Von Heuss zu Gauck (am 19.3. im Kotti Cafe)

Joachim Gauck

Am 19.3. kommt Bundespräsi Gauck ins Kotti-Cafe Berlin am Kottbusser Tor ab 15.00 Uhr // Seien wir vor Ort und zeigen wir unseren Widerspruch

Wer ist Gauck und wer waren all die anderen Bunespräsidenten? Über die „Würde“ eines überflüssigen Amtes


Rückschau:

Theodor Heuss (FDP), Bundespräsident von 1949 bis 1959, stimmte 1933 dem „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ (oft „Ermächtigungsgesetz“ genannt) zu.


Kurz nach Heuss folgenlosem Ja wurde sein semikritisches Buch "Hitlers Weg" verbrannt. Heuss fand dies damals "nicht zu tragisch". "Unerfreulich" sei nur, dass "mein Name neben einigen der Literaten steht, die zu bekämpfen meine wesentliche Freude" gewesen sei. Diese Freude gewann er nach dem Krieg zurück und meinte als Kultusminister von Württemberg-Baden zur Umbenennung von Straßen: "Für einen Krampf halte ich, etwa Ossietzky, Ernst Toller und gar Erich Mühsam zu verewigen."

Heinrich Lübke (CDU) Bundespräsident von 1959 bis 1969, war als Mitglied der "Baugruppe Schlempp" mitverantwortlich für den Bau von KZ-Baracken. Von ihm sind Aussprüche verbürgt, wie etwa der bei einem Staatsbesuch 1966 in Madagaskar: "Die Leute müssen ja auch mal lernen, dass sie sauber werden."

Gustav Heinemann (SPD), Bundespräsident von 1969 bis 1974, gehörte dem evangelischen Widerstand an. Aus Protest gegen die Wiederbewaffnung trat er 1951 als Bundesinnenminister zurück und aus der CDU aus und leitete später als Justizminister der SPD, zu der er nach dem Scheitern seiner Gesamtdeutschen Volkspartei gewechselt war, eine Humanisierung des Strafvollzugs ein und zeigte Wohlwollen für die revoltierende Jugend. Noch heute rätseln Historiker, wie es zu einer solchen personalpolitischen Panne kommen konnte.

Walter Scheel (FDP), Bundespräsident von 1974 bis 1979, war Mitglied der NSDAP und Offizier der Luftwaffe. Er ließ seine Dienstvilla mit mondänen Accessoires aufhübschen, den Weinkeller mit Champagner auffüllen und hatte noch Jahre später die höchste Spesenrechnung aller Würdenträger a. D.

Karl Carstens (CDU), Bundespräsident von 1979 bis 1984, war Mitglied der Sa und der NSDAP. Später fiel der Rechtsprofessor als glühender Befürworter der Berufsverbote und als ebenso glühender Gegner der Oder-Neiße-Grenze auf.

Richard von Weizsäcker (CDU), Bundespräsident von 1984 bis 1994, war Mitglied der 23. Infanteriedivision und will von den Verbrechen dieser Einheit angeblich nichts mitbekommen haben. Von den Verbrechen der SS-Einsatzgruppen hinter der Front, so ließ er später wissen, habe er ebenfalls nichts gewusst. Während der Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse war er Mit-Verteidiger seines SS-Vaters (der sich damit verteidigte, daß er nichts gewußt habe).


In den 60er Jahren gehörte Weizäcker der Geschäftsleitung des Chemieunternehmens Boehringer Ingelheim an, das Bestandteile des Entlaubungsmittels Agent Orange, an dessen Einsatz viele Vietnamesen bis heute leiden, in die USA geliefert hatte, Mitte der 90er Jahre arbeitete er als Lobbyist verschiedener Unternehmen in Kasachstan und Aserbeidschan.

Roman Herzog (CDU), Bundespräsident von 1994 bis 1999, war Richter. Sein Doktorvater Theodor Maunz, bekämpfte das "Judentum in der Rechtswissenschaft" und schrieb bis zu seinem Tod 1993 anonym für die Nationalzeitung. Einer der Förderer Herzogs war der NS-Marinerichter und ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Hans Filbinger.

Johannes Rau (SPD), Bundespräsident von 1999 bis 2004, ist tiefreligiöser Christ.. Er fiel vor allem durch eine Geburtstagsfeier und private Flugreisen auf Kosten der WestLB auf.

Horst Köhler (CDU), Bundespräsident von 2004 bis 2010, war als Staatssekretär daran beteiligt, im Zuge der Wiedervereinigung die Sozialkassen zu ruinieren, später gab er als IWF-Direktor den darbenden Argentiniern den Rest.


Und nun Joachim Gauck

„Der Westen war wie eine Frau, die man als Siebzehnjähriger auf den Sockel hebt und anbetet. Da können Jahrzehnte oder Jahrhunderte vergehen, ihre Schönheit bleibt erhalten.“
(Joachim Gauck)

Gaucks Vater war im besetzten Polen Marineoffizier. Er wurde 1951 von einem sowjetischen Kriegsgericht verurteilt und verbrachte vier Jahre in einem sibirischen Gefangenenlager. Gauck hat Verständnis dafür, daß seinen Eltern das „Verschwinden“ der Rostocker Juden „entfallen“ war. Er fordert, “einen Schlussstrich” zu ziehen unter die NS-Vergangenheit und die Auseinandersetzung mit ihren Verbrechen, zugunsten eines neu entfachten Nationalstolzes. Er nennt das eine „Hinwendung zum Patriotischen“ und bekam dafür u. a. Applaus von dem Antisemiten und Rechtsradikalen Hohmann.

Pfarrer, bezeichnet sich in seiner Autobiographie (mit Hilfe einer Journalistin geschrieben) ausdrücklich nicht als DDR-Dissident. Vielmehr habe ihm die Kirche einfach nur „mehr Freiraum“ geboten.

Bekennender Anti-Kommunist

Mit-Autor des „Schwarzbuch des Kommunismus“, einem Machwerk französischer Rechtsradikaler.


Für Clemens Heni hat das „Schwarzbuch“ das Ziel, „‘den’ Kommunismus als weit schlimmer als den Nationalsozialismus darzustellen. Der Antisemitismus des Schwarzbuches liegt darin, zu leugnen, dass Treblinka, Bergen-Belsen, Auschwitz, Babi Yar, der industrielle Mord an Juden wie die Mordaktionen der Polizeibataillone, der SS, des SD, der Wehrmacht wie auch ihrer Helfer in den baltischen Ländern und anderswo präzedenzlose Verbrechen waren. Das Schwarzbuch und Gauck leugnen, dass Antisemitismus der älteste Hass in der Geschichte der Menschheit mit einer unvergleichlichen Verfolgungs- und Vernichtungsgeschichte ist.“

2004 hält gauck eine Gedenkrede zu Ehren der NS-Schlächter Walter Biermann und Arno Brake: Biermann und Brake waren u. a. im April 1945 an dem Massaker an über1000 KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern in Gardelegen (Sachsen-Anhalt) beteiligt. Die Gefangenen wurden dabei in einer Scheune bei lebendigem Leib verbrannt.


Anders als in Westdeutschland, wo viele NS-Verbrecher wie der Hauptverantwortliche für diesen Massenmord, Gerhard Thiele, straffrei blieben, wurden in Ostdeutschland die Täter abgeurteilt. Walter Biermann und Arno Brake wurden im sächsischen Torgau zum Tode verurteilt, sie sind in Halle gehenkt und anonym beerdigt worden – um dann im Jahre 2004 in einer Gedenkveranstaltung von Dr. Gauck in Torgau geehrt zu werden. 1989/90 wurden die in Ostdeutschland Verurteilten sehr oft rehabilitiert – und geehrt. Die so Geehrten waren auch die beiden Mörder Biermann und Brake. Deren Überreste wurden im Juni 2003 in Halle auf dem Gertraudenfriedhof mit Stelen und "ewigem Ruherecht" geehrt.

Verfechter der rechtsradikalen sog. „Totalitarismustheorie“, Maßgeblicher Mit-Initiator der „Prager Erklärung“ (die den deutschen Faschismus mit dem Sowjet-Kommunismus gleichsetzt).

Lehnt die Oder-Neisse-Grenze zu Polen als „ungerecht“ ab, bedauert den Verlust der „deutschen Ostgebiete“, sein Herz schlägt für die deutschen „Vertriebenen“, befürwortet das „Zentrum gegen Vertreibung“.

"Der einstige hessische SPD-Innenminister Horst Winterstein kam im "Lesebuch" zu dem Schluss: "Im Umgang mit den Stasi-Unterlagen musste ich mehr und mehr den Eindruck gewinnen, dass die Gauck-Behörde in ihrem Zusammenspiel mit einigen Medien an Verfassungsgrundsätzen vorbeiwirkt." Er beklagt, dass der "evangelische Großinquisitor" selbstgerecht glaubt, unbequeme Leute einer "öffentlichen Treibjagd" aussetzen zu können. Ohne Wissen der Betroffenen würden bestimmten Medien Belastendes zugespielt, ergänzt durch einseitige Interpretationen; gleichzeitig Entlastendes zurückgehalten.


Das Landgericht Berlin bestätigte später solche Praktiken.


2005 erklärte der sozialdemokratische Verein "Willy-Brandt-Kreis": Die Unterlagenbehörde habe bewiesen, dass sie für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte ungeeignet sei. Sie sei nicht als neutrale wissenschaftliche Einrichtung angelegt, sondern habe die politische Bestimmung, die DDR zu delegitimieren. Gleichzeitig seien die geheimdienstlichen Erkenntnisse über die Bundesrepublik geheim, sie stünden einer kritischen Aufarbeitung nicht zur Verfügung. "Wenn heute in Westdeutschland und im Ausland das Bild der DDR als das eines reinen Unrechtsstaates vorherrscht, in dem alle Bürger entweder bei der Stasi gearbeitet oder von ihr beobachtet wurden, so hat die Behörde ihren Auftrag erfüllt."

Befürwortet Hartz-Gesetze, Proteste dagegen nennt er „töricht“. „Solidarität und Fürsorglichkeit“ sind für ihn Aspekte, die „dazu beitragen, uns erschlaffen zu lassen“. Damit steht er sozialdarwinistisch Seite an Seite mit Sarrazin (und nannte dessen Machwerk „mutig“)

Tritt für die Vorratsdatenspeicherung ein und hält Wiki-Leaks für „Diebe“

Befürwortet den Afghanistan-Krieg

Wettert gegen die Occupy-Bewegung, Stutthart 21-Gegner und Kapitalismuskritik

Gauck gehört Lobbyorganisationen wie der Nationalstiftung (setzt sich u. a. für „mehr Privatisierung“ ein) und der Atlantikbrücke (reaktionärer think-tank) an.

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Das oben ist zu weiten Teilen aus einem taz-Artikel von 2012 abgeschrieben: https://linksunten.indymedia.org/de/node/54341