CriticalWhiteness und das NoBorderCamp

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Nach dem clash auf dem No-Border-Camp in Köln befindet sich die Linke hierzulande in einer entscheidenden Debatte um die Konzepte "Critical Whiteness" und "Definitionsmacht". Endlich! Da jedoch die bisherigen Darstellungen der Ereignisse auf dem Camp und auch die inhaltliche Debatte (s. bspw. jungle world vom 2.8 und 9.8.) uns bis jetzt als sehr einseitig erscheinen, wollen wir hier einen kritischen Beitrag zu dieser Auseinandersetzung leisten. Unser Ziel ist es die notwendige Diskussion über Machtstrukturen in einer mehrheitlich /weißen/ Bewegung aufrecht zu erhalten und kämpferisch zu führen. Weil wir Rassismus nur gemeinsam bekämpfen können, wenn /weiße/ Aktivist*innen bereit sind ihre eigene Position im Kontext von Rassismus kritisch zu reflektieren.

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Critical_whiteness
 http://de.wikipedia.org/wiki/Person_of_color

+++ Nach dem No Border Camp Köln 2012 +++


Kritik an anti-emanzipatorischen Debatten um Critical Whiteness und Definitionsmacht
(Erstveröffentlichung http://de.indymedia.org/2012/08/333635.shtml 12.8.12)
Wie einige von euch wahrscheinlich bereits gehört haben, kam es auf dem diesjährigen No Border Camp in Köln zu weitreichenden Konflikten unter den Teilnehmenden. Die Auseinandersetzung hat zum Teil eine Vorgeschichte im Vorbereitungsprozess, wo radikale Kritik an /weißer/ (1) Dominanz in den internen Strukturen bereits circa sechs Wochen vor dem Camp verstärkt geäußert wurde. Schon zu diesem Zeitpunkt stieß die Kritik auf Widerstand. Einige mehrheitlich /weiße/ Gruppen und Einzelpersonen kündigten ihr Fernbleiben vom Camp an bzw. traten von Aufgaben zurück, um gegen Form und Inhalte der Kritik zu protestieren. Außerdem wurde ein Veto gegen einen Text eingelegt, den die für das Camp-Programm verantwortliche Choreo-AG an die Anbieter*innen von Workshops auf dem Camp verschickte. Der Text machte die interne Auseinandersetzung mit den Widersprüchen, Schwierigkeiten und Möglichkeiten eines Engagements von /Weißen/ gegen Rassismus transparent und rief dazu auf, ihre eigene gesellschaftliche Positioniertheit beim Sprechen über Rassismus zu reflektieren. Nach dem Veto wurde der Text nicht weiter verschickt.

Auf dem Camp eskalierte der Konflikt. Als beim Auftaktplenum zum Critical Whiteness Workshop-Tag am Montag eine radikale Gesamtkritik der Zustände auf dem Camp (u.a. an /weißen/ Dominanzstrukturen) geäußert wurde, kam es zu aggressiven Zwischenrufen und Störversuchen seitens einer /weißen/ Aktivist*in. Die Stimmung auf dem Camp haben besonders wir nicht-/weißen/ Mit-Autor*innen ab diesem Zeitpunkt als gereizt und angespannt erlebt.

Unabhängig von den genannten Spannungen kam es im weiteren Verlauf des Camps zu mehreren rassistischen Grenzüberschreitungen. Einige der Vorfälle ereigneten sich innerhalb eines Workshops zum Thema „Widerstand gegen sexistische und rassistische Diskriminierung“, der von der migrantischen Frauen-Organisation Agisra angeboten wurde, und bei dem mehrheitlich /weiße/ Aktivist*innen anwesend waren. Anstatt den Workshop wie geplant am Donnerstag in der gleichen Weise noch einmal anzubieten und somit in Kauf zu nehmen, dass sich die geschehene rassistische und heterosexistische Gewalt wiederholt, machten die Betroffenen (2) und ihre Unterstützer*innen in Absprache mit der Choreo-AG und Agisra anstelle des Workshops ein Angebot für eine kollektive Aufarbeitung der auf dem Camp geschehenen rassistischen Gewalt. In zwei Statements äußerten sie sich zu den Vorfällen aus dem ersten Workshop. Dabei betonten sie, dass es nicht darum geht, die Verantwortung auf Agisra zu verschieben. Stattdessen richteten sie ihre Kritik gegen die /weißen/ Dominanzstrukturen auf dem Camp, die es erst möglich machten, dass sich /Weiße/ rassistisch äußern konnten, ohne dass dies Folgen für sie hatte und dass die offen geäußerte Kritik der Betroffenen daran im Workshop vollständig ignoriert werden konnte. Daraufhin schlugen die Betroffenen eine gemeinsame Diskussion darüber vor, was das gesamte Camp dafür tun könne, damit sich rassistische Gewalt nicht in der gleichen Weise wiederholt. Noch bevor die Diskussion begann, kam es zwischen einer der Betroffenen und einer Vertreter*in von Agisra zu einem Konflikt, mit dem jedoch in einer extra eingelegten Pause gemeinsam ein konstruktiver Umgang gefunden werden konnte. Obwohl die Betroffenen, die Unterstützer*innen und die Vertreter*in von Agisra durchaus in der Lage waren, den Konflikt untereinander auszutragen, kam es bereits in der Pause unter den Wartenden zu einer Stimmungsmache gegen die Betroffenen und ihre Unterstützer*innen. Während der Pause stießen viele neue Interessierte dazu. Die neue Zusammensetzung des Plenums war geprägt von einer deutlich anderen, aggressiveren Stimmung. Auch nach dieser Pause konnte die Diskussion nicht aufgenommen werden, da sich das Plenum nicht darauf einigen konnte, den Gesprächsrahmen zu akzeptieren, den die Betroffenen sich für die von ihnen angebotene Diskussion wünschten. So wurde der vorgeschlagene Austausch um gemeinsame Strategien gegen rassistische Gewalt und /weiße/ Dominanz auf dem Camp durch eine aggressiv geführte Debatte verunmöglicht, die sich um das Stopp-Zeichen drehte (ein Handzeichen, auf das sich der Vorbereitungskreis geeinigt hatte und das Betroffenen erlaubt bei rassistischer oder sexistischer Grenzverletzung den diskriminierenden Redebeitrag abzubrechen:  http://noborder.antira.info/stop-zeichen/). Den Teilnehmenden des Camps gelang es weder im Rahmen des Diskussionsangebots der Betroffenen noch danach, einen kollektiven, verantwortlichen und parteilichen (3) Umgang mit den Vorfällen rassistischer Gewalt auf dem Camp zu finden.
Im Rahmen der (verhinderten) Diskussion kam es am Donnerstag zu einer weiteren rassistischen Grenzverletzung. Nachdem die hiervon betroffene Person am Freitag das Camp verließ, folgten mehrere strukturtragende Gruppen (das Infozelt, die Awareness-Gruppe, Teile der Pressegruppe, Teile der Translation-AG sowie zeitweise die Küche) dem Streikaufruf aus dem öffentlichen Statement der betroffenen Person. Soweit der kurze Abriss der Ereignisse auf dem Camp aus unserer Sicht.

Ausgehend von den Ereignissen auf dem Camp greift nun eine Debatte in der Linken um sich, in der es vor allem darum geht, welches das „richtige“ Verständnis von Critical Whiteness und Definitionsmacht sei. Ein weiterer zentraler Aufhänger in der Debatte ist die Frage, in welcher Form Betroffene Kritik an rassistischen Strukturen und rassistischem Verhalten äußern sollten und dürften. Was hier umkämpft wird, ist nicht weniger als die Deutungshoheit über emanzipatorische Konzepte und Praxen wie Critical Whiteness und Definitionsmacht.

Einen kritischen Beitrag zur aktuellen Debatte halten wir für politisch notwendig. Wir hoffen, dass sie sich auf Fragen umlenken lässt, die sich für uns aus der Kritik an /weißen/ Dominanzstrukturen innerhalb der Bewegung ergeben. Eine kollektive inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Kritik hat bis jetzt nicht stattgefunden. Die radikale Kritik an /weißer/ Dominanz innerhalb der antirassistischen/rassismuskritischen Szene bietet eine Chance zur Veränderung, die eine linke Bewegung nicht verpassen darf. In der Versteifung der Debatte auf die oben genannten Fragen, sehen wir jedoch eine (bewusste oder unbewusste) Abwehr und den Boykott dieser notwendigen Auseinandersetzung. Eine radikale Kritik an /weißer/ Dominanz und unzureichend reflektierten Privilegien mag dem „anti-rassistischen“ Selbstverständnis von /weißen/ Aktivist*innen zuwiderlaufen und Unsicherheiten auslösen. Diese Unsicherheiten sollten selbstverständlich ernst genommen werden und auch artikulierbar sein. Sie stellen einen wichtigen und positiven Ansatzpunkt für Prozesse der Reflexion und des Ver-Lernens /weißer/ Dominanz dar. Es bedarf hierfür spezifischer Räume und der Einsicht, dass diese Unsicherheiten nicht in jeder Situation und gegenüber jeder Person artikulierbar sind. Sie können auch Ausdruck einer Fokusverschiebung weg von den Interessen der Betroffenen zu einer neuen /weißen/ Selbstzentrierung sein.

Die Reaktionen auf die Kritik an rassistischen Strukturen und rassistischem Verhalten, zu denen es im Zuge der Vorbereitung, auf dem Camp selbst und in den anschließenden Debatten kam, sind durch eine solche /weiße/ Verunsichertheit jedenfalls in keinster Weise gerechtfertigt. Wir halten die aktuellen Diskussionen in zentralen Aspekten für hochgradig problematisch: so wurden in der Debatte vorschnell alleinige Verantwortliche ausgemacht (Zitat: „eine gewisse Berliner Gruppe“). Die Verantwortung für das Scheitern des Camps wird auf Betroffene von Rassismus verschoben, die Kritik geäußert haben. Außerdem kommt es in der Auseinandersetzung durchweg zur Skandalisierung und Dramatisierung der Kritik an /weißer/ Dominanz. So wurde beispielsweise von vermeintlichen „Redeverboten“ oder „anti-weißem Rassismus“ gesprochen. Dies verunmöglicht eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Kritik. Darüber hinaus sind die bisherigen Darstellungen der Konflikte von Auslassungen durchzogen, die es einfach machen, den Kern der Kritik an /weißen/ Dominanzstrukturen nicht ernstzunehmen. Im kürzlich erschienenen Artikel über das Camp in der Jungle World (4) beispielsweise finden die rassistischen Grenzüberschreitungen, zu denen es dort kam, nicht einmal Erwähnung. Solche Auslassungen haben zu einer sehr einseitigen Darstellung der Auseinandersetzungen nach Außen geführt. Dies verhindert eine rassismuskritische Reflexion der Ereignisse, eine notwendige szeneinterne (Selbst-)Kritik und damit auch ein Aufbrechen rassistischer Strukturen innerhalb dieser Szenen.

In diesem Sinne verstehen wir diese Erklärung vor allem als Aufruf an die /weißen/ Aktivist*innen in der antirassistischen/rassismuskritischen Bewegung, die inhaltliche Auseinandersetzung mit Critical Whiteness und der Kritik an /weißer/ Dominanz zu suchen. Zu einigen aus unserer Sicht problematischen Punkten wollen wir im Folgenden Stellung nehmen.

+++ Eine Frage der Solidarität +++

Überlegungen zu Critical Whiteness und /weißer/ Dominanz in der antirassistischen/ rassismuskritischen Szene hat es von Anfang an in der Vorbereitung des Camps gegeben. Dass es wichtig sei, darüber nachzudenken, war zwar erklärter Konsens der Vorbereitung, eine gemeinsame inhaltliche Beschäftigung blieb jedoch weitestgehend aus. Das Thema wurde in eine Arbeitsgruppe ausgelagert, deren Diskussionspunkte mehrmals von einem Treffen auf das nächste vertagt wurden. Die geäußerte Offenheit für das Thema Critical Whiteness ließ keine Konsequenzen erkennen. Dies führte beispielsweise dazu, dass es auf dem Camp keine Awareness- und Support-Struktur gab, bei der Betroffene von Rassismus Unterstützung bei Nicht-/weißen/ Unterstützer*innen suchen konnten. Auch für Übersetzungsarbeit wurden während der Vorbereitung viel zu geringe Kapazitäten eingeplant, weshalb Inhalte der Website und Mobi-Material nicht oder erst sehr spät in verschiedenen Sprachen verfügbar waren. Außerdem gab es annähernd keine Unterstützung bei der Beantragung von Schengen-Visa für Aktivist*innen, die von außerhalb der EU anreisen wollten. An diesen strukturellen Mängeln (Unterstützungsarbeit, Sprache, Visafragen) wird deutlich, dass eine /weiße/, deutschsprachige und aufenthaltsgesicherte Perspektive im Vorbereitungsprozess dominant war.

Als dann circa sechs Wochen vor dem Camp Kritik an unzureichend reflektierten /weißen/ Privilegien und /weißer/ Solidarität (5) im Vorbereitungskreis auf eine Weise geäußert wurde, die es nicht mehr so einfach machte, weiterzumachen wie bisher, setzte unmittelbar Abwehr gegen die Kritik ein. Diese richtete sich hauptsächlich gegen die Form, in der die Kritik vorgebracht worden war („zu aggressiv“, „zu persönlich“, „zu unsolidarisch“), weitestgehend ohne auf den Inhalt Bezug zu nehmen und daraus Konsequenzen für das Camp zu ziehen.

Die Abwehr der Kritik an /weißer/ Solidarität und Dominanz durch den Verweis, dass diese auf eine scheinbar zu unfreundliche und unsolidarische Art und Weise vorgebracht wurde, ist ein sich fortsetzendes Argumentationsmuster. Es wurde z.B. ausführlich debattiert, ob die Menschen, die vor ein mehrheitlich /weißes/ Großplenum getreten sind und Kritik formuliert haben, dies nicht freundlich genug getan hätten. Ob ihre Körperhaltung (verschränkte Arme), ihr Tonfall beim Sprechen und ihr Auftreten als Gruppe nicht zu aggressiv gewesen seien. Unerwähnt blieb bisher stets, dass es sowohl auf dem angesprochenen Plenum als auch darüber hinaus zu aus unserer Sicht extrem unsolidarischen Reaktionen durch /weiße/, in der Szene z.T. sehr etablierte Personen gekommen ist. So versuchten Einzelne durch Zwischenrufe und Störungen auf Plena die Kritik an /weißen/ Dominanzstrukturen zu unterbrechen und das Plenum am Zuhören zu hindern. Die öffentliche Thematisierung von rassistischen Grenzverletzungen und /weißer/ Dominanz auf dem Camp durch Betroffene von Rassismus wurde als „Kinderei“ und „Nabelschau“ zurückgewiesen und lächerlich gemacht.

Während es in der aktuellen Debatte kaum Solidarisierung mit denjenigen gegeben hat, die Kritik an den strukturellen rassistischen Verhältnissen innerhalb der Bewegung äußern, gibt es die starke Tendenz sich mit den Kritisierten zu solidarisieren und Empathie für deren Unwohlsein aufzubringen. Indem von einer Atmosphäre der Angst, der Verunsicherung oder der Einschüchterung die Rede ist, wird Kritik an /weißer/ Dominanz einseitig dramatisiert und skandalisiert. Was eine solche Argumentation übersieht, ist, dass die gemeinsamen Räume auch vor der scheinbar unsolidarischen Kritik nicht frei von Gewalt und Aggression waren, und dass sich darin nicht alle in der gleichen Weise angstfrei aufhalten konnten. Für ebenso problematisch halten wir die wiederholt geäußerte Forderung nach einer Gesprächsatmosphäre, in der /Weiße/ sich angst- und unterbrechungsfrei äußern können sollen, auch wenn sie dabei „Fehler machen“ und Rassismen reproduzieren. Die Kritik an /weißer Solidarität/ wird hier mit /weißer Solidarität/ gekontert. Wir nicht-/weißen/ Mit-Autor*innen dieser Erklärung möchten stattdessen für einen Umgang miteinander plädieren, der strukturelle Privilegiertheit bzw. Marginalisierung mitdenkt. Das Stopp-Zeichen und die Forderung an /Weiße/, erstmal zuzuhören, stellen Versuche dar, gesellschaftlich marginalisierten Perspektiven eine Gültigkeit zuzusprechen, die ihnen in der gesellschaftlichen Normalität ständig aberkannt wird. Es gehört für /Weiße/ zum Prozess der Auseinandersetzung mit den eigenen Rassismen das Hören, Anerkennen und Ernstnehmen marginalisierter Perspektiven zu erlernen. /Weiße/ sind, wenn sie Veränderung wirklich zulassen wollen, darauf angewiesen, die Perspektiven von Betroffenen von Rassismus zu respektieren.

Wie wir als Betroffene von Rassismus Kritik äußern und Kämpfe führen, ist allein unsere Entscheidung. Es braucht dazu keine Erlaubnis von /Weißen/.

+++ Critical Whiteness: Kampf um das „richtige“ Verständnis +++

 

Bereits während der Vorbereitung des Camps hat eine Tendenz eingesetzt, unterschiedliche Positionen und Kämpfe von Geflüchteten/Refugees/People of Color (PoC)/Roma/Migrant*innen/... gegeneinander auszuspielen. Ein Beispiel: den Protesten der hungerstreikenden Geflüchteten in Würzburg wurde von Seiten der Campvorbereitung relativ wenig Beachtung zuteil, was einigen Personen aus der Vorbereitung zurecht negativ aufgefallen ist. Anstatt die Verantwortung dafür beim gesamten Vorbereitungskreis zu suchen, wurden die intensivierten Debatten um Critical Whiteness als Grund für die mangelnde Solidarität mit den Hungerstreikenden ausgemacht. Wir halten es für eine gefährliche Verschiebung und Spaltung, zu argumentieren, dass die /weißen/ Aktivist*innen von der Unterstützung der Hungerstreikenden abgehalten worden seien, weil sie zum Nachdenken über ihr /Weiß/sein aufgefordert worden sind – zumal es auch vor den zunehmenden Debatten um /Weiß/sein keine größere Solidarisierung mit diesen Kämpfen gegeben hatte. Wenn ein mehrheitlich /weißer/ Vorbereitungskreis davon überfordert ist, dass Rassismus auf vielen verschiedenen Ebenen angegriffen werden muss, dürfen dafür nicht die Betroffenen von Rassismus, die unterschiedliche Forderungen und Kritik anbringen, verantwortlich gemacht werden. Es steht nicht im Widerspruch, als /weiße/ Aktivist*in die eigenen Rassismen und Privilegien kritisch zu reflektieren und gleichzeitig als Verbündete*r mit den Kämpfen gegen Lager, Residenzpflicht und Abschiebungen aktiv zu sein. Vielmehr sollten sich beide Ebenen gegenseitig bedingen.

Ein weiteres Argumentationsmuster bestand darin, die unterschiedlichen Positionen von Geflüchteten/Refugees/PoC/Roma/Migrant*innen/... gegeneinander abzuwägen. Es wurde behauptet, die Menschen, die /weiße/ Dominanz im Vorbereitungskreis kritisiert haben, hätten ein „falsches Verständnis“ von Critical Whiteness. Wir nicht-/weißen/ Mit-autor*innen dieses Textes wollen an dieser Stelle deutlich machen, dass Betroffene von Rassismus natürlich verschiedenste Positionen zu Critical Whiteness vertreten, die von unterschiedlichen Auslegungen bis hin zur Ablehnung des Konzepts reichen. Dass jedoch /weiße/ Aktivist*innen sich anmaßen, zu entscheiden welche Geflüchteten/Refugees/PoC/Roma/Migrant*innen/... das „richtige“ und welche ein „falsches“ Verständnis von Critical Whiteness haben, finden wir hochgradig problematisch. Critical Whiteness und Definitionsmacht sind Konzepte, die aus emanzipatorischen antirassistischen bzw. antisexistischen Kämpfen stammen. Ihre Bestimmung und die daraus hervorgehenden Praxen sind von den jeweiligen Kontexten und Akteur*innen abhängig. Sie sind so lebendig wie die Kämpfe, in denen sie entwickelt werden. Dies gilt es anzuerkennen. Genau so gilt es anzuerkennen, dass sich daraus unterschiedliche Forderungen an /weiße/ Aktivist*innen ergeben können. Den einen „PoC-Standpunkt“, an dem sich alle /weißen/ Aktivist*innen ab jetzt und für immer orientieren könnten, gibt es nicht.

Daher wenden wir uns auch gegen eine Relativierung der Kritik mit dem Argument, dass mensch sich in der Vergangenheit schon mit Critical Whiteness auseinandergesetzt habe und in der jahrelangen Zusammenarbeit mit Selbstorganisationen von Geflüchteten gemeinsame Strategien entwickelt habe. Wir sind der Meinung, es sollte den Betroffenen von Rassismus überlassen sein, darüber zu urteilen, ob eine bestimmte Art des antirassistischen/rassismuskritischen Aktivismus und der Zusammenarbeit für sie funktioniert oder ob sie den Status quo für kritikwürdig halten. Die gelungene Zusammenarbeit mit bestimmten Betroffenen von Rassismus sollte nicht dazu benutzt werden, die Kritik anderer von Rassismus Betroffener zu delegitimieren.

Weiterhin ist uns aufgefallen, dass es im Rahmen der aktuellen Debatten zu einer problematischen Verwendung der Selbstbezeichnung „Person of Color“ (PoC) kommt. Bei dem Ausdruck „PoC“ handelt es sich um eine emanzipatorische Selbstbezeichnung von Betroffenen von Rassismus, die aus dem US-amerikanischen Kontext stammt, mittlerweile jedoch auch im deutschen Kontext verbreitet ist. Problematisch an der aktuellen Verwendung ist erstens, dass „PoC“ dort häufig als Fremdzuschreibung für Menschen verwendet wird, die als nicht-/weiß/ gelesen werden. „PoC“ wird hier zum Zweck einer „rassifizierenden“ Zuschreibung gebraucht.

In seiner eigentlichen emanzipatorischen Bedeutung wird „PoC“ ausschließlich als Selbstbezeichnung verwendet und bezeichnet eine gesellschaftliche und politische Positionierung von Betroffenen von Rassismus. Da Betroffene von Rassismus unterschiedliche Selbst-bezeichnungen verwenden, benutzen wir in diesem Text die Schreibweise „Geflüchtete/Refugees/ PoC/Roma/Migrant*innen/...“.

Wie „/weiß/“ ist der Ausdruck „PoC“ explizit nicht biologistisch zu verstehen. Keinesfalls bezeichnet er eine sogenannte „Hautfarbe“. Das Konzept geht stattdessen davon aus, dass race gesellschaftlich konstruiert ist und dass Menschen, die Rassismus erfahren, auf vielfache Weise gesellschaftlich markiert und „rassifiziert“ werden, z.B. indem manche Vor- und Nachnamen oder eine bestimmte Weise der Aussprache als nicht-/weiß/ wahrgenommen werden. Dass Personen entlang physischer Merkmale als nicht-/weiß/ gelesen werden, ist also nur ein Teil der weitreichenden rassistischen Markierungspraxen, in deren Zusammenhang Menschen rassistische Diskriminierung erfahren. Die Tatsache, dass es nicht unbedingt auf den ersten (rassistischen) Blick ersichtlich ist, ob eine Person in einem bestimmten Kontext rassistische Diskriminierung erfährt, hat offensichtlich Verwirrung gestiftet. So kam es in den Debatten nach dem Camp zu so kruden Begriffs-Konstruktionen wie „weiße (PoC-)AktivistInnen“ (siehe: Gesamtauswertung von No Lager Bremen), um /weiß/ positionierte Aktivist*innen zu bezeichnen, die die Kritik an /weißer/ Dominanz auf dem Camp mittrugen. Auch in dem Eingangs erwähnten Artikel in der Jungle World wird eine vermeintlich unliebsame politische Fraktion auf dem Camp als „die PoC“ fremdbezeichnet und pauschalisiert. Solche Ent-Eignungen einer emanzipatorischen Selbstbezeichnung halten wir für politisch absolut unzulässig.

+++ Sündenbock für ein gescheitertes Camp: „eine gewisse Gruppe aus Berlin“ +++

Eine weitere Vereinfachung, die dazu beiträgt, die Kritik an /weißer/ Dominanz im Camp nicht ernst nehmen zu müssen, ist die verallgemeinernde Zuordnung jeglicher Kritik zu der Gruppe reclaim society (rs!) aus Berlin. Wo Personen auf dem Camp Kritik geäußert haben, die nicht zur Gruppe gehören, ist dann von einem „Umfeld“ der Gruppe die Rede, das fix herbeikonstruiert wird. Zwei Betroffene von rassistischen Grenzverletzungen auf dem Camp haben sich in einem öffentlichen Statement explizit zu dieser argumentativen Strategie geäußert und eingefordert, dass ihre Kritik als eigenständig ernstzunehmen sei Da nach den rassistischen Vorfällen auf dem Camp in der Awareness-Gruppe keine nicht-/weiße/ Person für Unterstützungsarbeit ansprechbar war, hatten Einzelpersonen von rs! diese Rolle übernommen. Ein aus unserer Sicht politisch sinnvoller Umgang mit der Situation hätte darin bestanden, das Fehlen von Support-Strukturen, auf das die Betroffenen aufmerksam gemacht haben, als ein Problem ernstzunehmen, für das kollektiv Verantwortung übernommen werden muss. Es wäre Aufgabe der Campvorbereitung und aller Teilnehmenden des Camps gewesen, einen Rahmen zu schaffen, in dem Kritik gehört wird und der Menschen die Sicherheit bietet, sich gegen Grenzüberschreitungen zu wehren. Anstatt sich mit der improvisierten Awareness-Struktur zu solidarisieren, die sich entgegen vehementem Widerstand für Belange der Betroffenen eingesetzt hat, wurde im Anschluss an das Camp eine einseitige Kritik am scheinbar unsensiblen Umgang mit einer Gewalt ausübenden Person in den Vordergrund gerückt. Eine Gruppe und ihr angebliches „Umfeld“ werden zum Sündenbock für die Versäumnisse der Campvor-bereitung gemacht. Definitionsmacht, Stopp-Zeichen, Critical Whiteness wurden von der Campmehrheit nicht als emanzipatorische Instrumente der Selbstermächtigung von Marginalisierten verstanden, sondern teilweise aktiv sabotiert. Das ist kein rassismuskritisches Camp. Das ist backlash.

Am letzten Camptag wurde ein weiteres Statement veröffentlicht, in dem einige Aktivist*innen unter der Selbstbezeichnung Refugees and Immigrants, ihre Enttäuschung über das Camp zum Ausdruck brachten. Sie kritisierten ihre Isolation auf dem Camp und dass die Kämpfe und Anliegen von Aktivist*innen aus den Lagern in den Hintergrund gerückt waren. Aus der Perspektive der /weißen/ Mit-Autor*innen dieses Texts gesprochen, erkennen wir dieses drastische Defizit des Camps und die Kritik der Refugees and Immigrants an und stellen selbstkritisch fest, dass auch wir nicht viel dazu beigetragen haben, um den Kämpfen der Menschen aus Lagern auf dem Camp mehr Aufmerksamkeit zu Teil werden zu lassen. Wir sind der Ansicht, dass eine Aufarbeitung dieser Mißstände auf dem Camp einer expliziten selbstkritischen Reflexion /weißer/ Aktivist*innen bedarf. Und zwar dahingehend, welche Rederäume sie aktiv durch /weiße/ Solidarität blockiert haben, indem sie lediglich Aufmerksamkeit für /weiße/ Unsicherheiten und Befindlichkeiten hatten und dadurch die Belange von Betroffenen von Rassismus ignoriert haben. Die Verschiebung der Verantwortung auf eine einzelne Gruppe, die auf dem Camp das Thema Critical Whiteness gegen /weißen/ Widerstand vehement vorbracht hat, halten wir auch hier für problematisch. Dass die Belange von Betroffenen von Rassismus auf dem Camp miteinander konkurrieren mussten, verdeutlicht einmal mehr, auf wievielen verschiedenen Ebenen Kämpfe gegen Rassismus geführt werden müssen und wie überfordert die /weiße/ Mehrheit der Aktivist*innen (auf dem Camp) davon war. Nur aufgrund ihrer Nicht-Betroffenheit von Rassismus können es sich /weiße/ Aktivist*innen überhaupt aussuchen, für welche Kämpfe sie Interesse aufbringen und welche sie in den Hintergrund geraten lassen. Alle Kämpfe gegen Rassismus, um die es auf dem Camp ging, haben ihre Berechtigung und verdienen Aufmerksamkeit und Solidarisierung. Es liegt an uns allen darüber nachzudenken, wie wir Räume schaffen können, in denen die verschiedenen Perspektiven zur Geltung kommen. Wie den unterschiedlichen Belangen und Kämpfen Rechnung getragen werden kann und wie diese in einer breiten und vielschichtig aktiven Bewegung zusammenlaufen können.

+++ Stichwort „Schuld und Moral“ +++

Zuletzt möchten wir noch einem weiteren häufig angeführten Argument vorgreifen: es geht hier nicht um Schuldzuschreibungen oder darum zu moralisieren. Es geht darum marginalisierte Positionen ernstzunehmen, Kritik an dominanten Strukturen und Verhalten möglich zu machen und Verantwortung nicht zu verschieben. Es geht darum, szeneinterne Hierarchien angreifbar zu machen. Es geht darum, in der antirassistischen/rassismuskritischen Bewegung in Zukunft zu einem respektvolleren und empathischeren Umgang miteinander zu finden. Dabei ist es wichtig nicht auszublenden, aus welcher Sprecher*innenposition Kritik formuliert wird und welchen Status die Personen in der Gesellschaft und in den szeneinternen Machtstrukturen einnehmen, an die sich die Kritik richtet.
Auch wir waren mehrheitlich an der Camp-Vorbereitung beteiligt und haben Strukturaufgaben auf dem Camp übernommen. Wir tragen in unterschiedlicher Weise Verantwortung für das Camp. Diejenigen Mit-Autor*innen dieses Textes, die /weiß/ positioniert sind, nehmen sich daher von der Kritik an /weißer/ Dominanz nicht aus und richten die genannten Forderungen auch an sich selbst.

Wir rufen dazu auf, die Debatte nach dem No Border Camp neu auszurichten und sie auf Fragen umzulenken wie: Wie können Bündnisse aussehen, in denen nicht /weiße/ Unsicherheiten und Abwehr im Vordergrund stehen, sondern die Belange der Betroffenen von Rassismus? Wie können Strukturen aussehen, die Betroffenen von Rassismus die Möglichkeit bieten, ihre Perspektiven, Anliegen und Grenzen hörbar werden zu lassen, ernstgenommen zu werden und sich gegen eine /weiße/ Mehrheit durchzusetzen? Wie kann eine Bewegung aussehen, in der /Weiße/ die Kontrolle über rassismuskritische Kämpfe abgeben?


No Border Aktivist*innen aus Berlin, Hamburg, Köln und Oldenburg
August 2012
Fussnoten

(1) /Weiß/ soll hier ebenso wie die Selbstbezeichnung Person of Color (PoC) keinesfalls eine „Hautfarbe“ bezeichnen, sondern auf die gesellschaftliche Position von Menschen im Kontext von Rassismus hinweisen. /Weiß/ benennt hier Personen, die von Rassismus nicht benachteiligt werden. Um deutlich zu machen, dass es sich bei /Weiß/sein um nichts Natürliches sondern um eine sozial konstruierte Kategorie handelt, wird weiß im Text kursiv gesetzt. Siehe dazu bspw. Noah Sow: Deutschland Schwarz Weiß. Goldmann Verlag 2009; Maureen Maisha Eggers, Grada Kilomba, Peggy Piesche, Susan Arndt: Mythen, Masken und Subjekte. Unrast Verlag 2005.  http://de.wikipedia.org/wiki/Person_of_color

(2) Aus Gründen der Lesbarkeit schreiben wir an manchen Stellen des Textes von „Betroffenen“ von einem Herrschaftsverhältnis (z.B. Rassismus). Wir meinen damit in diesem Text immer „negativ Betroffene“. Die Bezeichnung „Betroffene“ ist also eigentlich verkürzt, da alle von Herrschaftsverhältnissen „betroffen“ sind, da diese die Gesellschaft durchdringen, in der wir leben. „Betroffenheit“ kann auch sein, durch ein Herrschaftsverhältnis privilegiert zu sein, also Vorteile dadurch zu haben.

(3) Gemeint ist die Parteilichkeit mit den negativ Betroffenen von rassistischer Gewalt. Parteilichkeit bedeutet, u.a. dass die Benennung einer Grenzverletzung nicht in Frage gestellt, sondern als solche respektiert und akzeptiert wird. Eine parteiliche Haltung gegenüber den Betroffenen steht rassistischen Machtstrukturen entgegen. Siehe beispielsweise:  http://www.gipfelsoli.org/Home/Heiligendamm_2007/G8_2007_deutsch/2_Jahre...

(4) Jungle World Nr. 30, 26. Juli 2012

(5) /Weiße/ Solidarität bezeichnet den Schulterschluss weißer Personen beispielsweise zur Abwehr von Kritik an rassistischem Verhalten. Sie dient der Selbstvergewisserung /Weißer/ bezüglich der Legitimität ihres Handelns. /Weiße/ Solidarität umfasst außerdem das Schweigen und Nicht-Thematisieren von rassistischen Grenzverletzungen, wodurch der gesellschaftliche /weiße/ Konsens und der rassistische Normalzustand aufrecht erhalten werden.

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Sehr sehr sehr Deutsch.

Sage Ich Euch als Frau aus Nigeria.

Sage ich ebenfalls als mensch aus Deutschland.

Klar ist mir sowas lieber als Hau drauf-Bewegungen aus England und den USA, aber hier fehlt mir doch noch eindeutig der Mittelweg zum Klein-klein hierzulande.

egal wie viele Fußnoten und theoretischen Überbau ihr euren Aussagen noch hinzufügen mögt. Die Praxis, die ihr aus eurem Diskurs ableitet IST rassistisch - face it! Ihr verlangt, dass Leute sich mit ihrem eigenen verinnerlichten Rassismus auseinander setzen, tut aber in Wirklichkeit ausgerechnet rassistische Strukturen und Trennungen bekräftigen.

 

Eure politische Praxis ist lächerlich. Aktivisten mit Rastas z.B. „cut it off“ vorzuschreiben ist einfach Panne und hat mit Emanzipation oder Kritik nichts das Geringste zu tun. Hallo! Aufwachen!

 

Ihr versucht der Bewegung etwas zu erzwingen was nirgendwo hinführt. Ihr wisst selber nicht mal wo das hinführen sollte, da ihr selber kein Bild einer von Rassismus befreiten Gesellschaft vermittelt. Für euch sind Menschen IMMER Rassisten. Ihr wollt Rassismus scheinbar auch gar nicht überwinden. Mit einer Überwindung von Rassismus wäre eure Identität auch schnell hin. Und wer keine politische Praxis oder Visionen einer befreiten Gesellschaft hat, dem bleibt nur noch die Moral als Mittel. Also positioniert ihr euch moralisch auf der richtigen Seite und greift alle anderen an.

 

Eurer Strömung geht es im Wesentlichen nur darum in der linken Szene einzuwirken und Unsicherheit auszulösen. Und damit Handlungsunfähigkeit zu erreichen. „Moral und moralische Panik im Namen der Diskurshygiene“ wie Vassilis Tsianos treffend in der Jungle World formuliert hat.

 

Ich verbitte mir eure Selbstbezeichnung als no border Aktivist*innen.

 

Sorry, aber dieser ganzen Sache sollten wir keine weitere Aufmerksamkeit schenken und einfach rechts liegen lassen.

"Weiß TUT sich auf die Hautfarbe beziehen"

Im Text heben die Autor_innen gerade hervor, dass "POC" eine Selbstbezeichnung ist und die Betroffenheit von Rassismus durch Verschiedenes hervorgerufen wird, wie bspw. die Rassifizierung anhand von als nichtdeutsch konstruierte Namen. Hingegen, so werfen die Autor_innen auf, dass in der Gesamtauswertung von No Lager Bremen POC als weiße konstruiert wurden. Somit wurde von No Lager Bremen Eigenbezeichnungen bzw. Positionierungen ignoriert und sich in reduzierender Weise auf die Hautfarbe bezogen.

 

Ansonsten birgt Dein Text bloße Bewertungen und (Vor)Urteile. Wo sind Deine Quellen/Belege? So erscheint mir Dein Kommentar im Mindesten nicht nachvollziehbar.

stell dir vor nur weil betroffene sich irgend eine selbstbezeichnung geben kann die auch rassistisch sein...

Sicherlich kann vieles rassistisch sein. Die Frage ist doch aber, wer sie in welchem Zusammenhang verwendet und von den Betroffenen verstanden wird. Besteht Erläuterungsbedarf, was an Selbstbezeichnung emanzipatorisch ist?

Emanzipatorisch wäre die Durchsetzung einer die Wirklichkeit treffende Bezeichnung. Also weder rassistische Bezeichnungen, noch selbstgewählte Verballhornungen der Realität.

White Power = rassismusbezogene Selbstzuschreibung = rassistisch

Black power = rassismusbezogene Selbstzuschreibung = rassitisch

PoC = rassismusbezogene Selbstzuschreibung = rassitisch

 

Desweiteren ein Faktum aus der Rassismusforschung: Rassismus hat nichts mit der Hautfarbe zu tun!

Wenn ich mich als Waschbär bezeichne, bin ich dann auch einer?

Die Rassifizierung anhand von nichtdeutsch konstruierten Namen mag bei Bewerbungen eine Rolle spielen, da sich auf dem Camp aber niemand schriftlich um irgendwas bewirbt und mensch sich gewöhnlich auch nicht mit vollem Namen vorstellt, ist diese Art der Rassifizierung in diesem Kontext irrelevant.  Ein Mensch, der aufgrund der auf dem Camp sichtbaren oder sonst wirksamen Merkmale als weiß erscheint, hat über Rassismuserfahrungen auf dem Camp nicht mehr zu sagen als jede_r andere, da er/sie nicht negativ betroffen ist.  Wenn sich dieser Mensch trotzdem unrechtmäßigerweise in diese Position spielt, habe ich überhaupt kein Problem, ihm/ihr seine anmaßende Selbstbezeichnung abzusprechen.   

Weil der Kontext ein anderer wäre, bleibt doch die Rassismuserfahrung die gleiche. Sie ist untrennbar mit der Person verbunden. Scheinbar haben Menschen doch aufgrund ihres Namens Rassismuserfahrungen gemacht und positionieren sich entsprechend. Wieso sollte ihnen dies aberkannt werden?

Das ist dann wohl wirklich der Punkt, wo wir absolut nicht derselben Meinung sind.  Natürlich verliert ein Mensch die Erfahrung aus einem Kontext nicht, wenn er in einen anderen kommt. Aber Rassismus ist kein einheitliches Phänomen, das nur aus einem einzigen Mechanismus besteht, sondern aus sehr vielen verschiedenen, die ineinandergreifen.  Weil man eine Erfahrung gemacht hat, heißt dass nicht, dass man auch alle anderen kennt.  Nicht alle Menschen, die von Rasismus betroffen sind, ob nun positiv oder negativ, machen die selben Erfahrungen.  Nur weil menscn eine Erfahrung gemacht hat, die mit Rassismus zusammenhängt, heißt das nicht, dass mensch über alle möglichen Rassismuserfahrungen mit der selben Berechtigung Gehör einfordern können wie Menschen, die genau damit Erfahrungen gemacht haben.  Sorry, ich krieg mich gerade nicht wirklich gut ausgedrückt. 

Ich bin weiß, daher habe ich keine Erfahrungen mit Rassismus gemacht.  Zudem bin ich weiblich sozialisiert, über Erfahrungen mit Sexismus könnte ich Bücher schreiben.  Manche Erfahrungen sind mir aber zum Glück erspart geblieben.  Über Mißbrauch in der Kindheit und Zwangsprostitution kann ich zum Glück aus erster Hand nichts sagen, um einen emanzipatorischen, solidarischen Umgang mit Menschen zu praktizieren, die diese Erfahrungen gemacht haben, bin ich, genauso wie z.B. alle männlich sozialisierten Wesen, auf theoretisches Wissen und Erzählungen von Betroffenen angewiesen.  Die Einschätzungen von Betroffenen zählt für mich, bezogen auf diesen Kontext, daher mehr als meine eigene.  Aus meiner Betroffenheit von anderen Formen von Sexismus abzuleiten, andere Menschen müßten meine Einschätzungen zu diesen Kontexten  mehr respektieren als die von anderen, empfinde ich als Anmaßung. 

Sexismus und Rassismus sind halt keine einheitlichen Erfahrungen, die alle Menschen in der selben Art erleben.  Die von der Neuen Frauenbewegung praktizierte verabsolutierung der einen weiblichen Erfahrung, die sie ermächtigt, für alle Frauen zu sprechen, ist vollkommen zurecht kritisiert worden, nicht zuletzt von schwarzen Feministinnen, die ihre Erfahrungen darin nicht repräsentiert sahen. 

Die Erfahrung von einem Menschen, der aufgrund seines Nachnamens diskriminiert wurde, ist nicht die selbe wie von jemandem, der aufgrund rassistischer Zuschreibungen, die auf seiner Hautfarbe basieren, diskriminiert wurde, und die Erfahrung von Flucht, unsicheren Aufenthaltsstatus, Heimunterbringung ist nochmal eine sehr andere.  Nichts davon kenne ich aus erster Hand, aber ich habe genug Menschen zugehört, um zu dieser Auffassung zu kommen.  Natürlich sind all das Rassismuserfahrungen, aber diese als etwas einheitliches zu sehen, das man entweder vollkommen hat oder nicht hat, ist eine grobe Vereinfachung.

Falls du einen Rat annehmen kannst, beschäftige dich mal mit der Kritik schwarzer Feministinnen an der Identitätspolitik der neuen Frauenbewegung und der daraus folgenden Fokusverschiebung auf Differenzen und partielle Standpunkte.  Meiner Meinung nach machst du / ihr gerade sehr ähnliche Fehler. 

was genau soll denn eine "emanzipatorische Selbstbezeichnung" sein?

Ihr schreibt, Definitionsmacht sei ein emanzipatorisches Mittel zur Selbstermächtigung marginalisierter Gruppen.  Das ist es nicht.

Das Konzept der Definitionsmacht kommt, soweit ich weiß, aus der autonomen Frauen/Lesben Bewegung.  Die feministische Bewegung beschäftigte sich in den 70ern und 80ern mit dem Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper, und forderte u.a. die Legalisierung von Abreibungen.  Innerhalb der linksradikalen Szene wurden vermehrt Vergewaltigungen und andere Formen sexualisierter Gewalt thematisiert, die Vergewaltigungdebatten liefen im Großen und Ganzen ähnlich wie die Vorgehensweise ab, die heute unter dem Schlagwort Definitionsmacht bekannt ist, nur sprach damals noch niemand von Definitionsmacht, sonder von Selbstbestimmung.  Einige Frauen/Lesben zogen es vor, sich unabhängig, also autonom, von dern Männern zu organisieren, und meiner Meinung nach war dies eine wichtige Machtbasis, um eine Auseinandersetzung mit Vergewaltigungen durchzusetzen und den Schutz von Betroffenen zu organisieren.  Ende der 80er wurde, angestoßen durch die Auseinandersetzung mit Reproduktionstechnologien, der Begriff der absoluten Selbstbestimmung der Frauen über ihren Körper schwierig. Statt mit Selbstbestimmung wurde in den Vergewaltigungsdebatten jetzt mit dem Begriff Definitionsmacht argumentiert. Dabei ging es, weder am Anfang noch heute, um eine Strafe für den Täter, sondern in erster Linie um den Schutz von Betroffenen von sexualisierter Gewalt. In den Debatten wurde und wird immer wieder betont, dass ein aktueller Fall von sexualiesierter Gewalt, dem mit Definitionsmacht begegnet wird, der ungünstigste Zeitpunkt ist, sich mit Sexismus auseinanderzusetzen.  Definitionsmacht hat sich zu einer Art des Umgangs etabliert, wenn es zu sexualisierter Gewalt gekommen ist, und dafür ist sie absolut wichtig.  Für eine Auseinandersetzung mit sexistischen Strukturen ist sie weder gemacht noch besonders geeignet.  Sie ist für sich auch kein Instrument der Selbstermächtigung marginalisierter Gruppen, sondern ein erkämpftes Ergebnis der feministischen Bewegung, die man als ganze durchaus als halbwegs erfolgreiche Selbstbemächtigung beschreiben kann. 

Ob es sinnvoll ist, ein Instrument zum Umgang mit sexualisierter Gewalt auf rassistische Gewalt unverändert zu übertragen halte ich für ausgesprochen zweifelhaft.  Sexualisierte Gewalt unterscheidet sich von anderen Formen der Gewalt gerade dadurch, dass meistens angezweifelt wird, ob es sich dabei überhaupt um Gewalt handelt und der betroffenen Frau nicht geglaubt wird, dass tatsächlich etwas schlimmes passiert ist.  Ob es sich um tollen Sex oder den absoluten Alptraum gehandelt hat, kann man von außen nicht bestimmen, der Unterschied liegt darin, ob die betroffene Frau es gewollt hat oder nicht.  Daher macht der starke Fokus auf die subjektive Bewertung der Betroffenen und das Gebot, ihre Wahrnehmung nicht anzuzweifeln, in diesem Fall Sinn. 

Bei krasser rassistischer Gewalt, die vom Ausmaß einer Vergewaltigung ähnelt, wie etwa jemand, der wegen seiner Hautfarbe krankenhausreif geprügelt wurde, wird aber niemand behaupten, es hätte sich nicht um Gewalt gehandelt und der/die Betroffene_n hätte es doch eigentlich auch gewollt. Wozu man bei krassen Formen rassistischer Gewalt Definitionsmacht braucht, um den/die Betroffene_n zu schützen, erschließt sich mir nicht. Auch sehe ich die fehlende Selbstbestimmung über den eigenen Körper nicht als zentralen Bestandteil rassistischer Herrschaftsstrukturen. 

Wichtig für beide Formen von Gewalt ist die auch im Definitionsmachtkonzept enthaltene Forderung nach Konsequenzen.

So, wie ich es mitbekommen habe, ging es auf dem Camp auch gar nicht um krasse Fromen von körperlicher Gewalt, sondern um sprachliche Gewalt.  Ohne Frage kann Sprache gewalttätig sein, und ohne Frage können nur die Betroffenen definieren, was sie verletzt hat.  Aber für mich steht außer Frage, dass diese sprachliche Gewalt ein anderes Ausmaß von Gewalt darstellt als sexualisierte oder körperliche Gewalt und auch andere Konsequenzen haben sollte. 

Definitionsmacht ist ein ungeheuer starkes, sexualisierter Gewalt angemessens, Machtinstrument.  Neben der Macht, der Betroffenen zu helfen, das Geschehene zu verarbeiten und innerhalb der Szene weiterleben zu können, hat es auch die Macht, Bewegungen und Strukturen zu spalten, wenn die Definitionsmacht nicht von allen akzeptiert wird.  Und genau das ist auf dem Camp passiert.  Definitionsmacht in ihrer starken Form ist kein allgemein anerkanntes Mittel, um Betroffene von spachlicher rassistischer oder sexistischer Gewalt zu helfen, ihre Auswirkungen verarbeiten zu können, und meiner Meinung nach auch viel zu stark dafür. Gerade weil für mich die Definitionsmacht ungeheuer wichtig ist in Fällen, wo es keine anderen lebbaren Alternativen gibt, macht es mich wütend zu sehen, wie sie so unreflektiert auf einen anderen Kontext übertragen und inflationär benutzt wird.  Für den Umgang mit verletzender Sprache kann man andere, weniger eskalative Umgangsweisen finden.  Aus meiner Sicht war der Umgang mit Definitionsmacht auf dem Camp verantwortungslos.

Natürlich habt ihr Recht, dass ihr niemanden um Erlaubnis fragen müsst, welche Strategien ihr in eurem Kampf verwendet.  Aber genausowenig könnt ihr erwarten, dass Menschen an euch als Bündnispartner interessiert sind, wenn sie eure Strategien nicht gutheißen und diese nicht diskutierbar sind.  Ohne Frage gibt es Rassismus innerhalb der antirassistischen Bewegung, aber der Clash auf dem Camp ist nur zum Teil durch Rassismus zu erklären. 

"Definitionsmacht ist ein ungeheuer starkes, sexualisierter Gewalt angemessens, Machtinstrument."

 

 

Auch in diesem Zusammenhang kann die Definitionsmacht  machtmissbräuchlich eingesetzt werden und es ist ein Fehler die Diskussion zu tabuisieren. Mächtige Instrumente gegen sexualisierter Gewalt gibt es viele, denen sich die Szene aber nicht nur verschließt, sondern auch den Staat vertrauen muss. Wobei wir mit Therapieangeboten und Konsequenzen, die über ein  (raus aus unseren Strukturen) hinausreichen , auch vollkommen überfordert wären. In einer befreiten Gesellschaft wären wir alles andere als gut aufgestellt im Hinblick auf sexualisierter Gewalt, wenn ich z.B. an Menschen denke, die als Kind schon vergewaltigt wurden und bereits im Kindesalter schon vergewaltigen. Evtl. haben einige von uns beruflich mit solchen Menschen zu tun, unsere Debatten über diese Problematik jedoch verlaufen schablonenhaft und drehen sich im Kreise.... 

 

Wäre unser Gesellschaft ein großer "antisexisticher Schutzraum", wohl kaum? Dazu wären die Probleme zu groß, denn es sollte klar sein, dass es immer noch  Probleme sexualisierter Gewalt geben würde.  Würde es keinen Alkohol geben, weil dieser so viel Unheil über die Menschheit bringt auch im Hinblick auf sexualisierte Gewalt? Wohl kaum.. Selbst in unserem kleinen Aquarium (Freiräumen) ist der Schutzraum das Ziel, niemals bestehender Idealzustand.  So sehr viel Mühe wir uns auch geben...

Ich gebe Dir Recht, dass Definitionsmacht auch in Fällen von sexualisierter Gewalt machtmissbräuchlich eingesetzt werden KANN.  Ich kenne jedoch keinen einzigen Fall, wo das passiert ist.  Die Diskussion in diesen Fällen weitgehend zu tabuisieren ist ein wichtiger Teil des Konzepts, um die Machtmechanismen, die den Täter schützen, zu durchbrechen und die Betroffene zu schützen. 

Du schreibst, es gebe viele mächtige Instrumente zum Umgang mit sexualisierter Gewalt.  Ich kenne keine anderen, vielleicht könntest du diese anderen Instrumente mal benennen?

 

Recht hast du, dass es noch sehr viel zu tun gibt, sexistische Strukturen selbst in unseren "Aquarien" abzuschaffen und emanzipatorische Umgänge mit sexualisierter Gewalt und anderen Formen von Sexismus, Rassismus etc. zu finden. 

Eine tabuisierte Debatte kann ich hier sehr schlecht geführt werden und sie wird auch schnell missverständlich.

 

Die Diskrepanz geht und ging in der "Linken" aber von  fürchterlich verklemmter Angstatmosphäre "Jeder Mann ist ein potentieller Vergewaltiger, alles Macker, ey "Typ, verpiss dich", bis hin zu nie aufgearbeiteten widerlichen sexuellen Missbrauch Minderjähriger z.B. in den wilden Jahre Ende der 60er, Anfang der 80er im Rahmen der "Sexfront. 

 

Während vor unseren Haustüren, alltäglich auch gerade jetzt,  Kinder zu Sexarbeit gezwungen werden.... (Das ist übrigens auch Selbstkritik, weil ich selbst die Augen veschließe (wir alle wissen es, wir alle unternehmen nichts)und wohl auch Angst habe mich mit der Mafia anzulegen. Aber wollen wir die Nazis nicht, wenigstens verbalradikal  oder tausendfach auf unseren Aufkleber v"von der Straße fegen". Gefährlich können uns Nazis auch werden, hier zeigen wir uns aber mutiger)

eligionen, die mehr oder weniger alle  die Frauen unterdrücken, stehen wir ihnen nicht oft zu tolerant gegenüber?

 

In der Urteilsbegründung von Pussy Riot wurde z.B. besonders als Skandal herausgestichen, dass Frauen der Zutritt zu diesem Altar-Bereich verboten ist und sie sich dagegen widersetzt hätten! Wo wurde diese sexisitsche Entgleisung von Religion und Judikative bzw. Staat thematisiert? Ich bemängel z.B. wie selten Antisexismus bei uns auf der Tagesordnung steht und wie wir auch die Opfer alleine lassen.

 

Oder bewusst kontrovers, eine Frau die selbstbewusst aus religösen Gründen ihr Kopftuch trägt (auch in der Hitze), eine moderne Muslimin.

 

Bei Genitialverstümmelung handelt es sich dann eindeutiger um sexualisierte Gewalt, unserer Definiton nach, die die einzig Richtige ist...

 

Eine wirkliche, zielführende Auseinandersetzung, fernab von Schlagwörtern, Modedebatten, Kampagnen und Machtkalkül  würde unseren Kampf gegen Sexismus gesellschaftlich relevant weiter führen können. Der Feminismus hat so viel in unserer Gesellschaft bewegt, wie lange ist es her, dass Vergewaltigung der Ehefrau noch  Recht des Ehemannes war.

 

Welche gesellschaftliche Relevanz haben wir den dann, wenn wir unsere Debatten weiterhin so führen, wir wir sie  führen und reden wie wir gemeinsam reden oder Pamphlete schreiben?

 

 

 

Meiner Meinung nach hat alles ein Zusammenhang, wie innerhalb unser Strukturen über Antisexismus, Antisemitismus und jetzt über Antirassismus miteinander gestritten wird und wo wir sprachlos sind. Das hat nichts mit einer Wertung des jeweiligen Problemfelds zu tun und es soll auch nicht bedeuten, dass es sinnvoll ist sich immer wieder Gedanken über Schwierigkeiten in den eigenen Strukturen und Möglichkeiten zur Veränderung zu machen. Selbstverständlich gilt auch weiterhin eingreifen und nicht wegschauen, aber auch nicht stehenbleiben und sich zurücklehnen, vor allem gleichberechttigt miteinander ins Gespräch zu kommen. Häufig erinnert unsere Kultur aber an den Monthy Phyton Film "das Leben des Brian". Er hat Jevova gesagt, er hat Jehova gesagt! oder auch die Gruppe XYZ hat dieses Wort benutzt..Ächtet die Gruppe XYZ.

 

Wenn keines unserer Modethemen schablonenhaftdiskutiert wird, da herrscht dann eine ungeheuerliche Toleranz--- selbst Gruppen gegenüber, die von vornherein angetreten sind z.B. das Grenzcamp zu lähmen und sehr gut die Instrumente für das Gute Gelingen beherrschen.. Mit solchen Leuten wird dann ausgiebig diskutiert, ganz gleich ob sie rassistisch , antisemitisch oder sexistisch sind. Reflexhaftes, dogmatisches Denken verhindert die Aufklärung und dessensiblisiert...

 

Antisexismusarbeit wär auch in der Theorie ein ungeheures Feld... Was leisten wir in unseren Freiräumen auf diesem Gebiet wirklich? Ist es eins unserer Modethemen oder drehen wir uns nur im Kreise?

danke "antisexistin" für diesen kommentar. deine punkte bringen die schwierigkeiten ziemlich gut auf den punkt. diese stratgie zur ausweitung der definitionsmacht ist in erster linie geeignet, dieses notwendige instrument abzuschaffen. dass die akteur_innen das nicht reflektieren, finde ich erschreckend.

interessant an der ganzen sache finde ich noch, dass das spektrum, dass sich auch hier in diesem text artikuliert fast ausschließlich "weiß" und sozialökonomisch privilegiert ist. auf dem camp trat ja dann die absurde situation ein, dass etliche "weiße" im namen der "PoC-Kämpfe" PoC erklärten, wie sie zu kämpfen haben. inzwischen stellt sich ein bild dar, in dem PoC für critical whiteness eingetreten wären, während "weiße" das abgelehnt hätten. das aber entspricht in keiner weise der camp-realität. die selbstorganisationen der PoC hatten massive kritik an dem vorgehen (sie waren es ja auch, die in einer gemeinsamen stellungnahme von der unzulässigen macht einer kleinen gruppe redeten, die in ihrem namen sprechen würden). Ich erinnere mich an eine szene, in dem ein "weiß gelesener" mensch nach einer meinungsverschiedenheit mit einem geflüchteten PoC letzterem vorwarf, er agiere "weiß". von "whitewashing" war hier die rede. begründet wird dieses vorgehen damit, dass race eine soziale konstruktion ist. das stimmt ja, allerdings ist es weder so, dass colorline damit keine rolle mehr spielt (gerade im bezug auf alltagsrassismus) noch heißt das, dass mensch sich einfach so aussuchen kann, ob er_sie nun "schwarz" oder "weiß" ist. wenn sich "weiße" aber "schwarz" definieren, um "schwarzen" vorzuwerfen, sie wären "weiß", wird mit geliehenen identitäten agiert. und zwar gegen die, die negativ von rassismus betroffen sind. dass diese leute selbstreflexion einfordern, kommt mir vor wie ein schlechter scherz. das ist schon wahnsinn. und mich macht es wirklich traurig, dass einige (zum glück wenige) feministische zusammenhänge da mitspielen.

Hier noch einmal aus dem Artikel zitiert:

"Wie „/weiß/“ ist der Ausdruck „PoC“ explizit nicht biologistisch zu verstehen. Keinesfalls bezeichnet er eine sogenannte „Hautfarbe“. Das Konzept geht stattdessen davon aus, dass race gesellschaftlich konstruiert ist und dass Menschen, die Rassismus erfahren, auf vielfache Weise gesellschaftlich markiert und „rassifiziert“ werden, z.B. indem manche Vor- und Nachnamen oder eine bestimmte Weise der Aussprache als nicht-/weiß/ wahrgenommen werden. Dass Personen entlang physischer Merkmale als nicht-/weiß/ gelesen werden, ist also nur ein Teil der weitreichenden rassistischen Markierungspraxen, in deren Zusammenhang Menschen rassistische Diskriminierung erfahren. Die Tatsache, dass es nicht unbedingt auf den ersten (rassistischen) Blick ersichtlich ist, ob eine Person in einem bestimmten Kontext rassistische Diskriminierung erfährt, hat offensichtlich Verwirrung gestiftet. So kam es in den Debatten nach dem Camp zu so kruden Begriffs-Konstruktionen wie „weiße (PoC-)AktivistInnen“ (siehe: Gesamtauswertung von No Lager Bremen), um /weiß/ positionierte Aktivist*innen zu bezeichnen, die die Kritik an /weißer/ Dominanz auf dem Camp mittrugen. Auch in dem Eingangs erwähnten Artikel in der Jungle World wird eine vermeintlich unliebsame politische Fraktion auf dem Camp als „die PoC“ fremdbezeichnet und pauschalisiert. Solche Ent-Eignungen einer emanzipatorischen Selbstbezeichnung halten wir für politisch absolut unzulässig."

Worauf beziehst Du Dein Wissen auf die von Dir aufgeworfenen Positionierungen? Du schreibst ...

"das stimmt ja, allerdings ist es weder so, dass colorline damit keine rolle mehr spielt (gerade im bezug auf alltagsrassismus) noch heißt das, dass mensch sich einfach so aussuchen kann, ob er_sie nun "schwarz" oder "weiß" ist. wenn sich "weiße" aber "schwarz" definieren, um "schwarzen" vorzuwerfen, sie wären "weiß", wird mit geliehenen identitäten agiert."

Du scheinst nicht zu berücksichtigen, dass Rassismus sich bspw. auch am Namen äußert. Bsp.: bei telefonischen/schriftlichen Bewerbungen um Job oder Wohnung kann dies bereits für Menschen mit nicht als deutsch wahrgenommenen Namen von Nachteil sein. Wenn weiße ihre Bewerbungen deswegen ignorieren , ist das dann (Alltags)Rassismus. U.a. auf Grund solcher Erfahrungen definieren sich (manche) Menschen als POC.

Gut, aber wer ist dann nicht potentiell PoC. Mein Nahname ist nicht Müller, ich kann also als nichtdeutsch wahrgenommen werden. Andere haben schwarze Haare, sie können als nichtdeutsch wahrgenommen werden, andere einen dunkleren Teint, wieder andere sprechen kein reines Hochdeutsch. Wir alle sind PoC!!!

Yuheissassa, lasst uns jetzt endlich mal den Flüchtlingen erklären, welche Worte sie zu verwenden haben.

 

Ich finde schon diese dichotome Einteilung in Gut und Böse, schwarz und weiß, für blödsinnig, aber sie ist um einiges sinnvoller, als wenn jemand, der einmal eventuell zu einem Bewerbungsgespräch nicht eingeladen wurde, weil sein Nachname nicht urdeutsch klingt, sich mit einem Flüchtling aus einem brandenburgischen Dorf auf eine Stufe stellt.

 

Euch geht es nur darum, und eure Critical-Whiteness-Theorie dient keinem anderen Zweck, euch selbst zu privilegieren und Deutungshoheit im Antirassismus-Bereich durchzusetzen!

... was ich nicht dienlich für eine Diskussion erachte und zudem verletzend sein kann. Soll es hier um eine ernsthafte Außeinandersetzun gehen oder  gar um Verspottung?

 

Was soll ich von Deinem ersten Absatz halten? Du weißt anscheinend nicht, was Rassismus ist. Sonst würdest Du nicht so einen Scheiß schreiben. Stell doch lieber Fragen, wenn Du etwas nicht verstehst. Die von Dir genannten "Merkmale" führen eben bei Rassist_innen zu Ausgrenzungen bspw. bei Bewerbungen. POC kommen, gesamtgesellschaftlich gesehen, schwerer an u.a. Wohnungen. Das ist struktureller Rassismus.

 

Hast Du es in Betracht gezogen, dass es innerhalb "der" POC Community unterschiedliche Positionen und hieraus Anstöße zur Diskussion folgen können?

 

Wer unterteilt was in "Gut" und "Böse"? Wieso soll es um Gleichsetzung von Rassismuserfahrungen gehen? Wer fordert das? Quelle?

Ansonsten bewertest Du doch hier Rassismuserfahrungen und sprichst von strukturellem Rassismus Betroffenen ihre Position und ihre Einschätzungen von Rassismuserfahrungen ab.

 

Wieso redest Du von "Euch"? Dichotomie "Ihr" und "Wir". Ich schreibe als Individuum und vertrete meine Position.

Du schreibst, der Beitrag würde unter "polemische Provokation" fallen und schreibst, dann "weißt anscheinend nicht, was Rassismus ist. Sonst würdest Du nicht so einen Scheiß schreiben.".

Wenn du etwas gegen polemische Provokationen hast und sie für potentiell verletzend hälst, dann solltest du deinen Diskussionsstil überdenken. 

 

Außerdem könntest du versuchen, zu verstehen, was jemand schreibt. Ich weiß sehr wohl, was man unter strukturellem Rassismus versteht. Aber wenn sich ein Biodeutscher mit weißer Hautfarbe, weil er "Nowak" heißt, da seine Urgroßeltern von Polen nach Deutschland migriert sind, als PoC definiert und dies nutzt, sich selbst gegenüber anderen (migrantischen) Linken, die von diesem Trick noch nicht gehört haben, zu privilegieren, dann kann ich eine politische Theorie, die so etwas ermöglicht, nicht mehr ernst nehmen.

 

Die strikte Unterscheidung zwischen Weißen und Schwarzen ist eine Gleichsetzung von Rassismuserfahrung und Privilegienverteilung. Aber weder sind alle Schwarzen auch nur im entferntesten gleich unterdrückt, noch sind Weiße prinzipiell privilegierter, als Schwarze. Und wenn man jetzt nicht mehr auf die Hautfarbe guckt, sondern all die Nowaks plötzlich PoC sind, dann wird es noch abstruser. 

Gesellschaft so schematisch zu sortieren, bringt weder einen Erkenntnisgewinn, noch sinnige politische Ziele.

danke, ja, ich habe den absatz gelesen. du solltest dich nicht über polemik beschweren, wenn du sie selbst so gerne einsetzt.

was ich kritisierte war den ansatz die kontruktion von wirklichkeit als von "biologischen merkmalen" abgetrennt zu verstehen, denn rassismus bedient sich physischer merkmale, die dichotomisiert werden. kurz: die eigenverortungen sind schön und gut, wenn aber ein mensch mit "dunkler hautfarbe" sich als "weiß" positioniert, heißt das lange noch nicht, dass sie_er keine rassismuserfahrungen mehr macht. dein theoretisches konzept aber würde das vermuten lassen, weil du nicht trennst zwischen "subjektebene" und "struktureller ebene". und der umgang auf dem camp ebenso, denn menschen, die als PoC "gelesen werden" und sich nicht so verorten wollten, wurden von leuten, die sich für "PoC empowerment" einsetzen, in ihren "rederechten" als "weiße" behandelt - sprich, sie durften nicht sprechen. kannst du mir das erklären?

 

zu den begriffskonstruktionen: dass du nun nolager vorwirfst, "kruden Begriffs-Konstruktionen wie 'weiße (PoC-)AktivistInnen'" zu nutzen, ist schon gewagt. so kam es doch deutlich aus einer anderen ecke, beispielsweise von "PoC in deutschem kontext" etc zu sprechen (beispielsweise für leute, die nicht "schwarz gelesen werden"). du fragst, worauf sich mein Wissen auf die von mir aufgeworfenen Positionierungen bezieht. beispielsweise darauf, dass ein mensch, der sich auf dem camp als PoC bezeichnete, sich einige wochen vorher noch als "weißer" positionierte. ich fand das irritierend.

und der knackpunkt (auf den du leider nicht eingehst) ist doch, dass etliche leute, die die oben beschriebenen grundannahmen teilen (und "weiß gelesen werden"), geflüchteten dann erkären wollten, wie sie sich nennen sollen und wie nicht, was sie sagen dürfen, was sie nicht sagen dürfen und manchen sogar, dass sie gar keine PoC sind. "Master suppression techniques"? ich wäre auch hier sehr froh, wenn du da was zu schreiben könntest.

 

erstaunlich finde ich auch eure interpretation der agisra-geschichte. ihr schreibt, dass "gemeinsam ein konstruktiver Umgang gefunden werden konnte". ward ihr nicht auf dem abschlussplenum, auf dem eine agisra mitarbeiterin diese "interpretation" zurückwies und klarstellte, dass sie mit redeverboten  belegt wurden? ich hoffe, dass es so ist denn die andere mögliche deutung wäre, dass ihr mutwillig hier dinge behauptet, die nicht stimmen.

eine sehr gute Stellungnahme der Antifa Friedrichshain (afh) zum Thema:

http://de.indymedia.org/2012/08/333781.shtml

... eine Analogie über männliche Dominanz. Wird Feministinnen ihre harsche Vorgehensweise gegenüber von ihnen als überggriffig/vereinnahmende wahrgenommene Männer angelastet? Wird es ihnen übel genommen, wenn sie sich auf FLT begrenzt organisieren wollen? Wie ist Kritik von Männern in diesem Zusammenhang daran aufzufassen, die dies als "sexistisch" und "autoritär" anprangern?

wird es Feministinnen übel genommen?  Ja, das wird es.

um mal aus dem artikel zu zitieren: "Anstatt den Workshop wie geplant am Donnerstag in der gleichen Weise noch einmal anzubieten und somit in Kauf zu nehmen, dass sich die geschehene rassistische und heterosexistische Gewalt wiederholt[..]" (hervorhebung von mir)

 

wie sah denn die "gewalt" aus, die auf diesem workshop verübt wurde? so wie die der bullen in südafrika, die letzte woche drei dutzend gewerkschafter_innen zusammenschossen? so wie die von frontex, die fischer_innen einschüchtert, nur ja keine migrant_innen aus dem mittelmeer zu retten? so wie die der deutschen abschiebebehörden? so wie die der nazis in mügeln, lichtenhagen oder solingen? so wie die der spekulant_innen an den lebensmittelbörsen, die gerade fleißig dran arbeiten, dass in den nächsten monaten noch mehr menschen jeden tag verhungern als ohnehin schon?

 

nein, natürlich nicht. was mensch so hat munkeln hören, ging es darum, dass die referentin des workshops sprachlich nicht die dualität eines mann-frau-geschlechterbildes dekonstruiert hat. wenn das die größten probleme der (deutschen) linken sind, dann ist ja alles gut, und ich hab mir die oben genannten sachen nur eingebildet.

danke für diesen beitrag :)

Aktivist*innen, die eine Einteilung in Weiße und People of Color so verbissen vertreten haben in einer antirassistischen Bewegung nichts zu suchen. Das hat mit Emanzipation nichts zu tun.

so einfach ist das leider nicht.  Solange es rassistische Strukturen gibt, die dummerweise nicht am Eingang des Camps aufhören, auch wenn wir das alle gerne wollen, hilft es nichts, einfach so zu tun, als wären alle gleich. Solange es Rassismus gibt, muss man auch darüber reden und danach handeln, wen er betrifft und wen nicht.

ist auch völlig in Ordnung. Deine oder meine Hautfarbe, deine oder meine Sozialisierung sind mir bei einer Unterhaltung dabei völlig Wurst. Oder muss du etwa meine Hautfarbe kennen bevor du dich mit mir unterhälst? Ist das ein wichtiges Kriterium für dich? Warum?

 

Auf dem No Border Camp schien die Redebereitschaft bei Stop-Zeichen gleich mal aufzuhören (mit Bezug auf Definitionsmacht - siehe Debatte weiter oben). Alle unter Generalverdacht zu stellen und die Szene-Polizei des richtigen Rassismusbegriffs zu spielen erscheint mir äusserst emanzipatorisch und eine wunderbare Voraussetzung für sozialen Wandel.

 

"danach handeln" - ja wie sieht den deine Praxis aus? Etwa Leuten "cut it off"-Schilder an ihren Rastas anzubringen?

Erkläre doch mal was daran emanzipatorisch ist und wie du dir vorstellst wie diese Art der politischen Praxis zu sozialem Wandel oder zu Dekonstruktion von rassistischen Strukturen führen soll.

Wenn ich mit dir über Rassismus rede kann es wichtig sein zu wissen, ob du davon betroffen bist oder nicht.  Menschen, die nie selber Rassismus erfahren haben, können auch nicht wissen, wie es sich anfühlt und können Rassismus nur vermittelt durch Theorien oder Erfahrungen von Betroffenen, also aus zweiter Hand, verstehen.  Die Erfahrungen von Betroffenen ernst zu nehmen und zu versuchen, nicht paternalistisch über ihre Köpfe hinweg für sie antirassistische Politik zu machen, sondern auf Augenhöhe mit ihnen zusammen, ist für mich der Anspruch an emantzipatorische antirassistische Politik.  Da rassistische Strukturen aber gerade verhindern, dass Menschen sich auf Augenhöhe gegenüber stehen, kann es auch mal nötig sein, als nicht-betroffene die Klappe zu halten, zuzuhören und ein paar Schritte zurück zu machen.  Es ist eben nicht möglich, sich durch eine reine Willensbekundung außerhalb rassistischer Strukturen zu stellen.  Dazu gehört schon ein wenig mehr, und critical whiteness, vernünftig angewendet, ist eine wichtige und notwendige Strategie dazu. 

Da du zu glauben scheinst, ich würde das Vorgehen genau so gutheißen, kann ich dich beruhigen:  dem ist nicht so.  Diese Art von Vermischung von Definitionsmacht, einer schrägen Interpretation von cw und all den Fallen, in die man mit, grundsätzlich legitimer, Identitätspolitik so tappen kann, ist so nicht besonders sinnvoll und ja auch zu Recht kritisiert worden. 

Ich finde es aber absolut erschreckend, wie einige Leute hier in ihrer Kritik so ziemlich alles vergessen und teilweise offen rassistisch gegen rs! und andere Menschen, die ähnliche Standpunkte vertreten, hetzen.  Rassismus auch innerhalb linker Strukturen ist ein reales und verdammt wichtiges Problem, und nur weil ein paar Leute mit einer fragwürdigen Strategie versucht haben, dagegen vorzugehen, ist ihr Anliegen deshalb nicht völlig verkehrt. 

Daher möchte ich die Frage, was man dagegen tun sollte, an dich zurückgeben.  Wir sind uns einig, dass das, was rs! probiert hat, so nicht klar geht.  Aber es bleibt die Frage, wie man es denn besser machen sollte. Erklär du doch mal, wie deine Praxis zum Abbau rassistischer Strukturen innerhalb der Antirabewegung aussieht.

war nicht eines der probleme, dass all die kämpfe gegen bewegungsinternen rassismus unbeachtet blieben? mir kam es so vor, dass leute es so darstellen, dass auf dem gebiet noch nichts gelaufen ist. das ist schlicht nicht wahr. es gab auf jeden grenzcamp auseinandersetzungen um eigenen rassismus. da sind teilweise gute praxen gefunden worden. all das spielte in köln aber keine rolle mehr. ich glaube, dass sich rassismus am besten in einer gemeinsamen praxis überwinden lässt, in der auch reflexionen ihren platz haben. dass "weiße" antirassistische kämpfe nicht bevormunden sollten, ist doch klar - zumindest hat sich das in debatten seit den 80ern in der antirassistischen radikalen linken doch auch durchgesetzt, oder? (ich glaube, dass hier die kritik falsch adressiert ist). grundvoraussetzung für gemeinsame praxen ist aber gegenseitiger respekt und solidarität. und vielleicht auch sowas wie das wissen darum, fehler machen zu dürfen ohne mit sanktionen rechnen zu müssen. diese drei punkte gehen aber gerade flöten - und das ist wirklich bitter.

und auch wenn ich an den wert gemeinsamer praxen glaube, heißt das nicht, dass ich selbstorganisationen oder auch separate kämpfe ablehne, das muss jede_r selbst entscheiden. nur: warum menschen die ansicht vertreten, gemeinsame kämpfe seien unmöglich und gleichsam in gemischte zusammenhänge so machtvoll intervenieren, die logik dessen entzieht sich mir.

 

du schreibst: "Da rassistische Strukturen aber gerade verhindern, dass Menschen sich auf Augenhöhe gegenüber stehen, kann es auch mal nötig sein, als nicht-betroffene die Klappe zu halten, zuzuhören und ein paar Schritte zurück zu machen. Es ist eben nicht möglich, sich durch eine reine Willensbekundung außerhalb rassistischer Strukturen zu stellen."

ich würde da voll zustimmen, kann das aber so nicht auf die situation auf dem camp anwenden. denn es war ja nicht so, dass auf der einen seite PoC standen und auf der anderen seite nicht-betroffene. die gruppen, die diese form von critical whiteness vertraten, waren überwiegend akademisch und "weiß". sämtliche anwesenden PoC selbstorganisationen hatten massive kritik an diesem konzept und sind teils mit redeverboten belegt worden. ich denke, das hat diese ganze situation einfach etwas komplizierter gemacht.

Wie ich schon geschrieben habe, ich will nicht sagen, dass das, was auf dem Camp gelaufen ist, gut war.  Aber das Recht, Fehler machen zu können ohne Sanktionen fürchten zu müssen wird zumindest rs! gerade nicht zugestanden, während hier in den indy-Diskussionen größtenteils weißen durchaus das recht zugestanden wird, cw, Identitätspolitik oder die Notwendigkeit der Selbstreflexion pauschal und aggressiv anzugreifen.  Die berechtigte Kritik an rs! wird gerade alles andere als solidarisch geübt, und bei der Forderung nach Ausschluss aus allen Strukturen, die unter anderem von der Antifa Friedrichshain in ihrer Stellungnahme erhoben wird, wird mir ehrlich gesagt schlecht.  Denn das erzeugt ein Klima der Angst, rassistische Verletzungen zu benennen, wenn man sich nicht sicher sein kann, alle Szeneverhaltensweisen perfekt zu beherrschen.  Und das kann ja wohl nicht ernsthaft mein / dein / unser Ziel sein.  Die Art, wie berechtigte Kritik hier in unsolidarische Hetze umschlägt, macht mir richtig viel Angst und hat mit einem emanzipatorischen Umgang wirklich nichts mehr zu tun.

ich denke nicht, dass es hier einfach darum geht, dass "ein fehler" passiert ist. das vorgehen wird ja weiterhin verteidigt, nicht zuletzt in dem ursprungstext hier. wenns darum gehen würde, dass leute sagen, dass das wohl keine gute idee war und sich solidarische kommunikationsprozesse abzeichnen würden, ist es mir ehrlich gesagt egal, wie viele fehler gemacht wurden. an dem punkt sind wir alle aber leider nicht. und das vorgehen und rs! und co hatte ja folgen für etliche leute, die mit ziemlich harten vorwürfen konfrontiert sind, ohne zu wissen, worauf sich diese überhaupt beziehen. das geht so nicht. wenn ich leute "als rassist_innen oute", dann muss ich dafür auch irgendwie verantwortung übernehmen, das muss begründet werden. in der momentanen situation sehe ich einfach keine möglichkeit solidarischer kommunikationsprozesse weil die regelungen zur kommunikation kommunikation verunmöglichen.

du hast völlig recht, dass ein problem sein kann, dass menschen grenzüberschreitungen nicht mehr benennen, aus angst nicht ernstgenommen zu werden. das geht gar nicht. das allerdings ausschließlich den kritiker_innen von rs! vorzuwerfen, triffts m.e. nicht. ich glaube, dass beispielsweise "todesblicke", "flüstern mit der nachbarin" usw. als "rassistischen gewalt" zu interpretieren nicht gerade dazu beiträgt, ein ernsthaftes klima zu schaffen. ganz davon abgesehen, dass ich das wirklich für eine unheimliche bagatellisierung von rassismus halte. wir müssen auch mit erweitertem gewaltbegriff schon noch unterscheiden können.

du schreibst, dass "weißen" das recht zugesprochen wird, fehler zu machen. auch das sehe ich nicht ganz so - wie gesagt, die mehrheit derer, die diese linie vertreten haben, waren keineswegs PoC - sie positionierten sich als "weiße". ich glaube nicht, dass wir die rs! schiene als PoC-perspektive darstellen sollten, das träfe zumindest die camp-realitäten nicht.

unsolidarisches verhalten ist zum kotzen, da gebe ich dir recht. allerdings waren es in meiner erfahrung rs! und co, die jede solidarität aufgekündigt haben. ich fand das vorgehen wirklich gewaltvoll. kritik wurde direkt mit rassismusvorwürfen beantwortet oder schlicht per stop-zeichen abgebrochen. egal aus welcher position gesprochen wurde. jetzt solidarität einzufordern für positionen, die von solidarischem umgang meilenweit entfernt sind, da weiß ich nicht genau, wie das klappen soll. zumindest wenn diese positionen aufrecht gehalten werden. zu überlegen, wie momentan eine strategie aussehen könnte, die alle an einen tisch bringt, fände ich wirklich gut - spaltungen helfen niemandem weiter. allerdings bin ich da grad wirklich pessimistisch.

Nun, zumindest, was die Akzeptanz angeht, dass ihre Perspektive nur eine von vielen Perspektiven von PoC darstellt, sehe ich durchaus einen Ansatz von Selbstreflektion.  Du schreibst zwar, dass man die Perspektive von rs! nicht als PoC Perspektive sehen sollte, aber da einige von ihnen PoC sind, kann ich dem nicht zustimmen. Die Perspektive der PoC von rs! ist eine von vielen Perspektiven von PoC, und als solche auch ernstzunehmen (was nicht heißt, sie unkritisierbar als Wahrheit anerkennen zu müssen). Und gerade in dem Anfangstext differenzieren sie sehr deutlich zwischen Perspektiven der weißen und nicht-weißen Teilen der Autor_innen-Gruppe (obwohl mir nicht klar ist, ob der Text von rs! ist, aber er scheint auf jeden Fall aus dem Spektrum zu kommen.)

Recht haben sie auch damit, dass sie nicht die Sündenböcke für alles sind, was auf dem Camp und in der Diskussion danach schief gelaufen ist.  Sie tragen die Verantwortung für das, was sie getan haben, aber für die teilweise echt ausufernden Reaktionen tragen sie nicht die Verantwortung.

Und ob todesblicke, verdrehte augen oder sonstige unterschwellige Machtmittel jetzt Gewalt sind oder nicht ist letztendlich nicht die entscheidende Frage.  Für mich ist klar, dass es auch Machtinstrumente sind und ganz bestimmt nicht Ausdruck einer solidarischen, respektvollen Haltung.  Und die Kritik daran ins Lächerliche zu ziehen auch nicht.  Wer jetzt angefangen hat unsolidarisch zu sein und damit Schuld an der ganzen scheiße ist, ist so ein bisschen Kindergartenniveau.  Die Frage ist doch, wer anfängt, wieder aufeinander zuzugehen und bereit ist, seine eigenen Fehler zu reflektieren.  Und die wurden auf allen Seiten gemacht und werden es auch immer noch. 

Aber ich teile deinen Pessimismus, dass da gerade nicht mehr viel Hoffnung besteht, eine Spaltung zu verhindern, wobei die "Spaltung" sich wahrscheinlich auf die komplette Isolation von rs! beschränken wird und alle anderen mit der Gewissheit, nichts falsch gemacht zu haben, zum Alltag zurückkehren.  Es treibt mich in den Wahnsinn zu akzeptieren, dass die einzige Reaktion auf die offensive, provokante und eskalierende Thematisierung szeneinterner Rassismen der Ausschluss der Kritiker_innen sein soll.

na, ich finde einfach dieses bild nicht richtig, nachdem der gemischte zusammenhang rs! mit seinen mehrheitlich weißen unterstützer_innen als PoC perspektive identifiziert wird. das spielt halt genau dieses spiel mit, wonach die RS! kritiker_innen dann "weiß" sind und ihnen das recht auf kritik nicht mehr zukommt, bzw. kritik als "weißer abwehrmechanismus" bezeichnet wird. (was ich nicht teile, ich denke, jede_r hat das recht irgandwann mal zu sprechen und erstgenommen zu werden). dieses bild entspricht aber nicht dem, was ich mitbekommen habe. leute von rs! & co haben PoC, die sie kritisierten gesagt, sie seien schlicht "weiß". das ist völlig absurd. leute von rs! haben PoC gesagt, dass deren veto nicht interessiert, das das eigene mehr wert sei (weil sie die anderen zuvor als "weißgewaschen" fremdzuschrieben). fragt hier eigentlich irgendwer nach rassismus? rs! hat redeverbote gegen PoC ausgeteilt, die dieses vorgehen kritisierten und sich dagegen verwehrten von rs! bevormundest zu werden. rs! und die unterstützer_innen sind derart machtvoll und autoritär aufgetreten, dass ich mich nicht über reaktionen wie die der antifa friedrichshain wundere - wirklich nicht. so machtvoll (im negativen sinne) aufzutreten und anderen dann machtmittel wie "verdrehte augen" vorzuwerfen (während mensch selbst in ner gruppe mit verschränkten armen beisammen steht), naja, auch das finde ich ein wenig unverhältnismäßig. und selbstkritik an diesem autöritären auftreten und (!) dieser autoritären polkitikform sehe ich wirklich nicht - auch nicht bei den unterstützer_innen, die diesen ursprungstext hier verfassten. insofern find ichs auch zu kurz zu sagen: die frage, wer angefangen hat, sei irrelevant. es ist doch so, dass hier gerade ein auf dem camp erprobtes politikverständnis zur disposition steht (und nicht menschen). und ich finde, dieses politikverständnis hat in linken strukturen nix verloren (die menschen gerne). und ich würde dieses politikverständnis nicht als " offensiv, provokant und eskalierend" beschreiben. es war schlicht autoritär.

Ich verstehe es nicht, wieso sich die "Linke" immer noch auf solche ProvokateurInnen einlassen, anstatt sich selbstbewusst gegen sie zu wehren. Es funktioniert immer gleich: da werden z.B. Menschen als antisemitisch bezeichnet, weil uns eine betimmte Gruppe ihre eigene Definition  einimpfen will, da werden Menschen als rassistisch bezeichnert, nur,  weil sie die Kriterien einer bestimmte Gruppe entsprechen und es gibt weitere Bereiche, wo es ähnlich funktioniert, leider auch auf dem Feld der Antisexismusarbeit.

 

Gruppen die auf diese Art und Weise agieren sind weder antirassistisch, antisexistisch oder gegen Antisemitismus. Das sind bei ihnen nur SCHLAGwörter, die inflationär eingesetzt werden. Dazu schaffen sie sich ihr Spezialgebiete und sehre für sich Deutungshoheit.

 

Es gibt viele Gruppen, die regelrecht in den Startlöcher stehen. Ihre Pamphlete wirken wie vorgeschrieben..... Es war do ch vorher klar, dass es mit diesen Leuten Ärger gibt. Es war aber auch klar, dass sie ihre Vorwürfe nicht richtig begründen und auf den bestimmten Fall abstimmen. Eine Kritik darf ruhig scharf sein, hier ist sie aber nur ätzend. Um Missstände anzuprangern brauchen wir ihre zersetzende Tätigkeit nicht.  Es funktioniert immer gleich und es wird immer Menschen geben, die sich auf diese Gruppen einlassen. Was droht als Nächstes? Ich habe genug von ihnen gelesen ,auch an Selbstdarstellung, um mich weder an dieser Debattte zu beteiligen, noch ihnen irgendwo ein Forum zu bieten..

 

Die einzige Aufgabe wäre es für mich, solche Gruppen deutlich machen, dass sie leisertreten und den Bogen nicht weiter überspannen.  Sich noch einmal mit ihrere Theorie beschäftigen und sich ändern.... Jede Zusammenarbeit mit ihnen ist abzulehnen und auch nicht möglich... 

 

Das, was sie sich auf dem Grenzcamp geleistet haben ist, ist nicht zu tolerieren und schon gar nicht zu zerlabern, dafür sind sie verantwortlich...Kritikwürdiges ist zu benennen  , aber niemand sollte sich auf diese ätzende Form der Auseinandersetzung einlassen.

Warum diskutieren?  Weil inhaltliche Diskussionen und breite Disussionen um den Umgang mit Problemen innehrhalb einer Bewegung eine Stärke und Grundlage emanzipatorischer Politik sind, und vorschnelle Ausschlüsse und nicht-Bereitschaft zur Diskussion und zum hinterfragen der eigenen Position dogmatische, autoritäre Scheiße sind.

"dogmatische Scheiße" ist die Art und Weise wie solche Diskussionen teilweise aufgezwungen werden. Hier geht es nur um Abgrenzung und identitäre Gruppenselbstvergewisserung. Dass hat mit der an sich richtigen Aufklärung und erkenntnisfördernden Diskussion nichts zu tun, da eben mit einem Dogma (alles Rassisten; alles Antisemiten; Sexisten...) begonnen wird. Das hat auch mit linker praktischer Politik, die die Verhältnisse verbessern möchte nichts zu tun sondern genügt sich in der Dekonstruktion und Diffamierung praktischer Politik! Man hat ja fast das Gefühl, als habe hier manch antideutscher Großguru ein neues Betätigungsfeld gefunden und überall herrscht solche Angst vor der Diffamierung, dass man eben keinen klaren Umgang mit diesen quasi-religiösen IdeologInnen findet.

Auschlüsse  sind aber auch Schutz vor dogmatisch, autoritärer Scheiße, vor allem, wenn es diesen Gruppen nicht um eine Auseinandersetzung geht. Wer mir z.B. vollkommen aus der Luft gegriffen Rassismus, Antisemitismus oder  Sexismus vorwirft, nur weil ich mich nicht seinen / ihren Dogmen unterwerfe , mit dem werde ich mich nicht auseinandersetzten. Toleranz schön und gut, ich schütze mich  aber auch  vor zersetzender Tätigkeit...

 

Aber vielleicht verstehe ich emanzipatorisch auch falsch und muss tatsächlich darüber nachdenken demnächst den ein oder anderen Zopf äh Dreadlock abzuschneiden. Ich denke darüber nach...

 

Das Unfassbare für mich ist, dass sich all die bekannten Gruppen, die sich so verhalten, selber immer in blütenweißer Weste sehen. Antideutsche sind die einzigen KämpferInnen gegen  Antisemitismus, diese Gruppe sieht sich als radikal antirassistisch in einem rassitischen Umfeld und Hardcore Autonome Frauen und Lesben sind volkommen frei von jeglichem Sexismus und ihre Räume sind eine glückselige Oase in einer Welt voller Macker-.   Diese Art der Diskussion ist längst keine "innere" mehr. Ihre eigenen Probleme erkennen sie nicht und setzen sich nicht damit auseinander... Sie wollen alle gleichschalten und ihre kruden Denkschablonen inflationär überstülpen.. Da wird ihnen noch jede Entsolidarisierung und Angriff zugestanden. Wer dermaßen intolerant auftritt darf von mir keine Toleranz erwarten.

 

 

Klar, du bist per Definition antirassistisch, daher kann jeder Vorwurf nur aus der Luft gegriffen sein. Leute, die was anderes behaupten, können nur vollkommen verwirrt sein, und wahrscheinlich sind sie auch noch alle vom Verfassungsschutz angestellt, um Strukturen zu zersetzen. Das alles weißt du, weil du die Menschen und ihre Geschichten kennst und daher treffsicher wissen kannst, aus welcher Motivation sie handeln. 

Puh, bin ich froh, dass selbstgerechte Leute wie du in den Strukturen, mit denen ich arbeite, kein Licht sehen. 

Du hast mich nicht verstanden worum es mir geht. Es gibt in  Strukturen Denkschablonen. So lange ich mich nicht dagegen äußere, habe ich keine Probleme.

 

Die Motivation aus der diese Leute handeln interressiert sie mich. Sie sind nicht vom Verfassungsschutz angestellt, trotzdem zerseztend und dieser hätte seine helle Freunde daran..

 

Aus welcher Struktur kommst du denn, dass du dich mit Antideutschen, dieser antirrassistischen Gruppe aus Berlin oder mit Hardliner Autonomen Frauen und Lesben Gruppen solidarisierst?

 

Weil ich mit mit diesen Strukturen nicht abgebe und nicht abgeben werde und mit ihnen auch sehr selten  diskutiere ,titulieren sie mich nicht als Sexist, Antisemit oder Rassist... Es ist aber tatstächlich so, dass ich es mit meiner von der vorgeschriebenen Norm abweichenden Meinung in ihren Augen sein muss.

Nur würde ich mir diese Entgleisungen als Mensch der gegen Antismetismus, Sexismus und Rassismus kämpft nich so einfach gefallen lassen und es würde von mir eine adäquate Reaktion. Auch du rückst mich in deinem Kommentar in die Nähe zu Rassismus, ohne mich zu kennen. Unglaublich!

 

Gruppen, die ohne sich selbst ein Bild machen Kampagnen gegen Freiräume starten oder Menschen auf dem Grenzcamp als rassitistisch ausgrenzen, nur aufgrund ihrer kruden Definitionen. Menschen die eine befreundete Gruppe aus Israel (Anarchist against the wall) als antisemitisch bezeichnen, weil sie den Staat Israel ablehnt. Nenn es selbsgefällig, ich nenn es Solidariät mit betroffenen Freiräumen, Gruppen und Einzelpersonen!

 

Keine Sorge ich werde kein Licht sehen, weil ich mich diesen Gruppen niemals unterwerfen werde..

Schau dir die Freiräume, mit denen du dich solidarisiertst, vorher mal besser genau an, einige haben sich meine Solidarität echt verspielt.  Gegen manche ist rs! ein Musterbeispiel an reflektierter Politik mit Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein ;)

Und klar, ich hab verstanden, wie du tickst:  Wer dich auch nur theoretisch kritisieren könnte, ist entweder nicht links, verrückt, Antideutsch, rs! oder Autonome hardliner Frauen.  Aber Denkschablonen haben ja nur die anderen.  Kämpf weiter gegen deine Schatten...

Und nö, mit keinen dieser Gruppen hab ich besonders viel zu  tun, wobei ich mich mit den Autonomen Hardliner Frauen wohl am besten verstehen würde. Ich hoffe, damit passe ich jetzt in dein Weltbild und du kannst getrost aufhören, mich ernstzunehmen.

Was daran, dir Selbstgerechtigkeit vorzuwerfen, rassistisch sein soll, solltest du schon mal erklären. 

Ich verneige mich in tiefer Ehrfurcht vor deinem selbstständigen Geist, der es hinbekommt, völlig frei von bösen unterdrückerischen Szene-PC Polizist_innen mit dem Habitus der radikalen Widerständigkeit zutiefst bürgerliche Scheiße vom Besten zu geben. 

Auf das wir uns hoffentlich nie begegnen...

Es ist nichts daran rassistisch mir Selbstgerechtigkeit vorzuwerfen. Streich mal zutiefst bürgerliche Scheiße, weil ich mich inhaltlich kaum geäußert habe, sondern nur gegen ein eingeschränktes, indoktrinierendes  Weltbild wehre.Hätte ich mich inhaltlich geäußert, dann würde eine Diskusion Sinn machen...

 

Ich weiß nicht, ob du dir die Freiräume tatstächlich selber angeschaut hast oder ob du es dir nicht nötig hast ,sie dir mal selbst anzuschauen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. ..Evtl. handelt es sich um Freiräume, die ich selber ablehnen  würde.  Ich weiß nicht mal welche Freiräume du meinst und kann mir deshalb kein Bild machen. .

 

Ich weiß nur, dass die angesprochenen Gruppe auch gegen den noch nicht bestehenden Freiraum XYZ Angriffspunkte finden,  wenn er sich nicht strikt an ihre vorbestimmten Vorgaben hält. Ich denke einfach, ich kann sehr gut zwischen begründeten Sexismus, Antisemitismus- und Rasssimusvorwürfen entscheiden und Vorwürfen, die von bestimmten Identitätslinken ausgehen und haltlos sind... 

 

Auf das wir uns hoffentlich nie begegenen...

der Dialog von III. und dir gefällt mir gut. Ich kann mich in den Aussagen von III. auch wiederfinden.

 

Du schreibst : Es treibt mich in den Wahnsinn zu akzeptieren, dass die einzige Reaktion auf die offensive, provokante und eskalierende Thematisierung szeneinterner Rassismen der Ausschluss der Kritiker_innen sein soll.

 

Mich treibt es nicht in den Wahnsinn, aber ich kann gut verstehen, dass die Situation das bei dir auslöst. Ich denke es muss darum gehen die politische Praxis, die von RS! & Umfeld an den Tag gelegt wurde klar zu bennen und auszuschließen, nicht die Menschen an sich. Das ist natürlich schwer, aber in der Wahrnehmung und den Aussagen sollte es so sein. Ich finde das haben No Lager Bremen oder die Antifa Friedrichshain richtig gemacht. 

 

Ehrlich gesagt, bin ich froh um diese Reaktionen. Der Flurschaden ist bereits enorm und hat mehr als nur ein ganzes Camp gesprengt. Diese Verhältnisse muss Mensch im Blick behalten. Dieser Konflikt hat das Potenzial die politischen Zusammenhänge über Jahre zu spalten und handlungsunfähig zu machen. Dieser regressiven Auslegung des CW-Diskurses, dem Missbrauch der Definitionsrechts, der autoritären Identitätspolitik usw konsequent eine Absage zu erteilen ist für mich ein Zeichen dafür, das die Bewegung noch gesund tickt.

es muss darum gehen die politische praxis auszuschliessen?

 

rs drehen nicht erst seit dem no bordetr camp in köln durch. bulgarien, stockholm, die ausstellung in berlin (die jetzt nicht besonders gut oder tief geht, aber meiner meinung nach auch nicht eines ausschlusses bedarf wie von rs gefordert. es gibt aus dem berliner erfahrungsschatz noch weitere anstrengende ergfahrungen um diese gruppe, die schon seit spätestens bulgarien dazu führten, dass menschen nicht mehr mit dem no border netzwerk und rs zusammenarbeiten wollten. das hat sich denke ich verfesstigt.

in bulgarien gab es aus dem umfeld, welches den poc space errichtete gezielte ansprachen an aktivist_innen, ob diese nicht mit in den poc space wollen. selbstbezeichnung? fremdbezeichnung? rassismus?

"cut off your dredlocks!" and "no 'white' nation" sind aus meiner perspektive schon gründe genung nicht mehr mit personen zusammenzuarbeiten und nicht nur deren strategien abzulehnen. solangen keine reflexion der praxis zu erkennen ist.

 

ein aspekt zum deutschtum.

aus welchem land ausser deutschland würdet ihr die teilnehmer_innenn nicht zulassen? (so ungefähr eine frage des activist datings auf einem in polen stattfindenen animal liberation camp) 

es hat schon sehr deutsche züge wie rs und no border berlin sich zur aufgabe gemacht haben deutsche diskussionsstände an andere orte (bulgarien, schweden) zu tragen und ür den richtigen weg zu halten. wobei das auf deutlich mehr aktivist_innen zutrifft als augf diese. aber eben auch auf die. ich würde hier einfordern auch mal diese position zu reflektieren

 

bei critical deutschsein war das ne 6. für cw vieleicht auch brauchbar. für empowernment als frauen vieleicht auch stark für ausschlusss durch akadamisierungen von diskursen wieder müll. nicht-endende widersprüche führen zu sehr komplexen zusammenhängen für die es keine einfachen lösungen gibt.

 

es gibt ja durchaus schon eine längere historie um gescheiterte grenzcamps. auf diesen erfahrungsschatz wurde in köln nicht zurückgegriffen (mein gefühl). die konflikt positionen haben sich auch deutlich geändert seit 2000. dieses jahr hatte ich das gefühl, das der klüngel*  nie an einer lösung interressiert war, sondern mit religiösen zügen den untergang kölns heraufbeschworen, um dann das camp 2013 in berlin, (wo ich als berlinerin nicht hingehen werde wenn es aus diesem spektrum organisiert wird) als hoffnungsschimmer und richtungsweisendes zukünftiges event darzustellen.

 

jetzt das ganz schwere. es ist nicht falsch, dass es rassismus auch auf dem no border camp gibt und das ist ein problem mit welchem sich die campteilnehmer_innen beschäftigen sollten. wofür aber auch der raum vorhanden sein muss ohne sich nur noch selbstzuverteidigen gegen das campdurchziehende rassismusvorwürfe. an diesem sachverhalt tue ich mich besonders schwer weil die intervenmtion durch den klüngel in köln eine starke dynamik nach sich ziehen kann. ich halte größere spaltungen als rs ! raus aus den no border zusammenhängen (immer als gruppe, nicht die personen) für ein starkes risiko zu zeiten wo eh nur 400 leute aufs camp fahren.

 

ah, genau es gab da noch einen flyer auf englisch verteilt. über das "aware"-sein... ein "how-to" für den fall, dass einer gesagt wird, dass das verhalten grenzüberschreitend war. der flyer ist nicht nur schlecht hat auch gutes an sich der zeitpunkt, als ich den gelesen habe machte jede kritik an rs oder klüngel noch schwieriger und noch grenzüberschreitender, noch rassistischer...

 

betahnien für alle ->

rs raus aus dem betahnien!

 

what ever ob zk oder rs für ne blockade kanns reichen für eigene politik für mich nicht.

 

 

 

*klüngel = rs ! + deren zusammenhang in köln, wobei es nicht darum geht rs ! mehr in die verantwortung zu ziehen als die französischen aktivist_innen, oder andere sich in diesm klüngel aufhaltetenen personen mit egal welchem pass.

 

 

...ps. wahrscheinlich sehr wirr und auch polemisch... aber als therapie für mich ganz gut glaube ich, endlich mal denscheiß rausgekotzt zu haben.

Insgesamt, Danke an Alle für Eure erläuternden Beiträge! Und ja, manche meiner Formulierungen waren zu scharf, wofür ich um Entschuldigung bitte.

Teils irritierten mich die Akzentuierungen in den Formulierungen. Bspw. befürchtete ich eine Hierarchisierung, gar Gegeneinanderaufrechnen von Rassismuserfahrungen und andererseits wird mir aus meiner Entgegnung eine Gleichsetzung unterstellt. Mir ist jedenfalls nun klarer geworden, was gemeint war. Vielleicht hat nun dieser tiefere Einblick und Differenzierung auch anderen weitergeholfen. Positiv fällt mir die Offenheit und Reflexion auf, die ich aus den Beiträgen herauslese und die mich auch weiterbringen.