Badische Zeitung zum Prozess gegen Wolfgang Grunwald

Erstveröffentlicht: 
31.07.2009

Wurde nicht ausreichend ermittelt?

 

Nachweis der Volksverhetzung gelingt nicht

Freigesprochen wurde am Donnerstag vor dem Amtsgericht Staufen ein 57-Jähriger aus dem Markgräflerland, dem Verstöße gegen die Menschenwürde zu Last gelegt werden.

 

MARKGRÄFLERLAND (ig). Ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung gegen einen 57 Jahre alten Unternehmensberater aus einer Umlandgemeinde im Markgräflerland endete am Donnerstag mit einem Freispruch. Es werde im Internet sehr viel Müll verbreitet, sagte Strafrichterin Goj am Amtsgericht Staufen. Das Problem sei aber, dass wenig Aussicht bestehe, die Verursacher dafür zur Rechenschaft zu ziehen.

Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, er habe von seiner Wohnung aus in diverse Internetforen, die rechtes Gedankengut verbreiten, unter einem Pseudonym Plakate eingestellt. Die Texte dieser Plakate zu verschiedenen gesellschaftlichen und sozialpolitischen Themenbereichen verletzten die Menschenwürde, insbesondere von Personen schwarzer Hautfarbe. Mit Texten wie "Kennst du schon den Verlobten deiner Tochter", seien diese Personen vom Angeklagten verunglimpft worden, meinte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft.

Ins Rollen gekommen war das Verfahren durch eine Anzeige der Gemeinde gegen Unbekannt wegen Sachbeschädigung. Dies, nachdem Angehörige der autonomen Antifa Freiburg, die nicht ermittelt werden konnten, nachts die Straße, in der der Betreffende wohnt, sowie einen Treppenaufgang beim Rathaus unübersehbar mit roten Schriftzügen versehen hatte, die Hinweise auf die Person und die rechte Gesinnung des Angeklagten lieferten. Daraufhin recherchierte auch die Presse, die wiederum Mitteilung an die Staatsanwaltschaft machte. Die folgenden Ermittlungen führten zum Beschuldigten, der vor den ermittelnden Beamten und dem Gericht einräumte, ein aus seinen beiden Vornamen bestehendes Pseudonym im Internet zu benutzen. Weiter machte er keine Angaben. Der ermittelnde Beamte räumte vor Gericht ein, die Internetaktivitäten des Angeklagten nicht überprüft zu haben. Dafür habe er er von der Staatsanwalt keinen Ermittlungsauftrag gehabt, sagte er. Die betreffenden Internetforen, in denen der Angeklagte einschlägige Plakate veröffentlichte, sind in den USA "gehostet", wo keinerlei Rechtshilfe geleistet wird.

Es sei nicht möglich, den Angeklagten die zur Last gelegte Volksverhetzung zu beweisen, sagte die Richterin in ihrer Begründung. Es fehle der Nachweis, dass der Angeklagte sicher damit zu tun hatte. Dieser machte zu den Internetforen keinerlei Aussagen, was die Richterin mit dem Satz "wahrscheinlich aus gutem Grund" kommentierte.

Die Staatsanwaltschaft beantragte entsprechend dem vorangegangenen Strafbefehl, gegen den der Angeklagte Einspruch eingelegt hatte, eine Strafe von 180 Tagessätzen zu je 50 Euro. Die Tat sei nicht nachgewiesen, es sei auch keine strafbare Handlung erfolgt, sagte die Verteidigerin. Zwar habe der Angeklagte eingeräumt, das Pseudonym zu benutzen, aber das könne von jedem im Internet benutzt werden. Es sei nicht geklärt, zu welchem Zeitpunkt die Plakate ins Internet gestellt wurden. Insgesamt sei nicht ausreichend von der Staatsanwaltschaft ermittelt worden, die Internet-Aktionen des Angeklagten seien gar nicht nachgeprüft worden. Es sei auch nicht auszuschließen, das der Angeklagte durch die autonome Antifa kriminalisiert werden soll. Im übrigen seien die Inhalt der Plakate durch die Kunstfreiheit gedeckt.