Rosa&Karl - Demonstration und Veranstaltungswoche 2014

Rosa & Karl 2014

Im Folgenden der Aufruf des Rosa&Karl-Bündnis zur Demonstration am 12. Januar 2014.

Der Demonstration voran geht eine Veranstaltungswoche, die sich mit den Themenschwerpunkten der diesjährigen Demonstration, also dem Umgang mit linker Geschichte und dem Anspruch an linkes Gedenken, dem Verhältnis der Linken zum Staat und dem Spartakusaufstand, sowie mit Stalinismus und Realsozialismus und der Geschichte der Arbeiter_innenbewegung beschäftigt.

 

Den Aufruf gibt es auch in einer Kurzversion.

 

Los geht die Demonstration in diesem Jahr vom Potsdamer Platz, ab 11:00 Uhr am 12. Januar 2014.

 

 

„Fragend blicken wir zurück. Fragend schreiten wir voran.“

Die Ab­schaf­fung aller Herr­schaft haben die Kom­mu­nis­t_in­nen ver­spro­chen. Und so­lan­ge sie er­in­nert wer­den, wer­den sie nie mehr auf­hö­ren, es ver­spro­chen zu haben. (Bini Adam­cz­ak)

Die Er­in­ne­rung an be­stimm­te his­to­ri­sche Ent­wick­lun­gen und ihre Ana­ly­se sind be­deu­ten­der Teil „lin­ker“ Be­we­gun­gen. Je nach ge­schichts­phi­lo­so­phi­schem An­satz er­füllt hier­bei die Aus­ein­an­der­set­zung mit Ge­schich­te ganz un­ter­schied­li­che Funk­tio­nen. Vor über einem Jahr haben wir uns als „Rosa&Karl“ – Bünd­nis in den Dis­kurs um das Er­in­nern an die Er­mor­dung von Rosa Lu­xem­burg und Karl Lieb­knecht hin­ein be­ge­ben. Im Ja­nu­ar 2013 fand eine al­ter­na­ti­ve Ak­ti­ons­wo­che und De­mons­tra­ti­on zum Ge­den­ken an die Kämp­fe der Jahre 1918/19 statt. Wir wol­len auch wei­ter­hin un­se­ren An­spruch an Ge­schichts­er­zäh­lun­gen deut­lich ma­chen.

Dafür scheint es uns not­wen­dig, zu­nächst die Funk­ti­on von Ge­schich­te für Staa­ten zu un­ter­su­chen, denn genau die gibt uns einen Hin­weis auf eine an­de­re, eman­zi­pa­to­ri­sche Form der Er­zäh­lung. Ge­schich­te wie sie uns in der Schu­le ver­mit­telt wird, aber auch wie sie im Be­wusst­sein der meis­ten Men­schen ver­an­kert ist, ab­ge­se­hen von den Fou­cault nach­ei­fern­den Ge­schichts­wis­sen­schaft­ler*innen, ist eine na­tio­na­le Fort­schritts­ge­schich­te. Dabei wer­den Brü­che, Mo­men­te des Auf­be­geh­rens, selbst Ka­ta­stro­phen wie die Shoah, in eine li­nea­re Ge­schichts­er­zäh­lung ge­presst und ent­we­der durch Ab­gren­zung oder Iden­ti­fi­ka­ti­on ver­ein­nahmt.

Am Ende steht die un­ver­meid­li­che Be­haup­tung, dass eben diese An­ein­an­der­rei­hung will­kür­li­cher Er­eig­nis­se ei­ner­seits not­wen­dig de­ter­mi­niert war und sich an­de­rer­seits schluss­end­lich zur best­mög­li­chen Form ent­wi­ckelt hat (in un­se­rem Fall also die BRD). Dabei wer­den selbst so of­fen­sicht­li­che Brü­che wie die 1918/19er Be­we­gung oder die 68er unter der Vor­ga­be die alten Pro­ble­me wären ja ge­löst und die „hät­ten es halt nur ein biss­chen über­trie­ben“ ein­ge­mein­det. Das Teile die­ser Be­we­gun­gen in sol­chen Mo­men­ten je­doch mehr for­der­ten, näm­lich die Ge­sell­schaft der Frei­en und Glei­chen, steht sel­ten im Focus der Ge­schichts­er­zäh­lung. Un­se­re Auf­ga­be muss es sein ve­he­ment dar­auf hin zu wei­sen. Al­ler­dings er­gibt sich genau aus die­sem An­spruch die Frage des Wie, auch wenn das Warum zu­min­dest schon teil­wei­se ge­klärt zu sein scheint.

Eine der Ant­wor­ten, die His­to­ri­ker*innen im Re­al­so­zia­lis­mus gaben, war der Ge­gen­my­thos. So wie die BRD eine Fort­schritts­ge­schich­te schrieb, wur­den etwa in der DDR linke Nie­der­la­gen als not­wen­di­ge Schrit­te zum Re­al­so­zia­lis­mus um­ge­deu­tet. Diese Art der Ge­schichts­er­zäh­lung, die lei­der auch nach 1990 in der Lin­ken weit ver­brei­tet ist, bleibt ge­nau­so li­ne­ar und ver­ein­nah­mend wie die Na­tio­nal­ge­schich­te. Der Wunsch der bür­ger­li­chen Ge­schichts­er­zäh­lung etwas ent­ge­gen zu set­zen führt hier dazu, so­ge­nann­te „re­vo­lu­tio­nä­re“ Kämp­fe in der Ge­schich­te un­ab­hän­gig von ihren tat­säch­li­chen Zie­len oder voll­kom­me­nen Un­ab­hän­gig­keit von­ein­an­der als eine lange Reihe glei­cher Kämp­fe zu be­grei­fen. An deren Ende steht die je­wei­li­ge Grup­pe, Be­we­gung oder Demo, die sich aus die­ser un­kri­ti­schen Über­iden­ti­fi­ka­ti­on selbst le­gi­ti­miert.

Diese Iden­ti­fi­ka­ti­on macht un­kri­tisch, so­wohl der Ver­gan­gen­heit, als auch sich selbst ge­gen­über. Da­ge­gen wol­len wir eine Be­trach­tung lin­ker Nie­der­la­gen (denn lei­der leben wir noch nicht in der be­frei­ten Ge­sell­schaft) set­zen, die Un­ter­schie­de his­to­ri­scher Pra­xen, Pro­ble­me und Ana­ly­sen auf­zeigt. Es geht weder darum sich in eine lange Ah­nen­rei­he zu stel­len, noch ein­fach zu über­neh­men, was an­de­re ge­dacht haben. Der Maß­stab der Ge­schichts­be­trach­tung wird die For­de­rung nach Be­frei­ung, doch gleich­zei­tig soll­te das auch Maß­stab der ei­ge­nen Pra­xis sein. Ge­den­ken heißt für uns also der kri­ti­sche Blick in die Ver­gan­gen­heit, der uns zur Kri­tik der ei­ge­nen Pra­xis ver­hilft.

Doch die Er­kennt­nis, dass die Be­frei­ung ge­for­dert wurde, je­doch nicht um­ge­setzt wurde, ist auch eine Mo­ti­va­ti­on. Wir ver­su­chen Ge­schich­te als un­de­ter­mi­niert zu be­grei­fen und somit ist jede Nie­der­la­ge im Kampf um Be­frei­ung ein wei­te­rer Mo­ment in der sie mög­lich er­schien (war?). Ka­pi­ta­lis­mus, Pa­tri­ar­chat und Ras­sis­mus sind keine his­to­ri­schen Zwangs­läu­fig­kei­ten. Die Be­frei­ung von al­le­dem wurde ver­spro­chen und ver­sucht um­zu­set­zen. Es soll­te uns also ver­dammt wü­tend ma­chen uns immer noch in die­sen ge­sell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen vor zu fin­den.

 

Zwischen Lassalle und Stalin – Der Etatismus der Linken

Die Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Ver­hält­nis der Ar­bei­ter*in­nen­be­we­gung zu Staat, Na­ti­on und Ka­pi­tal ei­ner­seits und ihrem Schei­tern an­de­rer­seits muß auch die Schrif­ten von Rosa Lu­xem­burg und Karl Lieb­knecht mit ein­be­zie­hen. Die zwei fun­da­men­ta­len Feh­ler wei­ter Teile der Ar­bei­ter*in­nen­be­we­gung be­ste­hen bis heute in einer un­zu­rei­chen­den Ka­pi­tal­kri­tik, die zwar von Ka­pi­tal redet, aber nur die Zir­ku­la­ti­ons­sphä­re meint, sowie in einer Fehl­ein­schät­zung des Ver­hält­nis­ses von Pro­duk­ti­on, Markt und Staat. Staat­lich­keit ist immer die Ver­wal­tung von Herr­schaft. Wir wol­len nicht durch den Kampf um Be­frei­ung über den So­zia­lis­mus zur Na­ti­on.

Wir sehen uns noch heute mit zahl­rei­chen so­zia­lis­ti­schen Ver­su­chen kon­fron­tiert, die den mo­der­nen Na­tio­nal­staat nicht als Ga­rant der ka­pi­ta­lis­ti­schen Ord­nung ver­ste­hen, des­sen Herr­schaft es zu über­win­den gilt, son­dern die einem „so­zi­al­staat­li­chen Fe­tisch“ er­lie­gen.

Die ei­ge­ne Ver­stri­ckung und die struk­tu­rel­le Schwie­rig­keit eman­zi­pa­to­ri­scher Pra­xis wird über­gan­gen, indem die bür­ger­li­che Ka­te­go­rie des (Na­tio­nal-​)Staa­tes po­si­tiv be­setzt wird: Aus dem Aus­blei­ben einer his­to­ri­schen Kri­tik des Staa­tes „an sich“ re­sul­tiert der Irr­glau­be an einen „guten“, d.h. in die­sem Fall einen so­zia­lis­ti­schen, Staat.

In der So­wjet­uni­on und ihren „Brü­der­staa­ten“ re­sul­tier­te dies in einem au­to­ri­tä­ren, il­li­be­ra­len und dog­ma­ti­schen So­zia­lis­mus­mo­dell, des­sen Uto­pis­mus aus einem ver­meint­lich ob­jek­tiv-​wis­sen­schaft­lich ana­ly­sier­ba­ren Lauf der Ge­schich­te ge­speist wurde. Weil ein sol­ches auf My­then ge­bau­tes Mo­dell nur sta­bil blei­ben kann, wenn es Kri­ti­ker*innen der Staats­dok­trin aus­ge­schal­tet und Wi­der­spruch so ver­un­mög­licht wird, muss es der Frei­heit von In­di­vi­du­en und wirk­li­cher Eman­zi­pa­ti­on per De­fi­ni­ti­on ge­walt­tä­tig ge­gen­über­ste­hen.

Das an­de­re bis heute wirk­mäch­ti­ge Mo­dell eines staat­li­chen So­zia­lis­mus ist der so­zi­al­de­mo­kra­ti­sche Staat. Wäh­rend mar­xis­ti­sche So­zi­al­de­mo­krat*innen wie vor allem Lu­xem­burg und Lieb­knecht ein­se­hen konn­ten, dass Staat­lich­keit eine not­wen­di­ge Kom­po­nen­te bür­ger­lich-​ka­pi­ta­lis­ti­scher Herr­schaft ist, setz­te sich schon bald nach Grün­dung der SPD-​Vor­läu­fer­or­ga­ni­sa­tio­nen eine Ideo­lo­gie durch, deren Hoff­nung stark auf die Er­rich­tung eines „guten“ „Volks­staa­tes“ (Las­sal­le) grün­de­te. Re­vo­lu­tio­nä­re Kon­zep­te, die spä­tes­tens in den 1920er-​Jah­ren ihre prak­ti­sche Re­le­vanz ver­lo­ren, wur­den von re­for­mis­ti­schen Pro­gram­men ver­drängt, wo­nach es gelte, in­ner­halb der be­ste­hen­den staat­li­chen Struk­tu­ren zu wir­ken und, stets im Ver­trau­en auf den Fort­schritt in der Ge­schich­te, den So­zia­lis­mus par­la­men­ta­risch und mit Hilfe bür­ger­li­cher In­stru­men­te zu rea­li­sie­ren. Eine Re­fle­xi­on der ei­ge­nen Mög­lich­kei­ten ra­di­ka­ler po­li­ti­scher Pra­xis ver­lor schnell an Re­le­vanz, die So­zi­al­de­mo­kra­tie rich­te­te sich so im ka­pi­ta­lis­ti­schen Na­tio­nal­staat ein und re­pro­du­ziert bis heute sys­te­mi­sche Ge­walt­tä­tig­kei­ten in ihrer Ent­wick­lung, wie ein Blick auf die Po­li­tik von so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Re­gie­run­gen in Deutsch­land zeigt.

Kommt es zu einer lin­ken Kri­tik an Staat und Na­ti­on, wer­den oft le­dig­lich be­stimm­te Staats­for­men oder aus­ge­wähl­te Na­tio­nal­staa­ten (wie z.B. der „im­pe­ria­lis­ti­sche“ Staat) oder auch nur ein­zel­ne na­tio­na­le Re­gie­run­gen an­ge­grif­fen. Eine solch ver­kürz­te Form der Aus­ein­an­der­set­zung mit staat­li­cher Herr­schaft geht ein­her mit einer Kon­zen­tra­ti­on auf ein­zel­ne Ak­teur*innen als „Cha­rak­ter­mas­ken“ ka­pi­ta­lis­ti­scher Struk­tu­ren, die zwar Sym­pto­me eines Sys­tems sind, hier aber viel­mehr zur Ur­sa­che von Miss­stän­den er­klärt wer­den. Staa­ten wie z.B. die USA sind in sol­chen Welt­bil­dern nicht mehr ein staat­li­cher Ak­teur, der wie alle an­de­ren Sys­tem­zwän­gen folgt, son­dern als „Im­pe­ria­list“ quasi qua Cha­rak­ter „böse“ und Ur­he­ber von glo­ba­len Kri­sen wie Krieg, Armut, Aus­beu­tung. Eine wirk­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit den kri­sen­haf­ten Struk­tu­ren des Ka­pi­ta­lis­mus, die abs­trakt und über­in­di­vi­du­ell bzw. im staat­li­chen Kon­text: in­ter­na­tio­nal sind, bleibt aus.

Ge­ra­de die­ser Man­gel an kri­ti­scher Aus­ein­an­der­set­zung um Ka­pi­ta­lis­mus und Staat als sol­che, führt zu ver­klä­ren­den Vor­stel­lun­gen und nimmt not­wen­di­ger­wei­se jeder ra­di­ka­len Kri­tik an der be­ste­hen­den Herr­schaft die Spit­ze.

 

Wer hat uns verraten…1918/1919

Ende Ok­to­ber 1918 ver­wei­gern deut­sche Mat­ro­sen den Be­fehl zu einer letz­ten, für sie nicht zu ge­win­nen­den, Schlacht gegen Eng­land aus­zu­lau­fen. Sie sehen das in Aus­sicht ge­stell­te Ende des Krie­ges und die Waf­fen­still­stands­ver­hand­lun­gen in Ge­fahr. Diese Wei­ge­rung führt zum Ende der Kriegs­hand­lun­gen und zum Waf­fen­still­stand. Aus den Meu­te­rei­en ent­wi­ckelt sich der Kie­ler Mat­ro­sen­auf­stand. Der ver­lo­re­ne Krieg be­deu­tet für die da­ma­li­ge deut­sche Re­gie­rung einen her­ben Le­gi­ti­ma­ti­ons­ver­lust. Die Meu­te­rei der Sol­da­ten und die Un­zu­frie­den­heit mit der Re­gie­rung und den Ver­hält­nis­sen kul­mi­nie­ren in der No­vem­ber­re­vo­lu­ti­on.
Der gro­tes­ke Hö­he­punkt ist die zwei­fa­che Aus­ru­fung der Re­pu­blik am 9. No­vem­ber 1918. Auf einem Bal­kon des Reichs­ta­ges ruft der SPD­ler Schei­de­mann die Re­pu­blik aus. Bei­na­he zeit­gleich ruft Karl Lieb­knecht die so­zia­lis­ti­sche Re­pu­blik aus. Schei­de­mann geht es um eine Wie­der­her­stel­lung der Ord­nung und einer Be­ru­hi­gung der Lage. Lieb­knecht da­ge­gen for­dert ge­mein­sam mit den strei­ken­den Ar­bei­ter*innen und Sol­da­ten mehr: Die Ok­to­ber­re­vo­lu­ti­on in Russ­land hat der vagen Hoff­nung auf eine so­zia­lis­ti­sche Ge­sell­schaft Ge­stalt ver­lie­hen.
Deutsch­land und Eu­ro­pa be­fin­den sich also an einem ge­schicht­li­chen Schei­de­weg, der mit den Wor­ten von Rosa Lu­xem­burg als „So­zia­lis­mus oder Bar­ba­rei“ cha­rak­te­ri­siert wer­den kann. Die SPD über­nimmt die Füh­rung in den sich teil­wei­se schon vor Kriegs­en­de ge­grün­de­ten Ar­bei­ter-​ und Sol­da­ten­rä­ten und kann damit den Weg in die Wei­ma­rer Re­pu­blik ebnen. Zuvor je­doch pak­tiert sie mit den na­tio­na­len Kräf­ten und Frei­korps, um die linke Op­po­si­ti­on un­schäd­lich zu ma­chen: Die Köpfe der erst an Sil­ves­ter 1918 ge­grün­de­ten KPD, Rosa Lu­xem­burg und Karl Lieb­knecht, wer­den auf den Be­fehl des SPD­lers Gus­tav Noske am 15. Ja­nu­ar im Tier­gar­ten von Frei­korps er­schos­sen.
In der Folge ihrer Er­mor­dung spitz­te sich der Ja­nu­ar­auf­stand in den Aus­ru­fun­gen der Rä­te­re­pu­bli­ken von Bre­men bis Mün­chen zu. Noch ein­mal flamm­te für kurze Zeit der Wi­der­stand gegen den Über­gang zur Ta­ges­ord­nung und die nicht ein­ge­lös­ten Hoff­nun­gen auf einen so­zia­lis­ti­schen Wan­del auf. Das for­ma­le Ende der schon Ende Mai nie­der­ge­schla­ge­nen Kämp­fe bil­de­te die Ver­ab­schie­dung der Wei­ma­rer Ver­fas­sung am 11. Au­gust 1919.

Rosa Lu­xem­burg lehn­te sich so­wohl gegen den Re­vi­sio­nis­mus der So­zi­al­de­mo­kra­tie wie gegen die Avant­gar­de­theo­rie der Bol­sche­wi­ki auf. Sie stand zwi­schen den Stüh­len und bleibt eine zwie­späl­ti­ge Per­son, die so­wohl in der Theo­rie als auch in ihrer Pra­xis für eine be­frei­te Ge­sell­schaft ein­stand. Ve­he­ment stritt sie dafür, „durch re­vo­lu­tio­nä­re Tak­tik zur Mehr­heit“ und zum ei­ge­nen po­li­ti­schen Han­deln zu fin­den. Ohne Eman­zi­pa­ti­on von ka­pi­ta­lis­ti­scher und staat­li­cher Herr­schaft war für Rosa Lu­xem­burg keine Ver­än­de­rung hin zum So­zia­lis­mus denk­bar.

Karl Lieb­knecht setz­te sich früh, und schon da­mals gegen den Wi­der­stand nicht we­ni­ger SPD-​Mit­glie­der, für die Stär­kung der Ju­gend­ver­bän­de ein und grün­de­te 1907 die So­zia­lis­ti­sche Ju­gend­in­ter­na­tio­na­le. In sei­nem ent­schie­de­nen Ein­tre­ten gegen den Ers­ten Welt­krieg und die Burg­frie­dens­po­li­tik der So­zi­al­de­mo­kra­tie ver­ließ er 1916 die SPD, en­ga­gier­te sich im Spar­ta­ku­s­auf­stand und war an der Grün­dung der KPD be­tei­ligt. Was die Be­we­gung um ihn und Rosa Lu­xem­burg aus­zeich­ne­te, waren ihre Ver­su­che, die an­ti­mi­li­ta­ri­sche Stim­mung der Nach­kriegs­wir­ren zu nut­zen und die Ar­bei­ter*in­nen­auf­stän­de zur be­frei­ten Ge­sell­schaft hin zu ra­di­ka­li­sie­ren.

Rosa Lu­xem­burg und Karl Lieb­knecht und mit ihnen der Nie­der­la­ge im Kampf für eine be­frei­te Welt zu ge­den­ken, be­deu­tet des­halb, sich be­wusst zu ma­chen, dass damit eine his­to­ri­sche Chan­ce ver­passt wurde. Ende 1918/ An­fang 1919 be­stand die Mög­lich­keit einer so­zia­lis­ti­schen Re­vo­lu­ti­on in Deutsch­land. Ob sie je­doch im Er­geb­nis eman­zi­pa­to­risch ge­we­sen wäre, ist damit noch nicht aus­ge­macht. Hier mahnt uns die Re­vo­lu­ti­on in Russ­land, die im Er­geb­nis eine der schlimms­ten Dik­ta­tu­ren des 20. Jahr­hun­dert her­vor­ge­bracht hat. Diese Form Ge­schich­te zu be­trach­ten macht uns mutig und vor­sich­tig: Mutig, weil es eben keine Zwangs­läu­fig­keit ist, heute in einer der­art ver­fass­ten Ge­sell­schaft zu leben, vor­sich­tig, weil wir wis­sen, dass neben allen zu er­kämp­fen­den Ver­bes­se­run­gen auch die Ge­fahr be­steht, dass Hoff­nun­gen und Er­war­tun­gen ent­täuscht wer­den.

„Wir müs­sen nichts so ma­chen wie wirs ken­nen, nur weil wirs ken­nen wie wirs ken­nen.“ (Die Ster­ne)

Trotz­dem kann der Kampf jener Be­we­gun­gen nicht un­se­rer sein – zu un­ter­schied­lich sind die Um­stän­de, zu ver­schie­den die Her­aus­for­de­run­gen, zu an­ders Den­ken und Füh­len. Unser An­spruch an ein eman­zi­pa­to­ri­sches Ge­den­ken ist das Er­in­nern an die Wi­der­sprü­che in­ner­halb der Ge­schich­te der Ar­bei­ter*in­nen­be­we­gung. Nur aus der Be­schäf­ti­gung mit ihnen kann eine eman­zi­pa­to­ri­sche Po­li­tik für die Ge­gen­wart her­vor­ge­hen, denn all diese Wi­der­sprü­che zei­gen eines: Es gibt keine ein­fa­che Ge­schich­te, kein sim­ples schwarz und weiß.
Eine „linke“ Hei­li­gen­ver­eh­rung mit über­gro­ßen Por­träts ver­meint­li­cher Iko­nen, un­kri­tisch an­ein­an­der­ge­reiht, passt nicht zu un­se­rer Form des Ge­den­kens. Das ist po­li­ti­sche Re­li­gi­on, zu­tiefst re­ak­tio­när und dog­ma­tisch.

Unser Ge­den­ken – und damit eine ge­sam­te Ver­an­stal­tungs­wo­che und De­mons­tra­ti­on ste­hen im Zei­chen eines Ein­tre­ten für eine bes­se­re Ge­sell­schaft jetzt und hier. Aus­beu­tung und Ar­beits­zwang auf der einen und Mas­sen­ar­beits­lo­sig­keit auf der an­de­ren Seite, nicht ein­ge­lös­te Glücks­ver­spre­chen eines guten Le­bens für alle, Per­spek­tiv­lo­sig­keit bei jun­gen und alten Men­schen, ein auf die Ver­wer­tung so­ge­nann­ter „Hu­man­res­sour­cen“ aus­ge­rich­te­tes Bil­dungs­sys­tem, na­tio­na­ler Wirt­schafts­pro­tek­tio­nis­mus und ein un­so­li­da­ri­sches Eu­ro­pa ge­prägt auch von einer Er­star­kung der Rech­ten und den ras­sis­ti­schen Auf­mär­schen in Ber­lin-​Hel­ler­dorf, Du­is­burg, Schnee­berg… – all dies sind die wi­der­sprüch­li­chen und ra­tio­nal-​ir­ra­tio­na­len ge­sell­schaft­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten des Ka­pi­ta­lis­mus, die weit ent­fernt sind von dem, was wir uns vor­stel­len.

Als Ju­gend­ver­bän­de in der Tra­di­ti­on der Ar­bei­ter*in­nen­ju­gend sind wir nicht be­reit, die men­schen­un­wür­di­gen Be­din­gun­gen, die der Ka­pi­ta­lis­mus schafft, wei­ter hin­zu­neh­men. Wir sind ge­for­dert, auf­zu­ste­hen, uns zu bil­den und zu or­ga­ni­sie­ren, um den be­ste­hen­den Ver­hält­nis­sen eine Welt der Frei­en und Glei­chen ent­ge­gen­zu­set­zen.

 

Wir rufen auf: Kommt zu un­se­ren Ver­an­stal­tun­gen vom 4. – 11. Ja­nu­ar und dis­ku­tiert mit uns! Kommt zu un­se­rer De­mons­tra­ti­on am 12. Ja­nu­ar!

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Hier findet ihr den diesjährigen Mobi-Clip:

http://www.youtube.com/watch?v=PEiNraUXbNQ

Mit Stalinisten, Maos und der gleichen können wir selbst auch meist nicht viel anfangen. Aber mit Menschen, die überall nur einen Spaltpilze reinsetzen wollen, möchten wir persönlich nicht auf einer Demo laufen. Es wäre schön wenn es einen richtigen Ansatz/Auseinandersetzung, oder zumindest alternative geben würde. Da dies nicht besteht und im letzdem Jahr auch auf eurer Demo sehr fragwürdige Gruppen mitgelaufen sind (die wir hier nicht weiter benennen wollen, oder möchten) lehnen wir die offene Einladung ab und gehen zu der altbewärten LL-Demo.

Was sicher für euch und andere leute interessand sein dürfte: Es regt sich langsam der Versuch auf der LL ein libertären Blog zu organisieren. Ein Treffpunkt gab es wohl noch nicht direkt, aber da man mit den Mumia Leuten wohl am meisten anfangen kann, wird man sich wohl ehr in der Nähe sich einreihen. Wir werden sehen falls dies passiert wie dies angenommen wird und sich endwickelt. Da auch auf dem Friedhof z.B. der Gedenkstein der politschen Verfolgte des NS-Regimes liegt, finden wir dort ein Gedenken durchaus wichtig.

Trotzdem viel spass mit eurer Demo

Schwarz/Rote Fahnen vorran

Rote Kämpfer Steglitz/Zehlendorf

 

ps: Bitte den libertären Block nicht mit dem Antifa/Antiautoritären-Block verwechseln.