[Berlin] NSU-Kontakte nach Berlin

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Der „Natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Unter­grund“ (NSU) ver­fügte über ein weit­läu­figes Netz aus Unterstützer_innen und Mitwisser_innen. Bei der Betrach­tung des bis­lang bekannten Unterstützer_innen-Umfeldes führt eine Reihe von Kon­takten auch nach Berlin.

 

Suche nach Unter­schlupf

 

Schon kurz nach dem Unter­tau­chen von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhn­hardt, machte sich André Kapke, einer der Haupt­ak­teure des Thü­ringer Hei­mat­schutzes (THS), in dem die drei bis zu ihrem Unter­tau­chen orga­ni­siert waren, auf den Weg nach Berlin, um „Unter­schlupfadressen für die Flüch­tigen in Erfah­rung zu bringen“ [1]. Dabei machte Kapke neben Frank Schwerdt, damals einer der Hin­ter­männer des THS, heute stell­ver­tre­tender Bun­des­vor­sit­zender der NPD, auch bei der Ber­liner Neo­na­zi­ak­ti­vistin Rita Bönisch Sta­tion [2]. Die mitt­ler­weile ver­stor­bene Bönisch betrieb sei­ner­zeit u.a. einen Wohn­mo­bil­ver­leih in Berlin-Adlershof [3].

 

Thü­ringer Hei­mat­schutz im Café Ger­mania

 

Auch der Initiator des Thü­ringer Hei­mat­schutzes wurde 1998 in Berlin gesichtet. Als im November 1998 eine Antifa-Demonstration gegen das Ber­liner „Café Ger­mania“ statt­fand, hatten sich in dessen Räumen über 200 Neo­nazis aus dem Bun­des­ge­biet ver­sam­melt. Dar­unter auch Tino Brandt, Anführer des THS und spä­terer Flucht­helfer, der in den Jahren 1994 bis 2001 vom Thü­ringer Ver­fas­sungs­schutz mit etwa 200.000 DM finan­ziert wurde und dieses Geld nach eigenen Angaben in den Aufbau der Szene steckte [4]. Noch im Jahre 2000 übergab er den Unter­ge­tauchten im Auf­trag des Ver­fas­sungs­schutzes 2000 DM [5]. Pikant ist auch, dass Andreas Voigt, lang­jäh­riger Rechts­ro­ck­ak­ti­vist und dama­liger Besitzer des „Café Ger­mania“ im Jahre 2006 das Buch „Der letzte Patriot“ ver­öf­fent­lichte, dessen Inhalt starke Par­al­lelen zum Vor­gehen des NSU auf­weist [6].

 

Pankow-Connection

 

Auch der Ber­liner Neo­nazi Ilja Gräser stand nach Antifa-Informationen in direktem Kon­takt zum NSU-Unterstützerumfeld. Bei Bau­ar­beiten an der Dres­dener Frau­en­kirche lernte der gelernte Stein­metz im Jahr 1999 den NSU-Fluchthelfer Flo­rian Burg­hardt aus Zwi­ckau, mitt­ler­weile Dresden, kennen. In dessen Woh­nung kamen die frisch Unter­ge­tauchten ab Februar 1998 für ein halbes Jahr unter. In Berlin trieb sich Gräser jah­re­lang im NPD Kreis­ver­band Berlin-Pankow herum, bevor er sich völkisch-artamanischen Kreisen in Meck­len­burg Vor­pom­mern zuwen­dete [7]. In Berlin ist er jedoch nach wie vor anzu­treffen.

 

Ein unge­klärter Mord in Wed­ding

 

Eine wei­tere mög­liche Spur führte im Jahre 2000 nach Berlin, nachdem das Magazin Kripo-Live im Mai Fah­nungs­bilder von Zschäpe, Mundlos und Böhn­hardt ver­öf­fent­licht hatte. Es meldte sich ein Poli­zist, der angab die Gesuchten jüngst in Berlin gesehen zu haben. Rund zwei Monate vorher, am 17. März 2000, ereig­nete sich in der Wed­dinger Euler­straße der bis heute unauf­ge­klärte Mord an einem migran­ti­schen Kiosk­be­sitzer, der mit Kopf­schüssen getötet worden war. Eine erneute Über­prü­fung des Falles, nach dem Auf­fliegen des NSU, erbrachte zwölf Jahre später „keine kon­kreten Hin­weise“ mehr auf eine mög­liche Urhe­ber­schaft. Wie im Mai 2000 den Hin­weisen auf den mög­li­chen Auf­ent­halt der Gesuchten in Berlin nach­ge­gangen wurde, ließ sich nach Recher­chen des Tages­spiegel nicht klären [8].

 

Spuren ins Ber­liner Rechts­rock­um­feld

 

Auf dem neo­na­zis­ti­schen Label „Pan­zerbär Records“ erschien im Jahre 2004 ein Sam­pler mit Bei­trägen ein­schlä­giger Ber­liner Rechts­rock­bands. Auf der als „Gemein­schafts­ton­träger“ [9] bewor­benen CD mit dem Titel „Hier tobt der Bär“ fanden sich neben Bei­trägen von „Die Luni­koff Ver­schwö­rung“ und „Legion of Thor“ (L.O.T.) auch Stücke der Band „Spree­ge­schwader“, deren Sänger, Alex­ander Gast, gleich­zeitig Inhaber des Labels „Pan­zerbär Records“ ist.

 

Am 15.12.2004 berich­tete der Tages­spiegel unter der Über­schrift „Volks­ver­het­zung im Pro­ben­keller“ über eine Razzia, die sich nach Poli­zei­an­gaben gegen das „Umfeld der Neonazi-Band Spree­ge­schwader“ rich­tete. Durch­sucht wurden neben dem dama­ligen Laden­ge­schäft von Sänger Alex­ander Gast in Hen­nigs­dorf, ein Objekt in Sachsen-Anhalt, sowie 12 wei­tere in Berlin, dar­unter auch der dama­lige Pro­be­raum auf einem Gewer­be­ge­lände in der Droh­nt­heimer Straße in Wed­ding.

 

Neben volks­ver­het­zenden Texten auf der CD „White Covers to Landser“, einem Tribute-Album für die Ber­liner Rechts­rock­band um den „Van­dalen“ Michael Regener, galt die Durch­su­chungs­ak­tion auch einer Urhe­ber­rechts­ver­let­zung auf dem ein­gangs erwähnten Sam­pler. Dort hatte u.a. eine Gruppe unter dem Pseud­onym „Berlin All­stars“, hinter dem die Band „Spree­ge­schwader“ steht, ein „Lob­lied auf Herrn Poli­zei­di­rektor Pro­fessor Knape“ into­niert, dessen Intro und Abspann mit der Melodie des „Pink Pan­ther“ kom­bi­niert wurden. Aus heu­tiger Sicht wirft das Fragen auf, inso­fern bekannt ist, dass im Beken­ner­video des NSU zahl­reiche Sequenzen der Comic­serie Ver­wen­dung fanden. Im Falle der Ber­liner Rechts­ro­cker rief die Melodie sei­ner­zeit aber nur die GEMA auf den Plan.

 

Blood&Honour das Netz­werk im Hin­ter­grund

 

Han­delte es sich um einen Zufall oder eine bewusste Andeu­tung? Im Hin­blick auf das weit­läu­fige NSU-Unterstützer_innennetzwerk ist heute bekannt, dass sich viele Kon­takte der 90er Jahre im Umfeld von Ver­an­stal­tungen des inter­na­tio­nalen Neo­na­zi­netz­werks Blood&Honour (B&H) bewegten. Im Umfeld von Blood&Honour und seinem mili­tanten Arm, Combat 18, kuri­serten zeit­gleich Stra­te­gie­pa­piere, die, als Ant­wort auf Staat­liche Orga­ni­sa­ti­ons­ver­bote, die Bil­dung kleiner, autonom agie­render und bewaff­neter Zellen pro­pa­gierten [10]. Jene Kon­zepte des „Füh­rer­losen Wider­stands“, die sich wie Blau­pausen des NSU lesen.

 

Laut wei­teren Berichten aus dem Bay­ri­schen NSU-Untersuchungsausschuss habe Uwe Mundlos zur Zeit des Unter­tau­chens im Januar 1998 zu füh­renden Akti­visten von Blood&Honour in Kon­takt gestanden und so führte die erste Sta­tion des Unter­tau­chens auch über den dama­ligen Chef von Blood&Honour-Chemnitz, Thomas Starke, später V-Mann des Ber­liner LKA, der sie schließ­lich bei einem Blood&Honour-Mitglied unter­brachte. Nach drei Wochen habe dann Mandy Struck, eine wei­tere Blood&Honour-nahe Akti­vistin, die wei­tere Flucht­hilfe orga­ni­siert [11].

 

Als Vor­zei­ge­band der deut­schen Sek­tion von Blood&Honour galt Zeit ihres Beste­hens die Ber­liner Rechts­rock­band „Landser“, her­vor­ge­gangen aus den „Van­dalen“ [12].

 

Die Van­dalen — Ein Ber­liner Rechts­rock­um­feld

 

Die „Van­dalen – ario­ger­ma­ni­sche Kampf­ge­mein­schaft“ wurden 1982 im Ost­ber­liner Bezirk Wei­ßensee von Michael Regener und Jens K. gegründet. Regener gilt seither als Chef der Grup­pie­rung, aus der auch die berüch­tigte Neonazi-Band „Landser“ her­vor­ge­gangen ist. An der Seite von Andreas Len­hard und Horst Schott, später André Möhricke (alias „Möhre“) und Blood&Honour-Mitglied Chris­tian Wenn­dorff tat sich Michael Regener (alias „Luni­koff“) als Front­mann hervor. Nach der Ein­stu­fung der Band als „kri­mi­nelle Ver­ei­ni­gung“ im Jahre 2003, machte Regener ab 2004 mit anderer Beset­zung unter dem Pseud­onym die „Luni­koff Ver­schwö­rung“ weiter. Dabei kam es zu einem Zusam­men­rü­cken mit der Ber­liner Neonazi-Band „Spree­ge­schwader“, aus deren Umfeld sich auch die neue Beset­zung rekru­tierte. Ein wei­terer Schwer­punkt der „Vandalen“-Aktivitäten liegt in der Orga­ni­sa­tion ihrer all­jähr­li­chen Gründungs-Jahresfeiern [13].

 

Ver­bin­dungen auf Ber­liner Rechts­rock­feier

 

Als die Ber­liner Polizei im Sep­tember 2002 auf einer dieser Jah­res­feiern im Mar­zahner „Frei­zeit­treff Eulen­spiegel“ rund 200 Neo­nazis kon­trol­lierte [14], befanden sich unter den Anwe­senden neben den Rechts­rock­bands „Inti­mi­da­tion one“ (USA) und „Spree­ge­schwader“ auch Mit­glieder der befreun­deten Band „Legion of Thor“. Außerdem anwe­send: Der öster­rei­chi­sche Brief­bom­ben­bauer Peter Binder, Rechts­ter­ro­rist Marcus Bischoff, sowie der lang­jäh­rige Neo­na­zi­kader und dem NSU-Unterstützerumfeld zuzu­rech­nende Thorsten Heise [15], ebenso wie Maik Eminger, im Jahr 2003 der ille­galen Fort­füh­rung zwi­schen­zeit­lich ver­bo­tener Blood&Honour-Strukturen ver­däch­tigt und Bruder von André Eminger, einem Ange­klagten im NSU-Prozess [16].

 

Auch der Mep­pener Rechts­ro­cker Daniel Giese (Nie­der­sachsen), alias „Gigi und die Braunen Stadt­mu­si­kanten“, wurde unter den Gästen der Ver­an­stal­tung fest­ge­stellt. 2010 ver­öf­fent­lichte er das Lied „Döner-Killer“, was nach dem Auf­fliegen des NSU für öffent­li­ches Auf­sehen sorgte und schließ­lich zu einer Ver­ur­tei­lung wegen Volks­ver­het­zung führte [17]. Dass Daniel Giese über Insi­der­wissen ver­fügte, ist weder belegt, noch aus­zu­schließen [18].

 

„Neun mal hat er es jetzt schon getan / Die SoKo Bos­porus, sie schlägt Alarm […] Am Döner­stand herrscht Angst und Schre­cken / Kommt er vorbei, müssen sie ver­re­cken / […] Denn er kommt gerne spontan zu Besuch / Am Döner­stand, denn neun sind nicht genug“

Auszug aus „GiGi und die Braunen Stadt­mu­si­kanten“ — „Döner-Killer“ vom Album „Adolf Hitler lebt!“, 2010

 

Jean René Bauer und Antje Probst

 

Auf der Ver­an­stal­tung anwe­send war auch „Van­dale“ und „Landser“-Mitglied Jean René Bauer aus Berlin. Bauer stand in Kon­takt mit Thomas Starke, dem bereits erwähnten Blood&Honour-Aktivisten und spä­teren V-Mann, der Zschäpe, Böhn­hardt und Mundlos 1997 mit 10 Kilo­gramm TNT belie­ferte und den Dreien schließ­lich beim Unter­tau­chen half. Bereits Mitte der 90er Jahre pflegten Starke und Mundlos engeren per­sön­li­chen Kon­takt. Von 1994 bis 1996 saß Starke eine Haft­strafe ab, für einen Über­griff, den er zusammen mit Uwe Mundlos verübt hatte. Wäh­rend der Haft unter­stützen ihn die später Unter­ge­tauchten. Er und Mundlos schrieben sich Briefe in denen es unter anderem um Waffen ging, nach seiner Haft­strafe war Starke einige Monate mit Beate Zschäpe liiert und als die Polizei im Januar 1998 in einer Jenaer Garage auf das TNT stieß – gemeinsam mit der später ver­schol­lenen Namens­liste, auf der auch Starke stand — tauchten Mundlos, Böhn­hardt und Zschäpe unter [19].

 

Im Jahre 2000 dann war auch Starke an der Pro­duk­tion und Ver­brei­tung des letzten „Landser“-Albums „Ran an den Feind“ betei­ligt. Als es des­halb zu einem Ermitt­lungs­ver­fahren kam, machte er Aus­sagen bei den Behörden. Im Juni 2001 suchte ihn des­halb Jean René Bauer an seiner Dres­dener Wohn­adresse auf, mit dem Ziel, Druck auf ihn aus­zu­üben. Begleitet wurde er dabei von Antje Probst (heute Böhm) und einem wei­teren Neo­nazi. Probst soll Starke über die Sprech­an­lage aus seiner Woh­nung gelockt haben, wo dieser von den beiden anderen atta­ckiert wurde [20]. Im Jahre 2003 kam es des­halb zum Pro­zess.

 

Die Neo­na­zi­ak­ti­vistin Probst ent­stammt dem säch­si­schen Blood&Honour-Umfeld der 1990er Jahre und gilt mitt­ler­weile als Mit­wis­serin zum Unter­tau­chen des NSU und mut­maß­li­cher Teil der Struk­turen, die das Trio bis 2003 im Unter­grund unter­stützt haben [21]. Im Bericht der 64. Sit­zung des Bun­des­tags­un­ter­su­chungs­aus­schuss zum NSU hieß es, dass Probst nach Angaben von Carsten Szc­ze­panski, auch bekannt als V-Mann „Piato“, sei­ner­zeit über den Auf­ent­halt der Unter­ge­tauchten Bescheid wusste und vor­ge­habt habe, Beate Zschäpe ihren Per­so­nal­aus­weis zur Ver­fü­gung zu stellen [22].

 

Exkurs: V-Mann „Piato“
Als der Fall des V-Mann „Piato“ im Jahr 2000 öffent­lich wurde, zeigte sich der Fata­lismus des bun­des­deut­schen V-Mann-Wesens mit aller Deut­lich­keit. Mit der Ent­tar­nung von Carsten Szc­ze­panski als V-Mann „Piato“ des Bran­den­bur­gi­schen Ver­fas­sungs­schutzes wurde offen­sicht­lich, dass der Geheim­dienst jah­re­lang seine schüt­zende Hand über einen der regio­nalen Draht­zieher der bran­den­bur­gi­schen Neo­na­zi­szene gehalten hatte. Obwohl gegen ihn damals schon u.a. ein Ver­fahren wegen Grün­dung einer ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung lief und er wegen eines ras­sis­ti­schen Mord­ver­suchs in Unter­su­chungs­haft saß, sorgte der Ver­fas­sungs­schutz für seine vor­zei­tige Haft­ent­las­sung und unter­nahm nichts, als dieser wei­tere mili­tante Neo­na­zi­struk­turen auf­baute. „Piato“ hin­gegen erhielt Haft­er­leich­te­rungen, finan­zi­elle Zuwen­dungen in Höhe von 70.000 Mark und behörd­liche Rücken­de­ckung. Folg­lich reor­ga­ni­sierte er die lokalen Struk­turen der NPD, gab noch aus der Haft ein Fan­zine der mili­tanten Neo­na­zi­szene heraus, ver­an­stal­tete Blood&Honour-Konzerte und han­delte, wie nach seiner Ent­tar­nung hochkam, auch noch mit Waffen..

 

Jan B. Werner und die Produktion des letzten Landser-Albums

 

2000 eben­falls an der Pro­duk­tion des letzten „Landser“-Albums betei­ligt, war der Blood&Honour-Aktivist Jan Botho Werner, dama­liger Sek­ti­ons­leiter von Blood&Honour-Sachsen. Er soll u.a. Kon­takte zu einem Ton­studio in Eng­land her­ge­stellt und Blood&Honour nahe Ver­triebs­wege zur kon­spi­ra­tiven Ver­brei­tung der Ton­träger orga­ni­siert haben [23]. V-Mann „Piato“ berich­tete im August 1998, Werner ver­füge über direkte Kon­takte zu den Unter­ge­tauchten aus Jena und habe den Auf­trag, die Gesuchten mit Waffen zu ver­sorgen, die wie­derum mit Gel­dern aus Kon­zerten und CD-Verkäufen finan­ziert würden. Werner soll darauf hin erfolglos obser­viert worden sein [24]. Mitt­ler­weile wird auch gegen Werner im NSU-Zusammenhang ermit­telt [25].

 

Fazit


Wäh­rend in der öffent­li­chen Debatte oft­mals vom „Jenaer Trio“ oder von der „Zwi­ckauer Zelle“ die Rede ist, lässt sich mitt­ler­weile aus­schließen, dass Zschäpe, Mundlos und Böhn­hardt mehr als zehn Jahre lang im Unter­grund über­leben, min­des­tens zwei Anschläge und 11 Morde begehen konnten, ohne Unter­stüt­zer­struk­turen.

 

Recher­chiert man im Umfeld der drei Rechtsterrorist_innen, offen­bart sich dann auch eine Viel­zahl von Ver­bin­dungen in weite Teile der Repu­blik, die schließ­lich auf ein weit­läu­figes Netz von Unterstützer_innen und Mitwisser_innen hin­weisen. Wäh­rend die Unter­stüt­zer­struk­turen in Thü­ringen und Sachsen mitt­ler­weile deut­li­chere Kon­turen tragen, sind anderen Regionen, trotz deut­li­cher Hin­weise, noch immer weit­ge­hende Dun­kel­felder. Wäh­rend sich bei­spiels­weise in Bayern, wo der NSU fünfmal mor­dete, Hin­weise auf Akteure lokaler Neo­na­zi­struk­turen häufen und beim NSU-Mord in Kassel gar ein offenbar sym­pa­thi­sie­render V-Mann-Führer anwe­send war, scheinen die insti­tu­tio­nellen Auf­klä­rungs­be­mü­hungen bis­lang ambi­va­lent.

 

Im Bund, sowie in Sachsen, Thü­ringen und Bayern wurden Unter­su­chungs­aus­schüsse ein­be­rufen. Diese wurden jedoch massiv an ihrer Arbeit gehin­dert. Zwei von vier Aus­schüssen (Bayern, Bund) haben mitt­ler­weile Abschluss­be­richte vor­ge­legt. Die darin zu Tage getre­tenen Behin­de­rungen, Erin­ne­rungs­lü­cken, sowie Akten­schwär­zungen und –ver­nich­tungen, sei­tens diverser Behörden, ließen zum Teil selbst abge­brühte Parlamentarier_innen von zer­störtem Ver­trauen und einer Behin­de­rung der Auf­klä­rung spre­chen.

 

Auch in den Mün­chener NSU-Prozess sollten keine über­schwäng­li­chen Hoff­nungen gesetzt werden, mehr Licht ins Dunkel um das wohl weit mehr als 100 Per­sonen umfas­sende Geflecht aus Unterstützer_innen und Mitwisser_innen zu bringen. Wäh­rend den Hin­ter­blie­benen im Vor­feld noch „rück­halt­lose Auf­klä­rung“ ver­spro­chen wurde, scheint die Neben­klage mit dieser Ziel­set­zung im Gerichts­saal weit­ge­hend unter sich zu sein. Bun­des­an­walt­schaft und der 6. Straf­senat des Münchner Ober­lan­des­ge­richts machten schon zu Beginn des Pro­zesses deut­lich, dass sie mehr an der Bear­bei­tung bzw. Auf­recht­er­hal­tung der zuvor for­mu­lierten Ankla­ge­punkte inter­es­siert sind, als an einer rest­losen Erhel­lung der Umstände, unter denen der NSU Ende der 1990er Jahre ent­stehen und anschlie­ßend 13 Jahre lang unge­hin­dert ope­rieren konnte.

 

Noch ist umkämpft aber zumin­dest nicht unwi­der­spro­chen, zu wel­chen gesell­schaft­li­chen und insti­tu­tio­nellen Kon­se­quenzen das Auf­fliegen des NSU führen wird. Dass sich das zu Tage getre­tene gesell­schaft­liche Ver­sagen im Umgang mit dem Neo­na­zismus und seinen Opfern, auch in Zukunft fort­setzen wird, erscheint jedoch absehbar, sofern Sicher­heits­be­hörden und Law&Order-Fraktion die Deu­tungs­ho­heit über­lassen bleibt. Sie ver­meiden es vom Ras­sismus, seinen gesell­schaft­li­chen Ursa­chen sowie von ihren Ver­stri­ckungen und den Ver­harm­lo­sungen der neo­na­zis­ti­sche Szene zu reden, son­dern spre­chen von man­gelnder Ver­net­zung und feh­lenden Mit­teln der Exe­ku­tive.

 

Umso not­wen­diger erscheint es daher, der kri­ti­schen Gegen­öf­fent­licheit wei­terhin unab­hän­gige Recher­chen zur Ver­fü­gung zu stellen, sich in Dis­kurse ein­zu­mi­schen und im Kampf um die Deu­tungs­ho­heit noch nicht geschlagen zu geben.

 

[1] „NSU-Spuren nach Berlin“, taz, 20. Februar 2012
[2] „Wissen schützt vor Terror nicht?“, Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt, 10. Juli 2012
[3] fight.back 02 — Antifa-Recherche Berlin, Mai 2003, S.10
[4] „Thü­ringer Staats­kasse finan­ziert NPD-Aufmärsche“, Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt, 29. August 2001
[5] „Ich war nur der Bote“, Spiegel Online, 22. März 2012

[6] fight.back 05 — Antifa-Recherche Berlin-Brandenburg, April 2013, S.30

[7] ebd.

[8] „Nazi-Terrorgruppe könnte Mord in Berlin begangen haben“, Tages­spiegel, 10. Januar 2012
[9] „Exklusiv für diesen Gemein­schafts­ton­träger wurden von den bekann­testen Ber­liner Bands aus der Reichs­haupt­stadt ins­ge­samt 11 Lieder rund um Frauen, Bier und Poli­zei­t­error auf­ge­nommen. Kurz: Die Ant­wort auf staat­liche Repres­sion“, Ankün­di­gung auf der Inter­net­seite von „Spree­ge­schwader“, Zitiert nach „Rechts­ex­tre­mis­ti­sche Musik“, Bro­schüre der Senats­ver­wal­tung für Inneres und Sport — Abtei­lung Ver­fas­sungs­schutz (2. Auf­lage), 2007, S.8
[10] „Blood&Honour : NSU-Helfer in Sachsen“, Antifa Recherche Team, 31. Janaur 2012
[11] Aus­sage der Sach­ver­stän­digen Andrea Röpke vor dem NSU-Untersuchungsausschuss Bayern, S. 33
[12] Urteil im „Landser“-Verfahren: Az. (2) 3 StE 2/02 – 5 (1) (2/02), Kam­mer­ge­richt Berlin, 22. Dezember 2003, . 105
[13] „Die »Van­dalen« – Neo­nazis mit »Rocker«-Habitus“, Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt, 12. März 2005
[14] „Bendix Wendt meldet sich zurück“, Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt, 20. Oktober 2002
[15] „Hin­weise auf lau­fendem Band“, Neues Deutsch­land, 20. April 2013
[16] „André und Maik Eminger: Das Helfer-Duo des Terror-Trios“, gamma — anti­fa­schis­ti­scher News­flyer für Leipzig und Umge­bung, 16. Juli 2012
[17] „Döner-Killer-Lied: Rechts­ro­cker bekommt Bewäh­rungs­strafe“, Spiegel Online, 15. Oktober 2012
[18] „»Ham­mer­skins« — Eli­täre Neo­na­zi­struktur im Hin­ter­grund“, Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt, 5. Dezember 2011
[19] „NSU-Kumpane am Neckar“, Lud­wigs­burger Kreis­zei­tung, 22. November 2013
[20] „Profis, Geld und Sub­kultur“, Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt, 12. Dezember 2003
[21] „André und Maik Eminger: Das Helfer-Duo des Terror-Trios“, gamma — anti­fa­schis­ti­scher News­flyer für Leipzig und Umge­bung, 16. Juli 2012
[22] „Von „Piatos“ Fahr­dienst­leister zum Behör­den­leiter – Die Ver­neh­mung des Gor­dian Meyer-Plath“, NSU WATCH, 18. April 2013
[23] Urteil im „Landser“-Ver­fahren: Az. (2) 3 StE 2/02 – 5 (1) (2/02), Kam­mer­ge­richt Berlin, 22. Dezember 2003, S. 59 ff.
[24] „NSU-Spuren nach Berlin“, taz, 20. Februar 2012
[25] „Suche nach rechten Ter­ror­hel­fern“, taz, 25. Januar 2012

 

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" Als die Ber­liner Polizei im September 2002...rund 200 Neo­nazis kontrollierte...befanden sich unter den Anwesenden...Rechtsterrorist Marcus Bischoff...Maik Eminger...André Eminger "

 

Ich kann die besagten Teilnehmer nicht in den Links 14-16 finden.

Antifa Recherche erschöpft sich nicht im Zusammensuchen bereits veröffentlichter Informationen. Eigene Beobachtungen spielen können dabei ebenso eine Rolle spielen, wie nicht öffentliche Kanäle und Materialsammlungen. Daher bleibt der Leserschaft letztendlich nichts übrig, als die Informtationen zu glauben oder halt in Frage zu stellen. Journalist_innen, Beratungsstellen und andere Interessierte, die auf "Quellensicherheit" gesteigerten Wert legen, verfügen zudem über eiegene Möglichkeiten, Antifa-Angaben z.B. durch Anfragen bei Institutionen zu verifizieren.

 

Dass André Eminger sich während der Razzia unter den Gästen befand, steht so nirgends geschrieben.