Brief an das Freiburger Amtsgericht

Freiburg Amtsgericht

Dieser Brief wurde an das Amtsgericht Freiburg abgeschickt. An: Amtsgericht Freiburg, Holzmarkt 2, 79098 Freiburg

Hiermit lege ich Beschwerde ein gegen meine Gewahrsamnahme am 3.8 nach § 28 PolGBW. Ich wurde um ca. 8 Uhr ohne Begründung von Kräften der Polizei in Gewahrsam genommen. Eine Begründung erfuhr ich erst um ca. 1 Uhr als ich der Haftrichterin vorgeführt wurde. Dort wurde als Grund ein - nicht beachteter Platzverweis - genannt. Obwohl ich mit einem Presseausweis Vorort war, um 18.00 Uhr meiner festen Arbeit in Stuttgart hätte nachgehen müssen und ich nachweisbar durch meine Arbeitszeiten (bis 2 Uhr Nachts in Stuttgart) nicht an den nächtlichen militanten Aktionen in Freiburg beteiligt war, wurde ich bis 18.00 Uhr in Beseitigungsgewahrsam genommen.

 

Die Haftrichterin wurde nach ihrer eigenen Aussage stark in ihrer Entscheidung beeinflusst durch das  eingeleitete Ermittlungsverfahren der Polizei wegen Widerstands am 3.8 gegen mich. Ich solle mich bei der Festnahme „Gewehrt“ haben. Wenn alleine ein Ermittlungsverfahren (ohne Anzeige oder gar Verurteilung) bereits als Indiz für die „Gefährlichkeit“ einer Person ein hinreichender Beweis ist, bewegt sich dieser Staat gefährlich weit weg von der Unschuldsvermutung. Selbiges gilt für die Behauptung der Polizei ich sei als „Gewalttäter“ hinlänglich bekannt. Eine von der Polizei angeführte Anzeige, wegen „versuchter leichter Körperverletzung“, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Auch hier scheint eine Vorverurteilung stattgefunden zu haben.

 

Ich lege hiermit nicht nur Beschwerde ein über die Dauer der Gewahrsamnahme, sondern ich Beschwere mich über die komplette Maßnahme. An dieser Stelle möchte ich auch darauf hinweisen das sich der § 28 PolGBW in die sehr schmerzliche Tradition der Verordnung zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 stellt. Die Schutzhaft der Nationalsozialisten, die zur Festnahme von politischen Gegner_innen genutzt wurde, gab der Polizei noch mehr Befugnisse, kennzeichnet sich aber durch ähnliches Einsetzen:

 

  • Festsetzen von politisch unliebsamen Personen mit fadenscheinigen Begründungen (10 Stunden Arrest wegen angeblich nicht beachtetem Platzverweis?)

  • Einschüchterung

  • Vorverurteilung und -bestrafung vor einer (potentiellen) Tat

 

Ich erwarte eine Entschuldigung da ich Massiv in meinem Recht als Bürger sowie als Vertreter der Presse eingeschränkt wurde.

 

Mit antifaschistischen Grüßen

Ein Journalist

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Radio Dreyeckland hat den Brief dokumentiert