Wien: Polizeieskorte nach rassistischem Überfall

Stop Racism

Nazis, die Flüchtlinge überfallen, werden in Österreich sogar exklusiv mit einer eigenen Polizeieskorte belohnt. Ein paar subjektive Beobachtungen von einem Teilnehmer des gestrigen Antifa-Auflaufs gegen den Naziüberfall auf die Flüchtlinge in der Votivkirche in Wien - gewürzt mit ein paar Reflexionen…

 

Eigentlich ein echter Fortschritt, möchte man fast meinen: In Österreich werden neuerdings Hausbesetzer von der Polizei sogar exklusiv nach Hause eskortiert anstatt sie wie üblich zu verprügeln, davonzujagen, gesetzlich zu verfolgen und mundtot zu machen – einzige Voraussetzung für diese ausnahmsweise zuvorkommende Behandlung durch die Polizei: die Hausbesetzer müssen Nazis sein…

 

Wien, am 10.2.2013… Eine Handvoll Nazis, die sich selbst „die Identitären“ nennen, stürmt in die Votivkirche. Seit Ende letzten Jahres halten sich hier mehrere Flüchtlinge auf, um politisch für ihre Rechte zu protestieren, wobei der Staat hartnäckig darauf besteht, die Forderungen der Flüchtlinge nach einem Dialog zu ignorieren. Man will die Sache also, wie im österreichischen Politestablishment üblich, aussitzen und bestraft gleichzeitig nach und nach die protestierenden Flüchtlinge auf rabiate Weise durch Abschiebung. Stattdessen wird in den bürgerlichen Tageszeitungen, selbst im sog. „(links)liberalen“ Blätterwald, ernsthaft darüber sinniert, ob man die Flüchtlinge nicht einfach aus der Kirche polizeilich räumen soll, weil irgendwo im europäischen Ausland irgendwann schon einmal Flüchtlinge von der Polizei aus irgendeiner anderen Kirche vertrieben wurden.

 

Die in die Votivkirche eingedrungenen Nazis verlangen, dass die Flüchtlinge verschwinden sollen. Offenbar wurden die Nazis auch über gute Beziehungen zur Juristen-Profession genau für diese Aktion beraten, denn sie wissen ganz genau, wie weit sie gehen dürfen, ohne gesetzlich belangt zu werden. Körperliche Gewalt gegen die Flüchtlinge findet scheinbar keine statt. Man kann aber doch die Frage aufwerfen, ob die Flüchtlinge vielleicht durch die Anwesenheit von Rassisten in eine Situation des psychischen Stresses und der Angst versetzt wurden. Die Antwort der Flüchtlinge bleibt jedenfalls relaxt, denn sie lassen sich nicht zu unbedachten Handlungen provozieren und empfangen die Nazis sogar freundlich und respektvoll, indem sie ihnen warme Decken und Tee überreichen.

 

Selbst wenn also die Nazis keine körperliche Gewalt gegen die Flüchtlinge angewendet haben, so muss man doch feststellen, dass sich die Flüchtlinge objektiv in einer bedrohlichen Situation für Leib und Leben befanden. Gerade in der letzten Zeit sind Rassisten und Nazis in Österreich besonders aktiv geworden und haben ganz klar bewiesen, wie gewaltbereit sie sind. Es kam zu diversen Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte und Kulturvereine. Auch mehrere Fälle von Angriffen auf die körperliche und psychische Unversehrtheit von Menschen anderer Herkunft sind in der unmittelbaren Vergangenheit dokumentiert. So wurde etwa in Wien eine Frau mit dunkler Hautfarbe von einem Rassisten vor die U-Bahn gestoßen und sie wurde nur durch großes Glück bzw. das geistesgegenwärtige Eingreifen eines Augenzeugen nicht von der gerade in die Station einfahrenden U-Bahn getötet. Kurzum: Die Ausübung von physischer Gewalt und Terror gehört in Österreich inzwischen augenscheinlich zum vollen Programm der Rassisten. Der von  Strache und Co. propagierte Hass und die bislang dominierende verbale Gewalt der Rassisten setzt sich also nun auch verstärkt in kriminelle Taten gegen AsylwerberInnen und MigrantInnen um.

 

Vor diesem Hintergrund, stellt sich auch die Frage, wie es sein kann, dass die objektive Bedrohungslage für Leib und Leben der Flüchtlinge in der Votivkirche nicht entsprechend von der Polizei entschärft wurde, indem die Nazis umgehend und robust zum Schutz der Flüchtlinge  aus der Votivkirche entfernt wurden. Vielmehr hat sich für mich als Teilnehmer der antifaschistischen Gegendemonstration vor der Kirche der Eindruck aufgedrängt, dass die Polizei letztlich ihre prioritäre Aufgabe darin sah, darauf zu warten, dass die Situation in der einen oder anderen Weise eskaliert, damit sie endlich den erhofften Vorwand erhält, um die Flüchtlinge aus der Kirche zu vertreiben. Auch Medien waren anwesend, schienen sich aber ebenfalls darauf zu beschränken, vor der Kirche zu warten, wohl in der Hoffnung, skandalträchtige und auflagenfördernde Bilder von randalierenden AntifaschistInnen festzuhalten. Ob es den Flüchtlingen in der Kirche gut geht, die gerade von Nazis belästigt werden, schien also nicht das vorrangige Erkenntnisinteresse der Medien zu sein. Die am Ende geworfenen Schneebälle gegen die abfahrende Polizeieskorte für die Nazis ist nachvollziehbarer Ausdruck von Wut über diese staatliche Kollaboration mit Nazis, und die spektakuläre Schneeballschlacht dürfte auch der einzige Grund gewesen sein, weshalb die Medien überhaupt präsent waren. Diese indirekte Eskalationstrategie von Polizei und Medien ist also nicht aufgegangen, denn weder von den Flüchtlingen noch von den AntifaschistInnen ging Gewalt aus.

 

Von Hausbesetzern und Terroristen

 

Wenn Linke ein Haus besetzen und fordern, dass die Stadt allen gehören soll, dann sagt der Staat (die Polizei): „Terroristen!“ und vertreibt die Linken üblicherweise mit aller Härte des Rechtsstaates und der Polizeigewalt. Das Argument: Es könnten ja ein paar Scheiben zu Bruch gehen oder Wände beschmiert werden. Die praktische Folge: Es gehen die Arme und Beine der Hausbesetzer durch Polizeieinwirkung zu Bruch und die Medien beschmieren ihre Seiten mit ideologischen Rechtfertigungen für die Polizeigewalt.

 

Wenn Nazis in eine Kirche eindringen und fordern, dass die Flüchtlinge verschwinden sollen, die dort für ihre Rechte protestieren, dann fühlt sich der Staat (die Polizei) nicht bemüßigt einzugreifen und also die Nazis umgehend zum Schutz der Flüchtlinge zu verhaften, obwohl objektiv betrachtet für die Flüchtlinge eine Gefahrensituation für Leib und Leben gegeben ist. Das Argument: Es gäbe keine gesetzliche Handhabe gegen die Nazis. Die praktische Folge: Die Polizei stellt sogar eine eigene Eskorte bereit, um die Nazis nach Hause zu begleiten, weil sie sich subjektiv vor einem kleinen, spontan zusammengekommenen Haufen antifaschistischer GegendemonstrantInnen fürchten, die die Nazis eher zurückhaltend und ohne viel Nachdruck (wenige Parolen, keinerlei Versuch seitens der AntifaschistInnen, die Kirche kollektiv zu betreten und die Nazis höflich oder von mir aus auch gerne unhöflich, in jedem Fall aber bestimmt, zum Verschwinden aufzufordern).

 

Sollten wir folglich nicht eine Debatte vorantreiben, damit endlich auch breitere Teile der Gesellschaft den Mythos von der Polizei als „Freund und Helfer“ über Bord werfen und damit aufhören, darauf zu vertrauen, dass die Polizei ihre Aufgabe darin sieht, uns zu beschützen und unsere Rechte zu garantieren? Und sollten wir nicht vielmehr hinterfragen, warum Menschen mit sozialpolitischen Forderungen von der Polizei zu „Terroristen“ gestempelt werden, wenn sie Häuser besetzen, während die Polizei hingegen jene Menschen, die andere mit hasspolitischen Überfällen terrorisieren, nicht nur gewähren lässt – und sie somit schutzlos diesen Angriffen aussetzt - sondern auch noch in aller Seelenruhe nach Hause eskortiert, wie es gestern in der Votivkirche geschehen ist?

 

Oder anders gefragt: Wenn sozialpolitische, direkte Aktionen wie Hausbesetzungen von der Polizei als Terrorismus eingestuft werden, werden dann terroristische Aktionen wie rassistisches Stalking und Angriffe auf Flüchtlinge von der Polizei als Sozialpolitik bewertet?

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wie lang dauerts noch, dass ihr checkts, dass die kiwara kane leiwanden hawara sind. hörts auf zum sudern, is ja unerträglich!

wie bitte?

kiwara = bullen

Hawara = freund

:-)

leiwand = cool,nett,lieb,super

sudern = motzen

 

die sache anders zu betrachten. dieser links-rechts gegensatz mit der pösen bolizei bringt zumindest mir wenig, ist eh schon altbekannt (aber natürlich zutreffend):

 

ein erster gedanke von mir ist: die saat geht auf. in der letzten woche gab es 2 abschiebungen von refugee-aktivisten. die beiden wurden während eines plenums von der polizei festgenommen, und sassen seither in schubhaft. ein anderer aktivist wurde im park vor der kirche von einem unbekannten niedergeschlagen.

dies reiht sich ein inn eine ganze reihe rassistisch motivierter taten der letzten monate: ein brandanschlag auf ein flüchtlingsheim in vlbg.("lausbubenstreich"), das ausheben einer nazigruppe in oö, die sich die nsu zum vorbild genommen haben("waren nur kriminell, nur politisch"), ein rassistisch motivierter mordversuch in einer ubahnstation eines alltagsrassisten("sie hat zu laut telefoniert"), ein brandanschlag der grauen wölfe in tirol (von der polizei kein kommentar), etc.

hier stellt sich ernsthaft die frage nach gegenstrategien: ein rituelles bekunden des eigenen anitifaseins durch die teilnahme an nowkr-demos (& vlt. ein möglichst radikale_r durch blumenstöckeumschmeissen) reicht dafür defenitiv nicht aus.

 

ein zweiter gedanke betrifft die sichtbarkeit: bislang war es so, dass sich ein paar menschen sich sichtbar soliadrisch für die refugees einsetzen. die hetzer agieren aus ihrem sicheren berufsfeld heruas (politiker, journaille, verfassungsschmutz), wo die saat aufging, war praktisch unsichtbar. nur ein paar taten und meinungen in foren etc. zeigten dies. auch wenn es wohl viele menschen gibt, die was gegen die refugeeproteste haben, so ist ihre meinung solange egal, solange dies ihr tun nicht ändert. durch die aktion der identitären änderte sich dies. natürlich gibt es eine gewisse gefahr in dieser entwicklung. auf der anderen seite bietet es auch eine  chance, dagegen offen vorzugehen. insofern müssen wir den identitären fast dankbar sein, dass sie die ignoranz der mehrheit -wenn auch nur für einen augenblick und auch nur minimal- durchbrochen haben. gab es auf die anderen übergriffe in der selben woche praktisch keine reaktion, vielfach wurden sie sogar ignoriert wie in dem bericht hier, kamen am sontag innerhalb kurzer zeit wohl mehr als 100 menschen zur unterstützung zur votivkirche.

 

ein dritter gedanke  ist eher eine richtigstellung: die aktion der identitären zielte auf räumung ab. durch die eigene räumung sollte auch die räumung der refugees ermöglicht werden.   eine ziemlich perverse strategie, die auch durch die komische türpolitik der caritas  ermöglicht wurde. für die identitären ging die aktion pr-mäßig ziemlich in die hose, weil sie es gleichzeitig ernsthaft und satiremäßig ausgelegt war. ihr fehlschlagen der provokation sowie kälte und dunkelheit der kirche taten den rest. das ist halt rechnugndafür, dass die jungs dada nicht verstanden haben.....

so hat es sich auch gezeigt, dass eine gewiße ruhe und humor wichige waffen im kampf gegen rassismus sind!