Am 6. Juni beginnt vor dem Wiener Landesgericht der Prozess gegen den Antifaschisten Josef, der seit den Protesten gegen den sog. Akademikerball am 24. Januar 2014 in Untersuchungshaft sitzt. Die Anklagepunkte lauten versuchte schwere Körperverletzung, schwere Sachbeschädigung und Landfriedensbruch, wobei ihm erschwerend eine Rädelsführerschaft vorgeworfen wird. Wenn mensch den Hauptverhandlungsrichter beim Wort nimmt, droht Josef eine mehrjährige Haftstrafe.
Während die Wiener Polizei vor Kurzem erst den faschistischen „Identitären“ den Weg frei geprügelt hat und vor dem Wiener Landesgericht aktuell der Prozess gegen Aktivist_innen des Refugee Camps wegen „Schlepperei“ läuft, geht der Prozess gegen Josef, der seit nunmehr vier Monaten in U-Haft sitzt, am kommenden Freitag in die erste Runde. Einen bitteren Vorgeschmack auf den Prozess stellte bereits die Verhandlung am 9. Mai über einen Antrag der Verteidigung auf Haftentlassung dar, der von eben jenem Richter, der ab dem 6. Juni die Verhandlung führen wird, abgewiesen wurde. Hintergrund des Antrags war ein Stimmgutachten, das die Aussage des Hauptbelastungszeugen (Zivilpolizist) widerlegte, der behauptet, Josef während der gesamten Demo am 24. Januar beobachtet und ein Handyvideo seiner vermeintlichen Anweisungen an andere Demonstrierende gemacht zu haben. Das Gutachten belegte, dass es sich nicht um Josefs Stimme handelte. Trotz dieser Erschütterung der Glaubhaftigkeit des zentralen Belastungszeugen sah der Richter keinen Grund, am Haftgrund der „Gefährlichkeit“ von Josef zu zweifeln, die einzig durch die in der Anklageschrift krude zusammengewürfelten Vorwürfe begründet wird. Eine Beschwerde der Verteidigung gegen eben jene Anklageschrift wurde am gleichen Tag vom Oberlandesgericht verworfen. Die politische Dimension des Falls ist unübersehbar, wie sogar der ORF kürzlich anzudeuten wagte.
Der Verlauf des Verfahrens kann vor dem Hintergrund der Repression gegen verschiedenste widerständische Bewegungen in Österreich als wenig überraschend beurteilt werden. So wurden seit 2008 ein Dutzend Tierschutzaktivist_innen mit massiver Gewalt und Prozessen überzogen. Einige davon gehen just in diesem Monat in die zweite Instanz und können trotz der bisherigen Freisprüche als Lehrstück für das wirksame Zusammenspiel von Polizei- und Justizwillkür in der Lähmung bzw. Zerschlagung politischer Bewegungen gelten (aktuelle Infos unter http://antirep2008.org). Im gleichen Kontext muss der sog. Schlepper-Prozess betrachtet werden, der als Reaktion auf die 2012 europaweit erstarkte Protestbewegung von Geflüchteten interpretiert werden muss. Hier wurden, parallel zum gezielten Abschiebeterror gegen Aktivist_innen des Protestcamps, mehrere Personen über Monate in Untersuchungshaft gesteckt, Wohnungen durchsucht und im Mai 2014 ein Verfahren gegen acht Personen wegen „Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung“ eröffnet (aktuelle Infos unter https://solidarityagainstrepression.noblogs.org/). Aber auch der Fall des schwedischen Antifaschisten Joel sollte hier erinnert werden, der für die Verteidigung einer antirasstischen Demo gegen den Angriff von bewaffneten Nazis am 29. April zu sechseinhalb Jahren Knast verurteilt wurde.
Allerdings lässt sich nicht nur in der Analyse der Repressionsmechanismen von anderen Fällen lernen, sondern auch in den solidarischen Antworten auf Repression und Isolation. Das hieß in den aufgeführten Fällen jeweils, dass Öffentlichkeit für die Betroffenen hergestellt, keine_r im Knast alleine gelassen und kein Verhandlungstag ohne kritische Begleitung begangen wurde. Auch im Fall von Josef gab es bislang eine Vielzahl von Solidaritätsaktionen weltweit, es konnte ein großer Teil der bisherigen Kosten durch Spenden kollektiv getragen werden und die Knastisolation durch viele Briefe und Besuche ein klein wenig durchbrochen werden.
Für den 6. Juni rufen wir deshalb dazu auf, pünktlich und zahlreich zum Prozessbeginn um 9.00 Uhr am Landesgericht Wien zu kommen – Josef freut sich darüber! Wenn ihr es nicht nach Wien schafft, dann macht Aktionen in euren Städten und Dörfern, organisiert Soliparties und Spendenaktionen und ermutigt Menschen, Josef Post zu schicken!
Wenn ihr eine Infoveranstaltung organisieren wollt, dann schreibt an die Soligruppe und es wird bestimmt jemand vorbeikommen.
Und um es mit Josefs Worten abzuschließen:
„Unterstützt also lokale Strukturen wie selbstorganisierte Gruppen, Jugendorganisationen wie die Falken oder andere antifaschistische Gruppen und seid auch über Grenzen hinweg solidarisch!
Lasst euch nicht einschüchtern und passt aufeinander auf!
Siamo tutti Antifascisti!
Freiheit für alle Gefangenen!”
(http://soli2401.blogsport.eu/2014/04/02/gruesse-von-josef-aus-dem-knast/)
Hintergründe und aktuelle Infos: http://soli2401.blogsport.eu
Post an Josef: http://soli2401.blogsport.eu/post-fuer-josef/
Spenden für die Anwaltskosten können unter Angabe des Verwendungszweck „Wien“ an das Konto der Roten Hilfe Ortsgruppe Jena überwiesen werden:
Rote Hilfe Ortsgruppe Jena
Kto.-Nr.:
4007 238 309 | IBAN DE77 4306 0967 4007 2383 09
BLZ: 430 609 67
(GLS-Bank) | BIC GENODEM1GLS (GLS
Bank)
Verwendungszweck: Wien
Infoveranstaltungen in Frankfurt
Für alle die es nicht nach Wien schaffen, macht die rote Hilfe eine Infoveranstaltung zu Josef am 10.6 im Klapperfeld. Und auch die anderen Veranstaltungen sind sicherlich spannend, u.a. morgen zu DNA und Repression
http://rhffm.blogsport.eu/archives/951#more-951