die Biographie von Dittfurt verwiesen. Sogar mit Seitenzahl. Hat da mal wer von euch nachgeschaut, wie Dittfurt das belegt anstatt hier zu spekulieren?
!!!
jutta schreibt:
der rat von negt war: "Es gebe keine "Zwangssolidarität", Rodewald habe jedes Recht, sich nicht an seine Zusage zu halten."
Negt sagte auch das rodewald sich nicht gebunden fühlen "soll"!
naja kann man sehen wie man will!
Sorry, kein Taboo thema
Negt-Aufsatz neu aufgelegt
Der umstrittene Negt-Aufsatz findet sich in dem sehr interessantes Buch:
Er ist tatsächlich auffallend, dass Negt in scheinbar marxistischer Terminologie argumentiert, sich dabei auf Lenin und Trotzkie beruft und am Ende zur Denunziation aufruft.
Nicht nur wegen dieses Aufsatzes ist das Buc lesenswert:
Felix Wemheuer (Hg.) - LINKE UND GEWALT Pazifismus, Tyrannenmord, Befreiungskampf
Pressestimmen zum Buch:
Das Portal "www.blauenarzissen.de" am 6. Mai 2014:"Mit linker Gewalt beschäftigen sich in der Regel eher die Leidtragenden derselben. Daß Gewalt aus der Sicht vieler linker Theoretiker als durchaus legitim angesehen wird, dokumentiert nun ein Buch aus einem explizit linken Verlag. Der Publizist Felix Wemheuer hat verschiedene linke Standpunkte zur Gewalt der letzten 150 Jahre zusammengetragen. Dabei kommt die Frage zum Tragen, ob Machtmonopole mit friedlichen Mitteln gestürzt werden können oder ob Gewalt notwendig ist. Wenn diese als notwendig angesehen wird, welche Formen sind zu rechtfertigen? Wie verhält es sich mit Reportage und Tyrannenmord und wann wird die revolutionäre Gewalt zum Terrorismus oder reinen Mord?"
http://www.blauenarzisse.de/index.php/aktuelles/item/4621-kunst-und-moderne
Wolf Senff im "Titel Kulturmagazin" am 23. Mai 2014: "Felix Wemheuer legt mit diesem Band eine breit gefächerte Auswahl vor, die Texte sind spannend und zeigen die markanten Strategien der Täter und der Opfer, besser vielleicht: der Herrscher und der Unterdrückten in den »revolutionären Zyklen des zwanzigsten Jahrhunderts«, wie Wemheuer einleitend darstellt."
http://titel-kulturmagazin.net/2014/05/23/felix-wemheuer-linke-und-gewalt/
Claus Wolfschlag in der Zeitschrift: "Sezession" im Juni 2014: "Wemheuer verschweigt nicht, daß sich manche Konzepte, etwa Maos klassische Partisanentaktik, in Zeiten neuer militärtechnischer Entwicklungen, Drohnen und Satellitenüberwachung, überlebt haben. Und er gibt das generelle Scheitern der sozialistischen, kommunistischen und anarchistischen Modelle zu, billigt ihnen aber trotzdem 'große Errungenschaften' bei der Beseitigung des Nationalsozialismus, des Kolonialismus und der Rassentrennung zu. Doch dabei bleibt er so kritisch, 'die häßlichen Seiten des menschlichen Wesens' und den 'roten Terror' der Bolschewiki offen beim Namen zu nennen."
Florian Geisler auf dem "Portal für Politikwissenschaften" am 18.Mai 2014: "Felix Wemheuer hat für die Edition Linke Klassiker ausgewählte Artikel über die Rolle bewaffneter Auseinandersetzungen in sozialrevolutionären Projekten zusammengestellt. Der Band ist nach unterschiedlichen historischen Schauplätzen und Themen (russische Revolution, europäischer Kolonialismus, Bundesrepublik Deutschland) gegliedert, zu denen jeweils sowohl die Befürworter als auch die Gegner revolutionärer Gewalt zu Wort kommen."
http://pw-portal.de/rezension/37090-linke-und-gewalt_45499
Mira Sigel auf dem Portal "Die Freiheitsliebe" am 31. März 2014: "Der schmale Band ist eine mehr als lesenswerte Auseinandersetzung mit dem Thema Linke und Gewalt, das auch heute noch immer wieder neu verhandelt werden muss. Das Verhältnis zwischen Linken und Gewalt ist ein schwieriges. Ohne Revolutionen hätte es grundlegende gesellschaftliche Veränderungen und demokratische Freiheiten nicht gegeben. Eine friedliche Revolution gab es jedoch bislang nie. Terror und Gewalt jedoch stehen den linken Grundsätzen von Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit entgegen."
Der schmale Band ist eine mehr als lesenswerte Auseinandersetzung mit dem Thema Linke und Gewalt, das auch heute noch immer wieder neu verhandelt werden muss. Das Verhältnis zwischen Linken und Gewalt ist ein schwieriges. Ohne Revolutionen hätte es grundlegende gesellschaftliche Veränderungen und demokratische Freiheiten nicht gegeben. Eine friedliche Revolution gab es jedoch bislang nie. Terror und Gewalt jedoch stehen den linken Grundsätzen von Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit entgegen.
ISBN 978-3-85371-370-9, br., 176 Seiten, 12,90 Euro
Edition Linke Klassiker
Mit Texten von:
Wladimir Iljitsch Lenin, Mao Zedong, Pierre Ramus, Wera Figner, Johann Most, Erich Mühsam, Gustav Landauer, Rosa Luxemburg, Leo Trotzki, Karl Kautsky, Isaac Steinberg, Errico Malatesta, Frantz Fanon, Martin Luther King, Eldridge Cleaver, RAF, Oskar Negt, Jean-Paul Sartre, Rote Zora
„Linke und Gewalt“ dokumentiert Diskussionen der vergangenen 150 Jahre über die Rolle von Gewalt bei der Veränderung von politischen und sozialen Herrschaftsverhältnissen. Können auf staatlichen Gewaltmonopolen beruhende Systeme mit friedlichen Mitteln gestürzt werden oder ist Gewalt notwendig? Wenn ja, welche Formen sind in Bezug auf die Ziele zu rechtfertigen und welche nicht? Wie steht es mit Sabotage und „Tyrannenmord“? Wann wird der Revolutionär zum Terroristen bzw. der Guerillero zum Mörder?
Frantz Fanon und Mao Zedong schrieben dem gewaltsamen Aufstand ein befreiendes und transformatives Potenzial für die Unterdrückten zu. Obwohl die Kommunisten den „ewigen Frieden“ anstrebten, waren sie erstaunlich erfolgreich in der Massenmobilisierung von Völkern und Nationen in Kriegen, wie etwa bei der Verteidigung der Sowjetunion gegenüber Nazideutschland oder beim Sieg von Vietnam über Frankreich und die USA. Erfolge des bewaffneten Widerstandes in der Dritten Welt in den 1960er und 1970er Jahren animierten Linke, die Strategie der Stadtguerilla auf die Metropolen zu übertragen.
Siegreiche Revolutionen wie in Frankreich 1789 und Russland 1917 lösten in der Regel ausländische Interventionen aus und radikalisierten damit auch die Konterrevolutionäre. Zunächst richtete sich der revolutionäre Terror gegen die alten Eliten, traf aber schließlich die Revolutionäre selbst (wie z. B. Danton, Trotzki oder den chinesischen Präsidenten Liu Shaoqi). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es möglich ist, die Dynamik von politischer Gewalt zu kalkulieren und einzuhegen. Neben den Theoretikern der Gewalt bildeten sich vor allem im Anarchismus Strömungen heraus, die lieber untergehen wollten als an „öffentlichen Plätzen Galgen zu errichten“.