Proaktive Anti-Repressionsaktion in Baden-Baden

Nein zur Nord-Atlantik Justiz
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Heute trafen sich ein Dutzend AktivistInnen begleitet von einem Kamerateam des SWR sowie unabhängigen BerichterstatterInnen in Baden-Baden beim Amts- und Landgericht, um im Vorfeld des Nato-Gipfels proaktive Anti-Repression zu betreiben. Im Gerichtsgebäude wurde an (fast) alle MitarbeiterInnen ein Flugblatt verteilt, um die Rolle einer „eingebetteten Justiz“ zu kritisieren. Nach guten 20 Minuten machte der Gerichtspräsident von seinem Hausrecht Gebrauch und verwies die AktivistInnen des Gebäudes. Im Anschluss an eine improvisierte Pressekonferenz vor der Tür wollten die benachbarten Bullen noch die Personalien der/des Verantwortlichen. Nach einigem Hin und Her wurde ihnen auch die Personalien eineR AktivistIn genannt.

 

Anlass für die Aktion war einerseits die Bilanz des juristischen Nachspiels von Heiligendamm 2007: von über 1700 eingeleiteten Verfahren wurden 23 per Gerichtsurteil entschieden; davon endeten neun mit Freiheits- und vier mit Geldstrafen; die restlichen zehn wurden eingestellt.

 

 

Ein weiterer Anknüpfungspunkt für die Aktion war die Ankündigung des baden-württembergischen Innenministers Rech, ähnlich wie in Heiligendamm Käfig-Gewahrsamszellen einzurichten und sowohl Gewahrsamsüberprüfungsverfahren als auch Strafverfahren im Schnellverfahren durchzuführen. Solche Verfahren sind für die Behörden sehr viel weniger aufwändig. Rechtsstaatliche Prinzipien werden dabei erfahrungsgemäß unterlaufen. So hatten in Heiligendamm viele Gefangene keine Möglichkeit sich mit einer AnwältIn zu beraten. In den Gängen der Gerichte lungerten massenhaft Bullen herum, während der Presse, BeobachterInnen und dem anwältlichen Notdienst der Zugang verweigert wurde. Die häufig inkompetenten, weil in anderen Rechtsgebieten ausgebildeten, RichterInnen bezeichneten sich selbstverräterisch als Kavala-Justiz.

 

Fight Militarism! – Fight embedded Justice!

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Proaktive Antirepressionsgruppe der zwei Ufer, PM vom 16.02.2009

 

Proteste gegen Natogipfel

Im Rahmen eines Besuches im Amtsgericht Baden Baden verteilten Gegnerinnen und Gegner des Natogipfels heute Flugblätter an die dort arbeitenden Justizangestellten und hängten im Foyer ein Transparent mit der Aufschrift « Nein zur Nord Atlantik Justiz » auf.

Hintergrund der heutigen Aktion ist die beabsichtigte Einbettung der Justiz in die Polizeistrukturen während des NATO-Gipfels. Auf der im Gerichtsfoyer abgehaltenen Pressekonferenz, erläuterte Hans-Dieter Mehring von der « proaktive Antirepressionsgruppe der zwei Ufer »: « Die Einsetzung von Richterinnen und Richtern des Amtsgerichtes Baden Baden in direkter Nähe der Gefangenen-sammelstellen setzt die rechtsstaatliche Gewaltenteilung ausser Kraft. Somit wird die Judikative direkt der fuer die Polizeimassnahmen des Gipfels verantwortlichen BAO Atlantik unterstellt. »

Dabei deutete das Verhalten von Gerichtsangestellten und der sofort herbeigerufenen Polizei darauf hin, dass sie gegen GipfelgegnerInnen eine scharfe Gangart einlegen wollen. Bereits zu Beginn des Pressegespräches wurden die 20 teilnehmenden AktivistInnen unter Androhung eines Strafverfahrens aus dem Gerichtsgebäude nach draußen gedrängt. Der Polizei war dies nicht genug. Sie hielt die Gruppe noch nach Ende der Aktion lange auf und bestand auf eine Personalienfeststellung.

Melanie Rose von der Roten Hilfe Rostock erläuterte die Befürchtungen der GipfelgegnerInnen: « Beim dortigen G8-Gipfel 2007 wurden in den von der G8-Polizeitruppe Kavala eingerichteten Gefangenensammelstellen spezielle Richterzimmer eingerichtet, mit der Aufschrift « Kavala Justiz ». Der Zugang zu diesen Zimmern wurde rund um die Uhr von der Polizei kontrolliert, ein freier Zugang für AnwaeltInnen zu den Richtern war nicht möglich. Genauso grotesk liefen auch die Schnellverfahren vor diesen « Polizeirichtern » ab. Weder konnten sich die Angeklagten rechtmässig verteidigen lassen, noch konnten überhaupt Zeuginnen und Zeugen von den Angeklagten befragt werden. »

Diese Zustände werden sich auch in Baden Baden wiederholen, befürchten die AktivistInnen, wenn sich die betroffenen Richterinnen und Richter nicht schon jetzt widersetzen und auf eine strikte Trennung der Gewalten pochen. Auch für die Zeit nach dem Gipfel werden für die Justiz katastrophale Zustände befürchtet, wenn dem beabsichtigten Treiben der Polizei kein Ende bereitet wird. Die Ankündigung von Innenminister Rech, massiv mit Ingewahrsamnahmen gegen Gipfelgegnerinnen und Gegner vorzugehen und das Fabulieren über Gefangegensammelstellen mit Kapazitäten für mehrere hundert Personen, wecken wiederum Erinnerungen an die über 1000 willkürlichen Festnahmen in Heiligendamm. Das hatte für die Rostocker Justizbehörden eine immense Flut von 1700 eingeleiteten Ermittlungsverfahren zur Folge, von denen aber 97 % eingestellt werden mussten, da von Seiten der Polizei Straftatbestände konstruiert und Beweismittel zurechtinterpretiert wurden, um die Festnahmen zu rechtfertigen.

In Folge dessen wurde die Rostocker Justiz für mehrere Monate lahmgelegt. Ähnliches wird auch hier passieren, und es könnte für die Baden-Badener Justiz nicht schlimmer kommen, denn die AktivistInnen wollen sich diesmal nicht so leicht von der Polizei abschrecken lassen. Auf den Flugblättern kündigten sie den Gerichtsbediensteten an, alle Rechtsmittel auszuschöpfen und auch kreative Massnahmen einzusetzen, um sich gegen willkürliche Repression zur Wehr zu setzen.

« Angenommen, die Baden Badener Richter verurteilen, sagen wir mal, hundert Leute zu 50 Euro Bußgeld, weil diese auf einer Demo z.B. eine Clownsnase oder eine Schutzbrille trugen (Vorwurf : passive Bewaffnung?), würde, in einem solchem Fall ein ziemlicher Haufen Arbeit auf die Gerichtsbuchhaltung zukommen, denn es steht fest, dass die Bußgelder dann in 11-Cent-Beträgen von unterschiedlichen Konten überwiesen werden. So einfach wie in Rostock werden wir es dem Repressionssystem nicht mehr machen », so Rose.

Die Initiative erwartet von den Richterinnen und Richtern im Vorfeld von solchen Gipfeln, daß sie mehr Rückgrat gegenüber der Polizei zeigen. Dies gilt auch für verwaltungsrechtliche Verfahren, die die Genehmigung von Demonstrationsrouten betreffen, welche durch polizeilich definierte Sicherheitsbereiche führen.

 

Weitere Informationen und auf Anforderung auch Bildmaterial von der Aktion erhalten Sie unter 0152-01430544.

"...wurden die 20 teilnehmenden AktivistInnen unter Androhung eines Strafverfahrens aus dem Gerichtsgebäude nach draußen gedrängt."

 

Könnten sie das "gedrängt" bitte etwas konkretisieren?