[Rgb.] 10.05.13 – Versuchter „Freies Netz Süd“ Aufmarsch in Regensburg | (mal wieder) Desaster für die Nazis

Blockade

Am Abend des 10. Mai versuchten ca. 70 Nazis des „Freien Netz Süd“ in Regensburg zu demonstrieren. Lautstark begleitet und immer wieder gestoppt wurden sie dabei von 250 – 300 Antifaschist_innen und Nazigegner_innen. Nach ca. 80 Metern konnte der Aufmarsch endgültig blockiert werden. Die Nazis versuchten dabei drei mal durch die Polizeiketten auszubrechen. Nach stundenlangem Warten wurde der polizeiliche Notstand ausgerufen und die Nazis wurden Richtung Bahnhof abtransporiert, hierbei gelang ihnen ein Ausbruch aus der Polizeikette und sie griffen dabei mehrere Menschen an. bDie Polizei brachte die Situation erst nach einigen Minuten wieder unter Kontrolle und eskortierte nach einer Stunde die Nazis in den Bahnhof.

 

Zwischen 14:00 Uhr und 14:30 Uhr wurde diese „Eilversammlung“ von Mike Edling (Landau) unter dem Motto: „Kein Blut mehr auf deutschen Straßen“ angemeldet. Anlass war eine Messerstecherei am Morgen des 10. Mai in einem Bus im Bereich der Alberstraße in Regensburg. Hierbei wurde ein 28- jähriger Nazi schwer verletzt und zur stationären Behandlung ins Krankenhaus gebracht.

 

Ablauf

 

Bereits vor 19:00 Uhr sammeln sich die ersten Nazis am Regensburger Hauptbahnhof, hier werden sie schon von mehreren Antifaschist_innen empfangen. Um ca. 19:00 Uhr versucht die Polizei die Nazis zu ihrem eigentlichen Treffpunkt zu bringen, doch sie kommen nur ca. 50 Meter weit, da ihnen in einer Grünanlage der Weg von Gegendemonstrant_innen versperrt wird. Dort verweilen sie über eine Stunde.

 

Während dieser Zeit halten sich immer wieder vereinzelt Nazis außerhalb dieses Bereichs auf (siehe Bild 4). Weitere stoßen zu den Wartenden dazu, die zwei Zugänge zu den Nazis sind jeweils von Antifaschist_innen mit Transparenten blockiert. Als aus Richtung des Bahnhofs eine größere Gruppe mit Nazis ankommt, versuchen Gegendemonstrant_innen diese aufzuhalten. Es kommt zu einem Gerangel zwischen Antifaschist_innen, Polizei und Nazis.

Der Anti-Antifa Aktivist Marcel Finzelberg (Unterfranken) greift hierbei außerhalb der Polizeikette einen Nazigegner an. Es kommt zu einem kurzen Schlagabtausch und die bereits in der Grünanlage versammelten Nazis versuchen das erste mal an diesem Tage die Polizeikette zu durchbrechen. Einigen von ihnen gelingt dies und so können sie den den Antifaschist_innen eine Tüte mit Flyern und Trillerpfeifen entwenden. Während oben beschriebenen Tumulten verliert der niederbayerische Nazi Walter Strohmeier ein Pfefferspray und kann dies unbeobachtet von der Polizei wieder einstecken. Vorkontrollen der Nazis fanden nicht statt.

 

Protest im Park 2  Protest im Park  Strohmayer mit suchendem Blick Nazis 

 

Um 20:15 Uhr stellen sich die Nazis zur Demonstration in Richtung Innenstadt auf. Als Demonstrationsleitung fungierten Mike Edling, Robin Siener (Landkreis Cham) und Daniel Weigl (Wackersdorf). Als die Nazis loslaufen, wird die Nördliche Blockade vom anwesenden USK mit Schlägen zurückgedrängt. Die Polizei leitet die Nazis an der Blockade vorbei, über eine Wiese in Richtung Maximillianstraße. Hier versuchen weitere Antifaschist_innen mit Transparenten die Straße zu blockieren.

Der Abstand zwischen Nazis und Antifaschist_innen ist dabei so gering, dass der Anti-Antifa Fotograf Lorenz Maierhofer (Valley-Unterdarching) den restlichen Tag ohne seine braune Capi verbringen musste.

Mit Hilfe der von hinten an die Polizeikette drückenden Nazis gelingt es der Polizei die Antifaschist_innen einige Meter zurückzudrängen. Doch die Gegenwehr der entschlossenen Gegendemonstrant_innen ist so stark, dass diese es schaffen Nazis und Polizei einige Meter zurück zu drängen und den Aufmarsch zu stoppen. Hierbei bildet sich auch eine erste Sitzblockade.

 

leitende Personen: Weigl | Siener | Edling (von links nach rechts) Rechts im Bild: Daniel Weigl (Wackersdorf) Lorenz Maierhofer

 

Nach ca. 10 Minuten werden die Nazis über den Gehsteig weiter in Richtung Innenstadt geleitet. Wieder drücken Nazis gegen die Polizeikette um so Antifaschist_innen wegzudrängen. Doch als sich der Tross wieder auf die Maximilianstraße begibt, sitzen auf dieser bereits mehrere Reihen von Nazigegner_innen. Die Polizei ist gezwungen einen weiteren Halt zu machen, denn die komplette Straße ist innerhalb von wenigen Minuten mit weiteren Antifaschist_innen blockiert. Und so schaffen es die Nazis weiter in Richtung Innenstadt an diesem Tag nicht. Sie stehen stattdessen dicht gedrängt aneinander im Polizeikessel, keine 80 Meter weit gekommen.

 

Versuchter ausbruch der Nazis Nazis drücken auf Nazis Blockade3

 

Um 20:45 Uhr trifft dann, der Lautsprecherwagen der Nazis in Form eines Autos ein. Die kommende Rede von Martin Binninger ist schon 5 Meter entfernt nicht mehr zu hören. Die menschenverachtende Propaganda gegen „kriminelle Ausländer“ und „Gutmenschen“ geht im Lärm der Trillerpfeifen und Parolen der Antifaschist_innen unter. Die anschließenden Parolen der Nazis wie z.B. „Linkes Gezeter – 9 MM“, „Kriminelle Ausländer – Raus“, „Antifa heißt Kapitualtion – Ruhm und Ehre der deutschen Nation“ werden ebenfalls übertönt.

 

Nach der Rede um ca. 21:10 Uhr rennen die Nazis in den Rücken der Richtung Antifaschist_innen stehenden Polizeikette. Hierbei werden die Nazis die in der ersten Reihe stehen von ihren eigenen „Kameraden“ umgerannt. Der Nazi Thorsten Maier (Kaufering), der die ganze Zeit das Fronttransparent hielt, ging dabei zu Boden. Die Polizei drückt darauf hin auf die blockierenden Antifaschist_innen und versuchen mit Schlägen und Tritten und unter Androhung eines Pfeffersprayeinsatzes (dabei wird Pfefferspray ca. 5cm vor die Gesichter der Antifaschist_innen gehalten) die Antifaschist_innen weg zudrängen. Dies gelingt ihnen aber nicht. Die Nazis lassen von dem Ausbruch ab und die Polizei ruft den „polizeilichen Notstand“ aus.

 

Blockade2 Antifa-protest Thorsten Maier (Kaufering)

 

Dieser wird durch den Lautsprecherwagen der Nazis aus durchgesagt und die Nazis stellen sich mit ihrem Fronttransparent Richtung Bahnhof auf. Um ca. 21.20 Uhr laufen die Nazis los und versuchen einen weiteren Durchbruchversuch unter der Parole „Straßenkampf! Straßenkampf!“ in Richtung Westen in die Albertstraße. Bereitschaftspolizist_innen können diesen Ausbruchsversuch noch verhindern, doch einige Nazis u.A. der langjährige Kader Matthias Fischer (Fürth) befinden sich bereits außerhalb der Polizeikette südlich in Richtung Bahnhof. Die Nazis ziehen sich von ihrem Durchbruchversuch in Richtung Alberstraße zurück und rennen Richtung Süden auf den Hauptbahnhof zu. Die postierten Bereitschaftspolizist_innen können sie davon nicht abhalten und werden von einigen Nazis umgerannt.

 

Nachdem der vierte Versuch kollektiv aus dem Polizeikessel auszubrechen gelang, beginnen die Nazis das, was sie davor in Parolen ankündigten. Sie versuchen Linke und „Ausländer“ zu finden und diese in einem „Straßenkampf“ „unschädlich“ zu machen. So schlägt eine Gruppe von Nazis unter denen sich u.A. der Anti-Antifa Aktivist Michael Reinhardt (Fürth) und befinden, auf einen Gegendemonstranten ein. Erst nach einigen Minuten hat die Polizei diese Situation wieder völlig unter Kontrolle.

 

Nazigruppe ohne Polizei Von links nach rechts: Finzelberg | Reinhardt |Edling |Weigl


Mehrere außerhalb des neuen Polizeikessels, westlich vor dem Bahnhof stehenden Nazis (u.A. Karl Heinz Statzberger (Markt Schwaben) und Matthias Bauerfeind (Karlstadt)) werden von Antifaschist_innen lokalisiert. Hierbei versuchen Joshua Wölfel (Treuchtlingen) und Marcus Maier (Sohn von Thorsten Maier | Kaufering) auf diese los zu gehen und werden aber von Antifaschist_innen zurück gedrängt. Das USK schreitet ein und drängt näher kommende Nazigegner_innen mit einem Tonfaeinsatz ab. Die vor den Augen der Polizei schlagende Nazis werden anschließend in den Polizeikessel geschickt.


Von links nach rechts:Maierhofer | Statzberger  |Bauerfeind Marcus Maier (Kaufering) Joshua Wölfel (Treuchtlingen)


Von ca. 21:35 Uhr bis 22:15 Uhr stehen die Nazis im Polizeikessel am Hauptbahnhof. Ihre Parolen gehen immer wieder durch Antifaschistische Gegenbeschallung unter. Um 22:15 Uhr werden sie in die Bahnhofshalle gebracht, hier skandieren sie weiterhin Parolen. Für einige Minuten stehen sie ohne Polizeibegleitung in der Halle. Um 22.20 Uhr werden die ca. 60 noch anwesenden Nazis von wenigen USK Beamt_innen zu ihren Zügen begleitet.

 


Die Rolle des Ordnungsamt der Stadt Regensburg

 

Das Regensburger Ordnungsamt weigert sich weiterhin Naziaufmärsche im vornherein bekannt zu geben. Der Versuch des Bündnis „Kein Platz für Nazis“ am 27. November 2012 dies über den Stadtrat zu ändern, scheiterte. Ein Verbot des Naziaufmarsch wurde (angeblich) geprüft konnte aber nicht durchgesetzt werden.

 

So besteht weiterhin die Forderung des Bündnisses:

 

„Geben Sie Plätze und Routen neonazistischer Versammlungen endlich öffentlich bekannt! Es muss Schluss sein damit, dass antifaschistischer Protest erschwert und behindert und die Position der Neonazis damit indirekt gestärkt wird. Die Karten müssen endlich auf den Tisch!“

 

 

Die Rolle der Polizei (einschließlich der Bereitschaftspolizei und des USK)

 

Laut ihrer Pressemitteilung vom 11.05. gibt die Polizei Regensburg keine Informationen zur Einsatzstärke heraus, wobei die Mittelbayrische Zeitung (MZ) von 100 eingesetzten Beamt_innen spricht. Die drei Ausbruchsversuche und der Ausbruch der Nazis aus dem Polizeikessel sowie die Angriffe gegen Nazigegner_innen finden im Polizeibericht keinerlei Erwähnung. Dafür aber, dass insgesamt 3 Personen vorläufig festgenommen und „nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder entlassen“ worden sind. Darunter befand sich mindestens ein_e Antifaschist_in. Größtenteils reagierten die einzelnen Polizist_innen überfordert. Bei den Blockaden wurden offensichtlich zufällig ausgewählte Antifaschist_innen geschlagen, bedroht und beschimpft.


Gerade dass in der Vergangenheit Nazis um das "Freie Netz Süd" in Ostbayern immer wieder aus dem Polizeikessel ausbrachen bzw. dies versuchten, so z.B. am 1. Mai 2009 in Weiden, am 27. November 2010 in Sulzbach – Rosenberg, am 14. Januar 2012 in Mühldorf und am 25. Februar 2012 in Landshut verwundert es,  dass die Polizeibegleitung mit dem Rücken zu den Nazis und zu wenig Kräften bei den Nazis eingesetzt werden, so die Pressesprecherin Lea Miller von der Gruppe [anita_f.]. Weiterhin höre sie immer wieder die Aussage von Polizist_innen, dass "die Rechten sehr kooperativ sind". Miller: "Dass Gefahrenpotenial von den Nazis wird hier seitens der Exekutive massiv unterschätzt".

 

 

Die Rolle des staatlichen Portals „Bayern gegen Rechtsextremismus“

 

Das staatliche Portal „Bayern gegen Rechtsextremismus“ veröffentlichte auf ihrer Internetseite einen Artikel über den Naziaufmarsch. Wie gewohnt werden hier Antifaschist_innen mit Hilfe der „Extremismustheorie“ mit Nazis gleichgesetzt und ihnen pauschal Gewaltbereitschaft unterstellt. Informationen darüber welche Nazis (Gruppierung, Namen) in Regensburg waren erhält der Lesende nicht. Der Artikel endet mit der „Bewertung“:

Die Demonstrationslage vor Ort bestätigt die Erfahrung, dass seit Aufdeckung der Morde des „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) eine erhöhte Gewaltbereitschaft in der Auseinandersetzung zwischen den rechts- und linksextremistischen Lagern vorhanden ist.“

 

Der Artikel beweist abermals, die Unfähigkeit staatlicher Stellen im Umgang mit Nazis. Engagierte Antifaschist_innen werden mit verurteilten Rechtsterroristen, deren Anwesenheit komplett verschwiegen wird gleichgesetzt. (Sitz-) Blockaden werden so auf eine Stufe mit dem oft tödlich endenden „Straßenkampf“ der Nazis gestellt. Lea Miller: "Wir halten an der Förderungen des Bündnisses "Gegen Naziterror und staatlichem Rassismus" fest:

 

Greift ein gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus – Verfassungsschutz abschaffen!

 

Screenshot "Bayern gegen Rechtsextremismus"

 

 

Fazit

 

Trotz des spontanen Bekanntwerdens des Naziaufmarsch (ca. 1 Stunde) konnte dieser verhindert werden. Die Polizei spricht von 250, die Mittelbayerische Zeitung gar von 300 Gegendemonstrant_innen.

Es zeigte sich, dass nach dem versuchten FNS-Aufmarsch 2009 und dem NPD-Truck im Sommer 2012, Nazis es noch schwerer haben in Regensburg einen Aufmarsch durchzuführen. Auch der zivile Ungehorsam und die Entschlossenheit trotz Schläge und Tritten seitens von Polizist_innen, sich den Nazis weiterhin in den Weg zu stellen ist in Regensburg innerhalb verschiedenster politischer Spektren gut verankert.

 

Die Nazis selbst, berichten nur auf dem Infoportal Niederbayern von ihrem Aufmarsch, auf ihrer Haupseite (Freies Nez Süd) verschweigen sie ihre Niederlage komplett.


Nazi mit traurigem Gesicht Screenshot Infoportal Niederbayern

 

 

Die Verfasser_innen bedanken sich bei allen die sich an diesem Tag spontan den Nazis in den Weg stellten und setzten. Festgenommene Personen oder durch Nazis Geschädigte melden sich bitte bei [anita_f.].

 

[anita_f.] antifaschistische Gruppe in Regensburg

anitaf.blogsport.de

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Schöner ausführlicher und umfassender Bericht, wünsche mir sowas von mehr Aktionen!

Zitat aus der Pressemitteilung des Bündnisses “Kein Platz für Nazis” aus Regensburg (KPfN) zum versuchten Naziaufmarsch am 10.05.2013

(in welchem u.a. die Gruppe anita f. Mitglied ist):

Wir hielten es für angebracht, wenn die Polizei in Zukunft das Gewaltpotential der Rechten zur Kenntnis nehmen und entsprechend Kräfte einsetzen würde.

In Zukunft sollte es so lauten:

Wir hielten es für angebracht, wenn die Linksradikalen in Zukunft das Gewaltpotential der Rechten zur Kenntnis nehmen und entsprechend Sportgruppen einsetzen würden.