Demo in Gedenken an Thomas „Schmuddel“ Schulz

12

Am Samstag, dem 2. April, veranstaltete das Dortmunder Antifa-Bündnis eine Demonstration gegen rechte Gewalt. Bis zu 700 Antifaschistinnen und Antifaschisten zogen durch die Dortmunder Innenstadt und den Norden, um an den von einem Neonazi ermordeten Punker Thomas "Schmuddel" Schulz zu erinnern.

Thomas wurde am 28.03.2005 in der U-Bahn-Station Kampstraße von dem damals 17-jährigen Neonazi Sven Kahlin erstochen, weil er dessen rechte Sprüche nicht unkommentiert stehen ließ. Jährlich veranstalten Antifaschist_innen in Dortmund seitdem Demonstrationen und Kundgebungen, um an diesen Mord und die zahlreichen Opfer rechter Gewalt zu erinnern. Bereits am 28.03.2011 gedachten 150 Antifaschist_innen dem Mord an Thomas Schulz am Tatort, der U-Bahnstation Kampstraße.

 

Die Demonstration begann am Dortmunder Hauptbahnhof und zog, nachdem der Aufruf verlesen wurde, zunächst lautstark in die Nordstadt. Auf der ersten Zwischenkundgebung an der Schützenstraße wurde die aktuelle rassistische Hetze gegen viele Bewohner_innen der Nordstadt kritisiert und auf die Folgen der Schließung des Straßenstrichs in der Ravensberger Straße eingegangen.

 

Auf dem Weg in Richtung Münsterstraße wurde der Demonstrationszug auf besondere Weise begrüßt: Auf dem Dach eines Gebäudes entrollten einige Antifaschist_innen ein Banner mit der Aufschrift "Nazis jagen, Bullen stressen - KEIN VERGEBEN, KEIN VERGESSEN", zündeten Bengalos und Feuerwerkskörper an und schwenkten Antifa-Fahnen.

 

Weiter ging es in die Innenstadt, wo vor der Kneipe "Hirsch-Q" eine weitere Zwischenkundgebung stattfand. Die in der Brückstraße gelegene Kneipe war zuletzt im Dezember von Neonazis angegriffen worden. Die der so genannten Skinhead Front Dortmund-Dorstfeld zuzuordnenden Täter_innen traktierten einen am Boden liegenden Besucher der Kneipe mit Tritten und stachen mit einem Messer auf einen Gast ein. Beteiligt an diesem Überfall war auch Sven Kahlin, der Mörder von Thomas Schulz. Kahlin, der Ende 2010, zwei Jahre vor dem Ende der usprünglich verhängten Haftstraße, entlassen wurde, ist weiterhin in der Dortmunder Neonazi-Szene aktiv. Unter anderem trat er auf Kundgebungen als Redner auf, und zeigte sich dort mit einem T-Shirt auf dem der Satz "Was sollten wir bereuen?" zu lesen war. Ein weiterer Redebeitrag thematisierte die staatliche Extremismustheorie, die die Gleichsetzung von linker Gesellschaftskritik und autonomer Politik mit nationalsozialistischer Ideologie und Praxis betreibt. Gerade auch im Zuge des Überfalls auf die Hirsch-Q dient diese Argumentation dazu, den Überfall als "Schlägerei zwischen rechts und links" zu verklären und den Betroffenen eine Mitschuld anzudichten.

 

Anschließend ging der Demonstrationszug über den Wall und die belebte Kampstraße und endete schließlich nach knapp drei Stunden an der gleichnamigen U-Bahn-Station. Hier, am Tatort, wurde in einer Schweigeminute den Opfern rechter Gewalt gedacht. Ein weiterer Redebeitrag problematisierte die fehlende Hilfe für Opfer rechter Gewalt in Dortmund.

 

Die Polizei begleitete die Demonstration mit zahlreichen bewaffneten Einsatzkräften. Bereits im Vorfeld hatte es repressive Auflagen in Bezug auf Ordner_innen, Transparente und Auftreten der Versammlungsteilnehmer_innen gegeben, um die Demonstrant_innen einzuschüchtern und ein selbstgewähltes Auftreten zu verhindern. Wir als Veranstalterinnen finden es eine Frechheit, dass sich die Dortmunder Polizeiführung hier wie auch schon bei der Kundgebung am 28.3. versucht in die Durchführung und inhaltliche Gestaltung unserer Veranstaltungen einzumischen.


Die Dortmunder Nazis nutzten den Tag um in Lütgendortmund ihre rassistische Hetze gegen das kürzlich dorthin gezogene Asylbewerber_innenheim zu verbreiten. Einige Antifaschist_innen protestierten mit einem Transparent in der Nähe des neuen Heimes gegen die Nazis und auch gegen rassistische Äußerungen der Anwohner_innen.
Wir freuen uns das erneut hunderte Menschen zum Gedenken an den rechten Mord zusammengekommen sind, und bedanken und bei allen die uns unterstützt haben. Bei aller Freude zeigt der Tag aber auch, das in Dortmund noch viel zu tun ist. Wir bleiben am Ball.
Für Fragen, Anregungen und Kritik zur diesjährigen Gedenkdemo, aber auch zu unserer Arbeit im Allgemeinen, sind wir immer offen. Schreibt uns dazu - nach Möglichkeit verschlüsselt - eine E-Mail.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

...weiß nicht wohin

 

da hat ein nazi fast senge bekommen und es gibt ein foto von seinem ängstlichen gesicht.

für einmal vorzeigen und zufriedenem abnicken in revanche-gefühlen, mag es dem ein oder anderen ja reichen.

 

aber dies immer wieder tuen und sich selbstgefällig an der angst einer person zu belustigen?

das läßt fragen zu der person aufkommen, die dies macht. warum ein ergötzen an der offensichtlichen schwäche

einer person? (auch wenn es ein scheiß nazi ist) was hat man davon?

du sagst es ja schon selber. der grund, warum es ausgrechnet diesen lammerjappen immer wieder trifft, ist die tatsache, dass es davon ein bild gibt. wenn nazis sonst in dortmund kassieren hat man ja aus guten gründen keine kamera dabei. und warum man nicht über das versagen von nazis lachen darf, erschließt sich mich mir auch nicht. vermutlich darf man sie auch gar nicht erst verkloppen, wa? was man von der ganzen aktion überhaupt hat? spaß an der freude. nicht mehr, aber auch nicht weniger!

grundsätzlich kannst du lachen worüber du möchtest. allerdings lässt es doch rückschlüsse auf das politikverständnis einiger menschen in antifaschistischen zusammenhängen schliessen, wenn sie sich jahrelang daran aufgeilen, dass irgendeine feindfigur was vors maul gekriegt hat und dabei fotografiert wurde, wie er ein dummes gesicht gemacht hat. das ist einmal lustig, zweimal, aber wenn sich die leute über jahre hinweg an sowas weiden,  es als dreh- und angelpunkt "antifaschistischer aktivität" angesehen wird, individuen der gegenseite als selbstzweck zu belästigen, zu verhöhnen und persönlich zu schädigen, dann stellt sich die frage, ob es nicht eine ganze reihe von menschen in antifaschistischen zusammenhängen gibt, denen es gar nicht in erster linie darum geht, politisch etwas zu bewirken, sondern einfach nur (jugendliches?) aggressionspotential  oder sadistische neigungen in einer art und weise auszuleben, die von möglichst weiten kreisen toleriert wird und die vor sich selbst politisch-moralisch verbrähmt werden kann.  ich will damit garnichts über das für und wider bestimmter (direkter) aktionsformen aussagen oder unterstellen, dass jeder antifaschistisch aktive derart motiviert ist, oder dass man solche leute auch ganz einfach als "nützliche idioten" für besimmte aufgaben gebrauchen kann. andererseits gehört es aber auch zu einer notwendigen und sinnvollen selbsteinschätzung und -kritik, solche dinge  zumindest zu thematisieren und zu problematisieren. oder mal ganz einfach formuliert: nicht jede, der gegen nazis ist ist deswegen links oder antifaschist.

Danke für die Erklärung des Bildes.

einen kleinen vorfall möchte ich hier noch ergänzen:

 

ein stück vor der u-bahn station kampstraße standen ein paar faschos hinter einem bauzaun und haben, soweit ich das mitbekommen habe, versucht die demonstranten zu fotografieren(siehe die letzten paar fotos vom link oben). Ein etwas dickerer typ im roten thor steinar pulli war auch noch dabei, ist aber auf den fotos nicht zu sehen. Nachdem man sie entdeckt hatte nahmen sie die beine in die hand und konnten (wegen bauzaun und polizei) flüchten. aber zumindest wurden scheinbar noch ihre personalien aufgenommen..

großes lob hier an die demoteilnehmer, man hat in dieser situation entschlossen reagiert, sich aber auch nur sehr kurz aus der ruhe bringen lassen. nachdem die nasen vertrieben waren ging die demo ungestört weiter und auch die polizisten haben direkt wieder helme etc abgenommen. viele der hunderschaftlerInnen die ich so beobachtet habe wirkten während der demo auch eher gelangweilt und wären bei dem schönen wetter warscheinlich lieber irgentwo grillen gegangen..

Die route vom hbf, durch belebte teile der nordstadt und vorbei an hirschQ/wall/reinoldikirche/kampstraße bis zur u-bahn station kampstraße war lang und gut besucht, was dafür gesorgt haben dürfte, dass viele menschen etwas von der demo mitbekommen haben. in der nordstadt gab es teilweise sogar applaus für die demo und die bengalo aktion hat ordentlich für stimmung gesorgt. Die kam mir anfangs auch eher etwas ruhig vor, wurde aber im verlauf deutlich besser.

Meine verbesserungsvorschläge:
-zwischendurch noch mehr kurze lautidurchsagen um die passanten/anwohner aufzuklären worum es geht
-die redebeiträge waren sachlich gut man könnte sie aber vielleicht doch etwas kämpferischer vortragen
-mehr flyer am rande der demo verteilen (das design gefiel mir dieses jahr gut, aber NIEMAND liest sich 4seiten blocksatz in schriftgröße 8 durch!!! bitte in zukunft kurz, präzise und anschaulich, die details können sich interessierte ja immernoch auf den diversen internetseiten durchlesen)

die taktik der faschos ihre demo zeitgleich mit antifademos durchzuführen um möglichst ungestört agieren zu können, sowie die situation um das asylbewerberheim in lütgendortmund allgemein, sollte allerdings im auge behalten werden!

Von ca. 600 AntifaschistInnen erweisen sich gerade eine Handvoll als so flexibel, dass sie in den Stadtteil Lütgendortmund fahren und 120 Nazis die Stirn bieten. Statt Stress mit dem Angstgegner, Selbstbestätigung mit bunten Bannern und Fahnen. Das hinterläßt gute Gefühle bei den TeilnehmerInnen. Eine Wohlfühlgemeinschaft. Allein die vegane Bratwurst fehlt noch.

Während Nazis einige Kilometer weiter ihren nächsten Mord mit rassistischer Hetze und völkischer Propaganda vorbereiten, zelebriert man sich selbst.

Diese Selbstiniziierung geht vor der direkten Aktion und dem Widerstand gegen Nazis. Aus dem Mord an Schmuddel individuelle und kollektive Entscheidungen und Aktionsformen für die Zukunft abzuleiten, gelingt anscheinend nur wenigen. "remembering means fighting" ist halt auch nur so`n Spruch wie das Gepoose auf einem Hausdach. Paßt alles zu einem PR-Antifaschismus, der diese Parolen und das Gepoose in der Öffentlichkeit vermarktet.

Ganz Medienagentur, werden sites ins Internet gestellt, Flyer und Sticker gedruckt und verteilt, Nach der Demo schöne Fotos ins Internet gestellt, die (oft viel zu langen) Reden aus dem Plenarsaal der Straße veröffentlicht - so schaut das schöne Outfit der "Antifa" aus.

Was eigentlich los war, wo es gehapert hat, Strategie und Taktik, Sinn und Zweck, Perspektive - alles zweitrangig. Vergemeinschaftung in der Imagepflege.

"Antifa" als Produkt, das von angehenden Jungmanagern, Mediendesignern, Rechtsanwälten und PR-BeraterInnen vermarktet wird.

 

"Man ist viele, man ist laut, man hat auf Sand gebaut."

oder nach Slime "Etikette tötet"

Lass mich raten. Du bist derselbe Typ, der unter jedem Dortmund-Artikel sowas im Stil von "Kapitalismus ich hör dich tapsen" schreibt und damit eine Komerzialisierung "der Antifa" vor allem in Dortmund kritisiert. So vil dazu. Zur Demo kann man nur sagen, dass du ja auch weißt, dass diese schon seit Monaten beworben wurde und die Nazis extra deswegen kurz vorher für denselben Tag eine Demo angemeldet hatten. Hätte man sich also die ganze Aktion schenken sollen, nur um sich in Lütgendortmund ein wenig von den Bullen rumschubsen zu lasse Nein den Erfolg wollte ich den Nazis nicht lassen und bin deshalb zur Demo gegangen.

ich würde eher mal tippen, es ist jemand, für den demos kein selbstzweck sind, sondern mittel zum zweck.