Die Freiheitliche Partei Österreichs - pro-russische rechtsextreme Lobbyisten und Händler mit Täuschungen

(Von links nach rechts) Maksim Shevchenko, Sergey Markov, Heinz-Christian Strache, Bermet Akayeva, Vladyslav Lukjanow, Geydar Dzhemal, Levan Pirveli, Barbara Kappel. 4. Juni 2010, Wien

Übersetzung eines Blogeintrags des Rechtsextremismus-Forschers Anton Shekhovtsov vom 20.06.2014: Ich schrieb bereits in früheren Artikeln, dass Putins Russland mit europäischen rechtsextremen Parteien kooperiert. Einer der Gründe dafür ist, dass diese Parteien den russischen politischen und wirtschaftlichen Eliten helfen, sich ökonomisch, politisch und sozial in den Westen einzuschleichen, und dass für diese Eliten weniger der Rassismus und Ultra-Konservativismus der Rechtsextremen im Vordergrund steht, als deren Bestechlichkeit.

 

Betrachten wir einmal das Beispiel des verstorbenen Jörg Haider. Für einige war er der langjährige Führer der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und später der Vorsitzende des Bündnis Zukunft Österreich. Aber für zwei reiche russische Geschäftsleute, Artjom Bikov und Aleksey Bobrov war Haider ein korrupter Landeshauptmann von Kärnten, dem sie 900.000 € zahlen konnten, damit er ihnen bei der Einbürgerung "helfen" würde. Stellen Sie sich das vor: der Anführer einer österreichischen Anti-Einwanderungs-Partei nahm Bestechungsgelder an, um den Erwerb der Staatsbürgerschaft von Nicht-Österreichern zu erleichtern. 

 

Die FPÖ unter der Leitung von Heinz-Christian Strache ist ebenso in dubiose Geschäfte und Prozesse verwickelt, die teilweise ideologischer und teilweise finanzieller Natur sind. Die Verbindungen zwischen der FPÖ und Putins Russland sind tief und zahlreich, so dass wir als Ausgangspunkt ein fast zufälliges Ereignis nehmen können: Die Konferenz "Die farbigen Revolutionen in den Ländern der GUS und ihre aktuellen Auswirkungen", die in Wien am 4. Juni 2010 im Imperial Hotel stattfand.

 

(Bild oben: von links nach rechts) Maksim Shevchenko, Sergey Markov, Heinz-Christian Strache, Bermet Akayeva, Vladyslav Lukjanow, Geydar Dzhemal, Levan Pirveli, Barbara Kappel. 4. Juni 2010, Wien


Wie man es erwarten konnte, diskutierten dort alle die "schreckliche" Natur der "farbigen Revolutionen" in Georgien (2003), der Ukraine (2004) und in Kirgisistan (2005). Strache verurteilte besonders die USA, die angeblich diese Revolutionen mit Hilfe der US-Agentur für Internationale Entwicklung (USAID) und dem National Democratic Institute (NDI) inszeniert hatte. Die Anwesenheit von Vertretern aus den "betroffenen Ländern" war nicht überraschend: Georgien (Levan Pirveli), Ukraine (Vladyslav Lukjanow) und Kirgisistan (Bermet Akayeva).

 

Das russische Team bestand aus den Parlamentsabgeordneten Sergey Markov (von Putins Partei Einiges Russland) und zwei rechten Publizisten: Geydar Dzhemal und Maksim Shevchenko. Letzerer war zusammen mit Pirveli aktiv in die Tätigkeiten des rechtsextremen Florian Geyer-Klubs von Dzhemal involviert. Als Redner traten u.a. die russischen Faschisten Aleksandr Dugin, Maksim Kalaschnikow und Michail Leontjew auf, sowie der schwedische Antisemit Israel Shamir, der russische "linke" Aktivist Boris Kagarlitsky und der italienische Nazi-Maoist Claudio Mutti.

 

Erstes Foto: Geydar Dzhemal und Claudio Mutti. Zweites Bild: Aleksandr Dugin und Israel Shamir. Florian-Geyer-Klub-Treffen, 17. Oktober 2011, Moskau

Erstes Bild: Geydar Dzhemal und Claudio Mutti
Zweites Bild: Aleksandr Dugin und Israel Shamir. Florian-Geyer-Klub-Treffen, 17. Oktober 2011, Moskau

 

Ebenfalls bei der Konferenz in Wien anwesend war Barbara Kappel, Mitglied der FPÖ, und zu dieser Zeit Mitglied des Wiener Gemeinderats. Darüber hinaus - und das ist interessant - ist sie ein Präsident der Austrian Technologies GmbH (gegründet 2006), einer Bundesbehörde für Technologietransfer und Sicherheitsforschung. In anderen Worten fördert die Austrian Technologies GmbH österreichische Unternehmen im Ausland, speziell aber in Russland, wo durch eine von Julia Vitoslavsky geleitete Niederlassung vertreten wird. Letztere kooperiert auch mit der Österreichischen Handelskammer und ist ein Direktor des in Wien ansässigen Information Business Centre of Saint-Petersburg, das Lobbyarbeit für russische Geschäftsinteressen in Österreich betreibt. Allerdings scheint Vitoslavsky nicht in der rechtsextremen Politik aktiv zu sein und ist daher "normal" (abgesehen davon, dass sie an einem seltsamen "Lebensenergie"-Business beteiligt ist).

 

Kappels Name taucht oft in Verbindung mit der Kooperation zwischen der FPÖ und ihren russischen Partnern auf. Im September 2010 war sie eine der Top-Parteimitglieder, die 20 russische Waisenkinder begrüßte, die zwei Wochen aus der Moskauer Region nach Osttirol kamen, um dort unter der Schirmherrschaft des Tiroler FPÖ-Chefs Gerald Hauser zwei Wochen zu verbringen.


Die FPÖ-Anführer (von links nach rechts): Johann Gudenus, Barbara Kappel, Heinz-Christian Strache und Andreas Karlsböck. September 2010, Wien

Die FPÖ-Anführer (von links nach rechts): Johann Gudenus, Barbara Kappel, Heinz-Christian Strache und Andreas Karlsböck. September 2010, Wien
 

Ein Akt der Menschenliebe? In einem Kommentar zum Österreich-Besuch der russischen Kinder sagte Strache: "Es ist meine humanitäre Pflicht, den russischen Freunden unsere Hilfe anzubieten." Wer sind diese "russischen Freunde"? Eine mögliche Antwort auf diese Frage ergibt sich durch den Besuch der FPÖ-Delegation in der Region Moskau im Jahr 2011. Am 11. Mai 2011 reisten Heinz-Christian Strache, Johann Gudenus, Johannes Hübner, Andreas Karlsböck und Barbara Kappel nach Moskau, um Boris Gromov zu treffen (zusammen mit Gerhard Zeiler, einem Vertreter der österreichischen Botschaft in Russland), der damals der Gouverneur der Moskauer Region war. Während dieser Sitzung dankte Gromov die Führung der Partei für ihre Unterstützung bei der Organisation der russischen Waisenkinder nach Österreich und schenkte ihnen einige Souvenirs mit dem Logo der Moskauer Region.

 

Roman Agapov, Aleksandra Kotova, Igor Parchomenko, Andreas Karlsböck, Barbara Kappel, Boris Gromov, Heinz-Christian Strache, Johann Gudenus, Johannes Hübner und Tigran Karakhanov. 11. Mai 2011, Moskau

Roman Agapov, Aleksandra Kotova, Igor Parchomenko, Andreas Karlsböck, Barbara Kappel, Boris Gromov, Heinz-Christian Strache, Johann Gudenus, Johannes Hübner und Tigran Karakhanov. 11. Mai 2011, Moskau

 

Zur gleichen Zeit wirft die Zusammensetzung des Treffens etwas Licht auf die wahren Motive hinter den philanthropischen Aktivitäten der FPÖ. Ebenfalls anwesend bei der Sitzung war Tigran Karakhanov, damals Minister für Außenwirtschaftsbeziehungen der Regierung der Moskauer Region, während Strache selbst darauf hinwies, dass es nicht nur um die russischen Waisen ging: "Kinder sind Goodwill-Botschafter, und wir hoffen durch die Kinder die kulturelle und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Moskauer Region weiter zu entwickeln". War also der "philanthropische Akt" der FPÖ eine Art Gegenleistung? ...

 

In den Jahren 2008-2010 beteiligten sich Kappel und ihre Austrian Technologies GmbH an der Entwicklung eines klassischen Schneeballsystems, das Aquabionica genannt wurde. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen, das "Bionic Produkte - innovative Nanotechnologie-Produkte in Verbindung mit der Natur entwickelt" verkauft. Hauptabsatzmärkte von Aquabionica sind Russland, die Ukraine und einige andere osteuropäische Länder, in denen die Menschen für Betrug und Manipulation anfälliger sind.

 

Sergey Yarkov, Direktor von Aquabionica und Barbara Kappel, Vizepräsident von Aquabionica

Sergey Yarkov, Direktor von Aquabionica und Barbara Kappel, Vizepräsident von Aquabionica 

 

(Die zwei Personen auf der rechten Seite) Barbara Kappel und Sergey Yarkov

(Die zwei Personen auf der rechten Seite) Barbara Kappel und Sergey Yarkov

 

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Kappel und die FPÖ versuchten, Aquabionica bei dem Treffen mit Gromov zu fördern. Während Schneeballsysteme gute Instrumente für Geldwäsche darstellen (vor allem in Österreich), so ist das kaum ein Thema, das man mit dem Gouverneur der Region Moskau erörtern würde. Wahrscheinlich war es etwas anders - etwas, das mit Investitionen der FPÖ in die Geschäftsstrukturen der Region Moskau verbunden ist.

 

 



 

Quelle: http://anton-shekhovtsov.blogspot.co.at/2014/06/freedom-party-of-austria-far-right.html


Über den Autor: Anton Shekhovtsov ist Doktorand an der UCL School of Slavonic und East European Studies und Fellow der Forschungsgruppe für Europäischen Radikalismus und Neue Medien. Er ist auch Herausgeber der Buchreihe “Explorations of the Far Right” im ibidem-Verlag.



 

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