Wer kann in Zukunft noch einen Rechtsanwalt bezahlen?

Einerseits werden die Gerichts- Notar- und Rechtsanwaltskosten angehoben, andererseits soll die Prozesskostenhilfe deutlich zurückgefahren werden. Dass betrifft vor allem Harz IV- Empfänger, Alleinerziehende, Bezieher von Erwerbsunfähigkeitsrenten und zunehmend Berufstätige, die trotz Arbeit am Existenzminimum leben.

 

Der Bundestag hat beschlossen, dass die Rechtskosten steigen werden. Per Gesetz wurden die Gerichtskosten, die Notars-Gebühren und die Anwaltsgebühren erhöht. Gleichzeitig hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf vorgelegt, dass die Möglichkeiten der Inanspruchnahme der Prozesskostenhilfe sinken: Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung nur, wenn man unter 445 € verdient, keine Prozesskostenhilfe mehr bei sog. geringfügigen Streitwerten (darunter fallen z.B. der Streit um zu niedrig gezahlte  Harz IV Beträge oder Sozialhilfe, Anpassung des Kindesunterhaltes). Die Raten sollen von bisher max. 4 auf 6 Jahre verlängert werden. Zwar ist dieser Gesetzesentwurf jetzt im Bundesrat gekippt worden, aber man kann darauf warten, wie er nach der Bundestagswahl wieder auferstehen wird, weil die Kosten der Prozesskostenhilfe – wegen der o.g. Gebührenanhebung – ja gestiegen sind und der Staat sparen muss.

 

Schon jetzt finden Menschen, die durch Zwangseinweisung und forensische Untersuchung bedroht sind, kaum einen Anwalt, der sie vertritt. Wegen des Aufwandes arbeiten die meisten Anwälte in diesem Bereich nur gegen eine Honorarvereinbarung, d.h. sie wollen deutlich mehr Geld als von der Prozesskostenhilfe vorgesehen ist, dass der Betroffene selbst bezahlen soll.

 

Da durch das Gesetz neben den Rechtsanwalts- und Gerichtskosten auch die Notarkosten steigen, ist damit zu rechnen, dass es zukünftig teurer wird, wenn man eine Patientenverfügung (Patverfü) oder einer Vorsorgevollmacht notariell beglaubigen oder beurkunden lassen will.

 

 

 

Entgegen landläufiger Meinung gibt es schon jetzt keine Prozesskostenhilfe bei Strafsachen. Schon die Akteneinsicht in die Strafakte und deren Besprechung mit dem Anwalt kostet nach der jetzigen Rechtsanwaltsgebührenordnung ca. 350,- €. Einen sog. Pflichtverteidiger erhält der Beschuldigte erst bei Straftaten von erheblichem Gewicht (Verbrechen) oder wenn er in Untersuchungshaft oder Sicherungsverwahrung sitzt. Die Beratungshilfe zahlt nur das Erstgespräch mit dem Rechtsanwalt, ohne Akteneinsicht in die Strafakte ist aber eine sinnvolle Beratung und Verteidigung nicht möglich. Selbst erhält der Beschuldigte keine Einsicht in die Akte, er muss dies über einen Anwalt tun. So ist ihm die Möglichkeit einer sinnvollen Verteidigung genommen.

 

 

Die Prozesskostenhilfe bei sogenannten geringwertigen Beträgen zu streichen ist besonders makaber: gerade für Menschen mit niedrigem Einkommen sind 10-€  oder 20,- € mehr oder weniger im Monat viel und haben eine andere Bedeutung, als bei einem monatlichen Einkommen von 3.000,. €. Würden die Behörden sorgfältig arbeiten und den Harz IV Betrag korrekt berechnen, wären die vielen diesbezüglichen Klagen nicht notwendig.

 

KapMuG-Stellungnahme-vzbv-2012-04-20.

Bundestag verabschiedet Erhöhung der Gerichtskosten ... - Check24

www.check24.de

 

www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/hartz-iv-faktisch-keine-pro

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Beschuldigte im Strafverfahren haben sehr wohl das Recht die Akte einzusehen. Siehe §147StPO, Rechtsprechung des EGMR. Inzwischen haben dass auch die meisten Gerichte kapiert....

Ich schließe mihc dem vorherigen Kommentar an, Akteneinsicht ist auchz ohne Anwalt/ Anwältin machbar. Wenn ein einfacher Antrag abgelehnt wird, dann ist folgender text in den meisten Fällen ausreichend, um die Gerichte zum einlenken zu bewegen:

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
Mit Schreiben vom xyz teilen Sie mir mit, ich hätte kein Akteneinsichtsrecht. Die aktuelle
Rechtsprechung spricht aber auch nicht verteidigten Beschuldigten umfangreiches
Akteneinsichtsrecht zu. Ich möchte mehrere Quellen angeben, die meine Rechtsauffassung und
meinen Rechtsanspruch auf Aktenkenntnis stützen:
1. In seinem Beschluß 3 Ws 41/05 zum Verfahren 501 Js 19696/02 hat das
Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 26.1.05 die Beiordnung eines Rechtsanwaltes
für einen Angeklagten abgelehnt mit der Begründung, dass für die Akteneinsicht kein
Rechtsanwalt notwendig sei. Auszug aus dem Beschluss: „Der Umstand, dass der
Angeklagte nur über einen Rechtsanwalt Akteneinsicht nehmen kann, rechtfertigt
ebenfalls keine andere Entscheidung. Insoweit sieht § 147 VII StPO die Möglichkeit vor,
dem nicht anwaltlich vertretenen Angeklagten Abschriften aus der Akte zu erteilen.“
Diese Formulierung ist nur dann in sich schlüssig, wenn die Abschriften auch erteilt
werden.
2. Akteneinsicht für Beschuldigte
Im Strafverfahren wird die Akteneinsicht dadurch behindert, dass oft nur Rechtsanwälte
für einen Beschuldigten Akten einsehen dürfen, der Beschuldigte selbst jedoch nicht.
Somit sind Beschuldigte, um ihr Grundrecht auf Akteneinsicht geltend zu machen, zur
Bezahlung eines Rechtsanwalts verpflichtet, selbst wenn der Tatvorwurf haltlos ist. Die
Verweigerug der Akteneinsicht gilt als Verweigerung des Grundrechts auf rechtliches
Gehör, denn erst diese ermöglicht es überhaupt, präzise Antworten zum Tatvorwurf und
entsprechende Anträge zu stellen.
Dem Beschuldigte, der keinen Anwalt hat, können Auskünfte und Abschriften aus der
Akten erteilt werden.
Am 22. Oktober 1998 hat das Landgericht Mainz entschieden, dass die Verweigerung
der Akteneinsicht für Beschuldigte im Widerspruch zu einer Entscheidung des
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte steht. Daraufhin verabschiedete der
Bundestag das StVÄG 1999 (BGBl. I 2000 S. 1253) um auch Akteneinsicht ohne Anwalt
zugänglich zu machen.
Am 13. März 2003 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden,
dass das Recht auf Akteneinsicht im Allgemeinen nicht auf Verteidiger beschränkt
werden darf. Zumindesten jedem Angeklagten müssen die Akten spätestens vor der
Hauptverhandlung zugänglich sein.
3. Auszüge aus Stephan Schlegel, „Das Akteneinsichtsrecht des Beschuldigten im
Strafverfahren“ in HRRS Dez. 2004, S. 411 ff.):
Eine wirksame Verteidigung - auch durch den Beschuldigten selbst - ist mithin nur
denkbar, wenn dieser die ihm zur Last gelegten Umstände kennt, er weiß worauf sich
der Vorwurf gründet und welche Beweismittel vorhanden sind (BGHSt 29, 99; SK-StPO-
Wohlers § 147, 1; LR-Lüderssen § 147, 1; KK-StPO-Laufhütte § 147, 1), wenn somit
eine ausreichende breite Informationsgrundlage besteht. Dabei ist der Beschuldigte aber
auch darauf angewiesen, möglichst frühzeitig Informationen über die vorliegenden
Beweisstücke zu erhalten, um seine Verteidigung selbst oder mit seinem Verteidiger
umfassend vorzubereiten und ggf. Beweismittel beschaffen zu können (Vgl. EGMR v.
12.3.2003, Öcalan vs. Türkei, Reports 2003, § 160 ff. = EuGRZ 2003, 472, 481; KK-
StPO- Laufhütte § 147, 1).
Der Zugang zu den Akten im Strafverfahren ist somit eine notwendige Bedingung für die
effektive Wahrnehmung von Beschuldigtenrechten: Ohne sie ist ein am Prinzip der
Waffengleichheit orientiertes faires Verfahren nicht denkbar ( Vgl. insoweit auch zur
Rechtsprechung des EGMR, der den Offenlegungsanspruch bzw. das Recht auf
Akteneinsicht als konstitutive Erfordernisse der Waffengleichheit und des rechtlichen
Gehörs anerkennt m.w.N. Gaede HRRS 2004, 44 ff.).
Fazit
Das Recht des unverteidigten Beschuldigten nach § 147 VII StPO steht seiner
Zweckbestimmung nach dem Recht des verteidigten Beschuldigten auf Akteneinsicht
über seinen Verteidiger nach § 147 I StPO gleich. Der unverteidigte Beschuldigte hat,
wegen seines Rechtes auf Selbstverteidigung (Art. 6 III lit. b EMRK), einen Anspruch
darauf, die Inhalte der Ermittlungsakten in gleichem Umfang nutzen zu können, wie der
verteidigte Beschuldigte. Unter bestimmten Voraussetzungen hat somit auch der
verteidigte Beschuldigte einen Anspruch auf unmittelbaren, d.h. nicht durch einen
Verteidiger vermittelten, Zugang zu den Akten.
4. Im Kommentar von Kleinknecht/Meyer-Goßner zur Strafprozessordnung heißt es zum
Paragraph 147 klipp und klar (Rd.Nr. 4):
„Dem Beschuldigten selbst können jedoch Auskünfte und Abschriften aus den Akten
erteilt werden, soweit nicht der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte und nicht
überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen (VII; vgl auch schon LG
Ravensburg NStZ 96, 100). Zur Gefährdung des Untersuchungszwecks vgl unten 25;
bei schutzwürdigen Interessen Dritter ist insbesondere an die Wahrung der Intimsphäre
Dritter, an den Schutz gefährdeter Zeugen und an den Schutz von Geschäfts- und
Betriebsgeheimnissen zu denken (BT-Drucks 14/1484 S. 22). Die Akten dürfen dem
Beschuldigten grundsätzlich nicht überlassen werden. Kann er sich ohne vollständige
Aktenkenntnis nicht hinreichend verteidigen, so ist ihm ein Pflichtverteidiger beizuordnen
(27 zu § 140); ist das wegen des geringfügigen Vorwurfs untunlich, muß die
Akteneinsicht gewährt werden (EGMR NStZ 98, 429 mit zust Anm Deumeland; zu den
Auswirkungen dieser Entscheidung auf das Akteneinsichtrecht des Beschuldigten
allgemein Böse aaO und Haass NStZ 99, 442).“
Aus all dem ist erkennbar, dass der von mir vorgebrachte Antrag auf Akteneinsicht
begründet war und der Rechtslage entspricht. Demgegenüber ist die Nichtgewährung
meines Antrags ein Rechtsbruch und eine massive, willentliche Einschränkung meiner
Verteidigungsfähgikeit. Ich wiederhole daher nochmals meinen Antrag auf Akteneinsicht.
Mit freundlichen Grüßen,