United we stand. Gedanken zu G20 und dem Umgang mit Repression.

Alles zum G20-Gipfel 2017 auf Indymedia linksunten

Der G20-Gipfel in Hamburg ist erst seit wenigen Wochen vorbei und die Ergebnisse lassen sich grob in zwei Aspekte aufteilen.

 

1. Politische Ergebnisse
Diese fallen eher mager aus. Trotz der freundlichen Einladung und Bewirtung durch Deutschland von Diktatoren, Autokraten und Nationalisten aus aller Welt konnten sich die teilnehmenden Ländern nicht darauf einigen Probleme anzugehen. Daran hindert sie offensichtlich die kapitalistische Konkurrenz. Das Konzert in der Elbphilharmonie hingegen war großartig, da lassen sich Kriege, Klimawandel, Wirtschafts- und Energiekrise, diese immer wieder eingeforderten „Menschenrechte“ und tausende Menschen, die jährlich im Mittelmeer ertrinken, doch schnell vergessen.
Doch gab es noch einen anderen Punkt der uns an dieser Stelle wichtig ist.

 

2. Politische Ergebnisse nach Innen
Der Gipfel erschien uns als ein Warmlaufen gegen den Aufstand von Innen. Knüppelnde Bullen, eingesetztes SEK, unzählige Hausdurchsuchungen, Anquatschversuche, VS-Berichte, Demoverbote, Hetze gegen Aktivist_innen, Angriffe auf Schlafplätze, eingesetzte Zivilbullen und die mediale Aufbereitung des Ganzen sind wohl das wesentliche Ergebnis des G20. In Zeiten großer sozialer Verwerfungen scheint es für die Repressionsorgane nötig zu sein, sich auf Kämpfe gegen soziale Bewegungen in den Städten vorzubereiten. So hat es unseres Wissens bisher noch nie einen Einsatz von Spezialeinheiten gegen Demonstrant_innen oder alkoholisierte Jugendliche gegeben.

So weit, so schlimm. Der Einsatz der Cops ist damit sicherlich nicht zu Ende. Noch immer laufen Verfahren gegen Genoss_innen und auch die alltägliche Repression wird weiter anziehen: Der Feind steht für den Staat links.
Daher halten wir es für wichtig, nochmal auf einige grundlegende Verhaltensweisen und Vorsichtsmaßnahmen hinzuweisen:

  • keine Gespräche über Aktionen in der Kneipe oder sonstigen öffentlichen Orten
  • Bude aufräumen, Rechner und Telefon verschlüsseln (notfalls Hilfe bei eurer örtlichen Kryptogang holen)
  • wie immer: keine Aussagen bei Polizei und Justiz
  • wehrt euch gegen Anquatschversuche vom VS und den Bullen, macht diese öffentlich
  • wendet euch bei Repression an die Rote Hilfe, euren Ermittlungsausschuss oder sonstige Antirepressionsgruppen
  • bei Gesprächen über sensible Dinge: Telefone verbannen!
  • wenn Leute neu in die Szene (oder in euer Hausprojekt) kommen, erkundigt euch nach ihnen: Wer kennt sie, was haben sie vorher gemacht?

Es geht hier nicht um Misstrauen, sondern um den Schutz eigener Strukturen. Ihr kennt sicherlich die Fälle in Hamburg, wo jahrelang Zivibullen in unseren Strukturen unterwegs waren (Bei Fragen dazu wendet euch an eure Antirepressionsgruppen. Keine voreiligen Verdächtigungen!)

  • überlegt, mit wem ihr was macht
  • seid solidarisch mit Genoss_innen, die von Repression betroffen sind!

Eine erstarkende Rechte, staatliche Repression und ein Kapitalismus in der Krise müssen uns keine Angst machen wenn wir zusammen stehen. Bildet euch! Bildet Banden! Nichts und niemand ist vergessen…

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

SEKs, die auf Demos gegen Demonstrant_innen eingesetzt wurden, waren bis in die frühen 1990ziger Jahre in der Bundesrepublik nichts ungewöhnliches. Die meisten Bundesländer hatten da noch keine BFE-Einheiten, die dann nach und nach die SEKs auf Demos ersetzten. 

 

Auch Kriegswaffen wie Karabiner waren bis in die 70er auf Demos üblich.

Als das geändert wurde, waren die Cops sehr traurig, weil man das Einschlagen mit dem Kolben auf Leute eine von ihnen als sehr praktisch empfundene Räumumgsmethode war.

Es waren andere Zeiten.

 

Die Einheiten der Einsatzhundertschaften waren groß, unfelxibel und vergleichweise auf statischen Lagerkampf ausgerichtet. Das SEK eigenete sich dagegen als mobile und hochflexible Festnahmeeinheit mit Nahkampfausbildung zum raschen und gezielten Abreifen Einzelner. Dafür wurde das SEK losgeschickt. Schusswaffen kamen auch im teils gewalttätigen Demonstrationsgeschehen nicht zum Einsatz - abgesehen von besonderen Durchsuchungs- und Sicherungsmaßnahmen, die aber die Ausnahme bildeten. Auch der Verweis auf die G3-Gewehre, die einige Einsatzhundertschaften noch bis Anfang der 1980er Jahre zu Demonstrationen mitbrachten, zielt ins leere. Langwaffen wie diese wurden auf Demonstrationen stets mit einem Abschussbecher für Tränengas versehen. Statt mit scharfem Schuss wurden Treibladungen geladen (Platzpatronen), um die Tränengaskartuschen zu verschießen. Das Aufkommen der Mehrzweckpistolen (MZP) in den 1980er Jahren machte diese Nutzung dieser Langwaffen überflüssig.

 

Die einzige neue Qualität der Gewalt, die in Hamburg zu beobachten war, war die Gewalt des Staates.

 

SEK das unter schafem Schuss in Häuserkampftaktik bei Ausschreitungen eingesetzt wird hat es noch nicht gegeben. Kam es bis dahin hier und da zum Schusswaffeneinsatz, meist bleib es bei der  Androhung, dann auf Grundlage individueller Entscheidungen von sich bedrängt fühlenden Beamten. Diesmal hatte die Polizeiführung die Eskaltaion unmittelbar zu verantworten und praktisch von oben verordnet. Dazu wurden Schauermächrcen vom Hinterhalt lanciert. Dabei ging es in der Hafenstraße, bei den Chaostagen in Hannover, bei diversen Räumungen in Berlin (Mainzer Str.) und über viele Jahre am Berliner 1. Mai weitaus heftiger ab, als beim G20. Auch die Anti-AKW- und die Stratbahnbewegung haben schon ordentlichere Riots hinbekommen und die Einsatzhundertschaften mussten viel einstecken, ohne dass der Staat hier von oben angeordnet mit dem Äußersten Mittel gedroht hat.

 

Grenzen verschieben sich.

Als Beispiel ein Polizei-Video über ne Hausräumung in HH 1973:

 

https://www.youtube.com/watch?v=432nc11BU48

 

Das MEK räumt und gibt auch drei Schüsse ab.

 

Fun-Fakt am Rande: Das Haus ist krasser gesichert, als alles, was Chaot*innen sich heute so erträumen.

Und trotzdem brauchen die Cops nur 8 Minuten, um die Hütte zu übernehmen. In meinen Augen zeigt das, was für ein Irrweg der allgemeine Militanz-Fetisch ist.

Woher kommt eigentlich immer die Einschätzung, dass die politischen Ergebnisse mager gewesen seien? Vielleicht aus der dann doch geschluckten Fehlannahme, dass der G20 dazu da gewesen wäre, dass "sich die teilnehmenden Ländern ... darauf einigen Probleme anzugehen". Sorry, aber da geht ihr der Propaganda auf den Leim. Zu Afrika und zur Bekämpfung des Extremismus - also dem Abbau von Demokratie - ist so einiges beschlossen worden.

 

Hier eine unvollständige Liste der beschlossenen Dokumente:

https://www.g20.org/Content/DE/StatischeSeiten/G20/Texte/g20-gipfeldokum...

Auf der Seite des Wirtschaftsministeriums finden sich nochmal ähnlich viele. Habt Ihr die alle gelesen und durchstiegen, bevor ihr urteilt, die Ergebnisse wären mager gewesen?

 

Mager war v.a. die inhaltliche Vorarbeit in der Mobilisierung. Wäre in der Mobilisierung wirklich schon herausgearbeitet worden, was da passiert und wie sich da Deutschland zur neuen Weltmacht inszenieren will, wäre einiges besser gelaufen... Ehrlich, die meisten Leute wissen bis heut nicht, wogegen sie da eigentlich demonstriert haben.