Die rebellische Hoffnung von Hamburg. Eine erste, vorläufige Bilanz der Interventionistischen Linken

il block demo
Alles zum G20-Gipfel 2017 auf Indymedia linksunten

Sagen wir zuerst das Allerwichtigste: Hamburg befand sich nicht nur eine Woche im polizeilichen Ausnahmezustand, der uns eine Warnung sein sollte. Nein, ebenso wichtig: Zehntausende haben ihm getrotzt. Zehntausende haben keine Angst gehabt oder sind trotz ihrer Angst auf der Straße gewesen. Jede Demonstration, jedes Cornern und jedes aufgebaute Zelt stand unter der permanenten und allgegenwärtigen Drohung polizeilicher Gewalt. Niemand war vor ihr sicher. Das ist der Rahmen, in dem jede einzelne Aktion und jede Teilnehmer_innenzahl zu sehen ist. Dieser Mut und dieser Ungehorsam – von alt bis jung, von friedlich bis militant, von politisch bis kulturell – bleiben. Dieses Zeichen wird auch von unseren Freund_innen in Brasilien, Griechenland oder Südafrika verstanden werden. Egal was die Presse schreibt, egal was die Umfragen sagen. Das Kalkül, mit Repression und Diffamierung die Linke isolieren zu können, ist auf der Straße phänomenal gescheitert und hat sich ins Gegenteil verkehrt. Mit ein paar Linken wären Olaf Scholz und seine Einheiten vielleicht fertig geworden – nicht aber damit, dass sich große Teile der Bevölkerung solidarisierten. Unter Einsatz ihrer Körper. Auf der Straße. Massenhaft und ungehorsam in allen erdenklichen Formen und Farben.

 

Gipfel der 20, Gipfel der Vielen

 
Reden wir kurz über ihren Gipfel: Angela Merkel ist ihre G20-Show gründlich misslungen. Konkrete Ergebnisse des mindestens 400 Millionen teuren Gipfels, für den eine Millionenstadt über eine ganze Woche hinweg in den Ausnahmezustand versetzt wurde? Fehlanzeige! Das Versprechen vom „Festival der Demokratie“ oder dem Gipfel fast ohne Beeinträchtigungen? Gebrochen! Der Versuch, mit einem riesigen Polizeiaufmarsch und rigoroser Verbotspolitik die Proteste fern und klein zu halten? Gescheitert. Desaster ist ein oft gebrauchter Begriff der bürgerlichen Presse hierfür. Olaf Scholz und sein Innensenator sind blamiert bis auf die Knochen. Gipfeltreffen dieser Größenordnung in einer Großstadt in Westeuropa? Auf Jahre hinaus undenkbar. Die ganze Perspektivlosigkeit und Traurigkeit des globalen Kapitalismus, der keinerlei Zukunft mehr verspricht, wurde in ihrem hohlen Gipfeltheater deutlich. Es ist daher nicht nur der Riot der Freitagnacht, der Politik und Medien jetzt so aufheulen lässt, sondern auch ihre Niederlage auf der Straße. Eine Niederlage, von der sie nicht zulassen können, dass sie als unser Sieg erscheint.

 

Nun zu unserem Gipfel: Wir wollten das Spektakel der Macht nicht nur stören, sondern noch viel mehr. Wir wollten einen Aufstand der Hoffnung, die Alternativlosigkeit durchbrechen und zeigen, dass Widerstand und grundsätzlicher Widerspruch von links kommen. Dass sich der reale Konflikt um und in Hamburg tatsächlich als ein Widerstand gegen den Ausnahmezustand, als ein Konflikt um die Demokratie, als ein Kampf um das Recht auf die Stadt abspielen würde – das war natürlich so nicht geplant, aber es hat der Sache selbst entsprochen. Das alte Motto der Globalisierungsbewegung „Global denken, lokal handeln“ hat in Hamburg eine interessante und neue Wendung bekommen.

 

Eine Woche Ungehorsam

 
Die Woche des Aufbegehrens begann mit der Einschüchterung und der Drohung: Wir sollten nirgendwo sein. Nirgendwo schlafen, nirgendwo essen und auf 38 Quadratkilometer keine politischen Subjekte sein. Unsere Orte zum Schlafen und Versammeln wurden brutal schikaniert und geräumt. Die Polizei putschte gegen die Justiz. Ihre Besatzungsarmee militarisierte die Stadt. Doch am Ende waren die Vielen überall und sie hatten die Angst verloren.

 

Das ist vor allem der überwältigenden Solidarität in Hamburg zu verdanken. Menschen teilten ihre Wohnungen. In Hinterhöfen wurden Zelte aufgeschlagen. Mehrere Kirchen in St. Pauli und Altona öffneten ihre Türen und es entstanden Camps um sie herum. Das Schauspielhaus ließ G20-Gegner_innen zum Schlafen und Essen hinein, ebenso der FC St. Pauli. Sie wollten uns auseinandertreiben, uns trennen und spalten, aber das Gegenteil ist geschehen: Das Band der Freundschaft und der Solidarität zwischen ganz unterschiedlichen Menschen und Spektren wurde immer stärker – und es wird die Tage des Protests und des Widerstandes überdauern.

 

3 Tage wach


Die Wende von der Einschüchterung und Ohnmacht begann mit dem massenhaften Cornern am Dienstag und dem Wasserwerfer-Angriff der Polizei am Arrivati-Park. Die Leute wichen zwar kurz zurück, aber sie ließen sich nicht mehr zerstreuen. Die Angst wich langsam dem Trotz und dem Selbstbewusstsein. Die Polizei wollte die Stadt und ihre Plätze besetzen. Die starke Antwort war der Demo-Rave von Alles Allen, mehr als 20.000 strömten zusammen und tanzten gegen G20. Damit war der Damm der Ohnmacht gebrochen.

 

Am Donnerstag dann der maßlos brutale, unprovozierte Angriff der Polizei auf Welcome to Hell. Allen war klar, dass Senat und Polizei sich schon vorher entschlossen hatten, die genehmigte Demonstration nicht laufen zu lassen. Und trotzdem, trotz der Prügel, trotz des massiven Einsatzes von Reizgas, trotz einer Polizeibrutalität, die an dieser Stelle hätte tödlich enden können: Die Demo sammelte sich erneut, Menschen kamen hinzu, solidarisierten sich und lief dann doch. „Das ist unsere Stadt“ war eine Parole, die von nun an der Polizei immer wieder entgegenschallte.

 

Block G20


Die Rebellion der Hoffnung fand statt, ein solidarisches und mutiges Aufbegehren der Vielen. Dieser G20-Gipfel konnte nicht tagen, ohne dass wir einen spürbaren und wahrnehmbaren Unterschied machten. Die „Blaue Zone“ bestand nur in der Fantasie der Gipfelstrategen, praktisch hatte sie am Tag der Blockaden, dem Freitag, keine Bedeutung.

 

Die Aktionen von BlockG20 begannen mit der kollektiven Weigerung, die Demonstrationsverbotszone anzuerkennen. Von allen Seiten drangen wir bis auf die Protokollstrecken vor. Wir wurden angegriffen, gestoppt und geschlagen. Doch wir standen wieder auf, sammelten uns neu und machten weiter. Und es gelang tatsächlich, den Ablauf des Gipfels durcheinanderzubringen: Donald Trump kam verspätet, Melania Trump konnte das Senatsgästehaus nicht verlassen, mehrere Delegationen drehten an Blockaden um, eine Veranstaltung mit Finanzminister Schäuble wurde abgesagt, das Konzert in der Elbphilharmonie begann mit großer Verzögerung.


Entscheidend dafür war gute Planung und Vorbereitung in den Aktionstrainings ebenso wie die ungehorsame, mutige Spontanität von Vielen. Die Farben der Finger füllten die Straßen, sie flossen, fluteten und verstopften. Und sie verselbständigten sich, wurden im Laufe des Tages von einer organisierten Blockade der Route zu einer spontanen Besetzung der Stadt durch die Menge. Wir haben das Staunen wiederentdeckt, darüber wie unwiderstehlich und unaufhaltsam der Geist des Widerstandes durch die Stadt zog. Hamburger_innen, angereiste Aktivist_innen, Neu-Politisierte und allen voran die Jugend boten der Arroganz der Macht die Stirn. Jetzt erst Recht.

 

Grenzenlose Solidarität


Am Ende traten gezählte 76.000 Menschen gegen eine Welt der Angst ein. Sie waren dem gemeinsamen Aufruf zur Demonstration gefolgt. Die parallele Regierungsdemonstration von SPD und Grünen wurde zur peinlichen Marginalie. Die vielen Demonstrant_innen kamen, obwohl ihnen Angst gemacht werden sollte, obwohl ihnen von Medien und Inlandsgeheimdienst erzählt wurde, wie viele gefährliche Linksextremisten mitdemonstrieren würden. Sie kamen trotzdem, und sie kamen deswegen. Gemeinsam traten wir ein für Grenzenlose Solidarität, gegen die Welt der G20 und ihren Kapitalismus, für ein besseres Leben.

 

„Ganz Hamburg …“

 
Ja, zu den Bildern des Widerstands gehören auch jene, bei denen Menschen der Kragen geplatzt ist, bei denen sie sich gewehrt haben – und bei denen diese Gegenwehr umschlug in Aktionen, die sich nicht mehr gegen den Gipfel oder die Staatsmacht, sondern auch gegen Anwohner_innen und Geschäfte richtete. Es waren nicht unsere Aktionen. Die IL stand und steht für den Alternativgipfel, für Block G20 und für die Großdemonstration. Hier haben wir gesagt, was wir tun – und getan, was wir gesagt haben.

 

Aber wir können und wollen die Feuer der Freitagnacht nicht aus dem Ausnahmezustand lösen, in dem sie stattfanden. Wenn die Polizei über Tage hinweg Menschen drangsaliert, schlägt und verletzt, sich wie eine Besatzungsarmee aufführt, die von Deeskalation noch nie etwas gehört zu haben scheint, dann bleibt irgendwann die spontane Antwort nicht aus.


Wir haben schon vorher gesagt, dass wir uns nicht distanzieren werden und dass wir nicht vergessen werden, auf welcher Seite wir stehen. Wir stimmen nicht in den Chor derer ein, die jetzt von „Straftätern“ reden und die Mischung aus organisierten Militanten und zornigen Jugendlichen in die Nähe von Neonazis rücken. Die Unterbrechung und Zurückweisung ihrer Ordnung, die in den Aktionen lag, auch wenn wir sie in den Formen und den Zielen vielfach falsch finden, hat unser Verständnis.


Soweit die Aktionen von organisierten Gruppen ausgingen, finden wir es problematisch, dass sie dafür keine politische Verantwortung übernehmen, sondern es anderen politischen Spektren überlassen, mit, für und über sie zu reden. Über das politische Konzept des Insurrektionalismus wird kritisch zu reden sein, das zwar den Hunger nach Rebellion bedient, aber von dem eben keine Hoffnung und keine Solidarität ausgeht.

 

Schanze & Co


Auf unserer Seite, da stehen eben auch viele Anwohner_innen auf St. Pauli, im Schanzenviertel und in Altona. Nicht wenige von uns leben selbst dort. Ohne sie, ohne ihre praktische Solidarität, wären die Tage der Gipfelproteste nicht möglich gewesen. Wenn sie angegriffen und bedroht werden, wenn sich Aktionen plötzlich nicht mehr gegen den Gipfel, sondern auch gegen unsere Freund_innen im Stadtteil richten, stehen wir an ihrer Seite.

Wir sind weiter eine IL, die im Stadtteil lebt. Wir sind Teil dieser Stadt und dieser Viertel, Teil der Recht-Auf-Stadt-Bewegung. Wir werden den Dialog führen und zwar mit allen, die auf unserer Seite sind. Mit denjenigen, die das gut fanden und denjenigen, die darin kein politisches Handeln erkennen können. Wir wollen zuhören und lernen, da wir als Linke die sozialen Realitäten ja nicht einfach wegreden können, sondern uns in ihnen bewegen.

 

Die Tage danach


Und noch ein klares Wort zur Solidarität: Wir stehen gegen alle medialen Angriffe und Räumungsdrohungen fest an der Seite der Roten Flora, die das aus ihrer Sicht Notwendige zum Freitags-Riot gesagt hat. Wir sind ebenso solidarisch mit den G20-Entern-Gruppen und allen anderen, die jetzt in den Fokus der staatlichen Repression geraten. Und wir werden für alle einstehen, die noch im Knast sitzen oder von Repression betroffen sind. Ihr seid nicht alleine!

Zugleich verabscheuen wir die verlogene Doppelmoral von Teilen der bürgerlichen und politischen Klasse. Sie brauchen die Bilder brennender Autos und eingeschlagener Scheiben, um die Bilder der Ertrinkenden im Mittelmeer, der Opfer ihrer Kriege oder der Obdachlosen, die unter den Schaufensterscheiben ihrer Lieblingsgeschäfte schlafen, aus ihrem Kopf bekommen zu können. Wie dünn der zivilisatorische Lack ist, unter dem bei angeblich liberalen Menschen der Hass auf jede Infragestellung der Ordnung und polizeistaatliche Bestrafungsfantasien verborgen sind, erschreckt uns. Zu reden sein wird stattdessen über die maßlose Polizeigewalt dieser Tage, über die Legitimierung des Ausnahmezustands und darüber, wie wir hiergegen breite, solidarische Gegenwehr organisieren können.


Wir können nicht verstehen, wie in einem Land, wo 10 Jahre vergehen konnten, bis ein mordendes rechtes Terrornetzwerk überhaupt erkannt wurde und wo täglich Geflüchtete angegriffen werden, gerade einmal ein Tag vergehen muss, bis viele von linkem „Terror“ sprechen.

 

Wir sehen uns …


Für die Zukunft werden wir sorgfältig auswerten, welche Aktionsformen und politischen Strategien unter den Bedingungen einer polizeilichen Bürgerkriegsübung im urbanen Raum angemessen sind. Dazu und zu anderen angesprochenen grundsätzlicheren Fragen werden wir uns zu gegebener Zeit nach gründlicher Diskussion äußern.

 

Es bleibt der Rückblick auf eine ermutigende Gipfelwoche mit einer Vielfalt von Aktionen und Widerstandsformen, die zehntausende mobilisiert und ermutigt hat, von autonomer Szene bis zu den Gewerkschaften, die sich in der Ablehnung des G20, des Gipfeltreffens und seiner Effekte in Hamburg einig waren. Hamburg war die rebellische Stadt, die diesen Protest lebendig gemacht hat. Wir haben Mut und Vertrauen gefasst, in uns selbst und in die Bündnispartner_innen, die mit uns standen. Die Tage von Hamburg gingen tiefer als die Meinungsumfragen und medialen Stimmungshochs. Sie werden noch lebendig sein, wenn niemand mehr weiß, wer eigentlich Olaf Scholz war. Sie tragen uns in die Kämpfe, die noch vor uns liegen, bis endlich alles ganz anders wird.

 

http://interventionistische-linke.org/beitrag/die-rebellische-hoffnung-v...

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wie ergebnisoffen Eure Diskussionen über Aktionsformen und politische Strategien unter den Bedingungen des polizeistaatlichen Ausnahmezustandes sein werden wird doch schon dadurch klar, dass Ihr Euch jetzt schon von revolutionären politischen Konzepten, hier dem Insurektionalismus, klar distanziert. Ihr werdet wie gewohnt Eure ritualisierte Zelebrierung zivilgesellschaftlichen Protestes in Form "zivilen Ungehorsams" fortsetzen und Euch nicht mal fragen wie es denn kommen kann, dass selbst der, unter den aktuellen politischen Bedingungen, stets damit rechnen muss brutal mundtot gemacht zu werden. Notwendig erscheint mir, dass Ihr erstmal Eure eigenen, ritualisierten Protestformen reflektiert, indem Ihr zunächst  eine politische Analyse der bestehenden Verhältnisse versucht, daraus eine angemessene Strategie ableitet und dann erst die notwendigen taktischen Mittel entwickelt. Voraussetzung ist hierfür jedoch eine Klarheit über die politischen Ziele. Die von einigen IL-Gruppen abgesonderte revolutionäre Phraseologie täuscht über den zutiefst bürgerlichen Charakter Eures immer wieder misslingenden Versuchs die bürgerliche Zivilgesellschaft zu rekonstruieren.

Schöne Kritik aber selbst keinen Vorschlag die Verhältnisse besser zu machen.

Mit dem Staat leben. Ironisch, dass ihr Anarchie Anarchie! Brüllt, privat-und öfffentliches Eigentum zerstört und sobald die Polizei Gewalt einsetzt euch auf eure Rechte beruft, die ihr nur habt, weil der Staat existiert. Was ist Anarchie? Anrachie unter biologischen Lebenwesen ist Darwinismus. Pures Überleben. Dem Staat habt ihr es zu verdanken, dass ihr euch dermaßen gehen lassen könnt. Traurig

wat? anarchie ist die abwesenheit von herrschaft, das was du mit "unter biologischen lebenwesen" meinst hat damit nur bedingt was zu tun, hierarchische (gruppen-)strukturen sind ziemlich weit verbreitet bei anderen sozialen tieren.

und darwinismus verfehlt als vergleich völlig seine wirkung, denn das widerrum ist die erklärung zur artenvielfalt, selektionsprinzip und sowas(das kannst du in fünf minuten auf wikipedia nachlesen, echt jetzt).

 

beim anarchismus und der darauf bezogenen definition von anarchie geht es um herrschaftslosigkeit, gleichberechtigung und emanzipation aller menschen, gleicher maßen, ohne unterschiede.

 

lies dich doch einfach mal in das thema rein, immerhin hast du es ja schon mal bis zu indymedia geschafft, von da ist es nicht mehr so weit zu den ersten büchern über anarchismus, die reichen von grundlegend bis zu sehr komplex und die meisten kannst du auch in der bibliothek deines vertrauens ausleihen(falls du den pösen anarchos kein geld geben willst und so).

Und blablabla.

 

Der Mensch ist Tier, gebe ich dir Recht. Und Tiere fressen einander. Wenn einem dein Eigentum gefällt, ist ihm deine Definition von Gleichberechtigung & Co. derart egal, der haut dir eine über die Rübe und gut. Es gibt nichts, was ihm daran hindert. Kants Philosophie vielleicht...ach nein, denn deine Auffassung des kategorischen Imperativs muß nicht mit dem deines Gegenüber übereinstimmen.

Der einzige Grund der Menschen sich nicht gegenseitig aufzufressen ist die Knute der Herrschaft. Weil Du von dir auf andere schließt.

Ich kann nicht nachvollziehen, dass Dein Vorwurf zutrifft. Gewalt ist Mittel und nicht Zweck. Ich habe mehr den Eindruck, dass an den Rändern des anachistischen Spektrums, Gewalt nicht rational eingeordnet sondern mystifiziert wird. Der Begriff Bullenschweine macht das deutlich. Bullen sind aber keine Schweine, sondern genauso lohnabhängige wie beispielsweise Arbeiter in der Rüstungsproduktion. Und sie stammen nicht selten aus den unteren Schichten der Lohnabhängigen, die des "Kaisers engen, aber warmen Rock" der Tagelöhnerei den Vorzug geben.

 

Was also nötig ist, ist die politische Arbeit in Polizei und Armee. Einfach ist das nicht, Korpsgeist und politische Indoktrination bleiben nicht ohne Wirkung. Dennoch ist diese Art der revolutionären Arbeit unverzichtbar, oder glaubt jemand wirklich ernsthaft, dass ein Sieg über den hochgerüsteten Gegner möglich ist, wenn nicht nennenswerte Teile des bewaffneten Apperates überlaufen und die Gewehre auf auch ihre Ausbeuter und Unterdrücker richten.

 

Das fällt aber nicht in den Schoß, deshalb muss bereits hier und heute daran gearbeitet werden, soweit und insoweit das möglich ist. Ach, wie gerne würde ich erleben, wenn die Polizei nicht nur auf Grund der Entschlossenheit der Protestierenden, sondern auch auf Grund der Meuterei der eigenen Regimenter zurückweicht.

Aber das werden die meisten leider nicht raffen, weil auch ein Teil der Autonomen Linken lieber den guten alten, nicht bewährten (autonomen)Traditionen verhaftet bleibt, wo es einfach so sein muss, weil "es halt so sein muss und auch in den 80ern so war!"

Die IL mit irgendwelchen Satzbausteinen dissen zu wollen, ist ja ein nachvollziehbarer Impuls... Aber den Insurektionalismus als revolutionäres und gleich auch noch politisches Konzept betiteln? Da sind doch beide Seiten sauer auf dich.

 

Bitte gib dir dir etwas mehr Mühe wenn du auf linksunten schreibst. Das ist hier nicht für deinen gönnerhaften Prof, sondern für Spiegel Online und Co. Anderes Niveau.

Aber pro Jahr ein paar Tage riot-Karneval zum Dampf ablassen und Drüsenkitzeln wird ein neues Weltzeitalter einläuten, ne? Trommel- und Tanzseminar für Gewalthippies, sonst nix..

!

+++ STELLUNGNAHME ZU DEN EREIGNISSEN VOM WOCHENENDE +++

Wir, einige Geschäfts- und Gewerbetreibende des Hamburger Schanzenviertels, sehen uns genötigt, in Anbetracht der Berichterstattung und des öffentlichen Diskurses, unsere Sicht der Ereignisse zu den Ausschreitungen im Zuge des G20-Gipfels zu schildern.
In der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 2017 tobte eine Menge für Stunden auf der Straße, plünderte einige Läden, bei vielen anderen gingen die Scheiben zu Bruch, es wurden brennende Barrikaden errichtet und mit der Polizei gerungen.

Uns fällt es in Anbetracht der Wahllosigkeit der Zerstörung schwer, darin die Artikulation einer politischen Überzeugung zu erkennen, noch viel weniger die Idee einer neuen, besseren Welt.
Wir beobachteten das Geschehen leicht verängstigt und skeptisch vor Ort und aus unseren Fenstern in den Straßen unseres Viertels.
Aber die Komplexität der Dynamik, die sich in dieser Nacht hier Bahn gebrochen hat, sehen wir weder in den Medien noch bei der Polizei oder im öffentlichen Diskurs angemessen reflektiert.
Ja, wir haben direkt gesehen, wie Scheiben zerbarsten, Parkautomaten herausgerissen, Bankautomaten zerschlagen, Straßenschilder abgebrochen und das Pflaster aufgerissen wurde.
Wir haben aber auch gesehen, wie viele Tage in Folge völlig unverhältnismäßig bei jeder Kleinigkeit der Wasserwerfer zum Einsatz kam. Wie Menschen von uniformierten und behelmten Beamten ohne Grund geschubst oder auch vom Fahrrad geschlagen wurden.
Tagelang.
Dies darf bei der Berücksichtigung der Ereignisse nicht unter den Teppich gekehrt werden.

Zum Höhepunkt dieser Auseinandersetzung soll in der Nacht von Freitag und Samstag nun ein „Schwarzer Block“ in unserem Stadtteil gewütet haben.
Dies können wir aus eigener Beobachtung nicht bestätigen, die außerhalb der direkten Konfrontation mit der Polizei nun von der Presse beklagten Schäden sind nur zu einem kleinen Teil auf diese Menschen zurückzuführen.
Der weit größere Teil waren erlebnishungrige Jugendliche sowie Voyeure und Partyvolk, denen wir eher auf dem Schlagermove, beim Fußballspiel oder Bushido-Konzert über den Weg laufen würden als auf einer linksradikalen Demo.
Es waren betrunkene junge Männer, die wir auf dem Baugerüst sahen, die mit Flaschen warfen – hierbei von einem geplanten „Hinterhalt“ und Bedrohung für Leib und Leben der Beamten zu sprechen, ist für uns nicht nachvollziehbar.
Überwiegend diese Leute waren es auch, die – nachdem die Scheiben eingeschlagen waren – in die Geschäfte einstiegen und beladen mit Diebesgut das Weite suchten.
Die besoffen in einem Akt sportlicher Selbstüberschätzung mit nacktem Oberkörper aus 50 Metern Entfernung Flaschen auf Wasserwerfer warfen, die zwischen anderen Menschen herniedergingen, während Herumstehende mit Bier in der Hand sie anfeuerten und Handyvideos machten.
Es war eher die Mischung aus Wut auf die Polizei, Enthemmung durch Alkohol, der Frust über die eigene Existenz und die Gier nach Spektakel – durch alle anwesenden Personengruppen hindurch –, die sich hier Bahn brach.
Das war kein linker Protest gegen den G20-Gipfel. Hier von linken AktivistInnen zu sprechen wäre verkürzt und falsch.

Wir haben neben all der Gewalt und Zerstörung an dem Tag viele Situationen gesehen, in denen offenbar gut organisierte, schwarz gekleidete Vermummte teilweise gemeinsam mit Anwohnern eingeschritten sind, um andere davon abzuhalten, kleine, inhabergeführte Läden anzugehen. Die anderen Vermummten die Eisenstangen aus der Hand nahmen, die Nachbarn halfen, ihre Fahrräder in Sicherheit zu bringen und sinnlosen Flaschenbewurf entschieden unterbanden. Die auch ein Feuer löschten, als im verwüsteten und geplünderten „Flying Tiger Copenhagen“ Jugendliche versuchten, mit Leuchtspurmunition einen Brand zu legen, obwohl das Haus bewohnt ist.
Es liegt nicht an uns zu bestimmen, was hier falsch gelaufen ist, welche Aktion zu welcher Reaktion geführt hat.
Was wir aber sagen können: Wir leben und arbeiten hier, bekommen seit vielen Wochen mit, wie das „Schaufenster moderner Polizeiarbeit“ ein Klima der Ohnmacht, Angst und daraus resultierender Wut erzeugt.
Dass diese nachvollziehbare Wut sich am Wochenende nun wahllos, blind und stumpf auf diese Art und Weise artikulierte, bedauern wir sehr. Es lässt uns auch heute noch vollkommen erschüttert zurück.
Dennoch sehen wir den Ursprung dieser Wut in der verfehlten Politik des Rot-Grünen Senats, der sich nach Außen im Blitzlichtgewitter der internationalen Presse sonnen möchte, nach Innen aber vollkommen weggetaucht ist und einer hochmilitarisierten Polizei das komplette Management dieses Großereignisses auf allen Ebenen überlassen hat.
Dieser Senat hat der Polizei eine „Carte Blanche“ ausgestellt – aber dass die im Rahmen eines solchen Gipfels mitten in einer Millionenstadt entstehenden Probleme, Fragen und sozialen Implikationen nicht nur mit polizeitaktischen und repressiven Mitteln beantwortet werden können, scheint im besoffenen Taumel der quasi monarchischen Inszenierung von Macht und Glamour vollkommen unter den Tisch gefallen zu sein.
Dass einem dies um die Ohren fliegen muss, wäre mit einem Mindestmaß an politischem Weitblick absehbar gewesen.
Wenn Olaf Scholz jetzt von einer inakzeptablen „Verrohung“, der wir „uns alle entgegenstellen müssen“, spricht, können wir dem nur beizupflichten.
Dass die Verrohung aber auch die Konsequenz einer Gesellschaft ist, in der jeglicher abweichende politische Ausdruck pauschal kriminalisiert und mit Sondergesetzen und militarisierten Einheiten polizeilich bekämpft wird, darf dabei nicht unberücksichtigt bleiben.

Aber bei all der Erschütterung über die Ereignisse vom Wochenende muss auch gesagt werden:
Es sind zwar apokalyptische, dunkle, rußgeschwärzte Bilder aus unserem Viertel, die um die Welt gingen.
Von der Realität eines Bürgerkriegs waren wir aber weit entfernt.
Anstatt weiter an der Hysterieschraube zu drehen sollte jetzt Besonnenheit und Reflexion Einzug in die Diskussion halten.
Die Straße steht immer noch, ab Montag öffneten die meisten Geschäfte ganz regulär, der Schaden an Personen hält sich in Grenzen.
Wir hatten als Anwohner mehr Angst vor den mit Maschinengewehren auf unsere Nachbarn zielenden bewaffneten Spezialeinheiten als vor den alkoholisierten Halbstarken, die sich gestern hier ausgetobt haben.
Die sind dumm, lästig und schlagen hier Scheiben ein, erschießen dich aber im Zweifelsfall nicht.

Der für die Meisten von uns Gewerbetreibende weit größere Schaden entsteht durch die Landflucht unserer Kunden, die keine Lust auf die vielen Eingriffe und Einschränkungen durch den Gipfel hatten – durch die Lieferanten, die uns seit vergangenem Dienstag nicht mehr beliefern konnten, durch das Ausbleiben unserer Gäste.
An den damit einhergehenden Umsatzeinbußen werden wir noch sehr lange zu knapsen haben.

Wir leben seit vielen Jahren in friedlicher, oft auch freundschaftlich-solidarischer Nachbarschaft mit allen Formen des Protestes, die hier im Viertel beheimatet sind, wozu für uns selbstverständlich und nicht-verhandelbar auch die Rote Flora gehört.
Daran wird auch dieses Wochenende rein gar nichts ändern.

In dem Wissen, dass dieses überflüssige Spektakel nun vorbei ist, hoffen wir, dass die Polizei ein maßvolles Verhältnis zur Demokratie und den in ihr lebenden Menschen findet, dass wir alle nach Wochen und Monaten der Hysterie und der Einschränkungen zur Ruhe kommen und unseren Alltag mit all den großen und kleinen Widersprüchen wieder gemeinsam angehen können.

Einige Geschäftstreibende aus dem Schanzenviertel

BISTRO CARMAGNOLE
CANTINA POPULAR
DIE DRUCKEREI - SPIELZEUGLADEN SCHANZENVIERTEL
ZARDOZ SCHALLPLATTEN
EIS SCHMIDT
JIM BURRITO'S
TIP TOP KIOSK
JEWELBERRY
SPIELPLATZ BASCHU e.V.
MONO CONCEPT STORE
BLUME 1000 & EINE ART
JUNGBLUTH PIERCING & TATTOO
SCHMITT FOXY FOOD

Die Geschäftstreibende wissen schon weshalb sie dieses Statement abgeben, denn sie würden mit der Flora gehen müssen.. und das wäre dann für sie der Supergau.. aber wie auch immer gut so und jeder der einen Laden in diesem Stadtteil aufmacht oder dort wohnen will, weiss auf was er sich einlässt und will das auch genau so. Hamburg war in diesem Zusammenhang, ich denke die schlechteste Wahl für den Gipfel. Wer Hamburg und seine tolleranten und kritischen Menschen kennt und die Demonstrationskultur welche sich bei einigen Demos auch zeigen konnte weiss das. Diese typische Hamburger Kultur getragen durch eine massive Solidarität der Bewohner in dieser Stadt, unterscheidet sich Komischerweise sehr stark von der Regierung/Senat in Hamburg. Ich denke weil hier einfach die richtigen Politiker fehlen welche diese Sichtweisen.. vertreten können. Hamburg ist eine linke Stadt und obwohl SPD- wird sie Rechts regiert.. Die vielen Unentschlossenden Wähler werden evtl. auf Grund ihrer Erlebnisse mit der Polizei nun hoffentlich nicht CDU wählen.. Die Stadt weiss seit Schill, das dass einfach nicht zu Hamburg passt.. Eine stärkere Linke wäre die bessere Wahl um der Gewalt welche seitens der Polizei erfolgt ist entgegenzuwirken..  anzumerken sei hier aber auch das ich denke das die Einsatzkräfte aus den anderen Ländern einfach KEINE AHNUNG von den Menschen in Hamburg hatte und solche für Hamburg typische, kritische und solidarische Demonstrationskultur durch die Bewohner in den einzelnen Stadtgebieten schlicht und einfach nicht kennt. Für die Aussenstehende mag das nach Bürgerkrieg aussehen, aber wer Hamburg und seine Menschen kennt, weiss das es die folge der Polizei"arbeit" war die dazu geführt hat... 

Wir haben uns auch in unserem Kiez besprochen und das Fazit ist, dass bis auf einige wenige Aktivisten nicht mehr aktiv unterstützen werden. Es wird keine Rückzugsräume mehr geben. Passiver Wiederstand ist das Motto für das kommende. Einige sind soweit, dass sie auch Partyaktivisten und andere an die Staatsmacht ausliefern wollen, wenn wieder so über die Strenge geschlagen wird.
Wenn man manches hier liest könnte man kotzen ... die Zeit des Schönredens ist einfach vorbei. Es wurde eine rote Linie überschritten, was nie hätte passieren dürfen.
Einige wenige sorgen dafür, dass eine gemeinsame Sache nun zerbricht und die Wege des Protestes sich nun differenzieren.
Wer nun noch sagt, dass es erfolgreich war, der stimmt den Staatsorganen zu, denn für diese war es erfolgreich ... die Stimmung ist gegen uns. Und wenn die Flora geräumt wird, dann haben wir dies auch denen zu verdanken welche das, was passiert ist, schönreden wollten ... auch hier!
Solidarität wird weiter herrschen, aber manche werden daran nicht mehr teilhaben .... viele sagen es nicht so deutlich, aber man liest es zwischen den Zeilen und Worten im Gespräch.
Unter uns AltAktivisten herrscht Katerstimmung, denn wir fragen uns nun, ob wir nicht Fehler gemacht haben, weil wir den solitarischen Grundgedanken nicht an die Jungen weitergeben konnten.
Dies lässt einen resignieren.

 

„Weit gefährlicher als theoretische Angriffe sind praktische Verleugnungen unserer Prinzipien.“ Karl Liebknecht

 

Diesen Satz sollte sich jeder vor Augen führen, der einen Kommentar zum G20 Wiederstand abgibt. Vielleicht schaut er dann etwas über den Tellerrand hinaus und relativiert manches ....

Einige sind soweit, dass sie auch Partyaktivisten und andere an die Staatsmacht ausliefern wollen, wenn wieder so über die Strenge geschlagen wird.

Tja, Arschlöcher gibt es hier wie da. Du scheinst dazu zu gehören.

Pass mal auf, was Du mir unterstellst ... ich bin für meine Überzeugung eingerückt und seit 40 Jahren aktiv ..... Zieh die Eierschalen vom Kopf und werde erwachsen, bevor Du so etwas in den Raum stellst!

 

Und wenn mir ein Vater sagt, dass seine Kinder nicht mehr schlafen können und Alpträume haben, weil ein paar Vollidioten Böller an die Fenster geworfen haben .... dann kann ich seine Reaktion verstehen.

 

Und nun unterstelle ich Dir einmal etwas: Wohl noch sorgsam umhütet im Hotel Mama ... denn sonst würdest Du erst nachdenken und dann so einen Scheiss schreiben.

Was diese Parole soll, hab ich nicht verstanden. Spätestens am Dienstag nach der Demo hasst niemand mehr die Polizei, der oder die mitbekommt, wie sie einen Trunkenheitsfahrer aus dem Verkehr zieht. Sie ist also sachlich falsch. Oder allenfalls räumlich und zeitlich begrenzt richtig. Und ein besonnenes aber nachdrückliches und widerständiges Bestehen einer Demo auf Versammlungsfreiheit deutet sie auch nicht an. Sie klingt eher nach irrationalem Austicken. Sollte man und frau den Spruch nicht einfach lassen?