Richtigstellung und Gegendarstellung zu dem am 20.10. in der Marbacher Zeitung erschienenen Artikel „Jugend von links überrumpelt“ und den Vorkommnissen die dazu führten

Jugendhaus Beilstein

In den letzten Wochen haben sich die Ereignisse rund um das Jugendhaus Beilstein überschlagen und es war nicht immer leicht, die nötige Ruhe zu bewahren um die bestmögliche Lösung für alle Probleme zu finden. Spätestens wenn jedoch die mögliche Schließung des Jugendhauses, in das eine lebendige Gemeinschaft von Jugendlichen in Beilstein tagtäglich ihre Zeit, Energie und Kreativität steckt über einen Artikel in der Marbacher Zeitung kommuniziert wird, wird es auch für uns als die, die das Jugendhaus zu dem machen was es ist Zeit eine Stellungnahme dazu zu veröffentlichen. Auch gerade deshalb, weil in jüngster Vergangenheit eher von einer positiven Zusammenarbeit zwischen Jugendhaus und Bürgermeister Henzler gesprochen werden kann und auch ein Teil des Gemeinderates bei einer Vorstellungsveranstaltung des Jugendhauses voller Lob für unsere Arbeit war und uns zukünftige Unterstützung zusicherte, müssen wir uns über den aktuellen Umgang doch sehr wundern.

 

Doch nicht allein der Tatsache, dass wir bei den vergangenen Ereignissen oft schlicht übergangen und damit für unmündig erklärt wurden ist dieser Artikel geschuldet. Wir sind auch der Meinung, dass die Schilderung unserer Perspektive auf all das was sich ereignet hat dazu beitragen kann, einige Fragen aufzuwerfen und dazu anregen wird, einige längst notwendige Debatten zu führen. Wir beschränken uns dabei weitgehend auf die Schilderung von Fakten, damit sich jeder und jede seine und ihre eigene Meinung bilden kann.

 

Diesen Sommer traten zwei engagierte Jugendliche an unser Plenum heran, da sie im Begriff waren eine Ortsgruppe der Linksjugend Solid für Marbach und das Bottwartal zu gründen, für ihre Gründungsveranstaltung allerdings keine Räumlichkeiten hatten. Wir stellten unsere Räumlichkeiten für diese Gründungsveranstaltung am 14.07.2011 zur Verfügung, da wir uns als emanzipatorischen Freiraum für offene Jugendarbeit gemäß unserem Selbstverständnis betrachten und diese Jugendlichen sich offensichtlich für fortschrittliche Politik engagieren und politische Arbeit gegen Rassismus und andere Formen der Diskriminierung und Ungerechtigkeit leisten wollten. Deshalb sicherten wir ihnen zudem zu, dass sie auch ihre Gruppentreffen im Jugendhaus abhalten könnten. Zu der Gruppengründung erschien am 19.07.2011 ein Artikel in der Marbacher Zeitung, in dem Daniel Behrens von der Linksjugend Solid falsch zitiert wurde und vom Jugendhaus Beilstein als „Zentrale der Linksjugend“ die Rede war. Kurz darauf erhielten wir einen Anruf von Bürgermeister Günter Henzler, dass es hinsichtlich der Rechtslage, öffentliche Räume wie unser Jugendhaus betreffend nicht möglich sei, der Linksjugend Solid weiterhin unsere Räume zur Verfügung zu stellen, da diese eine politische Partei darstelle. Wir veröffentlichten daraufhin eine Stellungnahme im Beilsteiner Mitteilungsblatt, in der wir die LeserInnen in Kenntnis davon setzten, dass die Gründungsveranstaltung bei uns stattgefunden hat, jedoch sich die Linksjugend Marbach-Bottwartal zukünftig in anderen Räumlichkeiten treffen wird. Einen weiteren Artikel der Heilbronner Stimme zu der gleichen Thematik, der ohne unsere Stellungnahme zu berücksichtigen später veröffentlicht wurde ließen wir unkommentiert.

 

Ebenfalls in diesem Zeitraum wandten sich VertreterInnen der Heilbronner Kampagne „Nothing's gonna stop us now“ an das Jugendhaus Plenum, um uns ihr Konzept vorzustellen und um unsere Unterstützung zu bitten. Diese Kampagne sollte mit einer Reihe von Veranstaltungen wie Infoveranstaltungen, einem öffentlichen Infotisch in Weinsberg und einer Demonstration am 08.10. diesen Jahres einerseits auf die gewachsenen rechten Strukturen in Heilbronn und Umland, andererseits aber auch auf den Umgang der Stadt Heilbronn, der Polizei und der Presse sowohl mit den Naziaktivitäten im Kreis Heilbronn, als auch mit den Menschen die sich mit unabhängiger antifaschistischer Arbeit gegen diese engagieren wollen hinweisen. (Bezüglich dieser Vorgänge, speziell derer am ersten Mai dieses Jahres, kann sich jedeR im Internet selbst eine Meinung bilden.) Dadurch, dass einige aus unserem Kreis am 1. Mai in Heilbronn diese Zustände miterlebten und wir uns, wie oben bereits erwähnt, als emanzipatorischen Freiraum sehen, in dem Nazis und andere Faschisten nach wie vor nichts zu suchen haben, waren wir für dieses Thema bereits sensibilisiert und sicherten unsere Unterstützung in Form der Ausrichtung eines Konzertes in unseren Räumlichkeiten zu, dessen Erlös der politischen Arbeit dieser Gruppe zugute kommen sollte. Wir vermieteten also nicht unsere Räumlichkeiten an diese Gruppe, was ein Verstoß gegen den Mietvertrag darstellen würde, sondern traten selbst als Veranstalter dieses für den 15.10.2011 geplanten Konzertes auf.

 

Am 22.09.2011 erreichte uns ein Schreiben von Hauptamtsleiter Hermann Harst, in dem uns mit dem Verweis auf ein am 03.08.2011 wegen nächtlicher Ruhestörung verhängtes Konzertverbot untersagt wurde diese Veranstaltung zuzuführen. Dieses besagte Konzertverbot war jedoch bereits kurz darauf von Bürgermeister Günter Henzler in einem von uns initiierten Gespräch widerrufen worden, es fand sogar am 03.09.2011 im Zuge des alljährlichen Sommerfestes des Jugendhauses ein öffentlich beworbenes Konzert statt. Aufmerksam wurde Herr Harst auf das geplante Konzert am 15.10. laut des Schreibens durch das Polizeirevier Weinsberg, welches auch eine Mehrfertigung des Schreibens an uns erhielt. Aus welchem Grund das Polizeirevier Weinsberg Herr Harst mitteilte, dass dieses Konzert stattfinden sollte wurde uns nicht erklärt. Von einer Mehrfertigung des Schreibens bezüglich des ersten Konzertverbotes vom 03.08. für die Polizei, das das Einschreiten der Polizeibehörde erklären würde, ist uns nichts bekannt. In einem Telefongespräch mit Herr Harst stellten wir klar, dass wir zunächst besprechen müssen, wie wir mit einem so direkten Verbot seitens der Stadtverwaltung umgehen. Er beharrte jedoch darauf, dass es unsererseits keinerlei Diskussionsbedarf gäbe und das Konzert untersagt sei.

 

Einige Tage darauf erschien eine Polizeistreife bei einem 16-Jährigen Mitgliedes des Jugendhauses, die Person war jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause. Wenige Zeit später erhielt diese einen Anruf vom Polizeirevier Ilsfeld, in dem ein Polizeibeamter ohne Angabe von Gründen erfahren wollte welche Verbindungen es vom Jugendhaus Beilstein „zur Antifa“ gebe, was es mit dem Konzert am 15.10. auf sich habe und ob Aktive aus dem Jugendhaus in solcherlei Strukturen involviert wären und falls ja wie die Namen dieser Personen seien. Das eingeschüchterte Juha-Mitglied machte keine Aussage. Wir stellten daraufhin Kontakt zum Polizeiposten Ilsfeld her um den Beamten mitzuteilen, dass es Menschen gibt, die mit der Aufgabe betraut sind sich Fragen bezüglich des Jugendhauses zu stellen und deren Kontaktdaten auf der Internetpräsenz des Jugendhauses frei zugänglich sind.

 

Wir sagten das Konzert widerwillig und nach langen Diskussionen ab, da wir uns auf Grund der Ereignisse nicht sicher waren, was auf uns zukommt, wenn wir die Veranstaltung trotz des für uns ohne ersichtlichen Grund verhängten Verbotes durchführen würden. Dies gaben wir unverzüglich auf unserer öffentlichen Facebookseite bekannt um später eine ausführliche Stellungnahme dazu zu veröffentlichen. Trotzdem bekam ein Vorstandsmitglied am 13.10. einen weiteren Anruf von der Polizei, ob das Konzert nun auch wirklich abgesagt sei.

 

Vergangenes Wochenende am Samstag den 15.10.2011 fand kein Konzert im Jugendhaus Beilstein statt. Die Polizei kontrollierte an diesem Abend an beiden Ortseinfahrten bzw. -ausfahrten.

 

In einem späteren Telefongespräch mit Hauptamtsleiter Hermann Harst teilte dieser uns mit, dass ab sofort jedes geplante Konzert zwei Wochen vor dem eigentlichen Termin bei ihm unter Auflistung der auftretenden KünstlerInnen anzumelden sei. Dies würde er dann dem Polizeirevier Weinsberg zur Prüfung weiterleiten und uns anschließend darüber in Kenntnis setzen ob das Konzert stattfinden darf oder nicht.

 

Diese Ereignisse schlugen im Beilsteiner Rathaus und wohl auch unter den Bürgern und Bürgerinnen so große Wellen, dass dem „Linksruck des Jugendhauses in Beilstein“ auf Anfrage von CDU-Stadträtin Suzan Rösch ein eigener Tagesordnungspunkt in der öffentlichen (!) Gemeinderatssitzung am Dienstag den 18.10.2011 eingeräumt wurde. Davon erfuhren wir am Donnerstag den 20.10.2011, vermutlich wie die meisten anderen Menschen durch einen Artikel in der Marbacher Zeitung.

 

Auf diesem Wege erfuhren wir ebenfalls durch ein Zitat von CDU-Stadtrat Oliver Kämpf, der die Stadtverwaltung für ihr Verhalten lobt davon, dass eine Band „die auf linksradikalen Seiten im Internet beworben werde“ im Jugendhaus auftreten wolle und dass das „Leute sind, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden“. Wir erfahren aber weder, von welcher Band die Rede ist, noch auf welchen „linksradikalen Seiten“ diese beworben wird, noch weshalb diese vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Für das geplante Konzert am 15.10.2011 waren aber weder von uns, noch von VertreterInnen der Kampagne „Nothing's gonna stop us now“ zu irgendeinem Zeitpunkt Bands veröffentlicht worden.

 

Wir sind von einem Reporter in Form eines Telefongespräches am Mittwoch den 19.10. mit einem Vorstandsmitglied zwar involviert worden, als ihm jedoch von dem Vorstandsmitglied unmissverständlich klar gemacht wurde, dass wir seine Fragen bezüglich der Vorfälle rund um das Jugendhaus und „das Antifa-Konzert“ - zum Beispiel wie wir dazu gekommen wären und welche „Antifa-Band“ denn spielen sollte – nicht ohne Absprache im Plenum und nicht stellvertretend durch eine einzelne Person beantworten werden, war das Gespräch beendet und der Artikel wurde ohne Verweis auf das Telefonat veröffentlicht.

 

Wir haben nicht, wie Bürgermeister Günter Henzler in dem Zeitungsartikel zitiert wird „in unserer Unbedarftheit einfach ja gesagt“ und wir sind auch nicht, wie die Überschrift suggerieren mag „von links überrumpelt worden“, sondern wir überlegen und diskutieren auch durchaus sehr genau und ausführlich was wir tun und lassen wollen. Wir versuchen in unserer Funktion als selbstverwalteter Freiraum natürlich hauptsächlich Jugendlichen einen „Raum zur freien Entfaltung für alle Jugendlichen, die ihre Zeit fern von kommerziellen Zwängen, ohne Leistungsdruck und Konsumzwang gestalten wollen“ zu bieten, sondern streben auch „in Miteinander frei von Vorurteilen und Intoleranz an. Deshalb wird im Jugendhaus und dessen Veranstaltungen kein rassistisches, faschistisches, nationalistisches und sexistisches Gedankengut akzeptiert.“ Dies sind allseits bekannte Ausschnitte aus unserem Selbstverständnis, das seit vielen Jahren besteht, jedes Jahr der Zustimmung der Mitgliedervollversammlung bedarf und mit viel Zuspruch von allen Seiten wahrgenommen wird. Im Umkehrschluss bedeutet das für uns, dass wir gerade Jugendlichen und Junggebliebenen und ihren Gruppen, die den selben Anspruch Verfolgen, ob dieser in der Musik, in politischen Vorträgen und Diskussionsrunden oder in dem Versuch politische Arbeit zu leisten seinen Ausdruck findet, unsere Räumlichkeiten als Treffpunkt und auch als Plattform bieten.

 

Bürgermeister Henzler wird zitiert, mit der Aussage dass wir uns „nach einem Gespräch mit der Stadtverwaltung einsichtig dafür gezeigt hätten, dass das Jugendhaus kein Ort für Parteiveranstaltungen gleich welcher Couleur sein könne.“ Dies ist jedoch nur bedingt richtig. Wie oben bereits genannt wurde uns in einem Gespräch erklärt, dass die Linksjugend Solid in Zukunft keine Treffen mehr in unseren Räumen abhalten dürfe. Diese ist jedoch keine politische Partei. Auch der Arbeitskreis der Kampagne „Nothing's gonna stop us now“ ist keine politische Partei und bezüglich des Verbotes der Zusammenarbeit mit dieser Gruppe ist der Verlauf der Kommunikation weiter oben dargelegt. Die einzigen im Ansatz parteipolitischen Veranstaltungen die in den letzten Jahren im Jugendhaus stattfanden waren Podiumsdiskussionen zu Kommunal-, Landrats- und Bundestagswahlen und kommenden Mittwoch zur Bürgermeisterwahl. Wir dürfen und wollen vor allem auch gar keine Parteiveranstaltungen in unseren Räumlichkeiten abhalten. Für einen emanzipatorischen, fortschrittlichen, basisdemokratischen und selbstverwalteten Freiraum wie wir ihn täglich neu leben wollen, genauso wenig wie für unabhängige Politik, die sich mit unserem Selbstverständnis deckt, werden Parteien benötigt. Von einem „Linksruck“ kann in Anbetracht der traditionell emanzipatorischen Arbeit die seit vielen Jahren im Jugendhaus geleistet wird und von der jeder weiß, keine Rede sein. Für eine von Bürgermeister Günter Henzler in der Gemeinderatssitzung vom 18.10. in Erwägung gezogene Kündigung des Pachtvertrages seitens der Stadt sehen wir keinerlei Anlass.

 

Wir finden, dass diese Vorgänge öffentlich bekannt sein sollten, sodass auch andere interessierte Menschen , aber vor allem die Beilsteiner BürgerInnen wissen, was an den Gerüchten um das Jugendhaus tatsächlich dran ist und sich ihre Meinung bilden können. Das Jugendhaus wird immer von den Jugendlichen, die es gestalten und am Leben erhalten zu dem gemacht was es ist und nicht von Menschen die mehr über uns als mit uns sprechen.

 

Wenn es Fragen gibt, kann jederzeit per Mail unter juhabeilstein@gmx.net oder persönlich bei unserem alle zwei Wochen Sonntags um 19.00 Uhr stattfindenden Plenum das Gespräch mit uns gesucht werden.

 

In der Hoffnung darauf, dass bald einige offene Fragen geklärt werden und dass für die Art und Weise der Kommunikation der Stadtverwaltung mit uns in Zukunft eine würdige, ehrliche, transparente und respektvolle Form gefunden wird.

 

Das Jugendhausplenum im Oktober 2011

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Das ist sehr wichtig, und Euer gutes Recht! Und sowas ist noch viel wichtiger: "Das eingeschüchterte Juha-Mitglied machte keine Aussage."! Ihr habt völlig richtig gehandelt. Lasst Euch nicht unterkriegen!

... stattdessen viel eher den Parteien ihre Wahlkampfpropagandaveranstaltungen untersagen, ein paar PolitikwissenschaftlerInnen einladen die der Jugend mal kritisch erklären wie Demokratie funktioniert und stattdessen die aktive Jugendarbeit von der Basis viel stärker in den Vordergrund bringen. Dann soll sich eben nicht die Jugendorganisation der sog. Linkspartei bei Euch treffen sondern stattdessen ein kleiner (nicht) eingetragener Verein, bei dem zufällig die gleichen Leute, Jugendlichen, Mitglieder sind... Und bei den Anderen, denen der haltlose, unglaublich lustige Vorwurf gemacht wird, die böse böse, ja genau die einzigartige, die "Antifa", zu sein... haha! Naja, da ginge doch sicher ähnliches, oder?
Verträge zur Raumnutzung mit Vereinen und der Teilabtretung durch weitere Regelungen können sowas schönes sein...
Wiebitte, das Konzert sollen die und die gemacht haben? Nein. Nie davon gehört. Geben Sie uns das doch bitte schriftlich. Und vielleicht helfen da ja auch mal ein paar kritische AnwältInnen oder NotarInnen gerne beim Formulieren mit.
Ups, na sowas!