Grabmal des Unbekannten Abiturienten in Ludwigshafen-Oggersheim

grabmal des unbekannten abiturienten 1992

In mühevoller Fleißarbeit hatten die Abiturienten der Integrierten Gesamtschule Ernst Bloch in Ludwigshafen-Oggersheim (IGSLO) einen Grabstein für ihren Mitschüler gemeißelt und auf der Dachterasse der Schule fest und für die Ewigkeit einbetoniert.

 

In Erinnerung an alle.

 

Die Schule war die dritte Gesamtschule, die die konservative CDU in Rheinland-Pfalz erlaubt hatte. Der erste Jahrgang begann im Jahr 1980 mit sechs Klassen (80a bis 80f). Schülerinnen und Schüler kamen mit Hauptschul, Realschul- oder Abitursempfehlung und hatten teils weite Anreisewege. Viele fortschrittlichen Lehrerinnen und Lehrer sind an diese Schule gegangen und haben versucht, dort ihre Ideale umzusetzen. Es gab keine Sitzreihen, sondern Tischgruppen und Gruppenarbeit. Es wurde versucht, das Konkurrenzdenken der Schule aufzuheben. Es wurden Wahlfächer angeboten, es gab pro Klasse zwei Klassenlehrer und sechs Lehrer bildeten ein Team eines halben Jahrgangs. Sie duzten sich untereinander. Manche Lehrer ließen sich auch von Schülern duzen. Noten durften bei manchen Lehrern die Schüler sich nach Selbsteinschätzung geben, bei vielen Lehrern waren bestimmte Noten (wie z.B. die mündlichen) Verhandlungssache.Schüler mussten sich bewerben (und nur ein kleiner Teil wurde dann in die 5. Klasse aufgenommen.)

 

Es gab jährliche Projektwochen und zahlreiche Möglichkeiten für Berufspraktika, was heute oftmals üblich ist. Es gab eine Schulbibliothek, eine Schwimmhalle, einen Spieleraum, ein Sprachlabor, außerdem Schulsozialarbeit und die Lehrer (die meisten waren in der Gewerkschaft GEW organisiert) haben dafür gekämpft, dass es keine Differenzierung ab der 7. Klasse in den Fächern Englisch, Deutsch und Mathematik gab, also dass die verschiedenen Schüler weiterhin im Klassenverband unterrichtet werden und nicht in bessere und schlechtere eingeteilt werden. Das Kultusministerium am rheinland-pfälzischen Regierungssitz hat das allerdings nicht erlaubt. In Mainz war die Schule entsprechend verhasst und viele pädagogisch schlechte Lehrer wurden nach Ludwigshafen-Oggersheim strafverstetzt. Die Schule befand sich in unmittelbarer Fußweite zur Villa von Helmut Kohl, dem damaligen Kanzler, gegen den die Schüler immer wieder auf die Straße gegangen sind. Es war die Zeit der Friedensbewegung und der Autonomen und das zeigte sich auch im Unterricht und in den Aktivitäten der Schüler.

 

Heute gibt es zahlreiche Gesamtschulen in Rheinland-Pfalz und die "IGSLO" sticht nicht mehr besonders hervor. Von den anfänglichen Idealen spricht in der Hermann-Hesse-Str. 11 keiner mehr. Die letzten Lehrer, die noch den Schwung der 1968er miterlebt haben, sind inzwischen in Pension oder verstorben (Wie der deutscher Maler, Pädagoge und Schulpolitiker Rainer Probst (https://de.wikipedia.org/wiki/Rainer_Probst), der u.a. den Jahrgang 1983 unterrichtete, der 1992 mit Abitur die Schule verließ).

 

http://www.igs-ernstbloch.de/

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Festschrift: https://portal.dnb.de/opac.htm?query=idn%3D945480067

Das Inhaltsverzeichnis mit vielen Namen von engagierten Lehrern: http://d-nb.info/945480067/04 (Monica Mutzbauer, Wolfram Ludwig, Anne Kassel, Rotraud Caglar, Gerhard Rutz, Fritz Gable, Christa Grenz, Klaus Dieter "KD" Seibert, Hanne Kleinen)

 

Und ein Buch aus der Planungsphase von 1977:

https://portal.dnb.de/opac.htm?query=idn%3D780651634