Absprung vom sinkenden Schiff

Erstveröffentlicht: 
24.07.2014

Und nun freut man sich dort entsprechend über eine eventuelle Spaltung der Partei. Bereits beim außerordentlichen Bundesparteitag Ende Juni in Halle hatten die Linken angesichts ihrer drohenden Niederlage die Gründung einer eigenen »Progressiven Plattform« beschlossen, besonders die Berliner Piraten machen kein Geheimnis daraus, dass sie diese Plattform auch als Ausgangspunkt für eine mögliche Abspaltung sehen. Warum man allerdings das, was schon seit Wochen als großes Geheimnis kursierte – nämlich dass derzeit die Frage geklärt wird, wie und ob es rechtlich möglich ist, sich abzuspalten und Teile des Parteivermögens mitzunehmen – unbedingt öffentlich machen musste, ist vollkommen unklar. Was im geschlossenen Bereich der Plattform vor sich geht, ist nicht bekannt, wer mitmachen möchte, benötigt Bürgen.

 

Die »Twitter- und Männerpartei« (Straßenmagazin Motz) reagiert auf die Plattform in der ihr eigenen Weise: Mit vielen Beleidigungen und Drohungen, die von beiden Seiten an ihre jeweiligen Kritiker gerichtet werden. Aber was soll es bringen, eine im Grunde tote Partei in zwei Teile aufzuspalten? Ein linker Pirat, der anonym bleiben möchte, bezeichnete die Partei gegenüber der Jungle World als »Manifestation der Dummheit«, deren Mitglieder »technokratische Ingenieure einer internet-affinen Postdemokratie sind, in der die Simulation von Politik schlimmer ist, als alle Kritiker sich das beim Ansatz der Postdemokratie je vorstellen konnten, ein lebendiges Experiment in Sachen Entpolitisierung von gesellschaftlichen Prozessen« sowie als »Förderer des Autoritarismus als Politikstil«. Auch die Parteilinken sieht der Mann sehr kritisch, die Plattform bezeichnet er als einen »widerlichen Verein, der in seinen Abgrenzungsbemühungen nach außen lustigerweise massiv Illuminatensprech benutzt, Geheimbündelei falsch betreibt und das Transparenzversprechen gänzlich ad absurdum führt«. Inhaltliche Arbeit werde kaum geleistet, das, was »offiziell der Aufbruch in eine schönere Zeit« sein solle, sei inoffiziell »ein Rekrutierungsbude für Jobs, die Umsetzung lang gehegter Träume mancher, die endlich ihre Vorstellung umsetzen können, wie alles zu laufen hat«. Wohlgemerkt, so reden Piraten über ihre eigene Partei. Deren Auflösung beginnt nicht erst mit organisatorischen Abspaltungen, sondern hat mental längst begonnen.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert