[Stuttgart] Kurzbericht zum 1. Mai 2016

Revolutionäre 1. Mai Demo

# Revolutionäre 1. Mai Demonstration

Trotz der Proteste gegen den AfD Bundesprogrammparteitag am 30.04. kamen um die 500 Menschen zur Revolutionären 1. Mai Demonstration. Die Polizei versuchte zu Beginn die Auflagen durchzusetzen, dass Transparente nicht länger als 2,50 Meter sein dürfen. Nach einer kurzen Unterbrechung und einer Rangelei, bei der einige AktivistInnen durch Pfefferspray verletzt wurden, konnte die Demonstration aber weiterlaufen – mit längeren Transparenten.

 

In der Moderation wurde auf die Proteste vom Vortag gegen den AfD Bundesprogrammparteitag Bezug genommen. In den Reden wurde die Solidarität mit den Kämpfenden in Rojava und Bakur, die Problematik der Leiharbeit aus syndikalistischer Sicht, Union-Busting und die Bedeutung von Stadtteilpolitik thematisiert.

 

# Weitere Aktivitäten am 1. Mai

 

Neben dem Straßenfest im Linken Zentrum Lilo Herrmann fand auch im selbstverwalteten Stadtteilzentrum Gasparitsch ein 1. Mai Fest statt, an dem sich über den Tag verteilt über 200 Menschen beteiligten und am kulturellen und politischen Programm teilnahmen.
Neben dem aktuellen Stand über die Umgestaltung des Platzes unmittelbar vor dem Stadtteilzentrum, stellte sich die FAU vor, gab es Kurzfilme über den Namensgeber des Stadtteilzentrums und über die Rote Hilfe International.

 

# 1. Mai – Straße frei!

 

Im Rahmen des Festes führten wir noch einen Stadtteilspaziergang zum Thema Aufwertung, Mieten und Verdrängung mit 70 TeilnehmerInnen durch. An einigen Beispielen zeigten wir die systematische Verdrängung von Menschen aus den Stadtvierteln auf und die Ausrichtung der Stadt auf den Profit, in der die Bedürfnisse des Menschen nichts zählen und der Profit alles. Auf dem Spaziergang wurde mit Aufklebern klar gemacht, dass die Stadt uns allen gehört und mit Plakaten wurden Objekte gekennzeichnet, in denen alte Mieterinnen und Mieter verdrängt wurden.
Auf dem Weg begrüßten uns AktivistInnen aus dem Mesopotamischen Kulturverein mit Parolen und Plakaten.

 

Der letzte Halt des Stadtteilspaziergangs war in der Nähe einer Unterkunft für Geflüchtete in Stuttgart Ost. Auf Grund der aktuellen Situation haben wir einige Worte zu Rassismus, Rechtspopulismus und den ständig stattfindenden Angriffen gegen Flüchtlinge und Flüchtlingsheime verloren und deutlich gemacht, dass es darum geht die Fluchtursachen – Kriege, Armut, Verfolgung und Unterdrückung – zu bekämpfen. Dies wurde mit einem solidarischen Transparent und etwas Feuerwerk unterstrichen.

 

Da die Stadt uns allen gehört, gehört uns ja auch die Straße, weswegen wir uns sie symbolisch am 1. Mai genommen haben. Der Stadtteilspaziergang ging in eine kurze unangemeldete Demonstration über, an der sich 50 Personen beteiligten.

 

Zusammen Kämpfen [Stuttgart]
www.zk-stuttgart.tk

 

Weiterer Bericht zum Revolutionären 1. Mai >>

 

 


 

Zusammen Kämpfen Info zum 1. Mai 2016


Im Rahmen vom 1. Mai 2016 haben wir eine Sonderausgabe des Zusammen Kämpfen Info herausgegeben mit verschiedenen Beiträgen zum 1. Mai und darüber hinaus. Ihr findet die Ausgabe hier.

 

 



 

Rede von Zusammen Kämpfen auf der Revolutionären 1. Mai Demo

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Genossinnen und Genossen,

 

wir sind heute hier, um am ersten Mai, dem internationalen Kampftag der ArbeiterInnenklasse, gemeinsam mit Hunderttausenden Menschen auf der ganzen Welt, unseren Protest gegen das kapitalistische System und unsere Perspektive einer klassenlosen Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung auf die Straße zu tragen!

 

Dieser Widerstand und die Perspektive einer anderen Gesellschaft ist dringlicher denn je. Denn die kapitalistischen Verhältnisse produzieren Armut, Krieg, Ausbeutung, Unterdrückung und Entfremdung – und das wortwörtlich am laufenden Band.

 

Durch den kapitalistischen Zwang Profit zu erwirtschaften und zu maximieren finden dauerhaft Veränderungen der Produktionsverhältnisse statt und dadurch auch eine verstärkte Zersplitterung unserer Klasse. Während früher ArbeiterInnen in wenigen Fabriken gebündelt waren wird die Produktion zunehmend ausgelagert und die ArbeiterInnen breit verteilt. Der Dienstleistungssektor wird immer weiter ausgebaut, der Niedriglohnsektor wächst und mit ihm die Leiharbeit, Werkverträge und Zeitarbeit. Neben der offensichtlichen ökonomischen Vorteile für die Herrschenden wird dadurch eine Spaltung von uns und unseren Interessen erreicht: Der Leiharbeiter wird gegen den Stammarbeiter ausgespielt, genauso wie der Geflüchtete gegen den Wohnungs- oder Arbeitssuchenden ausgespielt wird. Kurz gesagt: Wir werden gespalten.

 

Diese Spaltung zieht sich durch alle möglichen Lebensbereiche hindurch. Der Vorteil für die Herrschenden ist offensichtlich: Durch die Spaltung wird verhindert, dass wir uns unseren gemeinsamen Interessen annehmen und den Trennungsstrich zwischen uns und den Herrschenden ziehen. Dies drückt sich auch darin aus, dass europaweit Rechtspopulisten mit ihren scheinbaren “Alternativen” immer mehr Zuspruch bekommen. Leider müssen wir feststellen, dass wir dem aktuell nicht viel entgegenzusetzen haben.

 

Die Frage stellt sich wie wir der rassistisch aufgeladenen sogenannten Alternative unsere Perspektive einer befreiten Gesellschaft erfolgreich entgegensetzen können. Für uns ist der erste Ansatzpunkt der Ort an dem die gespaltene Klasse wieder zusammenkommt: Der Stadtteil. Egal ob Geflüchtete, Arbeitssuchende, StammarbeiterIn oder LeiharbeiterIn… sie alle wohnen (mal abgesehen vom Killesberg) in einem Stadtteil und somit wird das Viertel zur gemeinsamen Klammer für die unterschiedlichsten Lebensrealitäten. Und ebenso wie der Betrieb ist der Stadtteil damit ein Ort stetiger Klassenauseinandersetzungen, in dem Angriffe auf unsere Lebensbedingungen ganz konkret stattfinden.

 

Sei es durch die voranschreitende Verdrängungspolitik durch vermeintliche Aufwertung mit all ihren Facetten der Mieterhöhungen und Räumungen, oder durch den Stress mit dem Jobcenter, Ordnungsämter, Abschiebebehörden, Nazis und Bullen.

 

Aber auch vermeintlich größere – abstraktere – Themen spiegeln sich ganz konkret in den einzelnen Stadtteilen wieder:

  • Die Veränderung der Produktionsverhältnisse durch die Zusammensetzung des Stadtviertels selbst.
  • Die parlamentarischen Erfolge der Rechtspopulisten durch eine Präsenz auf den Straßen oder durch ihre Hetze in den Bezirksbeiräten.
  • Kriege, durch die waffenproduzierenden Firmen oder durch die Geflüchteten, die mit der Hoffnung auf eine Perspektive vor Armut und Krieg, der auch von Deutschland ausgeht, geflüchtet sind und sich nun in Turnhallen zusammengepfercht wiederfinden.
  • Und die Ausbeutung, die sich schlicht und einfach im Alltag wiederspiegelt, aber auch im Gefälle innerhalb der Stadtteile, sowie durch die vorherrschende Verdrängung derjeniger, die es sich schlichtweg nicht mehr leisten können.

Der Stadtteil ist somit der Ort an dem alle gesellschaftlichen Teile unserer Klasse zusammenkommen und ist somit ein Konzentrationspunkt unserer Klasse – neben vielen anderen.

 

Dies macht die Notwendigkeit deutlich uns mehr in den Stadtteilen zu verankern in denen wir arbeiten, uns in die Themen einzuklinken, die unsere Klasse betreffen und diese auf die Ursache für die Probleme – den Kapitalismus – zurückzuführen: Von der Verdrängung von Mietern und Mieterinnen über den öffentlichen Nahverkehrt bis hin zum Aufbau von selbstverwalteten Strukturen in den Stadtteilen.

 

Gleichzeitig heißt es aber auch die scheinbar großen Themen, die angeblich nichts mit dem Alltag in den Stadtteilen zu tun haben, in die Stadtviertel zu tragen und dort durch eine kontinuierliche Präsenz eine tatsächliche Alternative zu den herrschenden Verhältnissen sichtbar und praktisch werden lassen.

  • Eine Alternative, die der omnipräsenten Konkurrenz unsere Solidarität entgegenstellt.
  • Eine Alternative, die statt Ausbeutung und Unterdrückung für eine klassenlose Gesellschaft steht.
  • Eine Alternative, die statt rechte Hetze und Rassismus ein solidarisches Miteinander erkämpft.
  • Kurz: Eine Alternative, die für eine befreite Gesellschaft anstatt der unterdrückerischen Verhältnisse steht.

Halten wir es mit Clara Zetkin: Kämpfen wir dort wo das Leben ist.
Organisieren wir uns in den Vierteln und erkämpfen wir uns eine Perspektive des Bestehenden!


Hoch die internationale Solidarität!

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert