[FR] Bericht zur Rad-Demo für ein soziales Zentrum in Freiburg

Vor dem alten DGB Haus

Rund 25 Menschen folgten dem Aufruf der Initiative für ein großes Rasthaus und beteiligten sich an einer Fahrrad-Demonstration für ein soziales Zentrum in Freiburg. Startpunkt war das Mini-Rasthaus auf dem Grether Gelände. Hier finden regelmäßig Deutschkurse und Rechtsberatungen für Geflüchtete statt. Die Räumlichkeiten sind aber schon längst zu knapp, ein Grund warum sich die Gruppen des Mini-Rasthauses für ein großes Rasthaus einsetzen.

 

 

Die erste Station der Tour war die Landeserstaufnahmestelle in der Lörracher Straße. In einem kurzen Redebeitrag auf deutscher und englischer Sprache wurde auf die isolierende und abschreckende Funktion dieser „Sammellager“ eingegangen. Das „große Rasthaus“ wurde in Abgrenzung dazu als ein Ort der Solidarität, abseits von staatlicher Kontrolle definiert. Einige Geflüchtete informierten sich im Anschluss bei den Teilnehmenden über die Angebote (Deutschkurse, Rechtsberatung) im Mini-Rasthaus.

 

Weiter ging es zur Firma Northrop Grumman Litef einem Zulieferer für Militärelektronik. Sie wurde symbolisch für einen der Hauptfluchtgründe besucht: Krieg und deutsche Waffenexporte u. a. an Länder wie die islamistische Monarchie Saudi-Arabien, welches in die Bürgerkriege in Syrien, wie im Jemen verwickelt ist und immer wieder gegen Proteste im eigenen Land vorgeht. Das große Rasthaus soll einen Ort bieten um eine gemeinsame antimilitaristische und antirassistische Politik zu entwickeln.

 

Der nächste Stopp war der Stühlinger Kirchplatz. In einem kurzen Statement wurden die wiederholten rassistischen Polizeikontrollen via racial profiling kritisiert und klar gemacht, dass es das angebliche Problem mit Dealern solange geben wird, wie die Kriminalisierung von Drogenkonsum anhält und es Geflüchteten nicht erlaubt ist eine legale Arbeit anzunehmen.

 

Als vorletzte Station wurde das alte DGB-Haus in der Hebelstraße angesteuert. Es wurden die Bemühungen geschildert mit dem DGB in Kontakt zu kommen um über eine soziale Nutzung des Hauses zu verhandeln. Doch der DGB Bundesvorstand, wie auch die DGB-Immobiliengesellschaft VTG weigern sich immer noch überhaupt mit uns zu sprechen. Es scheint, dass eine gewinnbringende Nutzung der Immobilie über den eigenen flüchtlingssolidarischen Beschlüssen steht.

 

An dem letzten Stopp dem Theatervorplatz wurde noch ein allgemein gehaltener Redebeitrag verlesen und einige Flugblätter verteilt. Folgend noch die Beiträge der einzelnen Stationen.

 

 

LEA

Hier sind wir an der Freiburger Landeserstaufnahmestelle. Die LEA ist eine besondere Art von Sammellager. „Die Buschtrommeln werden in Afrika signalisieren – kommt nicht nach Baden-Württemberg, dort müßt ihr ins Lager“, in so ungeschminkt rassistischem Ton sprach es 1982 der damalige Ministerpräsident Lothar Späth aus, als in Baden-Württemberg das Prinzip der Sammellager entwickelt wurde. Die Idee solcher Einrichtungen war also von Anfang an Abschreckung, Kontrolle und Isolation. Die politische Rhetorik ist seither subtiler geworden – was dieselbe Wirkung nur noch mehr stabilisiert. Auch die LEA in Freiburg ist von einem Zaun umgeben und der Zugang auf das Gelände wird von einem Sicherheitsdienst überwacht. Hier werden Daten gesammelt, Menschen quantifiziert, in Kategorien eingeteilt, „nützlich“ von vermeintlich „nutzlos“ unterschieden, diszipliniert und kontrolliert.

Das große Rasthaus soll im Gegensatz dazu ein Platz der Begegnung und der solidarischen Unterstützung sein. Ein Raum um unterzukommen und sich selbst ein Essen zu kochen. Ein Ort ohne Gängelung durch Behörden, restriktive Hausordnungen und staatlicher Einmischung. In einem Wort also ein Gegenmodell zum Lagersystem.

 

Litef

Wir stehen hier vor der Firma Northrop Grumman Litef einer Zulieferer Firma für Militärelektronik. Sie steht beispielhaft für einen der Gründe warum Menschen aus ihren Heimatländern fliehen müssen: Krieg. Deutschland gehört zu den größten Waffenexporteuren der Welt und in Deutschland produzierte Waffen töten weltweit. Die islamistische Monarchie Saudi-Arabien ist ein Hauptabnehmer deutscher Waffensysteme und aktiv verstrickt in die Bürgerkriege in Syrien und im Jemen. Firmen wie Litef verdienen an den kriegerischen Konflikten in aller Welt - einen Beitrag für die Unterstützung der Opfer dieser Konflikte leisten sie jedoch nicht. Ein großes Rasthaus wie wir es anstreben, soll einen Raum bieten um sich zusammen über Fluchtursachen zu unterhalten und eine gemeinsame antimilitaristische und antirassistische Perspektive zu entwickeln.

 

Stühlinger Kirchplatz

Wir sind hier auf dem Stühlinger Kirchplatz und wenn man den regelmäßigen Medienberichten glauben schenkte ein echtes No Go Area. Der Kirchplatz ist ein Brennglas sozialer Probleme: Alkohol und Drogenabhängigkeit sind sichtbar. Auch eine Dealer Szene gibt es hier schon lange. Die Polizei führt seit einiger Zeit immer wieder sogenannte verdachtsunabhängige Kontrollen auf dem Platz durch. Auffällig hierbei ist, dass sie fast ausschließlich dunkelhäutige Menschen kontrollieren. Es kann getrost davon ausgegangen werden, dass die Einsätze der Methode des racial profiling folgen. Solange der Drogenkonsum und Verkauf kriminalisiert werden und es Geflüchteten nicht erlaubt ist eine Arbeitsstelle anzunehmen, solange wird es weiter ein angebliches Problem mit Dealern geben.

Das große Rasthaus soll einen Ort bieten in man vor rassistischen Kontrollen und Übergriffen geschützt ist und an dem man bei sozialen Problemen Unterstützung erfahren kann.

 

DGB Haus

Hier stehen wir vor dem aktuell noch leeren alten DGB Haus. Da sowohl Lage, als auch Größe und Zustand des Gebäudes für unsere Zwecke gut geeignet sind, suchten wir den Kontakt zum DGB um das Haus über das Mietshäusersyndikat zu kaufen oder anzumieten. Doch vom DGB Bundesvorstand werden wir beharrlich ignoriert. Selbst auf Vermittlung von Stipendiat*innen der gewerkschaftsnahen Hans Böckler Stiftung wird bislang vom Bundesvorstand nicht wirklich reagiert. Es scheint als strebe der DGB eine gewinnbringende Vermietung des Gebäudes an die Universität Freiburg an und setze in Bezug auf uns, auf eine Hinhaltetaktik. Zwar protestierte die Studierendenvertretung der Universität gegen dieses Vorhaben und setzte sich für die soziale Nutzung des Gebäudes ein, doch das Rektorat der Uni will sich nicht von seinem Kurs abbringen lassen. Die DGB Immobiliengesellschaft VTG ließ die Immobilie sogar rund um die Uhr von einem Sicherheitsdienst bewachen. Es ist davon auszugehen, dass sie Angst vor einer Besetzung wie in Göttingen hatte. Sowohl der DGB, wie auch die Universität positionieren sich laut eigener Beschlüsse flüchtlingssolidarisch, in ihrer realen Politik ist davon aber nicht immer etwas zu spüren. Wir haben vielmehr den Eindruck, dass sobald die Flüchtlingssolidarität materielle Kosten in Form eines solidarischen Mietpreises nach sich zieht, sich die wohlfeilen Slogans als heiße Luft entpuppen.

 

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