Regierungsbehörde bei Infiltrierung von Bewegungsmedien gestellt

biohazard

"Nein, vergiss es... macht den Laden DICHT: Lasst uns nicht wie die Lemminge herumstehen - lasst uns den Laden dicht machen! Bringt Leitern und Seitenschneider mit. Wenn wir genug sind können wir ihn dichtmachen!" - Ein ganz gewöhnlicher Kommentar auf indymedia, könntest Du meinen - wenn auch ein wenig mackerhaft. In Wirklichkeit wurden diese Worte dort von den Bullen gepostet - und dieser Artikel erbringt dafür den Beweis.

 

Zur Entlastung aller die sich die letzten zwei Wochen in einem Erdloch oder unter einem Alufoliehütchen versteckt haben (der Großteil unserer LeserInnenschaft) stellt sich jetzt heraus dass die Bewegungen für direkte Aktion, Anarchie und Umweltschutz jahrelang von verdeckten Bullen infiltriert waren. Mindestens vier davon sind bereits aufgeflogen und es ist plausibel anzunehmen dass es weitere geben könnte. Doch während sich die kommerziellen Massenmedien auf die schäbigen Possen und das fragwürdige Liebesleben dieser professionellen Lügner konzentrieren, kann SchNEWS aufdecken dass die polizeilichen Versuche unserer Bewegung zu schaden sehr viel weiter reichen als ein paar ungepflegte Eingeschleuste in schmuddeligen Klamotten, und auch Angriffe auf Bewegungsmedien und Kommunikation umfassen. Über viele Jahre hinweg haben die Bullen auf der aktivistischen Website indymedia versucht, Mißtrauen zu säen, Bewegungen zu entmutigen sowie zu Gewalt und Straftaten anzustiften.

IP-Adressen

Die Bullenpostings flogen aufgrund einer internen Untersuchung von Desinformationen auf welche immer wieder auf indymedia UK abgeladen wurden. (Die folgenden Erörterungen beziehen sich auf das dort verwendete System, welches von dem hier verwendeten abweicht, A. d. Ü.) Technisch ist indymedia so eingerichtet dass zum Schutz der Verfasser IP-Adressen grundsätzlich nicht gespeichert werden. Praktisch gibt es jedoch IP-Filter. Auch wenn IP-Adressen lediglich vorübergehend aufbewahrt werden, werden die von wiederholten Mißbrauchsversuchen dauerhaft gesperrt um zu verhindern dass die Plattform überwältigt wird. Die ModeratorInnen von indymedia UK identifizierten den Server des "Gateway 303" als die Quelle vieler derartiger Postings. Es wurde ein Filter eingerichtet, um das Verhalten der Personen zu erforschen, welche sich hinter diesem Server verbergen.

Eine der identifizierten IP-Adressen war 62.25.109.196, welche der Serveradresse gateway303.energis.gsi.gov.uk entspricht. Es gibt auch ähnliche Server gateway-301 und gateway-302 mit den IP-Adressen 62.25.109.194 bzw. 62.25.109.195. Andere Server heissen gateway-101, gateway-202, gateway-201 usw. GSI bedeutet "Government Secure Intranet" (sicheres internes Regierungsnetz). Es handelt sich dabei um ein Netz der britischen Regierung um sichere Datenübertragung zwischen ihren Geräten zu ermöglichen. Das nationale Polizeinetz ist davon getrennt, kann sich jedoch damit verbinden. GSI wird derzeit von dem britischen Internetunternehmen Energis betrieben welches sich jetzt im Eigentum der Firma Cable&Wireless befindet.

Es ist aus dem Nutzungsprofil des Servers gateway-303 offensichtlich dass die IP-Adressen wahrscheinlich bestimmten Gebäuden oder anderweitig spezifizierten Einheiten innerhalb der britischen Regierung zugeordnet sind. Einer der Zwecke des GSI-Netzes ist einen sicheren Proxy zu bieten hinter dem der Nutzer seine Anonymität wahren kann. Daher der Mangel an handfesten Informationen wer genau hinter den Posting steckt. SchNEWS wird jedoch in dieser Frage einen Schlag ins Dunkel wagen (wenn es nur das ist), denn einige sind tatsächlich mit NETCU (dem Namen einer britischen Repressionsbehörde, A.d.Ü.) unterzeichnet. Natürlich könnte es sich dabei um die altbekannte Doppeltäuschung handeln, doch der Grad an Insiderwissen welches in einigen der Postings steckt lässt ein derartiges Komplexitätsniveau unwahrscheinlich erscheinen.

indymedia unbeschreiblich

indymedia nimmt eine Schlüsselrolle als Werkzeug aktivistischer Organisierung und Kommunikation ein. Aufgrund der offen politischen Ausrichtung der Seite sowie der Art der dort veröffentlichten Nachrichten ist es kaum verwunderlich dass es aggressive Psychos mit merkwürdigen Absichten magnetisch anzieht. Sein Anspruch allen einen Zugang zur Öffentlichkeit zu bieten macht es angreifbar für Trolle, Fälschungen sowie selbstverständlich auch polizeistaatlichen Mißbrauch.

Dieser Mißbrauch hat meistens die Form von unter einer Reihe von Pseudonymen geposteten Kommentaren angenommen.

Diese Postings zielten auf einzelne AktivistInnen, enthielten Informationen über AktivistInnen welche ansonsten der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, griffen Kampagnen an und drängten zur Störung friedlicher Proteste. Viele bezogen sich auf die laufenden Gerichtsverfahren. Manche sind lediglich personenbezogener Mißbrauch welcher sich gegen bekannte AktivistInnen richtet, während andere Informationen enthielten die ausschließlich den Bullen bekannt sind. Zwei Postings - vom 21.1. und 9.6.2010 - enthalten personenbezogene Daten einschließlich Mobilfunknummern von potentiellen Angriffszielen für die Tierrechtsbewegung, das eine von einem Pelzgeschäft in Leeds, das andere vom Besitzer eines Tierzirkus. Die Motive für die Veröffentlichung dieser Einzelheiten können lediglich vermutet werden. Außerhalb des Protokolls würden wir darauf tippen dass es sich offensichtlich um versuchte Fallenstellerei handelt.

Als Teil der aktivistischen Bewegung ist SchNEWS über die schändliche Ausbeutung persönlicher Freundschaften für den Angriff auf die Organisierung alternativer sozialer Bewegungen durch die Bullen nicht ganz so schockiert wie ein Teil der kommerziellen Medien. Es ist bereits sehr lange der Fall dass Du als AktivistIn darauf eingestellt sein musst Dich mit offener oder verdeckter Überwachung, staatlicher Brutalität und gezieltem Rufmord auseinanderzusetzen. Die Possen von Kennedy, Watson, Jacobs und Boyling sind lediglich Bestandteile einer taktischen Palette von Tricks, einschließlich Bullenkesseln, Greiftrupps und Fahndungspropaganda, Aufenthaltsverboten, der Platzierung von Gerüchten in kommerziellen Medien, sowie einem Schwall neuer Gesetze zur Kriminalisierung von Dissidenz (siehe SchNEWS Nr 754). Zu dieser Liste können wir jetzt die Infiltrierung der wichtigsten Plattform für antiautoritären radikalen Medienaktivismus in diesem Land hinzufügen.

Offene Hetze

Die Angriffsziele gefälschter indymedia-Postings umfassen das gesamte aktivistische Spektrum, von Antifaschisten bis Antimilitaristen, aber waren hauptsächlich mit Umweltschutzkampagnen befasst, insbesondere der Tierrechtsbewegung. Am 27.4.2010 erschien unter dem Titel "Don´t use SPEAK as a model" (die lautstarkste Tierrechtskampagne ist kein Vorbild) ein Kommentar im Newswire von indymedia UK. Der Kommentar zu dem Artikel "Neues Tierversuchslabor in Leicester, neue landesweite Kampagne beginnt" rief dazu auf "die Kampagne nach dem Modell erfolgreicher Tierrechtskampagnen wie im Fall der Katzen von Hillgrove oder der Eichen (sic) von Darnley usw." zu gestalten. Diejenigen welche mit diesen Kampagnen vertraut sind wissen dass beiden der Vorwurf gemacht wird gewaltsame Aktionen gegen Einzelpersonen beinhaltet zu haben. Ein Posting nannte eine anscheinend frei erfundene neue Tierrechtskampagne in Leicester - "Stop Leicester Animal Cruelty, SLAC (ha bloody ha)" - und amüsierte sich über die blutige Anspielung im Namenskürzel.

Es sollte bedacht werden dass Konzerne welche im Rahmen der Gesetze zum Schutz vor Belästigung Verfügungen beantragen, in der Vergangenheit hauptsächlich indymedia-Kommentare als Beweismaterial herangezogen haben. Dieses Gesetz wurde gegen Kampagnen wie "Smash EDO" eingesetzt um jegliche Dissidenz zu kriminalisieren die sich auf bestimmte (Rüstungs-)Unternehmen bezieht, selbst gänzlich friedliche und völlig legale Proteste.

Als ganzes liefern die gefälschten Kommentare das befremdliche Bild einer Kampagne von Verunglimpfung, Hetze und Vereinnahmung im Kombination mit verdrehten Seitenhieben und offensichtlichen Einschüchterungsversuchen. Einige wenige davon stechen als offensichtliche Anstiftung zu Straftaten heraus, während manche derart bizarr sind dass wir nicht eindeutig bestimmen können ob sie Teil eines finsteren Geheimplans zur Unterminierung der gesamten aktivistischen Bewegung sind, oder lediglich das Geschwätz gelangweilter Bullen mit zuckerkringelverklebten Fressen die nichts besseres zu tun haben.

Übersetzung aus SchNEWS, Brighton, Nr. 755

http://www.schnews.org.uk/archive/news755.php

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„You're in charge but don't touch the controls.“

linksunten.indymedia.org/node/33097

Communiqué vom 30.01.2011

Bullen posten auf Indy, was für eine neue Erkenntnis. Genauso wie Nazis und Arschlöcher.....mal ehrlich, dieser Beitrag ist nur entstanden weil mal 4 Bullen dumm genug waren das ganze offiziell vom Polizeinetz aus zu tun. Wenn ein Bulle von seinem privaten Internetanschluss hier Kommentare schreibt, merkt davon keiner was, denn der sieht genauso aus, wie meiner hier.

 

Bei öffentlich zugänglichen Internetplattformen muss mit sowas gerechnet werden, deswegen würde ich dort auch nie irgendetwas schreiben was mit Seitenschneidern und Leitern zu tun hat. (Schützt dann auch davor, dass Menschen, die es mit allem übertreiben müssen, einen einfach nur auf den Punkt gebrachten Aktionsvorschlag als "mackerhaft" (=sexistisch) trollen ;) )

Aber schon allein weil sowas nicht in die Öffentlichkeit gehört, käme mir das komisch vor und ich würde es nicht mehr als "ganz normalen Kommentar" betrachten...mit sowas muss gerechnet werden und dass auf Indy und auch hier Bullen posten, ist völlig logisch.

Bullen schreiben etwas auf Indymedia. Na und? Ob es die Bullen sind, ein Nazi oder ein bauchlinker Internet-Nerd, who cares?

Wenn Menschen in der Lage sind, Behauptungen und Kommentare kritisch aufzunehmen, abzuwägen und sich selber eine Meinung dazu zu bilden, dann kann es egal sein, wer deren Autor ist. Im Gegenteil, auch das Posting eines Bullen kann, in seltenen Fällen, von Nutzen sein, wenn es einen Aspekt beleuchtet, über den man noch nicht nachgedacht hat.

Schlimm sind Bullenpostings in der Regel für jene, die nur einer linken Identität frönen und nicht zum selbstständigen Denken in der Lage sind.

Dass sich einige schon länger darüber bewusst sind, dass hier mit polizeistaatlichem Mißbrauch aus allen Himmelsrichtungen zu rechnen ist, heisst leider noch nicht, dass aktuell alle dagegen gewappnet sind - Aufklärung, Prävention, Schadensbegrenzung und Gegenwehr sind daher absolut gerechtfertigt. Die geschilderte Nachweismethode über IP-Adressen ist allerdings veraltet, da auch ein kommerzieller Proxy oder Tor-Exitnode benutzt werden könnte und wahrscheinlich wird, so wie sich ja auch legitime Nutzer_innen mit diesen Mitteln vor Zurückverfolgung schützen müssen (und viele seit dem Erscheinen des Originalartikels dazu übergegangen sind). Deswegen ist es eine richtige Entscheidung von linksunten erst gar nicht auf diese Weise zu ermitteln. Bullen erfolgreich zu überführen und auszuschliessen erfordert immer wieder neue Taktiken zu entwickeln eingeschleuste Desinformationen zu identifizieren und zu markieren.

 

Es geht hier weniger darum dass die aufgeflogenenen Spitzel vielleicht auch online getrollt haben, sondern dass deren Auftraggeber im Netz Desinformationen eingeschleust haben ebenso wie sie in der Bewegung Agenten eingeschleust haben. Es bleibt ein Unterschied ums Ganze ob ein Bulle ausser Dienst vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch macht (und riskiert dafür von seinen Kameraden belangt zu werden die sich ja auch gegenseitig bespitzeln) oder aber im Dienst das Grundrecht sich aus öffentlich zugänglichen Quellen frei zu informieren schändet indem er diese Quellen zu vergiften versucht.