Proteste in der Türkei: Polizei setzt Tränengas gegen Demonstranten ein

Erstveröffentlicht: 
28.10.2013

Neue Protestwelle in der Türkei: Zum Prozessbeginn um einen Polizisten, der im Juni einen Demonstranten erschossen haben soll, sind in Ankara Hunderte Menschen auf die Straße gegangen. Einsatzkräfte drängen sie mit Wasserwerfern und Tränengas zurück.


Ankara - In der Türkei flammen neue Proteste auf. Die Polizei setzt Wasserwerfer und Tränengas gegen die rund 2000 Menschen auf der Straße ein. Das berichten Augenzeugen. Medienberichte über Verletzte konnten zunächst nicht bestätigt werden.

 

Anlass für die Demonstrationen ist der Auftakt eines Prozesses. Vor Gericht steht ein Polizist, der beschuldigt wird, Anfang Juni den Demonstranten Ethem Sarisüslük erschossen zu haben. Die aktuellen Proteste richten sich insbesondere gegen einen Beschluss der verhandelnden Richter: Sie entschieden, dass der beschuldigte Polizist von seinem derzeitigen Dienstort in der südöstlichen Stadt Sanliurfa aus über eine Videoschaltung aussagen könne, berichteten türkische Medien. Die Forderung nach dessen Verhaftung lehnte das Gericht ab.

Der Beamte befand sich zeitweise in Untersuchungshaft. Als Ermittler von einer Notwehrsituation sprachen, wurde der Angeklagte bis zur Verhandlung auf freien Fuß gesetzt. Die tödliche Verletzung des Demonstranten ist auf einem Video dokumentiert. Die Aufnahme zeigt, wie ein Polizist auf einen am Boden liegenden Mann eintritt und dann in ein Handgemenge mit Steine werfenden Demonstranten zu geraten droht. Er feuert aus seiner Waffe und rennt mit aufgesetztem Helm und am Gürtel hängendem Gummiknüppel weg.

 

Was wird aus den EU-Beitrittsverhandlungen?


Die Proteste in der Türkei hatten sich im Sommer an Plänen der Regierung entzündet, den Gezi-Park am Rande des Istanbuler Taksim-Platz zu bebauen. Anschließend richteten sie sich vor allem gegen den autoritären Stil der Regierung unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Für Dienstag sind zum 90. Jahrestag der Republiksgründung neue Demonstrationen angekündigt.

 

Bereits am Wochenende löste die türkische Polizei in der Hauptstadt Proteste von hunderten Studenten gegen ein Straßenbauprojekt auf. Nach Angaben des linksgerichteten Studentenbündnisses Genc-Der wurden am Samstag 26 Teilnehmer festgenommen, als sie versuchten, vom Stadtzentrum zum Gelände der Technischen Universität des Nahen Ostens zu marschieren. Dort sollen etwa 3000 Bäume einer Straße weichen.

Wegen des harten Vorgehens der türkischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten im Sommer hatte die Bundesregierung Gespräche über den türkischen Beitritt zur Europäischen Union zunächst blockiert. Mitte Oktober signalisierte Deutschland dann aber, den Vorschlag der Kommission für die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen zu unterstützen. Die 28 EU-Staaten hatten dafür gestimmt, die Verhandlungen mit der Regierung in Ankara nach einem dreijährigen Stillstand fortzusetzen.

 

Ein von der EU-Kommission vorgelegter Bericht hatte zwar die Fortschritte im türkischen Justizwesen ebenso wie den Friedensprozess mit den Kurden im Südosten des Landes gelobt. Der harte Polizei-Einsatz und die Weigerung der Regierung, mit der Protestbewegung in einen Dialog zu treten, stießen derweil auch bei der Brüsseler Behörde auf Kritik.

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