Keine Macht für niemand! Eine anarchistisch-rätekommunistische Erklärung

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Die Welt von heute wird strukturiert durch die Unterordnung des gesamten Lebens unter das kapitalistische Gewinnstreben. Das Privateigentum an Produktionsmitteln führt zur privaten Aneignung gesellschaftlich erarbeiteten Reichtums. Während einige wenige von ihrem Besitz an Produktionsmitteln leben, arbeiten fast alle anderen für deren Gewinne. Dieses kapitalistische Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnis existiert weltweit. Kriege werden zur Durchsetzung kapitalistischer Interessen auch in den hintersten Winkeln der Welt geführt. Kapitalismus ist die Ursache für Armut, Elend und Hunger.

 

Entbehrungen und Verzicht sind in weiten Teilen der Erde noch wesentlich verbreiteter als hierzulande. Aber auch in Deutschland verdient die große Mehrheit der Menschen ihr Geld mit Arbeiten, die ganz unabhängig vom Nutzen sind, den sie für die Arbeitenden haben könnten. Sie alle sind auf den Arbeitsmarkt geworfen, ihre Arbeitskraft ist nichts weiter als eine weitere Ware. So prägt der Kapitalismus das gesamte Leben: Der Großteil der Menschen ist seinen Regeln unterworfen, in denen es nie um ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse geht; nicht darum, ob, was und wie sie arbeiten wollen. Menschen arbeiten für Lohn oder Gehalt, weil sie dazu gezwungen sind, um Leben zu können. Was gearbeitet wird, bestimmen andere, der Einzelne wird zu einem Rädchen im Getriebe degradiert, dessen Wünschen und Wollen in dieser Arbeitswelt keine Rolle spielen.

 

Die aus diesen Bedingungen resultierende untergründige oder offen zu Tage tretende Unzufriedenheit mit dieser Art von Erwerbstätigkeit und ihren Ergebnissen macht Lohnarbeit – die doch das Leben dominiert - unerträglich. Um sie dennoch aushalten zu können, um gegen das Abstumpfen durch die Zumutungen des Arbeitsalltags anzukommen, suchen sich die meisten anderweitige Befriedigungen innerhalb des Arbeitsprozesses. Zu allererst ist der Austausch mit den KollegInnen zu nennen, die ein wichtiger Bezugspunkt für den Einzelnen sind und zu seinem sozialen Umfeld gehören. Zugleich aber werden KollegInnen oft auch als KonkurrentInnen betrachtet, mit denen man sich vergleicht, um die eigene Unentbehrlichkeit feststellen zu können. Ein weiteres Instrument dieser psychischen Aufbauleistung ist die Identifikation mit dem Unternehmen, für das man arbeitet. Ein Teil des betrieblichen Ganzen zu sein, verschafft innere Befriedigung. Desweiteren wäre der Stolz auf die erbrachte Leistung zu nennen, auf die gemeisterten Schwierigkeiten und die eigene Qualifikation, den Erwerb und Ausbau bestimmter Fähigkeiten. Die allermeisten Tätigkeiten erfordern spezialisiertes Wissen und eingeübtes Geschick, sind also in der Tat nicht unmittelbar und jederzeit zu ersetzen.

 

Diese gewissermaßen psychologische Aspekte zur Eigenmotivation werden von Unternehmensseite ausgenutzt, um die Leistungsbereitschaft der Belegschaften zu erhöhen. Dazu wurde ein beachtliches Instrumentarium geschaffen – von Konzepten der „Corporate Identity“ über individuelle und kollektive Zielvereinbarungen oder betriebsöffentliche Belobigungen bis hin zu einem ausgeklügelten Prämiensystem. Diese Maßnahmen korrespondieren mit den klassischen Methoden, mehr Einsatz aus den Beschäftigten zu erzwingen. Zahlreiche Unternehmen sind mit der Androhung von Versetzungen oder Entlassungen auch bei kleineren „Pflichtverletzungen“ schnell bei der Hand.

 

Während zum einen die Konkurrenz die einzelnen Unternehmen zu immer neuen Innovationen zwingt – die die Gesellschaft auf einen technischen Höchststand getrieben haben -, schränkt der ständige Kostendruck, also der Zwang für Unternehmen, möglichst billig zu produzieren, die Güte der Arbeitsergebnisse ein. Qualität wird nur da abgefordert, wo sie sich lohnt, d.h. den Profit erhöht. Auch das ist für die Arbeitenden eine Quelle ihrer Unzufriedenheit. Sie wissen, sie könnten es viel besser machen als sie dürfen, müssen aber das ständige Drängeln, schneller zu arbeiten, ertragen.

 

In einer von vielfachen Hierarchien durchzogenen Arbeitswelt wird Unterordnung zum Gesellschaft strukturierenden Prinzip. Ihre Arbeitsverhältnisse prägen Moral, psychische Dispositionen und Wertvorstellungen der Menschen, denn das Fehlen jeglicher Selbstbestimmung schüttelt niemand nach Verlassen von Büro, Werkstatt oder Fabrik einfach ab. Die alltäglich erfahrene Fremdbestimmung dominiert vielmehr auch die Freizeit und das Verhältnis zu anderen Menschen, auch zu FreundInnen und Familie. Von der Warenförmigkeit des Kapitalismus sind alle menschlichen Beziehungen durchdrungen.

 

Das Jeder-gegen-jeden der Konkurrenzgesellschaft wirkt sich auch in der Linken aus. Wer kennt nicht das Phänomen, daß auch in unseren Zusammenhängen auf einige gehört wird, während die Beiträge anderer mehr oder weniger ignoriert werden. Oder das auf unseren Plena, die eigentlich doch auf Gleichheit und Solidarität basieren sollten, sich viele nicht einmal trauen, überhaupt etwas zu sagen. Auch in linken Strukturen gibt es (informelle) Hierarchien – sie sind ein Beleg dafür, daß Verhaltensweisen in der hiesigen patriarchalen Klassengesellschaft auch von ihren GegnerInnen verinnerlicht wurden. Das sollten wir uns immer wieder klar machen, und wir sollten versuchen, damit bewußt umzugehen, um diese Verhaltensmuster nach und nach zu überwinden. Wir sind keine besseren Menschen, aber wir haben uns aufgemacht, sämtliche Unterdrückungsverhältnisse abzuschaffen.

 

Aber, obwohl das vielen Menschen einleuchtet, obwohl auch die naheliegendste Konsequenz daraus: Kapitalismus abschaffen! vielen Menschen einsichtig ist, ist die Zahl derjenigen, die sich tatsächlich für seine Überwindung einsetzen, entsetzlich gering. Liegt das an der Resignation, weil der Kapitalismus bislang sämtliche Angriffe auf sich parieren konnte? Liegt´s daran, daß eine realistische Alternative zu fehlen scheint? Liegt´s auch daran, daß der Bevölkerung ständig eingetrichtert wird, der Kapitalismus sei die beste Wirtschafts- und Gesellschaftsform, alles andere aber entweder nicht zu verwirklichen oder verbrecherisch? Und daran, daß der antikommunistische Grundkonsens der BRD von der Bevölkerung verinnerlicht worden ist?

 

Daß nach wie vor ein Wille zur Veränderung vorhanden ist, daß noch längst nicht alle Menschen nur auf das eigene Durchkommen und das ihrer Familien orientiert sind, zeigt das teils große Engagement, wo es um Veränderungen vor Ort, im „Kleinen“, in sog. Teilbereichen geht – beispielsweise gegen die Zuschneidung der Stadt auf Profitinteressen, gegen Wohnungsnot oder gegen NeofaschistInnen. Da werden Menschen aktiv. Weil sie nicht den Zusammenhang ihres Anliegens mit dem Kapitalismus insgesamt durchschauen? Vielleicht auch das. Vor allem aber, weil hier Erfolge zu erzielen sind und nicht immer wieder das Gefühl vermittelt wird, es wäre doch irgendwie sinnlos, sich zu wehren. Und Menschen werden aktiv, wo es gegen die drückendsten Auswüchse, gegen die Spitze des Eisbergs geht – gegen Krieg, den Atomstaat oder die Folgen der sog. „Globalisierung“. In diesen Bereichen sind große Mobilisierungen möglich und so kann für den Augenblick einer Demonstration das Gefühl der eigenen Ohnmacht überwunden werden.

 

Und doch bleibt es dabei: Das Grundübel, der Eisberg, also der Kapitalismus - bleibt bestehen. Der Resignation, dem Mißmut, der Kleingeisterei und dem Glauben, es gäbe ja doch keine Alternative, setzen wir entgegen: Eine andere Welt ist möglich! Eine Welt, in der jede Form von Ausbeutung und Unterdrückung abgeschafft ist. Eine Welt jenseits von Kapitalismus und Staat.

 

Schon immer gab es Linke, die sich mit der Idee, nach einer gelungenen sozialistischen Revolution einen neuen Staat aufzubauen, nicht anfreunden konnten. AnarchistInnen oder RätekommunistInnen vermochte einfach nicht einzuleuchten, warum mensch seine Chefs und seine Regierung stürzen solle, nur um an ihre Stelle neue Chefs und eine neue Regierung zu setzen. Ihre Alternative zum Staatssozialismus ist, mit Erich Mühsam gesprochen, eine Räterepublik als „die föderalistische Ordnungsform der Anarchie, d.h. der orbigkeitslosen Selbstbestimmung der gesellschaftlichen Gesamtheit“. Das geht nicht? Doch, das geht! Wer braucht denn einen Chef? Wer braucht Vorgesetzte, die ihnen sagen, was sie zu tun und zu lassen haben? Wer braucht Autoritäten, die ihnen das Leben organisieren? Niemand! Wir sind doch sowieso diejenigen, die den gesellschaftlichen Reichtum erarbeiten. Wir können das selbst!

 

Ausbeutung und Unterdrückung abschaffen!

Der Mensch ist nicht von Natur aus egoistisch, grausam oder seinen Mitmenschen gegenüber gleichgültig. Unser aller Verhalten wird durch die Gesellschaft, in der wir leben, geprägt. Es ist also veränderbar. Eine andere, freie Gesellschaftsordnung bringt ein ganz anderes Sozialverhalten hervor als jenes, welches wir von der gegenwärtigen Gesellschaft kennen.

 

Wir wollen die Umwälzung der Produktionsverhältnisse und die Abschaffung aller Hierarchien, um selbstbestimmtes Leben und Arbeiten zu ermöglichen. Die Produktion muß sich an den Bedürfnissen orientieren und nicht mehr an Profiterwartungen. Wir streben die Aufhebung der bisherigen Tauschverhältnisse an: JedeR bekommt, was er oder sie braucht, jedeR trägt dazu bei, was er oder sie kann. Niemand arbeitet mehr für Lohn; und Geld wird überflüssig, weil der individuelle Konsum nicht mehr von der erbrachten Arbeitsleistung und ihrer Entlohnung abhängt.

 

Die notwendige Arbeit wird auf alle Schultern verteilt, und es wird nur noch hergestellt, was sinnvoll ist und die Umwelt nicht schädigt. Güteraustausch über weite Strecken wird nur noch da stattfinden, wo er unvermeidlich ist. Auf Werbung kann ganz verzichtet werden. So können die sog. „Dienstleistungen“ auf der einen Seite reduziert und dafür an anderer Stelle erheblich mehr Zeit für z.B. Pflege, Gesundheit, Ausbildung aufgewandt werden. Insgesamt kann die Zeit, die jedeR mit notwendiger Arbeit verbringen muß, drastisch reduziert werden. Arbeit verlöre ihre durchdringende Dominanz im Leben.

 

Das gesellschaftliche Leben und die unvermeidliche Arbeit werden von unten organisiert, von denen, die es unmittelbar angeht. Wo wir wohnen, wo wir arbeiten, tun wir uns mit allen anderen zusammen, bilden Kollektive, die die Aufgabe haben, die Produktion und Versorgung zu organisieren und im Austausch mit anderen Kollektiven gemeinsame Wege der gesellschaftlichen Entwicklung zu finden. Somit sind die Kollektive die Basis für Selbstbestimmung und - organisation, und sie stellen sicher, daß nicht mehr von „oben“ dirigiert, aufgezwungen, administriert und befohlen wird.

 

Wir brauchen die allumfassende Eigenverantwortlichkeit der Einzelnen und ihrer Kollektive, die sich durch Räte koordinieren werden. Dafür bietet die moderne Kommunikationstechnologie Möglichkeiten des Austauschs und der Vernetzung, von denen frühere Generationen nur träumen konnten. Dies ist unsere Alternative jenseits aller Staatlichkeit: Das Rätesystem ist das Organ der freien Vereinigung aller Menschen. Mit ihm entfallen sämtliche staatlichen Aufgaben.

 

Jede Bildung neuer oder die Wiederbelebung überkommener Institutionen würde das Abtreten, das Wegdelegieren von Aufgaben bedeuten - weg vom Einzelnen, weg von den Kollektiven. Das nähme die unverzichtbare Selbstverantwortlichkeit, lähmte die Basisinitiativen und würde Tür und Tor öffnen für die Etablierung neuer Hierarchien und Herrschaftsstrukturen.

 

Alle Menschen hätten mehr Zeit und Muße, um ihre Fähigkeiten und Interessen allseitig zu entwickeln. Wo Fremdbestimmung und Zwang wegfallen, kann jedeR die eigenen Fähigkeiten und Interessen einbringen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, einmal nicht mitzumachen und sich ´rauszuziehen. Es wird dann möglich sein, „morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden“ (Karl Marx). Die Grenze zwischen dem, was Spaß bringt, und der notwendigen Arbeit wird immer mehr verschwimmen.

 

Zwar werden die individuellen Interessen im Kollektiv verwirklicht, sind dort aber nicht widerspruchsfrei aufgehoben. Der Mensch lebt nicht für´s Kollektiv, sondern er gehört einem an, um sein Leben nach seinen Vorstellungen gestalten zu können. Das Individuum ist nicht der Handlanger des Kollektivs, mag dessen Mehrheit sich auch noch so sehr als Allgemeininteresse formulieren. Es muß immer die Möglichkeit geben, „nein“ zu sagen.

 

Wir wollen alle Unterdrückungsverhältnisse beenden. Die Unterdrückung der Frau durch den Mann, ihre Degradierung zum Sexualobjekt, ihrer beider Einpassung in normierte Rollenbilder; die Mißachtung alter und das Nichternstnehmen junger Menschen; die Verachtung Behinderter; die Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierungen; den Rassismus und und und. Freiheit ist die Aufhebung jeder Unterdrückung, Freiheit bedeutet Gleichheit. Dies passiert nicht von allein mit der Abschaffung der kapitalistischen Wirtschaftsweise, sondern bedarf des bewußten Handelns, damit keinerlei Varianten von Hierarchien, Diskriminierungen oder Bevorteilungen sich in der neuen Gesellschaft festsetzen können.

 

Es ist uns nicht möglich, die einzelnen, konkreten Schritte hin zur befreiten Gesellschaft aufzuschreiben, denn wir sind keine ProphetInnen. Klar muss uns allen aber sein, dass eine Revolution, die das Ziel hat, alle bisherigen Verhältnisse umzukrempeln, kein friedliches Idyll sein wird. Die ProfiteurInnen des alten Systems werden ihre Entmachtung und Enteignung mit allen Mitteln erst zu verhindern und dann rückgängig zu machen versuchen. RevolutionärInnen müssen dem entgegentreten und zugleich das Entstehen und die Verfestigung hierarchischer und autoritärer Strukturen in den eigenen Reihen verhindern.

 

Schreiten wir voran!

Um eine freie Gesellschaft zu erstreiten, ist Organisierung notwendig. Eine Organisierung, die unsere Utopie einer befreiten Gesellschaft schon enthält. Uns nützen keine autoritären Strukturen und hierarchischen Organisationen. Wer eine von Ausbeutung und Unterdrückung freie Gesellschaft aufbauen möchte, kann sich nicht in Parteien begeben, die selbst hierarchisch strukturiert sind, die also die Herrschaftsprinzipien der heutigen Klassengesellschaft übernehmen, statt sie aufzuheben, die von ihrer Basis erwarten, daß sie die Beschlüsse von „oben“ unhinterfragt umsetzt. „In der Organisation und Gemeinschaft der Kämpfenden erscheint trotz aller Disziplin, die in der Notwendigkeit, sich durchzusetzen begründet ist, etwas von der Freiheit und Spontaneität der Zukunft. Wo die Einheit von Disziplin und Spontaneität verschwunden ist, verwandelt sich die Bewegung in eine Angelegenheit ihrer eigenen Bürokratie, ein Schauspiel, das schon zum Repertoire der neueren Geschichte gehört.“ (Max Horkheimer) Eine künftige revolutionäre Organisation muß die Negation des Bestehenden sein - die freie Vereinigung der RevolutionärInnen wird auf Kooperation, nicht auf Unterordnung setzen. Sie kann nur als ein Zusammenschluß funktionieren, der Platz läßt für Widersprüche, der unterschiedliche Meinungen, Einschätzungen und Vorgehensweisen in seinen Reihen aushält. Der in der Vielfalt revolutionären Denkens und Handelns die Stärke erkennt und nicht die „Schwächung der Einheit“.

 

Der revolutionäre Aufbruch muß die Befreiung der Gesellschaft von Ausbeutung und Unterdrückung schon als Keim in sich tragen.

 

Weniger geht nicht!

 

(Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten, Frühjahr 2011)

 

www.agr.de.vu

agr [at] nadir.org

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"Es wird dann möglich sein, „morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben,.. "(Karl Marx).

Das grad dieses Zitat angeführt wird, in dem ein Herrschaftsverhältnis gegen nichtmenschliche Tiere angeführt wird, weiß ich nicht. Ich frage mich, was Marx sagen würde, wenn er die heutige Entwicklung der Produktivkräfte sähe, durch die
es in keiner Weise notwendig ist, Tiere noch auszubeuten? Ganz im Gegenteil, unsere Herrschaft und Unterdrückung
gegen nichtmenschliche Tiere, zerstört den Lebensraum für uns alle, nur als ein Beispiel. Hier unterstützen sehr viele Menschen das Kapital tatkräftig.

Wenn der Mensch sich besinnt, ein Tier zu sein, und begreift, dass die Ausbeutung der Tiere ein gewachsenes Herrschafts- und Unterdrückungsverhältnis ist, welches heute nicht mehr notwendig ist, dann sind wir frei.

Ist sonst ein interessanter Artikel. Gründe, warum es so wenige sind, wurden ja genannt. So wie ich das wahrnehme,
mögen Menschen Sicherheit und scheuen Veränderungen. Sie vertrauen lieber einer betrügerischen und kriminellen Gesellschaft, als dass sie eine Veränderung bewirken. Doch Marx schrieb ja auch etwas über die Bedingungen, die da sein müssen, ehe eine wirkliche Veränderung stattfindet. Wie es aussieht, ist es noch nicht so weit, aber es geht voran!

Klar, denn Tiere besinnen sich auch regelmäßig auf ihr Tiersein und entscheiden dann qua Vernunft dieses oder jenes zu tun oder zu lassen. Damit will ich nicht die Herrschaft über Tiere legitimieren, aber doch darauf hinweisen, dass an der Unterscheidung zwischen Mensch und Tier gewaltig was dran ist, worüber natürlich gesprochen, gestritten und diskutiert werden muss; es zu leugnen jedoch wäre Unsinn.

Auch problematisch ist deine anthropologische Essentialisierung des Menschen. Die Bedingungen für die "wirkliche Veränderung" sind übrigens längst schon gegeben, heute mehr denn je. Gerade deswegen ist von Utopie zu sprechen ja fast schon zynisch. Vielleicht ist Marcuses Gedanke gar nicht so falsch, dass die Menschen im Prozess sich noch verändern, dass der Wunsch nach einer qualitativ anderen Gesellschaft noch nicht da ist, aber werden kann. Das nicht existieren mancher Bedingungen ist vielleicht kein so großes Problem, wie es manchmal geredet wird.