Lohnsenkung und Aufhebung des Kündigungsschutzes zur Krisenbekämpfung

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Die spanischen Arbeitgeber fordern nun all das, was sie bisher nicht umsetzen konnten, und werden zum Vorreiter in Europa.
Es war schon vor Jahren nicht schwer vorherzusagen, dass in Spanien die Immobilienblase platzen wird. Da auch die sozialistische Regierung nicht gegensteuerte, trifft die die Finanz- und Wirtschaftskrise das Land besonders heftig wegen der allgemein miesen Rahmendaten.

 

Es steht als Beispiel, wie eine neoliberale Deregulierung in vielen Jahren dafür gesorgt hat, dass die besondert hart trifft. Doch die Arbeitgeber nutzen sie nun zum Generalangriff auf verbliebene Rechte, statt nach eigenen Verantwortlichkeiten zu suchen. Sie setzen dabei auf Konfrontation, fordern eine Lohnsenkung, die Aufhebung des Kündigungsschutzes und geringere Abfindungen und provozieren inzwischen auch massiven Widerstand. Das alles klingt zwar etwas spanisch, doch die Vorstellungen geistern auch in Deutschland durch viele Köpfe und spätestens nach der Wahl wird derlei auch in hier vorangetrieben, was von Freiburg bis Flensburg in Hinterzimmern diskutiert wird und derzeit nur manchmal und leise die Öffentlichkeit erreicht.

 

Man darf bestimmte Meldungen eigentlich nur noch als Realsatire lesen. Ein gutes Beispiel dafür ist eine Nachricht der deutsprachige "Spaniens Allgemeine Zeitung" (SAZ). Die titelte am vergangenen Donnerstag: "Arbeitslose jubeln: 420 Euro vom Staat gegen die Krise!". Was hat es mit der Meldung auf sich, die angeblich die Arbeitslosen zum Jubeln bringt, wenn sie 420 Euro aus dem Staatssäckel bekommen sollen? 

Nun, da die Arbeitslosigkeit in Spanien offiziell bei 4,1 Millionen liegt (über 18 %) und schon geschätzte eine Million Menschen keinerlei Unterstützungsleistungen mehr erhalten und deshalb meist nicht in der Statistik geführt werden, kam die Regierung in den Sommerferien zu einer außerordentlichen Kabinettssitzung zusammen. Die wurde nötig, weil die Sozialpaktgespräche kürzlich von den Unternehmern gesprengt wurden. So wurde nun beschlossen, statt der geplanten Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes, einem Teil der Arbeitslosen ein Sozialgeld von 420 Euro zu zahlen, wenn sie kein Arbeitslosengeld mehr bekommen. Ab Montag kann die Jubelhilfe beantragt werden.

Da es, außer im Baskenland, in Spanien praktisch in keiner anderen Region eine Sozialhilfe oder Hartz IV gibt, könnte man das ja tatsächlich als Fortschritt feiern, wenn eine spanische Familie von nun an vom Staat wenigstens knapp 13 Euro pro Tag erhält. Doch weit gefehlt. Die Maßnahme hakt schon daran, dass sie nur auf sechs Monate beschränkt wurde und auch nicht für alle gilt. Doch dazu vermerkt die SAZ dann im Untertitel: "Und da sage nochmal einer, in Spanien gäbe es keinen Sozialstaat!" 

Doch die für den Artikel verantwortliche Person sollte einmal diesen "Sozialstaat" auskosten und versuchen in Spanien als Alleinstehende(r) von 420 Euro im Monat zu leben. Doch das mutet die Regierung ganzen Familien zu und noch davon nur einem Teil. Für Nebenjobs (schwarz) soll keine Zeit bleiben, weil man sich, so der Arbeitsminister, Celestino Corbacho, in der Zeit fort- und weiterzubilden habe. Doch muss man ohne derlei Nebenjobs schlicht verhungern. Die 420 Euro reichen meist nicht einmal, um die Miete oder die Hypothekenzinsen zu bezahlen, um die Wohnung nicht zu verlieren.

Dass nicht alle diese armselige Hilfe erhalten sollen, ist auch Arbeitsminister Celestino Corbacho klar. Der rechnet mit gut 300.000 "Berechtigten", weshalb die Regierung für die Überlebenshilfe 642 Millionen Euro locker machen will. Dass sie sich "verpflichtet", die Maßnahme zu verlängern, solange die Arbeitslosenquote über 17 % liegt, darf als schlechter Witz verstanden werden. Denn so wie in Madrid die Statistiken geführt werden, wird die Arbeitslosigkeit statistisch sogar dann fallen, wenn sie real weiter steigt.


So haben die Sozialisten mit dem Sozialgeld einen Entrüstungssturm entfacht, denn die Enttäuschung ist für die Mehrzahl der Antragsteller groß. Denn zunächst gab es keine Antragsformulare, doch das war das kleinere Problem. Vielen Bedürftigen wurde aber eröffnet, sie hätten keinerlei Anspruch auf das Geld. Es ist ein Geheimnis der Regierung unter José Luis Rodríguez Zapatero, warum nur die in den Genuss des Sozialgelds kommen, deren Arbeitslosengeld seit dem 1. August ausgelaufen ist. Fast eine Million Menschen, die schon lange keine Unterstützung mehr erhalten, sind ausgeschlossen.

 

Vor dem geballten Unmuts, der nun auf die Sozialisten (PSOE) einprasselt, erklärte ein gestresster Vizegeneralsekretär José Blanco zunächst, die Regierung "wird sich bemühen, die Menschen besser über die Extrahilfe mit 420 Euro zu informieren". Das war ein neuer Schlag ins Gesicht der Not leidenden Familien, denn die brauchen keine Information, sondern Hilfe. Sie erinnern Zapatero daran, dass er beim Ausbruch der Krise versprach: "Die Regierung wird keine Familie ihrem Schicksal überlassen".

Der Unmut mündet längst in massive Proteste. Eine kämpferische Landarbeitergewerkschaft blockierte am Donnerstag mit 800 Anhängern im südspanischen Cordoba eine Schnellzugstrecke, um gegen die "heiße Luft" der Regierung zu protestieren. Dieses Sozialgeld bezeichneten sie eine "Beleidigung" und besetzen auch eine Bank, um darauf hinzuweisen, dass die Regierung Milliarden für die Rettung von Banken und für Konjunkturprogramme zahlt, aber für das Sozialgeld nur 642 Millionen Euro. Im Haushalt 2009 werden für die Bankenrettung 29 Milliarden veranschlagt und 2010 sollen es sogar bis zu 90 Milliarden werden.

Zapatero rudert nun zurück: "Wenn man etwas modifizieren muss, werden wir das tun", erklärte er vom Urlaubsort Lanzarote. Arbeitsminister, Celestino Corbacho, dessen Stuhl nun wackelt, weil Zapatero ihm die Schuld für das Debakel zuschieben wird, versucht zu beschwichtigen. Man werde aber nur den Stichtag nach hinten verschieben, ein allgemeines Sozialgeld für sechs Monate werde es nicht geben. Damit widerspricht er Zapatero. Der meint, "es werde alle Menschen umfassen, die es benötigen". Das ließe sogar vermuten, dass auf die ausgeweitet wird, die nie Anrecht auf Arbeitslosengeld hatten.

Da sind zum Beispiel die Selbständigen. Seit Jahren wird ihnen versprochen, sie könnten durch freiwillige Zahlungen in die Arbeitslosenkasse einen Anspruch erwerben. Doch das wurde in der letzten Sitzung erneut vertagt. Denn für neue Hilfen muss aber erst wieder Geld in die Kasse fließen, weil die Verschuldung explodiert. So werden Steuererhöhungen angekündigt. Statt wie kürzlich Verbrauchssteuern wie Tabak und Treibstoff anzuheben, sollen nun die Reichen zur Kasse gebeten werden. Die Großverdiener müssten "den Gürtel enger schnallen", sagte Blanco populistisch, um dem Entrüstungssturm zu begegnen. Die Frage ist nur, warum die Regierung letztes Jahr die Vermögenssteuer abgeschafft hat? 
Für eine Partei, die das Wort sozialistisch im Namen führt, ist es mehr als peinlich, dass sie Milliarden in die Rettung von Banken steckt, aber zahllosen Menschen nicht einmal das Existenzminimum garantiert.

 

Realsatirisch ist auch die Reaktion der postfaschistischen Volkspartei (PP). Sie hat zwar Rechenprobleme, macht aber richtigerweise darauf aufmerksam, dass "eine Familie in Spanien von 14 Euro nicht leben kann". Doch die große Oppositionspartei hatte in acht Regierungsjahren trotz Rekordarbeitslosigkeit nie etwas für die Arbeitslosen getan. Die Kameraden der PP haben also auch Probleme mit dem Gedächtnis. Es wäre dem Kriegspräsidenten José María Aznar nicht einmal im Traum eingefallen, darbenden Familien auch nur ein Handgeld anzubieten. Der versuchte lieber den Kündigungsschutz zu schleifen und den Arbeitszwang mit einer Reform zu erhöhen. Er scheiterte aber weitgehend an einem Generalstreik, den es nach Ansicht seiner Regierung nie gegeben hat. Es war auch die PP, welche die massiven Manipulationen an der Arbeitslosenstatistik eingeführt hatte. Realsatire ist es dann auch, dass sie zunächst die Tatsache angreift, dass viele von der Hilfe ausgeschlossen sind, und nun behauptet, Steuererhöhungen zur Ausweitung des Sozialgelds seien "ein brutaler Angriff auf die Beschäftigung und die Arbeitslosen". Der PP-Sprecher Javier Arenas empfiehlt der Regierung: "Austerität in der Verwaltung, Reformen und Steuersenkungen".

Das Problem der Sozialisten (PSOE) ist, dass sie weitgehend in die ausgetretene neoliberale Spur der PP getreten sind. Weder wurde das Fälschen der Statistik beseitigt, noch sozialpolitisch umgesteuert. Das Platzen der Immobilienblase wurde nicht verhindert. Man versuchte erst gar nicht, gezielt den Druck aus der Blase zu lassen. Doch das wäre einfach gewesen, hätte aber, weil die Arbeitslosigkeit leichter gestiegen wäre, der PSOE wohl 2008 schon die Macht gekostet, als sie die Wahlen nur noch knapp gewonnen hat.

Ein Blick über die Grenze hätte genügt. Im konservativen Frankreich sind die Immobilienzinsen über die gesamte Laufzeit festgeschrieben und die Haushalte dürfen sich nur zu einem Drittel des Einkommens verschulden. In Spanien gibt es keine Grenzen, die Zinsen sind variabel und damit wälzen die Banken das volle Zinsrisiko auf die Familien ab. Das ist gut für die Bankbilanzen, aber ein Desaster für eine Volkswirtschaft und für Millionen Menschen, die neben ihren Jobs dann auch noch die Wohnung verlieren.

So hat der Anstieg des Zinsniveaus in der Finanzkrise vielen völlig überschuldeten Familien den Garaus gemacht. Es ist kein Zufall, dass die Krise in den Ländern, wie den USA, Großbritannien, Irland und Spanien besondere Urstände feiert (<http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29594/1.html>), wo die Deregulierung schon heftig gewütet hat und mit variablen Hypothekenzinsen herumhantiert wird. Doch die PSOE hat sich auch hier, wie zum Beispiel bei der Aufarbeitung des Faschismus (<http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26502/1.html>) oder in der Atomenergie (<http://www.heise.de/tp/blogs/2/141575>) nicht getraut, sich mit den faktischen Mächten im Land anzulegen.

Statt die Gewinne der Banken zu beschneiden, um die Auswirkungen der Krise zu begrenzen, wurde die ohnehin enorme Verschuldung der Familien noch deutlich erhöht, weil denen die Verlängerung der Kreditlaufzeiten (<http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27779/1.html>) auch noch sozialdemokratisch schmackhaft gemacht wurde. Das Prinzip Hoffnung wurde zur desaströsen Leitlinie, eine politische Linie wurden vom hilflosen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero zum Programm an allen Fronten erhoben. Die schwer angeschlagene PSOE versucht nur noch Zeit zu schinden und hofft nun, dass in sechs Monaten das Schlimmste überstanden ist und man, wie Deutschland, Frankreich wenigstens wieder ein Minimalwachstum verkünden kann, auch wenn es herbeidedopt ist.

Anders als in Frankreich oder Deutschland schrumpfte die spanische Wirtschaftsleistung aber auch im zweiten Quartal dieses Jahres auch ganz offiziell weiter. Das erneute Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts fiel mit -1 % zum Vorquartal sogar noch deutlicher aus, als von der spanischen Zentralbank erwartet worden war. Im Jahresvergleich ist die Wirtschaft, nach den vorläufigen Daten um 4,1 % geschrumpft und das ist ein neuer Negativrekord. Daran hat auch nichts geändert, dass Spanien wie kein Land in der EU mit Konjunkturspritzen agierte und damit die Neuverschuldung 2009 auf etwa 10 % hochschnellen dürfte.

Doch weil die Sozialisten an den neoliberalen Rahmenbedingungen nichts geändert haben, sind sie sehenden Auges in die Krise geschlittert. Doch die wird ihnen wohl alsbald die Macht kosten. Die PP, die für diese Rahmenbedingungen verantwortlich war, bläst seit den Europaparlamentswahlen zum Sturm. Dass es nun nicht einmal bei der PSOE zu der angekündigten Bankenrettung mit sozialer Note gereicht hat, wird den Vorgang wohl noch beschleunigen. Statt zu jubeln dürfte ein noch größerer Teil der sozialistischen Wählerschaft, angesichts der "großzügigen" Hilfe von 420 Euro der PP in der Arme laufen, weil der fälschlicherweise nachgesagt wird, sie verstehe etwas mehr von Wirtschaftspolitik.

Zwar hat der große Unternehmerverband CEOE das dementiert, doch es ist kein Zufall, dass der mit unannehmbaren Forderungen die Sozialpaktgespräche zwischen Gewerkschaften, Regierung und Unternehmern platzen ließ, um letztlich Zapatero zu stürzen. Der hat das aber begriffen. Zapatero, der sonst nur "Bambi" genannt wird, zeigte kurzzeitig die Zähne und machte die Unternehmer allein für das Scheitern der Gespräche verantwortlich: "Die Vorschläge der Unternehmer sind unannehmbar für eine verantwortliche Regierung", sagte er. Sie bedeuteten einen direkten Angriff auf den Sozialstaat und auf die Arbeitsbeziehungen. 

Dabei fällt ihm auf die Füße, dass seine Regierung den Unternehmern schon Boomzeiten weit entgegen gekommen war. Das Rentenalter wurde angehoben und die Abfindungsregelungen schon ausgehöhlt. Dafür wurde praktisch nichts gegen die ausufernde befristete Beschäftigung getan, welche nun die Arbeitslosigkeit so extrem schnell anwachsen ließ. Nun glaubten die Unternehmer, sie könnten die Krise zum totalen Durchmarsch nutzen.

Sie forderten in den Sozialpaktgesprächen praktisch freie Hand bei Kündigungen. Bisher müssen die zuständigen Regionalregierungen bei Massenentlassungen noch zustimmen. Arbeitnehmer sollten sich nicht einmal juristisch gegen Kündigungen wehren dürfen, war eine der abstrusen Forderungen. Durchgesetzt werden sollte die alte Forderung, dass die angeblich so hohen Abfindungen gesenkt werden müssten, womit als Nebeneffekt die Gewerkschaften gedemütigt werden sollten. Die Abfindungen, ohnehin geringer als in Deutschland, sind praktisch noch der einzige Schutz vor einer individuellen Entlassung. Sie dienen Arbeitslosen zudem als Polster, für die Zeit nach dem Auslaufen des Arbeitslosengeldes. Doch damit nicht genug, forderten sie, den Arbeitgeberanteil an den Beiträgen der Sozialversicherung um ganze fünf Prozentpunkte zu senken. Damit muss entweder der Arbeitnehmeranteil um diesen Anteil erhöht werden oder der Staat treibt auf den Bankrott zu.

Die Forderungen waren nach dem Sieg der PP bei den Europaparlamentwahlen von der CEOE sogar noch einmal hochgeschraubt worden. Das zeigt, dass die nicht mehr an einem Abkommen interessiert waren, sondern die schwache Regierung stürzen wollen. Statt endlich strukturelle Veränderungen vorzunehmen, die Gewinne auch wieder zu investieren, die Produktivität zu erhöhen, wollen sie Zapatero beseitigen, die Konservativen wieder an die Macht bringen, die dann all das durchboxen, was die Unternehmensverbände fordern. Den Gewerkschaften wird die Rolle zugedacht, nun den Generalstreik zu organisieren, den die Vereinte Linke (IU) seit langem fordert, um einer Regierung ohne eigene Mehrheit im Parlament den Gnadenschuss zu versetzen. Ein Vorbild dafür gibt es. Vor 20 Jahren riefen die Gewerkschaften schon einmal zum Generalstreik gegen "ihre" Regierung auf. Die spanischen Gewerkschaften haben sich selber mit dem Setzen auf den Sozialpakt vorgeführt, als sie sogar den Generalstreik der baskischen Kollegen aktiv unterliefen, die stets von einer Farce sprachen.

Und so hat der Präsident des Unternehmerverbands nach dem Abbruch der Sozialpaktgespräche weiter nachgelegt. Gerardo Díaz Ferrán fordert nun eine allgemeine Lohnkürzung. "Bei den Tarifverhandlungen müssten die Löhne wenigstens um ein Prozent gesenkt werden", sagte er in einem Interview. Damit reagierte er auf die Vorwürfe der Gewerkschaften, die Unternehmer blockierten die Verhandlungen über 1500 Tarifverträge, wovon etwa vier Millionen Arbeitnehmer betroffen seien. Angesichts der neuen Provokation bereiten sich die Gewerkschaften auf einen "heißen Herbst" vor. 

In Deutschland stellt sich die Lage etwas anders dar. Auch die Sozialdemokraten (SPD) laufen reichlich ziellos in den ausgetretenen Pfaden der Konservativen herum. Gerhard Schröder hatte mit seiner Agenda 2010 die Weichen klar in Richtung Deregulierung und neoliberaler Politik gestellt, wie zuvor sein Kumpel Tony Blair mit New Labour in England. Doch die Genossen haben sich in der großen Koalition in der Krise von der Union über den Tisch ziehen lassen und das wird ihnen wohl noch teuer zu stehen kommen. Die Europaparlamentswahlen haben das schon klar gezeigt.

Sie haben, wie der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, sogar noch die Drecksarbeit für die Bundeskanzlerin gemacht und sich damit in einem Gewirr von unauflöslichen Widersprüchen verstrickt. Die CDU hat dagegen ihre Vorstellungen im Konjunkturprogramm umgesetzt, wo für die unteren Einkommen kaum etwas oder gar nichts herauskam. Steinbrück hat sogar ein Bad-Bank-Gesetz nach dem Muster der CDU gestrickt (<>) und als die SPD merkte, was sie da mitverzapft hatte, distanzierte sie sich sogleich wieder davon. 

Wie soll man da nun deren Gefasel von der versprochenen Vollbeschäftigung ernst nehmen. Eigentlich könnte man sie sogar als Warnung verstehen, dass der unterbezahlte oder unbezahlte Arbeitszwang über 1 Euro-Jobs ausgeweitet werden soll. Beim unbedarften Wähler dürften solche Ankündigungen eher Unverständnis auslösen und an der Parteibasis werden sich die reichlich verarscht vorkommen, die gegen den Sozialabbau a la Schröder den Mund aufgemacht hatten. 

Tatsächlich stehen auch in Deutschland Steuererhöhungen und / oder Leistungskürzungen an. Die Milliarden, die für Bankenrettungen, Abwrackprämie zur Stützung der unökologischen Automobilindustrie, Konjunkturprogrammen etc. mit beiden Händen aus dem Fenster geworfen werden, müssen wieder eingenommen werden, um das Rekordhaushaltsdefizit auch wieder abbauen zu können. Der Spanier Zapatero hat das schon frühzeitig vorgemacht, nach den Wahlen natürlich.

Eigentlich sind sich alle insgeheim darüber einig, auch wenn nun FDP und CDU sich sogar einen Wettbewerb in Steuersenkungsversprechen bieten. Bisweilen dringt das ja auch mal bei der Union nach außen, dass solche Versprechen eigentlich niemand glaubt. Merkel hat ihre Mannen aber besser im Griff als der SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, der versucht, seinen zweitklassigen Verein im Abstiegskampf nicht untergehen zu lassen Die Diskussion um Steuererhöhungen hat Merkel schnell abgewürgt.

Doch da sind die Pläne vom designierten Koalitionspartner, die Sozialleistungen auf breiter Front zu kürzen, wie sie FDP-Spaßkanzlerkandidat Guido Westerwelle schon teilweise offen dargelegt hat. Doch das ist nur die Spitze des Wunschlisteneisbergs. Erst kürzlich stimmte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt in den Chor seines spanischen Kollegen ein. In einigen Branchen sei wegen der massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten betriebswirtschaftlich gerechtfertigt, die Tariflöhne zu senken, will auch er die Kaufkraft der Beschäftigten weiter beschneiden. "Auch die Kurzarbeit belastet die Unternehmen finanziell erheblich", schob er eine Drohung nach. Dass nun der Stillhaltepakt öffentlich wurde, mit der die Unternehmer Merkel mit der FDP an die Regierung bringen wollen, darf eigentlich nicht verwundern und zeigt, was nach den Wahlen droht. Nebem Massenentlassungen wohl auch Steuererhöhungen und Kürzungen von Sozialleistungen.

Hundt schloss nicht aus, "dass übertarifliche Vereinbarungen oder aber Arbeitsbedingungen in den Manteltarifverträgen verändert werden, die zu einer Senkung der Kostenbelastung der Unternehmen führen". Damit dürfte er auch Arbeitszeitverlängerungen meinen, die im Manteltarif geregelt wird. Ähnliches ist, meist leise, nun fast überall zu hören. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) spricht zum Beispiel von einem "Belastungsmoratorium" für die Wirtschaft.

Gürtel enger schnallen, lautet also erneut die Devise, kommt einem irgendwie schon bekannt vor. Dabei erklärte unsere Bundeskanzlerin im November 2007, nach langen Jahren der Reallohneinbußen: "Der Aufschwung kommt bei den Menschen an“. Ihrer Meinung nach wäre es damals darauf angekommen, die Grundlage für diesen Aufschwung zu stärken. Im Rückblick ist dieser Satz die Bankrotterklärung einer Kanzlerin, die die aufziehende größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren nicht wahrnehmen konnte oder wollte. Noch Monate später faselte sie davon, Deutschland drohe, anders als anderen Ländern, nicht einmal eine Rezession. Das ist sicher auch keine Leistung, für die man im Amt bestätigt werden dürfte. Doch auch in Deutschland hoffen die Unternehmer auf eine noch wirtschaftsliberalere Regierung aus Union und FDP, um auch hier die Pfeiler eines vergangenen Sozialstaats zu schleifen, die es verhindert haben, dass auch Deutschland wie Spanien in eine extrem tiefe Krise abgleitet. So dass wohl neben Spanien auch Deutschland vom Regen in die Traufe geraten dürfte.

© Ralf Streck, den 25.08.2009

 

Veranstaltungsanküdigung:

 


Der Konflikt um das Baskenland

Der Konflikt zwischen der spanischen Regierung und der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung scheint kein Ende zu nehmen. Nach den gescheiterten Friedenverhandlungen macht die baskische Untergrundorganisation E.T.A. - Euskadi Ta Askatasuna (Baskenland und Freiheit) zu ihrem 50jährigen Bestehen mit einer (auch) tödlichen Bombenoffensive darauf aufmerksam, dass mitten in Europa ein ungelöster bewaffneter Konflikt schwelt und wie in Nordirland auf eine demokratische Lösung wartet.
Die ETA hat sich die deutsche und britische "Bierkolonie" Mallorca besonders ausgesucht, um die Medien in Europa zu einer ausgiebigen Berichterstattung zu zwingen. Die Berichte sind einseitig auf die Anschläge fokusiert. Dass Zeitungen illegal verboten werden, inzwischen hunderte Wählervereinigungen und Parteien verboten wurden, politische Aktivisten entführt werden und einer spurlos verschwunden ist, dass Spanien von namhaften Menschenrechtsorganisationen jährlich Folter und Misshandlungen vorgeworfen wird, Wahlbetrug eingesetzt wird, alle Demonstrationen verboten sind, welche die Polizei mit Gummigeschossen auflöst, ja die Angehörigen von nun 800 politischen Gefangenen nicht einmal mehr die Bilder ihrer Kinder zeigen dürfen, derlei scheint die Vertreter der "freien" Presse aber nicht zu interessieren. Doch erfährt man über die Wurzeln und den Hintergrund des Konflikts und die sozialen Probleme leider nur wenig. Deshalb soll es genau darum auf der Veranstaltung gehen, zu der wir den Journalisten Ralf Streck eingeladen haben:
Köln, Donnerstag, 24. September, Qlosterstüffje (Venloerstr. 221, Köln-Ehrenfeld, U-Bahn Piusstr.)
Bochum, Bahnhof Langendreer, Fr. 25.9.2009 19.30 Uhr; Raum 6

Bremen, Sa. 26.09.2009


Es bestand kein Zweifel, dass die Steilvorlage von spanischen Unternehmern, den Kündigungsschutz praktisch aufheben zu wollen, auch in Deutschland auf ein großes Echo stoßen würde. Auf das wirtschaftspolitische Krisenmanagement müssten nun Schritte folgen, "damit bei einer konjunkturellen Trendwende möglichst rasch ein beschäftigungswirksamer Aufschwung entstehen kann“, sagte Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), dem Handelsblatt. Gemeint ist: "Dazu gehört eine Flexibilisierung des starren Kündigungsschutzes, denn dieser ist ein wesentliches Hemmnis für die Unternehmen, Mitarbeiter zügig wieder einzustellen.“

 

Näheres hier: 

 

 

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