[Israel/Palästina] Friedensverhandlungen: „No justice, no peace“

"No Justice, No Peace". Treppe in Nablus. Photo by Svenson Berger

Während die deutschen Medien die sogenannten "Friedensverhandlungen" zwischen Israel und Palästina wahlweise mit Optimismus, wahlweise mit Gleichgültigkeit behandeln, betrachten viele Palästinenser die Verhandlungen als nicht vertrauenswürdig und illegitim. Bereits während der Vorbereitung der “Friedensverhandlungen” haben die israelischen Behörden den Bau weiterer 2100 neuer Gebäude in (nach internationalem Recht illegaler) Siedlungen genehmigt. Gleichzeitig bereitet die israelische Regierung mit der Umsiedlung von bis zu 40.000 Beduinen die größte ethnische Säuberung in der Geschichte des Landes seit 1948 vor.

 

Bereits während der Aufnahme der Gespräche zwischen der Netanjahu-Regierung und den palästinensischen Verhandlungsführern um Mahmud Abbas ist zu zahlreichen, auch bewaffneten, Zwischenfällen in Gaza, im Südlibanon und im Westjordanland gekommen.

 

  • Am 12. August wurde an der Grenze des Gaza-Streifens ein palästinensischer Junge durch israelisches Militär erschossen.

  • Am selben Tag reagieren militante Palästinenser als Vergeltungsakt mit einem Raketenabschuss auf Ziele in Israel.

  • Am 13.August griff israelisches Militär als Reaktion auf den Raketenangriff mit Luftstreitkräften Ziele im Gaza-Streifen an.

  • Am 20. August wird ein Palästinenser im Flüchtlingscamp in Jenin durch israelische Besatzungstruppen während einer Razzia ermordet, 5 weitere Menschen, darunter zwei Kinder, schwer verletzt.

  • Am 22. August feuerten islamistische Dschihadisten aus dem Südlibanon Raketen auf Ziele in Nordisrael.

  • Am 23. August reagiert das israelische Militär mit Luftangriffen auf Stellungen der PFLP-GC in Naame im Südlibanon. Die marxistisch-kommunistische PFLP-GC bestritt eine Verantwortung für die Raketenangriffe vom Vortag, wohingegen die Dschihadisten die Verantwortung übernahmen.

  • Am morgen des 26.August wurden drei Palästinenser, darunter ein UN-Mitarbeiter, von israelischen Besatzungstruppen bei einer Razzia im Qalandiya-Flüchtlingscamp ermordet. In den Riots, die sich nun in den nächsten Tagen über die Westbank ausbreiten, werden in den kommenden Tagen zahlreiche, meist jugendliche Palästinenser, verletzt. Einige von Ihnen schwer.

  • Am Dienstag den 17.September wird bei einer Razzia im Jenin-Flüchtlingscamp erneut ein Palästinenser von israelischen Besatzungstruppen erschossen, 4 weitere Palästinenser wurden schwer verletzt.

  • Insbesondere Freitags kommt es wöchentlich zu teilweise massiven Demonstrationen gegen die Besatzung und die damit verbunden Ungerechtigkeiten, wie Land-Enteignugen, Siedlerübergriffe oder Straßensperren. Bilder von der Demonstration am gestrigen Freitag in Kafr Qaddoum findet ihr hier: https://secure.flickr.com/photos/99662663@N08/sets/72157635695610116/

 

Schlechte Voraussetzungen für Frieden

 

Auch vor und ohne diese Ereignisse stehen und standen die "Friedensverhandlungen" unter einem ungünstigen Stern. In Gaza, in der Westbank und innerhalb von Israels Grenzen erfahren Palästinenser täglich Rassismus und Diskriminierung. 44% Aller Palästinenser sind Flüchtlinge, der Großteil von Ihnen lebt unter beengten Verhältnissen in Flüchtlingscamps. Im Gaza-Streifen liegt die Arbeitslosigkeit bei über 30% und in der Westbank bei über 20%. Über 39% der palästinensischen Haushalte in Gaza und 17,8% in der Westbank leben unterhalb der Armutsgrenze. 20% der palästinensischen Kinder leiden unter chronischer und 12% unter akuter Unterernährung. Seit 2001 starben hunderte palästinensische PatientInnen an israelischen Straßensperren, die ihnen den Zugang zu medizinischer Versorgung verwehrten oder Anfahrtswege verlängerten, darunter über 100 neugeborene Babys. Die Wasserversorgung für Palästinenser in der Westbank liegt bei 73 Litern und in Gaza bei 80 Litern täglich und damit weit unter den 100 Litern pro Kopf, wie von der World Health Organization (WHO) gefordert. In der Westbank kommt es täglich zu Angriffen durch Siedler, bei denen das Militär meist nicht eingreift und wenn dann nur um Palästinenser zu verhaften, die sich wehren und ihr Land verteidigen.

 

Illegitime Verhandlungen“

 

“Mehr und mehr Siedlungen zu bauen beweist nur, dass die israelische Regierung nicht ernsthaft an Frieden interessiert ist”, sagt Issa Amra, Koordinator der palästinensischen Graswurzelgruppe “Youth Against Settlements” aus Hebron. Gleichzeitig hinterfragt er kritisch die Legitimität der Verhandlungsführer in den "Friedensverhandlungen" um Mahmud Abbas, und den Grad der palästinensischen Repräsentation:”Niemand von uns hat die Führer der Palästinensischen Autonomiebehörde gewählt. Sie wurden durch den Westen und Israel gewählt”, sagt er.

 

Der „Prawer Plan“

 

Unterdessen bereitet Israel mit dem „Prawer-Plan“ die Umsiedlung von bis zu 40.000 palästinensischen Beduinen im Negev vor. Nach Auslöschung der Beduinen-Dörfer soll in dem Gebiet eine militärisches Sperrbezirk und israelische Siedlungen entstehen. Die umgesiedelten Beduinen, die aus den 45 durch die israelischen Behörden “nicht-anerkannten Dörfern” stammen, sollen auf 7 neue entstehende Townships in anderen teilen des Landes verteilt werden. Der „Prawer-Plan“ ist ein Vorschlag der ehemaligen Goldberg-Kommission. Der Plan trägt den Namen des Kommissions-Vorsitzenden und Vordenkers Ehud Prawer. Am 24. Juni 2013 hat die Knesset, den „Prawer-Plan“ abgesegnet und die Umsetzung in die Wege geleitet. Ein Gerichtsverfahren, angestrebt von den Betroffenen Beduinen-Familien, ist hierzu vor dem Obersten Gericht in Jerusalem anhängig. Eine Entscheidung des Gerichts wird von BeobachterInnen jedoch nicht in den nächsten 2 Jahren erwartet.

 

Internationale, palästinensische und israelische Menschenrechtsgruppen und die israelische Linke sind von dem „Prawer-Plan“-Vorhaben entsetzt: Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International bezeichnen den „Prawer-Plan“ als „rassistisch“. Die israelische Menschenrechtsorganisation B'Tselem spricht von „ethnischer Säuberung“. Gleichzeitig fordert der UN Hochkommissar für Menschenrechte, Navi Pillay, das sofortige Ende der Diskriminierung der Beduinen durch die israelischen Behörden.

 

Die Beduinen leben im Negev seit Jahrzehnten”, sagt Adel al Gafir, Sprecher der “Movement Youth in the Nagab”, die sich als Reaktion auf die geplante Umsiedlung gegründet hat. “Die Dörfer um die es hier geht sind bereits auf Karten der osmanischen und der britischen Mandatszeit verzeichnet. Nach Staatsgründung Israels 1948 haben jüdische Siedler große Ländereien von den Beduinen gekauft. Diese sind heute legal und anerkannt, wohingegen unsere Beduinen-Dörfer bis heute durch die Regierung nicht anerkannt werden. Wir sind israelische Staatsbürger, aber wir sind Palästinenser. Der einzige Weg in Würde unter Besatzung zu leben bedeutet Teil des palästinensischen Widerstands zu sein.” sagt Adel Al-Gafir.

 

Am 1. September fand in Tel Aviv eine Großdemonstration von israelischen und palästinensischen Aktivisten mit über 1000 TeilnehmerInnen gegen den „Prawer-Plan“ statt.

 

21.09.2013, Svenson Berger für Indymedia , Nablus

nospam.svenson_berger@riseup.net

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Die Umsiedlung von Beduinen als "ethnische Säuberung" zu bezeichnen, ist falsch und außerordentlich dreist. Das Vorhaben hört auf den Namen Prawer-Plan und dient nicht nur der Kultivierung der Negev-Wüste, sondern soll auch die Lebensbedinungen und die wirtschaftliche Lage der Beduinen verbessern. Etwa 40.000 der 170.000 Negev-Beduinen – also etwa ein Viertel – sollen umgesiedelt werden, und zwar innerhalb Israels und aus guten Gründen. Damit sind beide Merkmale einer "ethnischen Säuberung" widerlegt.

 

Die Beduinen sind übrigens israelische Staatsbürger, und die meisten ihrer illegal errichteten Siedlungen sollen im Rahmen des Prawer-Plans legalisiert werden. Sogar für Land, für das sie keine Eigentumsnachweise erbringen können, werden Beduinen entschädigt. Natürlich könnte man die Beduinenclans mit ihren patriarchalen Stammesstrukturen auch weiterhin verarmt und ungebildet in der Wüste leben lassen, klar. Wäre mir auch wurst. Wird vielleicht auch der Fall sein, denn Israel als kapitalistischer Staat kann mit dem Geld auch andere Dinge machen, die sich besser rentieren – im Gegensatz zu umliegenden Staaten, die für die Vernichtung Israels jeden Preis zahlen würden. Und auch "Svenson Berger" könnte mit seiner Zeit etwas besseres machen, als so einen Quark bei Indymedia zu posten.

 

Last but not least: Dass dieser Artikel mit diesem üblen Teaserbild (erinnert mich an Inge Högers Schal) bei indymedia linksunten in der Mittelspalte landet, finde ich erschreckend.

ich will mich garnicht groß einmischen, weil meiner Meinung nach sowieso viel zu viel aneinander vorbei geredet wird.

Wenn aber die Rede von "sollen umgesiedelt werden", dann hört sich das für mich nicht gut an. Die NPD will "die Ausländer" auch "umsiedeln". Die würden denen sogar die Tickets bezahlen.

Also worauf ich hinaus will ist, dass da etwas nicht ganz freiwillig passiert - zumindest scheint es nicht für ALLE freiwillig zu sein - ähnlich wie die israelische Siedlungspolitik im Gesamten oder die krasse Auslegung des Korans. Und das gibt mir zu bedenken.

Mit ein paar kleinen Unterschieden: Hier geht es nur um diejenigen Beduinensiedlungen, die nach israelischem Recht illegal errichtet wurden. Wenn du in Deutschland oder anderen Erste-Welt-Staaten ein Haus ohne Baugenehmigung baust, darfst du es danach auch gleich wieder abreißen. Die Beduinen werden hier genauso behandelt wie andere israelische Staatsbürger. Vielleicht mit dem Unterschied, dass bei ihnen ein ein gewisses Gewohnheitsrecht zum Tragen kommt. Dessen ist sich die israelische Regierung aber bewusst, und genau deshalb bezweifle ich, dass der Prawer-Plan hundertprozentig umgesetzt wird

 

Nochmal zu deinem hinkenden Vergleich: Die NPD möchte "die Ausländer" abschieben. Hier aber werden die meisten illegalen Beduinensiedlungen legalisiert bzw. den Beduinen die Möglichkeit gegeben, in urbaneren Strukturen zu leben, selbstverständlich innerhalb von Israel.

es geht faktisch um 45 Dörfer (und nicht Siedlungen) die schon seit britischer Mandatszeit und z.T.schon länger existierten. Der Israelische Staat weigert sich nur bis heute diese Dörfer anzuekennen. 

 

Ich weiss nicht wieso du hier bewusst Sachen erfindest. Ich nehme an um Stimmung zumachen und krude Weltbilder zu supporten. Verpiss dich du Agent.

die israelische Siedlungen im westjordanland, die keine baugenehmigungen haben werden auch nicht abgerissen. Und nach deinen Argumenten kann man die Roma und Sinti in Europa auch rumschubsen wie es immer wieder passiert. Ansonsten ist derStatus der Beduinen Dörfer um die es hier geht auch besser in Bergers Artikel erklärt.

 

leute hört nicht auf die trolle die hier zu  diesen themen immer gezielt falschinfos verbreiten. wer weiss ob die ihre kommentare nicht noch irgendwo abrechnen können.

ach sowas komisches, an der Stelle sollen Siedlungen für jüdische Siedler errichtet werden.

hmmmmmmmmmm

Besonders cool -

Die Beduinen sollen ihre Unterkünfte selber demontieren, da sie sonst die Abrisskosten zahlen müssen.

Das auf diesem Gebiet schon vor israelischer Besatzung Familien lebten, das interessiert dich ja nicht.

https://www.youtube.com/watch?v=GeC5t9zJ9Bo

hier nochmal ein Video aus Kafr Qaddoum von gestern. Komisch von "den Juden" die da alle ausgelöscht werden sollen, ist da nicht die Rede

Occupation 101:

A thought-provoking and powerful documentary film on the current and historical root causes of the Israeli-Palestinian conflict and U.S. political involvement

http://occupiedpalestine.wordpress.com/2010/12/26/occupation-101-full-mo...

today, Anti-Prawer-Demonstration Kottbusser Tor -

 



a few hipsters have been trying to provoke with israel-flag on the other street side.

they said that Israel is demonized by the demonstrators. wtf -
they said they (supposedly) reject the prawer-plan - but protest with Israel flag against a demonstration WICH IS against the prawer-plan and no arbitrary incitement against the State of Israel or Jews.
that makes no sense.

they have photographed the demonstrators and they accused the protesters of being hamas-supporter (btw, there were also "european jews for a just peace germany" present on the anti-prawer-plan-demo).

its nothing more than a bite reflex against anything even vaguely in solidarity with Palestinian civilians.

the 4, 5 interferers were finally expelled from the protesters of the place.

Der Protest gegen die Deportation weitet sich aus. Die deutsche Kolonie ist ein touristisches Wahrzeichen in Haifa, und die Bilder von brutaler Polizeigewalt mitten aus dem gutbürgerlichen Teil von Haifa werden keine gute publicity machen: http://abumidian.wordpress.com/deutsch/deportartion/braver/