Spanien antwortet auf Friedensangebot mit Ausweitung der Repression

Demo Donostia 14-08-2010

Nun wurde sogar eine zweite Großdemonstration im Baskenland verboten, die zwei legale Linksparteien angemeldet haben. Mit der Ausweitung der Repression antwortet Madrid auf die Friedensangebote der baskischen Linken. "Um nicht auf Provokationen hereinzufallen und um Krawalle zu vermeiden", wurde der Marsch daraufhin abgesagt. Der internationale Vermittler Brian Currin ist trotzdem optimistisch, dass ein Friedensprozess eingeleitet wird.

 

Auf die Friedensangebote der Basken und der Waffenruhe der Untergrundorganisation ETA antwortet Spanien mit der Ausweitung der Verbote. Auf Antrag des Ministeriums für Staatsanwaltschaft, also der spanischen Regierung, hat der Nationale Gerichtshof in Madrid eine weitere Großdemonstration in Bilbao verboten. Das ist an sich nicht neu, nur hatten diesen Marsch die sozialdemokratische Solidaritätspartei (EA) und Aralar angemeldet, die legal sind. Das Motto lautete "Meinungsfreiheit – Alle Recht für alle" und nach dem neuen Verbot wird klar, dass immer mehr Gruppen im Baskenland elementare Rechte genommen werden.

 

Das Sondergericht in Madrid gab erneut dem Antrag der Staatsanwaltschaft statt, denn schon am Donnerstag hatte der Sonderrichter Ismael Moreno eine Demonstration verboten, zu der die Plattform "Adierazi EH" (Drück dich aus Baskenland) an diesem Samstag aufgerufen hatte. Es handelte sich um einen Zusammenschluss aus Mitgliedern von 42 Parteien, Organisationen und Gewerkschaften. Deren Sprecher war der ehemalige Minister der baskischen Regionalregierung Rafa Larreina (EA).

 

Angeblich handelt es sich nun auch dabei "um ein Fortfolge" der verbotenen Partei Batasuna (Einheit), und damit werde den Anweisungen der ETA  und deren Strategie gefolgt, wird Verbot begründet, dass schon aus den Verboten von Hunderten Parteien und Wählerlisten bekannt ist . "Die angesprochene Veranstaltung wurde mit dem Ziel organisiert, um die Strategie der Terrororganisation zu unterstützen und die Aktionen ihrer Mitglieder zu rechtfertigen", hatte der Staatsanwalt Javier Zaragoza zuvor argumentiert (http://www.elmundo.es/elmundo/2010/09/08/paisvasco/1283946221.html). Das ist kurios, Parteien und Organisationen die Unterstützung der ETA vorzuwerfen, die sie stets verurteilten, nur weil auch Batasuna-Mitglieder in der Plattform sind.

 

Ohnehin geht Batasuna seit langem auf Distanz zur Gewalte der ETA und hat sich nach einem Diskussionsprozess vor einem Jahr "ausschließlich auf demokratische Mittel" verpflichtet und will im Dialog den "politischen Konflikt zu überwinden" und die Zivilgesellschaft im Baskenland formiert sich. Das zeigt die Bewegung Zutik Euskal Herria genauso, wie Aktionseinheit zwischen Batasuna und EA. Deshalb hatte Batasuna gemeinsam mit der Baskischen Solidaritätspartei (EA) vor zwei Wochen die ETA zur Waffenruhe aufgefordert. Die Organisation, die ohnehin seit 13 Monaten keine Anschläge ausgeführt hat, bestätigte daraufhin am vergangenen Sonntag, dass sie schon seit Monaten eine Waffenruhe einhält, was allseits bekannt war.

 

Noch ein Stück absurder ist das Folgeverbot von Moreno. Denn als Reaktion auf das erste Verbot hatte Aralar und EA erneut eine Demonstration angemeldet, um für die Rechte der Basken einzutreten. Die wurde am Samstag verboten, weil ihr Ziel sei, das vorherige Verbot "zu umgehen". Dabei gesteht der Richter ein, dass die Anmelder, "frei vom Makel von Unerlaubtem" seien. Das sollte in einer Demokratie eine Begründung dafür sein, das Demonstrationsrecht ausüben zu können. Statt dessen behauptet der Richter in seiner Entscheidung, es sei versucht worden, den "allgemeinen Terror" über andere Wege zu schaffen. 

 

Die Veranstalter erklärten, dass es ein Betrug sei, "sich eines Sondergerichts zu bedienen", um "fundamentale Rechte auszuhebeln." Um nicht auf Provokationen hereinzufallen und Krawalle zu vermeiden", sagten die Veranstalter die Demonstration ab. Sie warfen der sozialdemokratischen Regierung in Madrid vor, sie wolle mit Krawall von den legitimen Anliegen der Bürgerrechtsdemonstration ablenken und davon, dass die Einschränkung von fundamentalen Rechten weiter ausgeweitet werden, statt eine Friedenslösung zu suchen. Die erwarteten 50.000 bis 100.000 Teilnehmer wurden aufgefordert, nicht nach Bilbao zu fahren, was eingehalten wurde. Sogar die große Baskisch-Nationalistische Partei und die Vereinte Linke (IU), die nicht zur Demonstration aufgerufen hatte, kritisierten die "unnötige Provokation" und dass "demokratische Rechte niedergetrampelt" würden. Die PNV wies auf die "widersprüchlichen Kriterien" hin, mit denen bisweilen Demonstrationen erlaubt oder verboten werden. Schließlich wurden andere Demonstrationen, wie für die Rechte der baskischen Gefangenen (03.01.2009) oder für die Rechte der Basken im Dezember 2007 genauso erlaubt, wie kürzlich die typische eine Demonstration der baskischen Linken während der Festwoche (14.08.2010 / siehe Bilder), mit praktisch dem gleichen Motto, die vom Nationalen Gerichtshof erlaubt wurden.

 

Die Verbote zeigen erneut, wie wichtig der internationale Druck auf die spanische Regierung ist, wie sie zum Beispiel Gerry Adams macht, um nicht erneut ein Chance zur friedlichen Beilegung des Konflikts ungenutzt zu lassen. So forderte der südafrikanische Vermittler und Friedensexperte Brian Currin von der spanischen Regierung die Legalisierung von Batasuna als "wichtiger Bestandteil" eines Friedensprozesses. Frühere Friedensprozesse waren schon an der Verbotspolitik Madrids gescheitert. Das Mitglied der Friedensinitiative, der vier Friedensnobelpreisträger aus Irland und Südafrika angehören und Kenner der baskischen Politik, erklärte sich gegenüber Euronews "optimistisch, weil sich die Politik im Baskenland unwiederbringlich verändert hat." So etwas habe es vorher so noch nie gegeben. "Ich glaube fest, dass die baskisch-linksnationalen Parteien auf einem Kurs sind, der nicht rückgängig zu machen ist", erklärt der Anwalt, der als Vermittler in etlichen Friedensprozessen tätig war. Statt an eine Legalisierung zu denken, denkt man in Madrid über eine Verschärfung des Parteiengesetzes nach, dass 2002 extra zum Verbot von Batasuna geschaffen wurde. Denn die Distanzierung von der Gewalt der ETA, wie es das Gesetz fordert, erfüllt die Partei schon, weshalb kein Verbotsgrund mehr besteht.

 

© Ralf Streck, den 11.09.2009

 

 

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