Autoritärer Backlash, Polizeigewalt feiern, Flora schließen, Schanze putzen? Nicht mit uns!
Linke Zusammenhänge und Anwohner*innen rufen auf zur Demo "Gipfel der Hetze - Gegen die autoritäre Formierung der Gesellschaft" am Mittwoch, 19.07., 18:30, Hachmannplatz.
Der G20 ist vorbei und was bei uns bleibt, ist der Schrecken über die öffentlichen Reaktionen auf Proteste, Ausschreitungen im Schanzenviertel und Gewalt seitens der Polizei. Im Nachklapp offenbart sich eine autoritäre Formierung der Gesellschaft, die sich im Internet in Gewaltfantasien gegenüber vermeintlichen 'Linksextremisten‘, auf der Regierungsbank als verbale Aushebelung der rechtsstaatlichen Gewaltenteilung und auf der Straße als spontane Massenmobilisierung zum Wiederaufbau der 'kriegszerstörten' Schanze zeigt. Gemeinsames Moment ist die Identifikation mit der Staatsgewalt, die jedes Zeichen des Widerstands bestrafen, unterdrücken und wieder auslöschen muss. Diese Haltung kulminiert in dem Slogan 'Danke Polizei!', unter dem in der letzten Woche völlig unkritisch Unterstützung von vielen Politiker_innen, aber auch ganz normalen Bürger_innen bekundet wurde.
Zum Dank wird versprochen, sich selbst zukünftig restlos konform zu verhalten, vermeintliche Gewalttäter_innen werden auf Zeitungstiteln und im Internet denunziert und als kollektives Event wird die Ordnung der Unterwerfung unter gesellschaftliche Normen wiederhergestellt.
Die inzwischen gut dokumentierte, massive Polizeigewalt am Rande der Welcome to Hell-Demo und anderer Einsätze rund um den G20-Gipfel wird zugleich entweder verleugnet oder – berauscht von Bestrafungsfantasien – ausdrücklich begrüßt. Kritische Stimmen von Journalist_innen und Anwohner_innen, vermögen trotz großer Verbreitung einzelner Statements in den sozialen Medien kaum den Diskurs zu verschieben. Dass Anwohner_innen und Gewerbetreibende aus der Schanze davon berichten, sich mehr von den schwerbewaffneten Sondereinheiten der Polizei bedroht gefühlt zu haben, als von Linken und randalierenden Jugendlichen, wird vollends ignoriert. Und obwohl Duddes Märchen von der durch einen Hinterhalt auf den Dächern am Schulterblatt herbeigeführten Notwendigkeit des Einsatzes inzwischen bröckelt, bleibt ein Präzedenzfall geschaffen.
Anstatt dies zu thematisieren, werden die Ausschreitungen um den G20-Gipfel mit rechtem und islamistischem Terror gleichgesetzt. In extremismustheoretischer Tradition wird eine Verstärkung des Kampfes gegen Links gefordert, der sich sogleich in der Gründung der SoKo „Schwarzer Block“, dem Vorschlag einer europaweiten Extremisten-Datei sowie der Ankündigung gezielter Repression gegen linke Projekte ausdrückt. Forderungen wurden laut, strafrechtlich Verurteilten das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu entziehen – ganz nach der Linie der Hamburger Ortsgruppe der Gewerkschaft der Polizei, die in einem inzwischen gelöschten Tweet mitteilte, sie sehe ihre Aufgabe darin Grundrechte einzuschränken.
Angesichts des staatlichen Protegierens rechter Terror-Netzwerke und der Untätigkeit bezüglich rassistischer Gewalt, entblößt sich die deutsche Befindlichkeit. Nazigewalt schadet dem Ansehen Deutschlands in der Welt, aber der eigentliche Feind der Volksgemeinschaft steht links. Während den Überlebenden nationalsozialistischer Massaker wie in Distomo bis heute Entschädigung verweigert wird und die Angehörigen der vom NSU Ermordeten noch immer um Gerechtigkeit und Aufklärung kämpfen müssen, wird die Gegenwehr gegen die 'linke Gefahr' zur nationalen Aufgabe stilisiert. Die Stadt Hamburg und der Bund sichern eifrig finanzielle Entschädigung in Millionenhöhe zu, die BILD spendiert unter Beifall ein Konzert in der Elbphilharmonie für Polizist_innen und die Beseitigung von Graffiti im Schanzenviertel wird zum Volksfest.
Gegen diesen unerträglichen Schulterschluss aus einer Polizei, die offen auf ihre rechtsstaatlichen Verpflichtungen pfeift, einem Senat, der versucht sich seiner politischen Verantwortung durch eine Repressionswelle gegen linke Strukturen zu entledigen, und einer Gesellschaft, die sich gemein macht mit den Täter_innen staatlicher Gewalt und deren Ordnungsauftrag in vorauseilendem Gehorsam selbst übernimmt, wollen wir am Mittwoch auf die Straße gehen. Kommt zahlreich und seid laut und entschlossen!
Wir werden uns dieser absurden Hetzjagd entgegenstellen!
Gegen die autoritäre Formierung der Gesellschaft!
Dudde muss weg, gegen Polizeigewalt und Repression!
Hände weg von der Roten Flora, dem Gängeviertel und allen anderen angegriffenen Projekten!
Mi. 19.07. 18:30 Hachmannplatz/ HBF
Bravo!
Was für eine Aktion...
Wow!
Wer der linken Sache schaden will, lädt zu so einem Protest ein. Die Stimmung der Stadt ist gegen links! Und dann auf die Straße gehen wollen? Das klingt nach einer Mischung aus "blind" und "mimimi"...
Und nebenbei: Das eingeschränkte Wahrnehmen der Umwelt zeigt sich auch an so kleinen Details: Nicht die BILD hat das Konzert in der Elphi organsiert, sondern das Abendblatt. Aber wer so etwas schon nicht mitbekommt, wie will der dann die größeren Zusammenhänge fassen?
Daher:
Gesamtnote 6, Setzen!
...
ach weil die "stimmung" mies ist, sollen linke jetzt immer zu hause bleiben. nie wieder demos?! die situation wird nicht besser, wenn alle die klappe halten und sich einschließen. ja es läuft eine kampagne gegen links, aber dem muss begegnet werden.
dann war es eben nicht die bild, sondern das abendblatt, na und? toll hast einen fehler gefunden. es ändert nichts daran, dass eine zetung cops konzerte sponsort. sollen die ganzen zeitungen auch gleich das gehalt übernehmen.und in der stadt kann die straßenreinigung auch abgeschafft werden, macht doch jedes wochenende kehraus.
Gegen Demo hatte nie jemand etwas
Demos sind das eine.
Auf der anderen Seite steht blinde Zerstörung von NICHT-Staatlichem Eigentum, die Zerstörung von Existenzen und die Deckung die man offensichtlich vielen Kriminellen bietet die weder jemals auf dieser Seite waren, noch jemals über links oder rechts nachgedacht haben.
Diese Personen nehmt ihr mit eurer kategorischen Unzufriedenzeit in Schutz - und da liegt das Problem. Ihr könntet euch differenziert äußern, aber wenn man eure Texte liest denkt man mehr an eine Sekte die sich von einem erreichbaren und sinnvollen Weltbild schon längst verabschiedet hat.
solidarität ist immer noch eine waffe!
ich finde eine solidemo mit den verletzten und eingeknasteten,angezeigten demonstrant_inn_en,mit der flora,mit dem zentrum brigittenstr.5. superwichtig!!
leider kann ich nicht kommen,weil mir das geld dazu fehlt!!
aber eins darf jetzt auf keinen fall passieren:daß wir uns aufspalten lassen in gute und böse demonstrant_in_en!!
es gibt keinen zwang,sich von irgendwas zu distanzieren;es gibt die notwendigkeit,sich mit allen,die jetzt als "linksradikale" und ihre zentren angegriffen werden,gemeinsam gegen die angriffe der repression entgegenzustellen!
i m niedersächsischen oldenburg soll die dortige" koordinationsstelle gegen rechts" gegen "linksextremist_inn_en" erweitert werden!!
was macht ein stadtrat der "links"partei oldenburg:er wendet sich zwar gegen diese erweiterung,spricht aber gleichzeitig davon,daß oldenburg kein problem mit linker gewalt habe,weil es sie dort nicht gibt und daß in hamburg die "krawalle" nix mit politik zu tun hatten und die "links"partei sich davon distanziere!!
keine_r hat ihn dazu aufgefordert,sich von irgendwas zu distanzieren und selbst wenn,wäre das noch lange kein grund,sowas zu tun!!
aber wenn mensch koalitionsfähig bleiben,werden will,muß mensch natürlich vorauseilenden gehorsam leisten!!
also,frauen und männer,ich wünsche Euch eine kraftvolle demo und sende Euch linksradikale(das ist ein positiver begriff,denn "radikal" heißt "an die wurzel gehen"!!)revolutionäre grüße!
ruth,auf platz 8 der kandidat_inn_enliste der dkp niedersachsen zur bundestagswahlliste.
Ja-Nein-Ja...
Als Sympathisantin der Szene, muss ich dir leider bei einigen Aussagen recht geben, bei anderen allerdings ist die Argumentation schwierig.
Die Stimmung ist gegen Links - erscheint generell eine sehr undifferenzierte Äußerung zu sein!
Je mehr Artikel und Kommentare ich hier lese, desto mehr verstärkt sich mein Eindruck, dass die Frage nach- wie weit man gehen kann oder sollte - doch eine ziemlich breites Spektrum in der Beantwortung hat.
Genauso stark schwankt wohl die Sympathie in Hamburg. Das der Großteil sich wohl gegen Gewalt etc. stellt - scheint wohl deutlich geworden.
Auch die Reflektion und der Realitätscheck, scheint sowohl hier - als auch bei der Polizei irgendwie abhanden gekommen zu sein.
Wann wurde es super uncool mal zuzugeben, dass man selbst auch viel Mist verzapft hat und nicht nur mit dem Finger auf andere zu zeigen?
Socialpsychology at its best!
Wobei hier gerade unter NoG20 Artikeln eine Art der Reflektion nach Außen getragen wird, die hoffentlich sinnbildlich für viele steht.
Das die gesamte Sache wie diese anstoßenden Silberkugeln funktioniert, die sich dann selbst immer als Resonanz bewegen,scheint einigen aber noch unklar!
Ich bin bei dir, wenn es darum geht, was eine erneuter Protest jetzt bewirken könnte. Ich glaube es würde mehr schaden und dient mehr dazu ein verletztes Ego wieder aufzupäppeln, als ein Umdenken zu erreichen, das dringend nötig gewesen wäre und ist.
Viele Details bilden das Ganze. Sich allerdings nur auf eins zu beziehen -schwierig, denn es wird keiner "Seite" gerecht.
Zu dem Artikel generell:
Gegen die Autoritäre Bewegung der Gesellschaft- sagt allerdings schon viel aus!
Ist es schlimm, wenn ich mich als Teil der Gesellschaft sehe und es mir auch zugestehen würde, nicht Teil einer autoritären Bewegung zu sein?
Ich finde es etwas anmaßend sich über eine Gesellschaft zu stellen, die anscheinend- zumindest für hier und jetzt- leider in diesem System leben möchte! Wer ist man, sich darüber stellen zu wollen?
Natürlich - die Medien legen die einfache Seite, den Menschen schluckfertig in den Mund, aber auch hier erscheinen viele zu vergessen - jeder hat ein eigenes Gehirn, das er/sie nach belieben benutzen kann. Genau deswegen seid ihr mir immer sympathisch gewesen - weil ihr darauf gesetzt habt.
Auf Eigenverantwortung und das Anregen zum Nachdenken.
Das kann man mit einem gewissen Ausmaß an Grenzüberschreitungen durchaus unterstützen.
Das aber auch hier der Pegel auf der Skala der Erträglichkeit einiger Menschen, deutlich überschritten wurde und es sich jetzt teilweise ins Gegenteil wandelt, ist ein natürlich menschlicher Prozess, den man nicht durch erneutes, hartes und trotziges Auftreten wieder korrigiert. ( Ja - auch unter der Berrücksichtigung, dass sich viele Jugendliche untergemischt haben, ändert sich nicht viel an der Außenwirkung!)
Das viele Hamburger aber momentan darauf keinen Bock haben - kann ich tatsächlich verstehen und gefährdet noch mehr in die Spirale nach unten gezogen zu werden.