Atom-News: Lingen-Demo, grüne Atompolitik, Westcastor-Resolution

Uranfabriken schließen!

Liebe Freundinnen und Freunde, das wichtigste zuerst: Nur noch eine Woche bis zur großen Lingen-Demo – Atomkraft den Saft abdrehen – Uranfabriken schließen. Inzwischen rufen über 100 Gruppen zur Demo auf, es sind mehrere Busse aus ganz Deutschland angekündigt und die Demo wird international. Die Brennelementefabrik Lingen beliefert u.a. die Schrott-AKW in Doel und Tihange (die heute Nacht/ morgen nach Pannen wieder ans Netz sollen) und Fessenheim. Dem entsprechend haben sich aus Belgien, Aachen, Frankreich und dem Badischen RednerInnen und TeilnehmerInnen für die Demo angekündigt. Zudem sind auch unsere russischen Freunde wieder als Redner dabei. Also macht euch am 29.10. auf den Weg nach Lingen und bringt möglichst viele Freunde und Bekannte mit – dann wird es sicher die größte Anti-Atom-Demo seit langem. Anfahrtshinweise und das komplette Demo-Programm auf www.lingen-demo.de

 

Im Vorfeld der Demo gibt es noch folgende Termine, zu denen Ihr herzlich eingeladen seid:

 

Sa., 22.10., 10-13 Uhr: Infostand des Elternvereins Restrisiko Emsland auf dem Marktplatz Lingen

 

Mo., 24.10., 19.30 Uhr: Infoveranstaltung des AKU Schüttorf zu den Atomanlagen in Lingen, Bürgerzentrum „Alte Kirchschule“, Kirchgasse 2, Schüttorf

 

Di.,25.10., 10 Uhr: Prozess gegen eine Anti-Atomkraft-Aktivistin wegen einer Protestaktion im Jahr 2013 gegen die Lingener Areva-Brennelementefabrik, Amtsgericht Lingen, Saal Z 16

 

Mi., 26.10., 19.30 Uhr: Infoveranstaltung mit dem Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen zum Atomstandort Lingen, Kolpinghaus, Burgstr. 25, Lingen

Donnerstag wurde vom schwarz-roten Kabinett ein neues Gesetz zum Umgang mit dem Atommüll beschlossen – und vom grünen Jürgen Trittin verteidigt. Er sieht es als sehr sinnvoll an, dass die AKW-Betreiber jetzt 24 Mrd. Euro in einen Fond zahlen und danach jegliche Verantwortung für die radioaktiven Atommüllberge, die bis in alle Ewigkeit strahlen los sind. Alle weiteren Kosten und Lasten trägt nun die Gesellschaft! Dazu muss man wissen: Jürgen Trittin hat bereits 2000 für die Grünen den ersten „Atomausstieg“ mit den AKW-Betreibern verhandelt. Diesmal hat er den Betrag von 24 Mrd. Euro mit einer Kommission mit den Atomkonzernen ausgehandelt. Wir fragen uns: Soll das grüne Atompolitik im Sinne der Bevölkerung oder der Anti-Atom-Bewegung sein? Ein Schelm wer böses in Richtung mögliche Koalitionen 2017 oder zukünftige Arbeitgeber nach Trittins Zeit im Bundestag denkt...

 

Unverständlich sind zu dem Thema so manche Medienberichte in den es heißt „Der Atomausstieg kostet...“, denn unabhängig vom halben Atomausstieg müssten irgendwann alte AKW abgerissen und Atommüllberge versorgt werden.


Auch in NRW sieht es mit der grünen Atompolitik recht trostlos aus: Im Entwurf des Landesvorstandes für das Wahlprogramm 2017 finden sich lediglich einfache Beschreibungen der atomaren Probleme, der Atommüllstandort Ahaus wird gar nicht erwähnt, eine direkte Absage der geplanten Castortransporte von Jülich nach Ahaus findet sich nicht. Konkrete Forderungen, Stilllegungstermine, mögliche Vorgehensweisen zur Umsetzung der Überschrift „Atomausstieg vollständig machen“ fehlen. Damit bleibt das Wahlprogramm hinter den Beschlüssen des letzten Grünen Bundesparteitages zurück und ignoriert auch, dass für die Jülicher Westcastoren bereits die Einlagerungsgenehmigung in Ahaus erteilt wurde.
 
Die Westcastor-Resolution wurde inzwischen von 68 Gruppen unterzeichnet, darunter nun auch die IPPNW und die Grünen Jülich. Die Forderungen nach einem möglichst sicheren Zwischenlager-Neubau in Jülich, der Absage der Castortransporte nach Ahaus oder in die USA und der Verantwortungsübernahme durch die Verantwortlichen werden also im Münsterland, Rheinland und bundesweit unterstützt. Die Resolution findet ihr auf www.sofa-ms.de Eure Gruppe ist noch nicht dabei? Dann meldet euch unter info@sofa-ms.de mit dem Betreff „Westcastor-Resolution“.

 

Wir sehen uns in Lingen!
Herbstliche Grüße
Sofa Münster

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Von Jochen Stay, .ausgestrahlt-Newsletter

 

Ich bin ja ein halbwegs ruhiger Mensch, aber manchmal könnte auch ich aus der Haut fahren. Gestern (19. Oktober) hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf für die Regelung der Folgekosten der Atomkraft beschlossen. Das ist schon schlimm genug, denn damit können sich die AKW-Betreiber freikaufen und die absehbaren Kostensteigerungen bei der Atommüll-Lagerung muss die Allgemeinheit tragen – der Abschied vom Verursacher-Prinzip. Oder wie die Neue Osnabrücker Zeitung schreibt: „Mieser Deal zulasten der Steuerzahler“.

 

Was mich aber so richtig auf die Palme brachte, war der Auftritt von Jürgen Trittin, Co-Vorsitzender der Atom-Finanz-Kommission, im ARD-Morgen-Magazin. Zuerst argumentiert er mit dem rhetorischen Mittel der Relation: „Das Verursacherprinzip haben wir besser gesichert als es vorher der Fall gewesen ist.“ Das ist nicht falsch. Ein Tropensturm ist auch weniger schlimm als ein Hurrikan, kann aber trotzdem gewaltige Schäden anrichten.

 

Klar: Hätte der Staat in Sachen Atom-Folgekosten gar nichts unternommen, wäre es noch schlimmer gekommen. Aber das, was jetzt beschlossen wurde, ist eben längst nicht ausreichend. Man hätte es deutlich besser machen können, sogar ohne den Bestand der Konzerne zu gefährden. Dazu hatte .ausgestrahlt der Kommission konkrete Vorschläge gemacht.

 

Doch Trittin legt noch einen drauf. Er behauptet, dass mit den 23 Milliarden, die die AKW-Betreiber jetzt an den Staat überweisen müssen, sichergestellt sei, dass das Geld am Ende ausreicht. Und so redet er weiter: „Das ist sehr solide finanziert“ und „wir sind zu dem Ergebnis gekommen, die Rückstellungen sind angemessen.“ Er weiß selbst, dass das nicht stimmt und es ist ungeheuerlich, was er da sagt.

 

Wer das hört, fragt sich, wann die Grünen eigentlich zuletzt eine kritische Stimme bei atompolitischen Entscheidungen gewesen sind. Was kann einer Regierung Besseres passieren, wenn sie ein höchst umstrittenes Gesetz auf den Weg bringt, als dass einer der wichtigsten Politiker der Opposition es im Morgenmagazin wie ein Regierungssprecher schönredet? Da können sich auch die Stromkonzerne freuen, deren Aktienkurse angesichts des Gesetzes kräftig angestiegen sind. Denn die Börse hält das Risiko, das jetzt von RWE, Eon und Co jetzt auf die Allgemeinheit übergeht, für deutlich gravierender als Jürgen Trittin es bewertet.

 

.ausgestrahlt und das Umweltinstitut München haben im Rahmen der Verbändeanhörung zum Gesetzentwurf eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben.

 

Inzwischen habe ich übrigens meinen kühlen Kopf zurück. Nicht, weil ich es weniger schlimm finde, was die Regierung da mit Unterstützung der Grünen macht. Sondern weil ich derzeit auf Vortragstour in Süddeutschland bin und täglich bei den Veranstaltungen auf viele aktive Menschen treffe, die die Atompolitik nicht denen in Berlin überlassen, sondern sich immer wieder selbst einmischen.


Weitere aktuelle Informationen in diesem Newsletter:


„Freigemessen und vergessen“ – neues .ausgestrahlt-Faltblatt jetzt bestellen

Der verantwortungslose Umgang mit dem AKW-Abrissmaterial ist Thema eines neuen informativen .ausgestrahlt-Faltblatts: Atomschutt landet auf Hausmülldeponien, strahlendes Metall aus den Reaktoren wird recycelt und kann in Kochtöpfen oder Zahnspangen wieder auftauchen, ohne dass es jemand bemerkt. Wir beschreiben die Mängel des gängigen Verfahrens und benennen Alternativen. Du kannst das Faltblatt - auch in größeren Stückzahlen – kostenlos im .ausgestrahlt-Shop bestellen, zum Verteilen, Auslegen, Weitergeben.

 

Schau Dich bei dieser Gelegenheit ruhig mal im Shop um. Vielleicht findest Du noch weitere spannende Materialien, die Du dann gleich mitbestellen kannst.

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Blick über den .ausgestrahlt-Tellerrand

29.10.: Überregionale Demonstration in Lingen „Uranfabriken schließen“

 

Erklärvideo: Hinkley Point soll Militär-Subventionen maskieren. Hinkley Point ist ein Militärprojekt. Das teuerste Kraftwerk der Welt soll die Kosten für die Runderneuerung der atomaren Abschreckung „maskieren“. Eine Studie der Universität Sussex belegt minutiös, wie auf den Schultern der Stromkunden die atomare Abschreckung subventioniert werden soll.

 

19.11.: Seminar des BUND NRW in Hamm: Kugelhaufenreaktoren, Thorium und Transmutation: Die letzten Strohhalme der Atomlobby

 

Fußballverein Alemannia Aachen setzt Zeichen gegen AKW Tihange.

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