* Gedenken an Nuno Lourenço + Partypatriotismus schafft Ausgrenzung und Rassismus + Solidarität mit Protestierenden in Brasilien*
Am Montag, dem 16. Juni 2014, führte die Initiative “Love Football – Hate the World Cup!” in Kooperation mit der der Gruppe “Rassismus tötet!”-Leipzig eine Kundgebung in der Kochstraße, in Höhe der Südbrause (Connewitz), durch. Anlass der Aktion war die beginnende Fußballweltmeisterschaft der Herren sowie das erste Spiel des deutschen Teams gegen das portugiesische.
150 Personen fanden sich während des Deutschland-Spiels bei der Kundgebung ein und setzten damit ein Zeichen gegen den so genannten Partypatriotismus und seinen menschenverachtenden Auswüchsen. Erinnert wurde auch an Nuno Lourenço, den Neonazis während WM 1998 ermordeten, nachdem das deutsche Team gegen Kroatien ein Spiel verlor.
Der portugiesische Zimmermann Nuno Lourenço wurde am 4. Juli 1998 während der Weltmeisterschaft von acht 15- bis 21-jährigen Neonazis angegriffen, nachdem die deutsche Elf gegen die kroatische ein Spiel verlor. Die Angreifer wollten aus Rache für den Ausgang des Spiels „Ausländer hacken“ gehen. Der damals 49-Jährigen wurde mit einer Eisenkette geschlagen und gewürgt, bis er am Boden lag. Dann traten sie mit Springerstiefeln weiter auf ihn ein. Nuno Lourenço wurde mit schweren Verletzungen und inneren Blutungen in ein Leipziger Krankenhaus gebracht. Am 29. Dezember 1998 starb Nuno Lourenço in Folge des Angriffs an seinen schweren Verletzungen in Portugal.
Die Täter wurden zwar gefasst, aber das Landgericht erkannte kein rassistisches Motiv und wertete die Tat lediglich als Körperverletzung mit Todesfolge. Auch im weiteren zeigt das Landgericht sowie der zuständige Richter, Norbert Göbel, wie bedeutungslos ihnen der Fall war: Sie setzten keinen Termin für den Haftantritt fest, unterließen es „versehentlich“ über die Kosten der Nebenklage zu entscheiden, aber verzichteten darauf, den verurteilten Neonazis die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Damit verschuldete sich die Witwe Noemia Lourenço mit über 17.500 Euro. Dieser „Fehler“ ist bis heute nicht behoben.
Der Mord an Nuno Lourenço ist dabei nur das krasseste Beispiel, wohin die Identifizierung mit einer Nation führen kann. Seit mehreren Jahren wird der schwarz-rot-goldene Taumel als „unverkrampfter” Partypatriotismus gefeiert und verharmlost. Dadurch werden die unzähligen menschenverachtenden Exzesse, die während internationaler Fußballturniere auftreten, verschwiegen. Auch der Sozialwissenschaftler Wilhelm Heytmeier warnt im Rahmen der Langzeitstudie "Deutsche Zustände" zuletzt 2012, dass der Nationaltaumel menschenfeindliche Einstellungen begünstige.
Mit der Kundgebung solidarisierten sich die Teilnehmenden außerdem mit den Protestierenden in Brasilien. Diese treten unter dem Motto „Ohne Rechte wird es keine WM geben” für den freien Zugang zu qualitativ-besserer Bildung, zum Gesundheitssektor, zu bezahlbaren öffentlichen Personenverkehr und das Recht, auch weiterhin in der Stadt leben zu können, ein. Viele der der Demonstrant_innen wurde mit der Austragung der WM sozialer Aufstieg versprochen, erhalten haben sie hingegen schlechte Bezahlung, die Verdrängung aus ihrem Wohngebieten , die Zwangsräumung aus ihren Hütten und Häusern sowie Kriminalisierung und Stigmatisierung marginalisierter Bevölkerungsgruppen sowie jener, die an den Protesten teilnehmen.
Mit der Annahme sportliche Großereignisse seien ein Vorteil für die gesamte Bevölkerung des gastgebenden Landes, muss Schluss sein. Die derzeitigen Zustände in Brasilien zeigen so deutlich wie nie, dass diese Aussage falsch ist. Politiker_innen glänzen mit der Durchführung der Spiele und überspielen dabei soziale Probleme bzw. bekämpfen die Betroffenen. Ökonomisch-benachteiligte Menschen werden und bleiben immer von diesen Events sowie versprochenen sozialen Aufstieg ausgeschlossen.