Trotz Distanzierung von der ETA baskische Linkspartei verboten

Zehntausende demonstrieren in Bilbao am 19.2. für die Legalisierung baskischer Parteien

Erwartungsgemäß hat das Sondergericht für Parteiverbote auch die neue baskische Partei Sortu verboten, obwohl sie sich ausdrücklich von der Gewalt der ETA distanziert hat, wie es das spanische Parteiengesetz fordert. Derweil hat allerdings das Anti-Folterkomitee des Europarats erneut Spanien wegen Folter angegriffen.

 

Am vergangenen Mittwoch hat der Oberste Gerichtshof die neue baskische Linkspartei "Sortu" verboten. Dem Antrag der sozialistischen Regierung wurde stattgegeben. Die Partei, deren baskischer Name "schaffen" oder "aufbauen" bedeutet, wird die Einschreibung ins Parteienregister untersagt. Diese Entscheidung der Sonderkammer verwundert nicht, die mit dem neuen Parteiengesetz 2002 geschaffen wurde. Nach dem Verbot der Partei Batasuna (Einheit) 2003 hat es hunderte baskische Parteien und Listen verboten. Es soll sich stets um Batasuna-Klone gehandelt haben, die im Dienst der Untergrundorganisation ETA gestanden hätten.

Es nützte nichts, dass sich Sortu, wie vom Parteiengesetz gefordert, in den Statuten von der Gewalt distanziert hat. Um jeden Zweifel zu zerstreuen, wird ausdrücklich "die Gewalt der ETA" eingeschlossen. Ein Kapitel der baskischen Linken sei abgeschlossen. Wurde die Gewalt der ETA über Jahrzehnte als Ausdruck des politischen Konflikts gesehen, hat sich in der baskischen Linken inzwischen durchgesetzt, dass der bewaffnete Kampf dem Streben nach einem unabhängigen, vereinten und sozialistischen Baskenland schadet. Die ETA hält seit 20 Monate eine Waffenruhe, die sie erstmals in der Geschichte von einer internationalen Kontaktgruppe überprüfen lässt.


Im Fall Sortu wurden aber Widersprüche am Sondergericht deutlich. Von 16 Richtern stimmten 7 gegen das Verbot, weshalb nur mit der knappen Mehrheit von zwei Richtern das Verbot ausgesprochen wurde. Drei Richter kündigten an, ihre Ablehnung schriftlich zu begründen. Ohnehin konnten die Sicherheitskräfte keinen Schriftverkehr mit der ETA vorgelegt, noch konnten Treffen von Sortu-Gründern mit der ETA nachgewiesen werden. Deshalb hob schon das Ministerium für Staatsanwaltschaft auf die "Ideen der ETA" ab, die Sortu vertrete.

 

Genau das hatte der UNO Sonderbeauftragten für Menschenrechte Martin Scheinin immer wieder kritisiert. Er verwies darauf, "welche Vielfalt an Bestimmungen“ des Parteigesetzes Verbote ermöglichten. "Schwammige" Formulierungen "können so interpretiert werden, dass sie auch auf jede politische Partei zutreffen, die mit friedlichen Mitteln ähnliche politische Ziele verfolgt, wie terroristische Gruppen“, kritisiert er. Scheinin forderte, die "vagen Formulierungen des Gesetzes an die internationalen Kriterien in Bezug auf die Einschränkung der Meinungsfreiheit anzupassen". Auch, die Strafrechtsbestimmungen zu "Terrorismus seien zum Teil vage". Es käme zu einer "Ausweitung des Terrorismuskonzepts auf Handlungen", die nicht in Verbindung zu schweren Gewaltakten stünden (PDF). Eine Zusammenfassung auf Deutsch hier.

 

Das Urteil zum Verbot von Sortu macht deutlich, dass es in Spanien nicht einmal erlaubt sein soll, friedlich für die Unabhängigkeit des Baskenlands einzutreten. Spanische Verfassungsrechtler hatten aber erklärt, dass Sortu das Parteiengesetz übererfülle. Sogar Führungsmitglieder der spanischen Sozialisten im Baskenland kritisierten, dass ständig neue Forderungen an die Partei gestellt würden. Der Präsident der Sozialisten im Baskenland, Jesús Egiguren, hält den von Sortu eingeschlagen für "unumkehrbar". Ihr Eintreten für den Frieden sei "aufrichtig". 

Er glaubt, das Urteil werde eine "kleine Anekdote" bleiben und hofft, dass es vom Verfassungsgericht kassiert wird. So geschah es im Fall der "Internationalistische Initiative - Solidarität unter den Völkern" (II-SP). Weil sich spanische Intellektuelle im Europaparlament für eine Lösung des baskischen Konflikts einsetzen wollte, wurde 2009 ihr Verbot beantragt, von der Sonderkammer abgenickt, aber vom Verfassungsgericht kassiert. Angesichts der Tatsache, dass kein Baske für II-SP kandierte, glaubten die Richter nicht daran, dass die Liste im Dienst der ETA stehe. Praktisch dürfte aber Sortu von den Wahlen am 22. Mai ausgeschlossen sein. Für eine Verfassungsklage muss noch die schriftliche Begründung abgewartet werden. Dass die höchsten Richter vor dem Beginn des Wahlkampfs entscheiden, ist sehr unwahrscheinlich.

 

Für Sortu und die baskische Linke ändert sich allerdings nichts an ihrem Einsatz. Aufgerufen wird allerdings dazu, am 2. April in Bilbao gegen die neue Repression aus Spanien zu demonstrieren.

 

 

Doch Spanien undemokratische und repressive Vorgehen wurde auch vom Anti-Folterkomitee des Europarats am Freitag scharf angegriffen. Das „Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“ hat von Spanien erneut verlangt, Festgenommene vor Misshandlungen und Folter zu schützen. In dem in Straßburg veröffentlichten neuen Bericht, wird von Spanien eine Politik der „Nulltoleranz gegen Misshandlungen“ gefordert. Eine entsprechende Botschaft müsse von den Behörden an alle gehen, die an der Strafverfolgung beteiligt sind.

Der Folter wurden praktisch alle Einheiten der Sicherheitskräfte bezichtigt. Von der berüchtigten Guardia Civil, über die Nationalpolizei und den Polizeieinheiten im Baskenland (Ertzaintza) und Katalonien (Mossos d'Esquadra) bis zur Gemeindepolizei von Madrid. Beschrieben wurden den CPT-Mitgliedern bei ihren Besuchen vor allem „Schläge mit Knüppeln“, „Tritte und Faustschläge gegen Kopf und Körper“. Dazu kommen „detaillierte Berichte über Erstickungsmethoden mit über den Kopf gezogenen Plastiktüten, sexuelle Übergriffe und andere Misshandlungen“, wie das Einführen von Gegenständen in die Vagina und den Anus. Zu den übereinstimmenden Beschreibungen seien konsistent zu medizinischen und anderen Unterlagen, die von der Delegation geprüft wurden.

Das CPT stellt auch heraus, auch nach den Besuchen seien weitere Folterberichte eingegangen, die sich vor allem auf die Zeit in der Kontaktsperre beziehen, die bis auf 13 Tage ausgeweitet werden kann. Wie in früheren Berichten kritisiert das Anti-Folterkomitee erneut, dass eine nach dem Anti-Terrorgesetz festgenommene Person keinen Kontakt zur Außenwelt hat, nicht einmal zum eigenen Anwalt. Um Folter vorzubeugen, fordert auch das CPT, die Zeit eines Festgenommenen in der Kontaktsperre komplett auf Video aufzuzeichnen. Dazu fordert es die Möglichkeit, dass ein Arzt des Vertrauens mit dem medizinischen Dienst des Nationalen Gerichtshof die Person besuchen kann und die Familie über die Festnahme und den Aufenthaltsort unterrichtet werden muss. Spanien wird aufgefordert, die geltenden Gesetze entsprechen zu überarbeiten.

Hart greift das CPT auch die Straflosigkeit an und forderte „once again“, dass alle Anzeigen nachgegangen werden müsse. So habe der Nationale Gerichtshof, ein Sondergericht in Madrid, nur in zwei Fällen Ermittlungen eingeleitet. Ein falsches Signal sei es auch, dass sechs Mossos d'Esquadra zwar für Angriffe auf festgenommene Ausländer vom Dienst suspendiert wurden, doch schon einige Monate danach seien fünf wieder in Dienst gestellt worden. Die Angriffe waren auf Video festgehalten worden, die von den katalanischen Behörden versteckt in der Polizeiwache „Les Corts” installiert worden waren.

Erst kürzlich wurden, erstmals nach 10 Jahren wieder Beamte der Guardia Civil für Folter bestraft, die es ja eigentlich in Spanien nicht gibt, wie die Regierung behauptet, die die Foltervorwürfe zu zensieren versucht. Es ist eines der falschen Signale, welches das Anti-Folterkomitee anspricht, dass sich der spanische Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba sich trotz klarer Hinweise auf Folter Anfang 2008 hinter die Beamten gestellt hatte. Er hatte behauptet, die Verletzungen, die einen der Festgenommenen auf die Intensivstation gebracht hatten, seien entstanden, als sie sich bei der Festnahme gewehrt hätten. 

Stattdessen müssten „energische Maßnahmen“ gegen die Beamten eingeleitet werden, die an Folter oder Misshandlungen beteiligt waren, sie befohlen oder autorisiert haben. Sie dafür vor Gericht zu stellen und zu bestrafen, sende eine unmissverständliche Botschaft aus, dass derlei Verhalten nicht toleriert wird. Abgesehen von der abschreckenden Wirkung, würde damit in der Öffentlichkeit auch klar gestellt, dass niemand über dem Gesetz steht und zeige vorteilhafte Wirkung bei den Opfern.

 

© Ralf Streck, den 26.03.2011

 

 

 

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Inhaltlich sehr interessant, wenngleich auch zu erwarten war, daß Spanien alles dafür tut/tuen wird, um einen selbstbestimmten Schaffensprozess im Baskanland zu verhindern.

Aber nebenbei: Ließt das hier denn keiner korrektur? Jeder macht mal Schreibfehler oder formuliert etwas schwammig. Man sollte aber doch darauf achten, im hier veröffentlichten Material zumindest die groben Schreibfehler zu korrigieren. Andernfalls wird das Lesen eines eigentlich sehr interessanten Artikels zur Qual.

Wenn du über ein paar Schreibfehler nicht hinweglesen kannst, tust du mir leid. Was erwartest du, dass die Leute hier auch noch Texte korrigieren. Sei froh, dass sich jemand die Mühe macht, vernünftige Infos zu liefern und du einen Ort bereitgestellt bekommst, um sie lesen zu können.