[M] Interview zu den Protesten gegen den Burschenschaftskommers

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Am  kommenden Wochenende (15./16.7.2011) plant die „Burschenschaftliche Gemeinschaft“ (BG) – der rechteste unter den Burschenschaftsdachverbänden -  einen Festkommers anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens in München. Dagegen ruft das queer-feministische Antifa-Bündnis „bash back“ zu Gegenprotesten und einer Demonstration auf.
Über die Gegenproteste und den geplanten queer-feministischen Block auf der Demo haben wir mit Claude von „bash-back“ gesprochen.

 

Hallo Claude. Nächsten Freitag und Samstag findet in München ein Festkommers der Burschenschaftlichen Gemeinschaft statt. Dagegen ruft ihr zu Protesten auf. Kannst du uns kurz erklären, wer die Burschenschaftliche Gemeinschaft ist und warum ihr glaubt, dass mensch gegen sie demonstrieren sollte?

Claude: Bei der Burschenschaftlichen Gemeinschaft handelt es sich um den rechtesten Flügel des eh schon rechten Burschenschaftswesens. Sie vertreten ein geschlossenes rechtes Weltbild. Das zeigt sich an ihren rassistischen, antisemitischen, deutschnationalen und heterosexistischen Einstellungsmustern. Sie verstehen sich selbst als elitären Lebensbund, der von vornherein nur „weißen“, deutschen, männlichen Akademikern offensteht. Durch diese Ausschlüsse hindurch zeigt sich ihr rassistischer und patriarchaler Machtanspruch. Diesen Machtanspruch haben sowohl bürgerlich-konservative, wie auch neofaschistische und neonazistische Rechte gemeinsam. Daher wundert es auch nicht, dass die BG und ihre Mitgliedsbünde eine wichtige Schnittstelle zwischen diesen verschiedenen Strömungen innerhalb der politischen Rechten sind.

Wir sind der Ansicht, dass rechte Studentenverbindungen, wie etwa die Burschenschaften fest in der Gesellschaft verankert sind, ihre Mitglieder teils hohe Ämter in Politik und Wirtschaft bekleiden und somit eine breitere gesellschaftliche Wirkmächtigkeit innehaben, als dies auf den ersten Blick scheinen mag. Wir halten es daher für sehr wichtig auch diese Gruppierungen anzugreifen. Offener Rassismus, Antisemitismus, autoritäre Persönlichkeitsstrukturen und Heterosexismus finden sich nämlich nicht nur bei NPD und „Freien Kameradschaften“, sondern weit darüber hinaus. Wir glauben, dass der geplante Kommers der BG eine super Gelegenheit ist, auch denen mal kräftig in die Suppe zu spucken.

Ihr ruft zu einem queer-feministischen Block auf der Demo auf. Was meint ihr damit?

Claude: Stimmt, wobei wir glauben, dass es der Begriff „Block“ nicht ganz das aussagt, was wir vorhaben. Wir würden uns freuen, wenn queere Ausdrucks- und Aktionsformen nicht nur auf einen kleinen, abgegrenzten Teil der Demo beschränkt blieben, sondern diese in der gesamten Demo präsent wären.

Aus welchen Gründen glaubt ihr, dass ein queer-feministischer Ausdruck gerade auf der Demo gegen die Burschis Sinn macht?

Claude: Wir glauben, dass es ganz viele Gründe dafür gibt – und auch nicht auf der Demo gegen den Kommers, sondern viel öfter noch. Es gibt allerdings zwei zentrale Überlegungen, die für uns ausschlaggebend waren, ein solches Konzept vorzuschlagen.

Einerseits möchten wir damit klar unsere tiefe Feindschaft zum Heterosexismus der Burschenschafter zum Ausdruck bringen. In der burschenschaftlichen Vorstellungswelt gibt es nur zwei Geschlechter, „Männer und Frauen“, wobei deren Beziehung durch eine patriachale Dominanz von Männern* über Frauen* und heterosexuelles Begehren gekennzeichnet ist. Den Grund dafür sehen sie in einer unveränderlichen „natürlichen Ordnung“. Bei ihrem Rassismus läuft die Begründung analog, auch hier sehen sie „weiße Dominanz“ über nicht-weiße als Ausdruck „natürlicher Unterschiede“.

Als radikale Linke können wir solche Verweise auf angebliche „naturgegebene Unterschiede“ und die darüber produzierten Ausschlüsse von Menschen niemals akzeptieren. Antisemitismus, Rassismus und Sexismus liegen immer in der gesellschaftlichen Ordnung begründet, sie sind soziale Konstruktionen, d.h. aber auch das sie veränderlich und überwindbar sind. Dies lässt sich deutlich an Vorstellungen von Geschlecht und Begehren zeigen: weder ist es so, dass Geschlecht notwendig in „männlich“ und „weiblich“ unterteilt werden muss, noch ist es so das heterosexuelles Begehren das „einzig wahre“ ist und auch patriachale Rollenverteilungen sind nicht unabänderlich.

Eine Überwindung dieser sexistischen Ordnung muss an mehreren Punkten ansetzen: zum einen an den gesellschaftlichen Strukturen, die solch eine Ordnug bedingen, zum anderen aber auch am individuellen Verhalten von uns allen. Männliche Dominanz ist wahrlich nichts, was sich nur bei den Burschenschaftern finden lässt, sie bestimmt weite gesellschaftliche Bereiche und nicht zuletzt auch linke Szenen und Gruppen.

Wir sind der Ansicht, dass ein queer-feministisches Auftreten auf der Demo und darüber hinaus,  eine Reflexion über sich selbst und die eigene Szene sein kann, bzw. diese in Gang setzen kann. Wir möchten damit einen Raum schaffen, in dem wir kollektiv mit Geschlechternormen brechen können und in dem sich alle wohlfühlen können. Wir sind allerdings nicht der Ansicht, dass dieses Konzept einen Verlust an Militanz mit sich bringen muss, eher glauben wir, dass es neue Möglichkeiten eröffnen kann.

Wie könntet das denn konkret aussehen?

Claude: Das Konzept lebt natürlich von denjenigen die mitmachen und sich mit eigenen Ideen einbringen. Es gibt da kein Patentrezept. Besonders wichtig ist uns, dass sich alle wohlfühlen – ob dies durch cross dressing, pink and silver oder im klassischen autonomen Schwarz, mit oder ohne rotem Lippenstift (lacht laut) erreicht wird ist dabei vollkommen egal. Am Tag der Demo selbst wird es im Rahmen des Freitagskafefestival ab 13:00 Uhr im Kafe Marat einen gemeinsamen Schmink- und Stylingtermin geben. Hier haben wir auch einige Klamotten, Stylingtipps und Schminkzeug, freuen uns aber sehr wenn Leute auch noch was mitbringen. Wir hoffen, dass wir damit einen Rahmen schaffen können, der vielen Leuten Lust auf mehr bereitet.

Was ist sonst noch alles geboten?

Claude: Heute Abend gibt es ab 20:00 Uhr noch einen Vortrag im Kafe Marat zum Thema: „Wann ist ein Bursche ein Mann?”. Desweiteren findet Freitag und Samstag ebenfalls im autonomen Kulturzentrum Kafe Marat das Freitagskafefestival statt, das durchaus  mit einem sehenswerten Lineup (Sookee, Zosch, Alarmstufe Gerd, Argies und vielen anderen) aufwarten kann. Gerade für Leute die von ausserhalb das Wochenende nach München kommen wollen, ist neben der Demo und den Gegenaktionen noch einiges geboten. Es wird also viel los sein am Wochenende

 

Danke für das Interview.

Claude: Bitte, bitte, immer wieder gerne.

 

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Am Samstag, 16 Juli, hat die NPD einen Infostand ab 13 Uhr vor dem Rathaus in Kirchheim bei München angemeldet.

 

Zu Protest und Gegenveranstaltungen wird aufgerufen!

 

Keinen Fußbreit den Faschisten!!

Pseudoelitäre patriachale Burschis am Samstag wegkicken!

Hier noch ein paar letzte Infos zum „100 Jahre Freitagskafe“-Fest am 15. und 16. Juli.
Die Konzerte beginnen jeweils pünktlich um 20 Uhr! Die Reihenfolge auf dem Flyer entspricht nicht genau dem Ablauf.

Am Freitag ist ab 19 Uhr geöffnet.

In den Samstag starten wir mit einem veganem Weißwurstfrühstück ab 11 Uhr.

>>> Ab 13 Uhr gibt’s die Möglichkeit, sich vor der antifaschistischen, queerfemistischen Demo zu treffen, umzuziehen und aufzustylen. Diverse Klamotten, Bärte und Schminkmöglichkeiten sind zwar vorhanden, aber es sollte auch eigenes Material mitgebracht werden.

Ab 20 Uhr geht’s dann weiter mit den Konzerten und anschließender Party.
Der Eintritt beträgt 5 Euro für einen Tag, und 8 Euro für zwei Tage.

Bands am Fr. und Sa.:

Fr. 15.07. + Sa. 16.07.
Freitagskafe Festival:

+++ FREITAG:
Argies (Punkrock)
Sookee (Hiphop)
Johnny Mauser & Captain Gips (Hiphop)
Radical Hype (Punkrap)
Screaming Party (Hardcore)

+++ SAMSTAG:
zOSCH! (Synthiepunk)
Alarmstufe Gerd (Thrashpunk)
Riot Reiser (Punk)
Todeskommando Atomsturm (Punk)
Kachel (Oldschool Hardcore)
grgr (Electro)
+ Party, Workshops usw.

Und was hat das mit dem Artikel zu tun?