linksunten Archiv

Grosseinsatz

Stuttgart 21: SEK räumt Bahnhofsdach

Stuttgart-21-Gegner halten die Polizei auf Trab: Ein Sondereinsatzkommando hat das Dach des besetzten Nordflügels am Hauptbahnhof geräumt.

Polizisten mit Tarnkappen holen sieben Demonstranten vom Dach des Nordflügels.

STUTTGART. Ein Sondereinsatzkommando der Polizei hat gestern Nachmittag das Dach des besetzten Nordflügels am Hauptbahnhof geräumt. Sieben Demonstranten hatten nahezu 24 Stunden ausgeharrt, um gegen den bereits begonnenen Abriss zu protestieren.

Die Beamten konnten nach Darstellung des Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf die Gruppe widerstandslos festnehmen. Obwohl der Protest die Bauarbeiten unterbrach, wurde die Besetzung nicht früher beendet, weil dies zu gefährlich gewesen wäre. "Niemand begeht Selbstmord für den Bonatzbau", so Stumpf, aber da die Gruppe sich nur direkt an der Kante des bis zu 13 Meter hohen Gebäudes aufhielt und dort sogar schlief, hätte die kleinste Fehlreaktion, so Stumpf, zum Absturz führen können.

Deshalb, sagte der Polizeichef, hätten die Beamten auch hier ihre Deeskalationsstrategie beibeihalten und auf die Zermürbung der Gruppe gesetzt. Gleichwohl wurden die Besetzer noch am gestrigen Morgen von der Polizei mit Getränken und Schokoriegeln versorgt. Stumpf: "Wir müssen auch Straftäter ernähren."

Begleitet wurde die Räumung von dem lauten Protest etwa 500 weiterer Demonstranten, die sich vor der Baustelle versammelt hatten. Die sieben Besetzer wurden in Gewahrsam genommen, sie erwartet eine Anzeige wegen Nötigung und eine Rechnung des Bauherrn, der Bahn.

Nach dem Polizeieinsatz überwanden etwa 80 Demonstranten den ersten von zwei Schutzzäunen, wurden aber rasch von der Polizei zurückgedrängt. Auch legten weitere Projektgegner zeitweise den Autoverkehr vor dem Bahnhof lahm.

Stuttgart 21-Gegner tröten auch auf dem New Yorker Times Square

Aktionen wie am Mittwochabend, als Neubaugegner wichtige Kreuzungen bis nach Mitternacht blockierten und so den gesamten innerstädtischen Verkehr lahmlegten, soll es am heutigen Freitag nicht geben. Stumpf erwartet, dass sich die Organisatoren einer Demonstration, zu der mehrere Zehntausend Teilnehmer erwartet werden, an die Regeln halten. Bislang habe sich die Deeskalationsstrategie der Polizei bewährt, gleichwohl müsse man Trittbrettfahrern und der autonomen Szene den Schneid abkaufen und klarmachen, dass auch Blockaden von Straßen oder Tunneln Gewalt bedeuten.

Innenminister Heribert Rech (CDU) hatte am Morgen eine härtere Gangart befürwortet, wenn die Grenzen des friedlichen Protests überschritten würden. Auch nach 200 Sachdebatten über das Projekt im Stuttgarter Gemeinderat müsse man unter demokratischen Gesichtspunkten Demonstrationen akzeptieren, "aber nicht in einer Form, die mit zivilem Ungehorsam nichts mehr zu tun hat und beginnt, in Straftaten abzugleiten". Die Demo am heutigen Freitag soll vom Bahnhof zum Landtag führen, wo die Neubaugegner entlang der Bannmeile eine Menschenkette bilden wollten.

Mit Trillerpfeifen und Gegröle haben zehn Gegner des Mammutprojekts am Donnerstag auch auf dem berühmten Times Square in New York ihrem Unmut Luft gemacht. Initiator war der Regisseur Volker Lösch. Die Beachtung hielt sich in Grenzen. Schrille Aktionen sind die New Yorker gewohnt und im Dauerlärm des Platzes ging der Protest ein wenig unter.  

http://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/stuttgart-21-sek-raeumt-bahnho...