Leipzig: In Deckung! Der Kampf um das Westwerk

Westwerk

Im Leipziger Westen geht es rund. Das Westwerk, ein ehemaliges Fabrikgelände und heute Wohnzimmer und Versorgungsstation einer beachtlichen Hipstergemeinde, hat Veränderungen angekündigt. Streitbare, ohne Frage. Einige sind möglicherweise ärgerlich. Und kapitalistisch auf jeden Fall. Die Reaktionen darauf sind allerdings schräg: Sie strotzen vor Revolutions- und Kampfrhetorik.

 

Das ehemalige Armaturenwerk im Leipziger Westen beherbergt über 100 Mieter, vom Atelier bis zur Gießerei. Ein schickes Kleinod. Der Besitzer will (oder braucht), so viel scheint sicher, ein paar zahlungskräftigere Mieter. Zehn von den genannten Mietern stehen daher zur Disposition, wobei die Gerüchteküche ordentlich brodelt und durchaus wichtige Details unerwähnt blieben.

 

Aber das nur am Rande. Die Rhetorik allerdings, mit der die Gentrifizierungsgegner ihr sicher nicht unberechtigtes Anliegen vortragen, hat es in sich. Eine Rundmail im Sinne der Vernetzung, die Mitte Januar 2017 über den Äther ging, war mit den markigen Worten „Der Aufstand wird vorbereitet“ überschrieben. Dafür wurden drei Termine anberaumt, ein Plenum, eine Diskussion und ein „kreativer Demotag“. Schon klar, reißerisch zieht und Übertreibung gehört zum Geschäft. Aber ein Aufstand, „the coming insurrection“ des Unsichtbaren Komitees, weil die Lieblingsgalerie in Zugzwang geraten könnte? Geht es vielleicht ein bisschen kleiner?

 

Auf der eilig erstellen Internetseite des Protests heißt es weiter: „Wir Bewohner*innen des Leipziger Westens und Nutzer*innen des Westwerks verstehen das als einen Angriff auf einen wichtigen Ort unseres kulturellen Lebens.“ Ohne Zweifel stehen sich Kapitalismus und Kultur – jedenfalls in Bezug auf  freischaffende, unkommerzielle Variante – deutlich gegenüber. Eine fristgerechte Kündigung und ein paar möglicherweise ärgerliche Veränderungen an Räumlichkeiten jedoch als „Angriff“ zu verstehen, schießt über das Ziel hinaus. Der Rest des „Aufrufs“ ist, man muss das so deutlich sagen, ein völlig unpolitisches Gejammer darüber, dass der eigene Konsum- und Freizeitspielplatz umgebaut werden soll. Im O-Ton:

 

Das Westwerk ist ein wichtiger Ort für viele Menschen im Leipziger Westen. Hier gehen wir am Wochenende tanzen, machen Kunst, schauen uns Ausstellungen und Filme an. Von hier beziehen einige ihr Internet, Rat und Reparatur bei Computerproblemen und trainieren Selbstverteidigung in FLTI-Gruppen. Kurz: ein Ort von selbstorganisierter Kunst und Kultur. Das Westwerk ist ein symbolischer Ort für einen unkommerziellen, kreativen und auch subversiven Charakter, den Leipzig zunehmend einbüßt.


Man beachte die Reihenfolge: Zuerst kommt der Tanz, dann die Kunst, inklusive Ausstellung und Film. Die Bedeutungsmitte besetzen Rad- und Computerreparaturen sowie Sportkurse. Ganz am Ende, etwas verloren, schreibt sich dann noch die Subversion ein, allerdings ohne Anhaltspunkt, was genau umgestürzt werden soll (Subversion von lat. subversio, also Umsturz). Unter „Aktuelles“ heißt es dann etwa „Update Situation SubLab“ oder „Update Situation Spätshop“, beinahe im Stil drängender Frontberichterstattung. Die Flanken müssen gehalten werden, sonst droht der Feind die Oberhand zu gewinnen.

 

Zurück zum Ernst der Lage. Schön und begrüßenswert sind die Veränderungen im Westwerk womöglich nicht. Doch dürfte niemand ernstlich überrascht sein, dass der Eigentümer eines solchen Geländes hier und da an Stellschrauben dreht. Der Wert des Westwerks wird dicke sechsstellig sein, und im boomenden Westen stehen Käufer vermutlich Schlange, inklusive der Pläne für überteuerte Loftwohnungen und schicke Bioläden. Von „Aufstand“ und „Angriff“ zu reden, ist für sich genommen schon unpassend. Dass der Protest sich allerdings auf die eigene Konsumorientierung stützt und so gesehen einigermaßen unpolitisch aussieht, gibt dem Ganzen eine etwas bittere Note. Zumal das Westwerk seit zehn Jahren „kapitalistisch“, also privatwirtschaftlich, aufgestellt ist, Kunst und Kultur lange subventioniert hat und beides nicht auf einmal und vollständig abzuschaffen gedenkt.

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Scheiß auf die Hipster. Die ham doch nix anderes im Kopf als Großkonzernen wie Apple das Geld in den Allerwertesten zu schieben. Da is es doch kein Wunder, wenn keine Kohle für andere Dinge, wie z.B. Miete, übrigbleibt ;-)

Ganz toll Leute! Erstmal einen Text hinscheissen und zur Entsolidarisierung aufrufen. Warum erschließt sich nicht? Anstatt einen mietenpolitischen Protest anzustoßen und die Mobilisierung zu nutzen, erstmal was entgegensetzen ohne zu Wissen so richtig warum. Wieso wird der Protest denn gleich gespalten und klein gemacht? Wieso werden solche Sachen dort nicht hingetragen in die stattfindenden Plenas? Warum wird Kritik dort nicht disskutiert und ggf. dort gesagt, ey, vielleicht habt Ihr im vergleich zu vielen anderen auch gewisse Luxusprobleme. Gerade an dem Punkt wo Veränderung in der Gegend auch öffentlicher Diskutiert wird, es einen Haufen Presse gibt, erstmal gegenschlagen, ohne zu schauen wohin die Reise eigentlich gehen könnte. Das ist unsolidarisch und zeigt ein komplett eingefahrenes Weltbild. Nämlich: Westwerk, da sind eh nur Hipster. Komplett beschränkt, wirklich. Versuche wie die Kampfbaustelle im vergangenen Jahr waren jetzt auch nicht übermäßig geil von der Resonanz. Hier hätten sich nun ggf. Kräfte bündeln und finden können um Herausforderungen in den kommenden Jahren stemmen zu können.

 

Was jetzt hängen bleibt ist was komplett anderes. Kritik ja, solidarisch, kritisch, aber das hier ist keines von beidem. Hier wird eine "wir linken. ihr Hipster" Nummer aufgebaut, die so nicht sein muss und nicht stimmt. 

lies nochmal den Text. Protest wird dort nicht in Frage gestellt. Kritisiert wird die Sprache und mangelnder Inhalt. Und "unsolidarisch" sind wenn dann die Leute, und überspitzt vielleicht auch "Hipster", die erst von großer Revolte und Protest reden, wenn ihre eigenen Projekte und Räume betroffen sind, aber sich die letzten Jahre nicht gezuckt haben als Plagwitz schön aufgestylt wurde und Menschen das Feld räumen mussten, die nicht mehr das Geld hatten im "angesagten Leipziger Westen" zu leben.

 

Und wenn du schon sagst die Resonanz bei der Kampfbaustelle war nicht sonderlich groß, dann weißt du ja wir groß die Solidarität der Leute aus dem Westwerk zu dem Thema war, bevor ihre Verträge gekündigt wurden.

Einige Punkte in dem Text stimmen. Die Party-Dinger dort haben mit linken Strukturen meist nichts mehr am Hut. Ebenso die Kunst-Scheiße. Aber es gibt eben doch noch zwei oder zumindest ein wirklich wesentliches Projekt dort. Der Artikel hätte daher mindestens eine Einleitung gebraucht, die zur Verteidigung dieser aufruft. So ließt es sich durchaus ein bisschen wie eine Entsolidarisierung.

Medinetz oder Schutzehe haben also mit linken Strukturen nichts am Hut. Und Kunst-Scheiße hat sowieso keine Daseinsberechtigung, Ästhetik und Politik haben ja so absolut gar nichts miteinander zu tun. Schön wie aufgeschlossen es hier zugeht.

*

medinetz sitzt aber gar nicht mehr im westwerk, sondern bei der RAA. und auch wenn die arbeit richtig und wichtig ist, es ist doch mehr als scheiße, dass medizinische versorgung in deutschland überhaupt auf diesem wege organisiert werden muss. absurd wird es, wenn das medinetz den sächsischen demokratiepreis erhält dafür, dass es gegen gesetze verstößt (also angeblichen "illegalen menschen" eine medizinische versorgung gegen "deutsches recht" zu teil werden lässt)

Die snobistisch hippieske Hipster-Kultur von egozentrischen Selbstverwirklichern, die sich dort festgesetzt hat, hat tatsächlich mit linker Politik nichts zu tun. Das ist ähnlich wie mit dem Tacheles in Berlin: Weg damit!

 

Das es sich wegen einzelner guter Sachen trotzdem lohnt dort zu intervenieren sei davon unbelassen.

“Westwerk: Ausweichen, Munkeln, Entmieten” vom 27.01.2017:

http://www.l-iz.de/politik/brennpunkt/2017/01/westwerk-ausweichen-munkeln-entmieten-165706

“Durcheinander im Westwerk: Ein Interview mit dem Vermieter” vom 27.01.2017:

https://www.l-iz.de/politik/brennpunkt/2017/01/durcheinander-im-westwerk-ein-interview-mit-dem-vermieter-165721

“Der Konsum an der Karl-Heine-Straße? Ein Kurzinterview zum Thema Westwerk” vom 27.01.2017:

http://www.l-iz.de/politik/brennpunkt/2017/01/der-konsum-an-der-karl-heine-strasse-ein-kurzinterview-zum-thema-westwerk-165711

 

Artikel in der LVZ über die Situation des Sublabs mit Kommentaren der Betroffenen vom 25.01.2017:

http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Leipziger-Westwerk-Computerverein-Sublab-soll-im-Juli-ausziehen

 

Artikel in der LVZ mit Kommentar des Verwalters des Westwerks vom 24.01.2017:

http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Verwalter-des-Leipziger-Westwerks-Werden-den-Charakter-nicht-zerstoeren

 

Artikel zum Radiobeitrag auf mephisto 97.6 vom 24.01.2017:

https://mephisto976.de/news/kommerz-statt-kultur-59087

 

siehe auch:

https://westenwehrtsich.noblogs.org/post/category/pressestimmen

Die schreiber_innen des Textes hier müssen nochmal zur theoriebildung. Entsolidarisierung weil nicht eigener Geschmack, geht gar nicht.

Doch geht voll. Denn nur darum geht es. Wenn ich der Meinung bin etwas ist grundsätzlich falsch, dann kann - muss? - ich das kritisieren und mich gegebenenfalls distanzieren/entsolidarisieren.

Wenn in dem Haus eigentlich nur Leute sind, die sich bisher einen Dreck geschert haben - und so ergibt sich das für mich aus dem Artikel - gehen sie mir, gelinde gesagt, am Ar*** vorbei.

wer sich das Leben in der Stadt nicht leisten kann, der kann gern aufs Dorf ziehen. Rings um Leipzig steht genug leer, nur will da keiner hin. Will ja jeder in der Nähe seines nicht-kommerziellen Bioladens, seines Lieblingstanzklubs oder sonstwas leben. Das ihr den Verdrängungsdruck selbst produziert, indem ihr eigene "Klientel-Ghettos" schafft, das scheint bei euch gar nicht anzukommen.

Und bei dir dürfen Menschen also nur noch in der Stadt leben, wenn sie es sich leisten können, klasse. Das arme Pack soll also wieder schön aufs Land wie früher.

 

Und ja es gibt einen Verdrängungsdruck und gerade Teile des Westwerk tragen auch dazu bei, das wäre ja auch die Kritik. Es sind nun mal auch solche Leute und Strukturen, die für Aufwertungsprozesse sorgen und sich eben nicht dafür interessieren, wen sie damit aus dem Stadtteil drängen, bis das Viertel wie in Plagwitz eben so schick und angesagt ist, dass sie später selber für die mit noch mehr Kohle raus geworfen werden. Der Unterschied ist nur, die ersten verschwinden still und leise, die hippen Kulturleute schmeißen mit großen Worten um sich und reden von Revolte, aber auch nur so lange, bis sie doch noch einen neuen Mietvertrag bekommen oder eine gute Ablöse raus geschlagen haben. Danach ist wieder Ruhe und der nächste Stadtteil wurde dann so umgestaltet, dass nur noch Leute mit Kohle dort wohnen und shoppen gehen können.

 

Kritik am Kapitalismus oder ein kämpfen für eine Stadt für alle ist das eben nun mal nicht

... wohin mensch schaut

Im Aufruf zur "Rettung des Westwerk" steht:

 

Der nicht ortsansässige Eigentümer des Westwerks wittert nun wohl die Möglichkeit - im Zuge der "Aufwertung" und Verdrängung an der Karl-Heine-Straße - das große Geld zu machen.  Auch der Späti neben dem Westwerk soll einem Parkhaus weichen. Die Umnutzung des Westwerks von einem einzigartigen Kulturraum zu einem schnöden Kommerzzentrum, wie es sie in jeder Stadt und auch in Leipzig schon x-fach gibt, ist Teil einer besorgniserregenden Entwicklung in Plagwitz & Lindenau: Die Wohnungspreise explodieren, ärmere Leute müssen in die Randbezirke ziehen, reiche Menschen ziehen her, kleine Geschäfte verschwinden und werden von großen Ketten und Schicki-Läden verdrängt.

Das werden wir nicht so einfach hinnehmen

 

Das Thema ist schon längst durch (von wegen "besorgniserregenden Entwicklung"), die armen Leute sind schon vertrieben (Mieten sind explodiert), die "Schicki-Läden" gibt es auf der Karl-Heine-Straße schon längst an jeder Ecke. Hat es die Leute im Westwerk interessiert bevor der "
nicht ortsansässige Eigentümer" bei der Entwicklung einfach mitmacht? Nein. Es wird erst an dem Punkt nicht mehr "hingenommen" wo die eigene Scholle betroffen ist, vorher nicht. Und sich hier über "Entsolidarisierung" wegen inhaltlicher Kritik beschweren. Niemand spricht sich gegen "Protest" aus, aber seid doch so ehrlich und sagt den Leuten, dass es nur um neue Verträge mit gleichen oder ähnlichen Konditionen geht. Verdrängung und eine Stadt nicht für alle, ist doch den meisten Leuten im Westwerk scheiß egal. Die nicht coolen und hippen Leuten haben das Feld in Plagwitz doch schon längst geräumt.

Diskussion immer nur das "Andere haben mehr Geld und das ist nicht in Ordnung" heraus.  Neiddebatten auf unterstem Niveau. Wer als Galeriekünstler erfolgreich ist, muß sich automatisch auch für den erfolglosen Straßenkreidemaler einsetzen? Mekt ihr eigentlich was? Die ganze Solidaritätsdebatte ist doch nur vorgeschoben, weil die eigenen Projekte gescheitert sind und nun ein Weg gesucht wird, sich bei den Gewinnern an den Rockzipfel zu hängen.

Daß hier eine große Gruppe pauschal als unsolidarisch und ignorant ("... ist doch den meisten Leuten im Westwerk scheiß egal.") kritisiert wird, vermutlich nur weil sie nicht geschloßen auf Straßenkampf-Rhethorik und auf Aktionsformen, die Haßmasken voraussetzen, steht (bzw. sich im zitiertem Aufruf geschloßen dazu bekennt) zeugt vorallem davon, wie eng und selbstgerecht die eigenen Scheuklappen schon sitzen und wie wenig darüber hinaus noch wahrgenommen wird.

hast du den text hier oben überhaupt gelesen? was steht im ersten absatz?

 

Im Leipziger Westen geht es rund. Das Westwerk, ein ehemaliges Fabrikgelände und heute Wohnzimmer und Versorgungsstation einer beachtlichen Hipstergemeinde, hat Veränderungen angekündigt. Streitbare, ohne Frage. Einige sind möglicherweise ärgerlich. Und kapitalistisch auf jeden Fall. Die Reaktionen darauf sind allerdings schräg: Sie strotzen vor Revolutions- und Kampfrhetorik...


Die Rhetorik allerdings, mit der die Gentrifizierungsgegner ihr sicher nicht unberechtigtes Anliegen vortragen, hat es in sich...

 

mit den markigen Worten „Der Aufstand wird vorbereitet“ überschrieben...

 

Von „Aufstand“ und „Angriff“ zu reden, ist für sich genommen schon unpassend. Dass der Protest sich allerdings auf die eigene Konsumorientierung stützt und so gesehen einigermaßen unpolitisch aussieht, gibt dem Ganzen eine etwas bittere Note. Zumal das Westwerk seit zehn Jahren „kapitalistisch“, also privatwirtschaftlich, aufgestellt ist, Kunst und Kultur lange subventioniert hat und beides nicht auf einmal und vollständig abzuschaffen gedenkt.

 

und richtig, sie (die große gruppe) bleibt unsolidarisch, weil sie sich in der mehrheit in den letzten jahren eben nicht für die verdrängung der leute im stadtteil interessiert hat. ein beleg für das gegenteil bleibst du nämlich schuldig.

noch in der Stadt leben, wenn sie es sich leisten können, klasse."

 

Praktisch: ja, wenn der Markt als Regulativ von seinen Nutzern dahin gedrängt wird, das nur noch wenige Nutzer an ihm partizipieren können. Und ihr seid die Nutzer, ihr bestimmt den Markt mit dem "Ich-will-und-muss-im-angesagten-Stadtteil-xxx-wohnen".

Von dem Geld, was mancherorts für Flyer, Banner und solchen Käse schon zum Fenster raus geworfen haben, könnte halb Connewitz "selbstbestimmt" auf Bauernhöfen im Umland wohnen.

Bei dir gibt es gar keine Kapitalismuskritik mehr, nur noch den Markt, na dann. Du solltest dich bei René Hobusch melden, der hat im Neuen Schauspiel das selbe gesagt. Der Markt regelt alles und wer die Kohle nicht hat, eben pech. Schon mal darüber nachgedacht, dass es Menschen gibt die gar nicht "selbstbestimmt" auf Bauernhöfen leben möchten? Geh doch auf den Hof ins Leipziger Umland und lass andere in der Stadt wohnen. Und zwar alle die es möchten und wo es scheiß egal ist wie viel Geld sie mitbringen. Aber für dich, wenn du andere Kritik haben möchtest, dann vielleicht diese?


Welches Recht? Wessen Stadt?

oder Dorfgemeinschaft Connewitz

Bin zum Glück Dorfkind :D

 

"und wo es scheiß egal ist wie viel Geld sie mitbringen" Da fällt mir ein alter FantaVier Song ein "Die Stadt die es nicht gibt"

 

"Bei dir gibt es gar keine Kapitalismuskritik mehr, nur noch den Markt" Nicht bei mir...sondern in der dich umgebenden Realität!

Eine Realität die du gar nicht mehr ändern willst. Die du als gegeben hin nimmst, super. Dann bleib doch in deinem Dorf und scheiß doch auf die Leute, die eben kein Bock auf diese Realität haben und die da leben und wohnen wollen wo es ihnen passt.

die man akzeptiert und für sich nutzt.

 

So, genug getrollt für heut. Nicht das de noch mit nem Herzkasper vom Stuhl fällst ;)

wegen dir "nem Herzkasper" bekommen? Nö, wo ist den bei dir was zu hören, was sowieso nicht die mehrheit an mist schreibt? hast du doch gesagt, ist doch überall realität. dennoch muss doch deinem quatsch widersprochen werden, das geht auch mit sehr ruhigen puls.

Und wenn ja, wie viele?

 

Du machst mit dieser Argumentation so ziemlich jedes Engagement gegen Verdrängunspolitik und für solidarisch kämpfende Nachbarschaften lächerlich.

Ich für meinen Teil sehe nicht ein, meinen Alltag nach ökonomischen Gesichtspunkten zu gestalten. Ja, ich will mir aussuchen können wo ich wohne. Und ja, ein so weit wie möglich selbst gestaltbarer Raum, wo meine Freund*innen und Genoss*innen wohnen, zieht mich an.

Du verkennst hier Henne und Ei.

?

"Du machst mit dieser Argumentation so ziemlich jedes Engagement gegen Verdrängunspolitik und für solidarisch kämpfende Nachbarschaften lächerlich."

 

Als ob ich mir da Mühe geben müßte, das ist es doch von haus aus.

Als erstes ist wichtig, zu erwähnen, dass hier jemand einen Text von Robert Feustel aus dem Sprachlos-Blog gepostet hat, Original:

 

http://sprachlos-blog.de/in-deckung-der-kampf-um-das-westwerk/

 

Der Text liegt nicht ganz daneben. Diese Rhetorik voller "Widerstand" und "kämpfen" ist fehl am Platz. Als langjähriger Westwerkmieter reibt man sich die Augen, woher diese selbsternannten Sympathisanten kommen. Prisma Leipzig ist die einzige Gruppe, die zumindest einigermaßen einordbar ist.

 

Als Mieter sieht man sich plötzlich nicht nur mit einem selbstherrlichen Eigentümer (Christian Voigt, Corpure, Starnberg) und einem freundlich kumpelhaften, doch keineswegs vertrauenswerten Verwalter (Peter Sterzing) konfrontriert, sondern mit einer Horde nicht minder selbstherrlicher Möchtegernrevoluzzer, die die Mieterselbstorganisation gesprengt haben. Kein Mieter hat Zeit für 4-5 stündige Treffen, keiner hat Bock auf solch zähe Moderation. Keiner hat Bock, für Wortmeldungen, die akut sind, zu warten, bis ihm das Wort erteilt wird. Wenn dann noch Mieter aus den Treffen geschmissen werden, weil sie sich nicht an die aufgedrängte Diskussionsstruktur halten, delegitimieren sich die "Sympathisanten" selbst.

 

Da geht gerade viel schief in Leipzig. Es braucht im Westwerk Moderation zwischen Mietern (alle ca. 130 sind mit Mieterhöhungen konfrontiert, zum Teil um über 100 Prozent) und Verwaltung/Eigentümer. Doch die aktuelle Entwicklung verschärft den Konflikt nur.

 

Man muss differenzieren. Es geht nicht um den Kunstraum Westpol. Der konnte die 500 Quadratmeter große Ex-Mensa des Westwerks fünf Jahre mietfrei nutzen. Jetzt soll das Gebäude saniert werden, was dringend nötig ist. Der sanierte Raum wird anschließend teuer vermietet werden. Das ist unschön, aber wohl unausweichlich. Hier wäre die Frage: Haben andere Nutzer (Planetarium, Tipi ...) des Gebäudetraktes eine Zukunft auf dem Gelände? Westpol mit seinem Anspruch hat dort keine Zukunft.

 

Vor allem aber geht es also um andere Räume, ob Modedesignerin, Hacklab, Faltbootwerkstatt, zahlreiche Künstlerateliers. Die nutzen alle unsanierte, unheizbare, üble Räume, für die sie im Grunde schon zuvor zu viel Miete gezahlt hatten. Sie alle sehen sich nun mit krassen Mieterhöhungen konfrontiert. Sie haben sich in aller Regel ihre Räume selbst kostspielig ausgebaut. Sie hatten Absprachen mit der Verwaltung und fühlen sich schlicht betrogen.

 

Kauf und Vergesellschaftung des Westwerks stehen nicht zur Debatte. So was wäre vor 20 Jahren leicht und billigst möglich gewesen, heute regieren die Immobilienfürsten Leipzig (sie finanzierten dem Oberbürgermeister auch den Wahlkampf, haben ihn gemacht). Christian Voigt gehört übrigens nicht dazu, er ist Trittbrettfahrer, vergleichweise finanzschwach und ohnmächtig. Ein Möchtegern, also den selbsternannten Westwerkrettern sehr ähnlich.

 

Anstrebbar wäre eine Mischfinanzierung - starke Mieter wie ein geplanter Lebensmittelmarkt, die Eventhalle und das hochpreisige Restaurant "Kaiserbad" finanzieren die mietschwachen Pioniere mit. Anstrebbar wäre eine Kommunalpolitik, die Verantwortung übernimmt und mit dem Eigentümer Vereinbarungen trifft, die den Erhalt der Mieterstruktur sichern. So etwas ist via an Auflagen gekoppelter Förderung möglich.

 

Die Mieter müssen sich weiter organisieren. Die nun hinzugestoßenen Sympathisanten mit ihrer plattradikal linken Ausrichtung stehen dem sichtlich im Weg.

Ein Lob an diesen gut geschriebenen Artikel! Da versteht wer sein/ihr Handwerk und die Kritik kommt mit Schmackes. Vom Unsichtbaren Komitte bis zum kleine Latinum - alles parat! Fast könnte mensch bis zum Ende in einem Rutsch durchlesen und überzeugt und "informiert" sich selbst auf die Schulter klopfen und sagen: "Jawoll, so ist es! Die unpolitischen Hipster jammern über ihren Spielplatz, nicht so wie... wie..." - ja wie wer eigentlich? Und wer schreibt denn da so nachdrücklich, gekonnt und polemisch bildreich? Wo steht, was macht ihr denn?

Wer die Entwicklungen in und um das Westwerk verfolgt, dem/der wird schnell klar, dass sich die "unerwähnten wichtigen Details" nicht so gestalten wie - ups! - hier auch nicht angeführt! Das kann nur ein rhetorischer Kunstfehler gewesen sein. Es geht nicht nur um zehn Mieter_innen und ein paar geringfügige Änderungen am Westwerk, wie ihr/du auch später im Text feststellt, wenn die zukünftige Nutzung des Westwerks im oberen Preissegment ausgemalt wird. Der Vermieter spielt einzelne Parteien gegeneinander aus, bietet von anderen Parteien belegte Räume an bestehende Projekte an, führte bisher nur Einzelgespräche, verlangte ungesetzliche Mieterhöhungen, sprach Kündigungen aus der Kalten aus, will eine Grundsanierung in Angriff nehmen. Wer mit den Mieter_innen spricht versteht, dass es hier um eine geplante und von Etage zu Etage durchgeführte Komplettentmietung geht.

In einem Kommentar wird das "plattlinke" Eingreifen als Sprenggrund für die Mieter_innenorganisierung angegeben. Wir verstehen uns durchaus als "ultra-plattlinks" und so möchten wir auch etwas dazu sagen. Bei der letzten langen Versammlung, die wirklich mehr etwas für Plenumsenthusiasten und Kampagnenheinze war, trotz ihrer Notwendigkeit, waren genau 12 Mietparteien von ca. 130 anwesend. Davor waren es noch weniger, unseres Wissens nach. Mieter_innen sind bereits schon ausgezogen, haben anscheinend Ausweichräume bekommen oder erscheinen nicht zu Organisierungstreffen, die auch vor der explodierenden "plattlinken" Kampagne stattfanden. Sehen wir den Tatsachen also ins Auge, dass von einer umfassenden Mieter_innenorganisierung ohne befeuern und Unterstützen, Mutmachen und Möglichkeitenaufzeigen von plattlinks nicht viel in dieser Richtung zu reißen ist.

Allerdings, warum so schneidig und engstirnig die Leute und ihren "Hipsterspielplatz" abtun? Warum den Leuten nicht die Möglichkeit zugestehen, sich jetzt zu organisieren, wo sie selbst betroffen sind? Wir handlen doch ständig mit diesen Phrasen wie: "bei der eigenen Betroffenheit anfangen" und "sich über die eigene Betroffenheit mit anderen Betroffenen organisieren". Was soll diese selbstgerechte Polemik wie auf dem Kinderspielplatz, "nee, mit euch nicht, und jetzt schon erst recht nicht mehr. Sind ja nicht wir (wer?), das sind die bösen Hipster".

 

Als Plattlinke sehen wir unsere Aufgabe darin, genau allen Leuten dieses Potential für Widerständigkeit zuzugestehen und immer wieder zu aktivieren. Nebenbei bemerkt seid ihr wirklich schlecht informiert, wenn ihr meint, es ginge den schon jetzt sich organisierenden Mieter_innen nur darum, neue Verträge auszuhandeln, was ihr wüsstet, wenn ihr in persönlichem Kontakt mit den Leuten stündet. Sicher, auf die Künstlers zu warten, die individualistisch lediglich für sich bessere Verträge haben wollen, weil sie sie vielleicht noch bezahlen können, ist unsinnig.

Wir sind für die soziale Kampfbaustelle eingestanden und wir tun dies auch fürs Westwerk und die widerständigen Mieter_innen. All diese Leute und vielen Projekte liegen uns am Herzen und wir leben uns in ihnen aus und wir trennen nicht zwischen Feierkultur, die wir uns leisten können und die oft aus Soliparties besteht, aus den Treffen mit Freunden und dem Aushecken neuer Dinge und dem strukturierten Organisieren einer solidarischen Bewegung im Viertel, weil es diese Dinge ohne einander nicht geben würde und auch den Kampf nicht wert wäre.

 

Uns geht es im Westwerk nicht nur um das, was jetzt ist, sondern auch um das, was sein könnte. Warum nicht wagen, an ein Social Center zu denken und weitere soziale Initiativen? Warum nicht wagen, was die Vorbedingung wäre, an eine Vergesellschaftung über Stiftungen, Mietshäusersyndikat etc. zu denken? Ist der Weg zu beschwerlich, lässt sich das nicht in einem anonymen Artikel mit Schmackes abhandeln. Es geht um ein Symbol für Verdrängung im Viertel und ein konkretes Gebäude mit vielen Räumen, deren Nutzung auch anders sein könnte, als bisher zu großen Teilen.

"Doch dürfte niemand ernstlich überrascht sein, dass der Eigentümer eines solchen Geländes hier und da an Stellschrauben dreht." Nein, das ist auch niemand - aber die dahinter stehende Logik gilt es anzugreifen, offensiv, grade jetzt wo es soviel Aufmerksamkeit gibt. Das so lapidar hinzustellen finde ich fahrlässig von euch - "ist eben Kapitalismus - na und?"

 

Es ist eben doch ein Angriff, ein für das ganze Viertel nochmal symbolträchtiger, wenn auch schon so viele Kämpfe sang- und klanglos verloren wurden. Und der Ausgang steht noch nicht fest, solange wir nicht eurem Beispiel folgen, uns identitär an den eigenen kleinen Ofen hocken und zynische Pamphlete verfassen, die Solidarität und Fantasie auf die eigene Winzszene beschränken und schon gar nicht mehr wollen. Wir wollen aber alles, die Basisorganisierung und die Schlaglichter, die Szene und das Händeausstrecken in alle Richtungen. Wer sagt, dass es nicht möglich ist, zukünftigen zahlungskräftigen Mieter_innen die Lust auf das Gebäude zu vermiesen oder dem Eigentümer klar zu machen, das er keine Freude am Gebäude haben wird?

Das Spiel ist immer offen, auch wenn es in Plagwitz fast zu Ende ist. Noch haben wir Eingreifmöglichkeiten, wenn sie auch verschwindend sind - aber sollte uns Plattlinke das Hindern, es zu versuchen, wenn es nur wäre, um im Kampf im Viertel neue und stärkere Verbindungen untereinander zu schaffen, oder wenn es nur wäre, um laut und klar zu machen, dass es auch andere, gerechtfertigtere Interessen als die des wohlmeinenden Vermieters und des Eigentümers gibt?

 

Denn das sind nicht die Leute, "die das Westwerk gestaltet haben und aufgebaut haben", wenn sie es auch noch so oft gönnerhaft behaupten. Die Mieter_innen, die Projekte und wir, die Nutzer_innen, haben es aufgebaut und mit Leben gefüllt (und das Gebäude wurde von Lohnabhängigen anderer Zeiten hingestellt.) Es gehört uns schon längst, wir müssen nicht um grade noch bezahlbare Mieten betteln sondern als nicht in Verträge mit dem Vermieter Involvierte ganz klar eine antikapitalistische Position vertreten, die widerständigen Mieter_innen unterstützen, jegliche, noch so unwahrscheinliche Form der ermächtigenden Aktion und des Handelns mit unseren Mitteln unterstützen.

Plattlinks eben - Also kommt schon vorbei.