Der kommende Spieltag, ein gekillter Fan in Polen und der Streik der Bahner

Das kommende Wochenende verspricht fußballerisch allergrößte Spannung. In den letzten Spieltagen der Saison werden Meister gekürt, Auf- und Abstiege besiegelt und in der 1. Bundesliga werden zusätzlich noch die Teilnehmer für die europäischen Pokalwettbewerbe ermittelt. Doch auch darüber hinaus könnte der kommende Spieltag an Brisanz gewinnen. Von der polnischen Fanszene gibt es einen an die Nachbarländer gerichteten Solidaritätsaufruf aufgrund des von einem Bullen getöteten Fans. Und auch der am Dienstag begonnene Streik der Lokführer sowie anderer Teile des Bahnpersonals wird mindestens indirekten Einfluss auf die An- und Abreisewege zehntausender Fußballanhänger haben. Ob sich die (organisierten) Fußballfans jedoch solidarisch zu den kämpfenden Arbeitern bei der Bahn verhalten, diesem Streik gleichgültig gegenüberstehen oder aber im Chor des Mainstreams gegen ihn krakeelen werden, bleibt abzuwarten.

 

Als der Streik des Zugpersonals letzten Dienstagmorgen begann, erinnerte ich mich wieder an folgende Zeilen: „Man muss nur Parallelen ziehen, unser Leben und unseren Alltag kritisch betrachten, sich einmischen und fortschrittliche Bewegungen und Proteste unterstützen […] Dann geht es nicht mehr um ein verlorenes Spiel oder eine wunderbare Choreografie, dann geht es um das Leben aller, die an diesem System (und damit an ihrem Leben) etwas ändern möchten.“ So stand es in dem kürzlich im Ultra-Fanzine Blickfang Ultra erst- und auf unserem Blog dann wiederveröffentlichten Text ULTRAS: Werte fürs Leben!. Die Aufstände der letzten Jahre – mit großer Beteiligung von Fußballfans in Ägypten, Brasilien sowie der Türkei – vor Augen, setzten sich die Verfasser mit dem Protest-Potenzial der hiesigen Ultraszene kritisch auseinander. Sie verhehlten auch nicht, wohin ihrer Meinung nach die Reise gehen sollte: „Wir müssen erkennen, dass wir unseren kritischen Blick im Bezug auf Kommerzialisierung, Polizeigewalt und (Vereins-)Politik nicht nur rund um den Fußball einsetzen.“

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Die eiserne Lady stoppen!
Deutsche Bahn gib auf!
Stoppt die Hetze!
Solidarität mit der GDL und allen Streikenden!

 

Am Samstag den 9. Mai wollen wir unsere Solidarität mit den streikenden Lokführer*innen deutlich machen. Während die privatisierte Deutsche Bahn AG Milliarden-Gewinne einstreicht, verweigert sie ihren Beschäftigten anständige Lohnerhöhungen und versucht Arbeitnehmer*innenrechte zu untergraben. Hand in Hand mit der Presse und den herrschenden Politiker*innen wird versucht, die Bevölkerung gegen organisierte Arbeiter*innen aufzuhetzen.
Im Stile Margaret Thatchers soll ein Exempel statuiert werden. Es geht zunächst nicht ums Geld sondern um die Zerschlagung jeglichen Widerstands gegen eine neoliberale Privatisierungspolitik. Dieses Prinzip der Entrechtung ärmerer Bevölkerungsschichten zeigt sich ebenso in Merkels Griechenlandpolitik wie im Umgang mit Flüchtlingen, denen in letzter Konsequenz nicht einmal mehr das Recht auf Leben zugestanden wird.
Doch was der Kapitalismus dort und hier vorexerziert ist ein Ausblick auf das, was uns allen droht, wenn wir uns dem nicht entschlossen und solidarisch entgegenstellen um auf allen Ebenen für unsere Rechte zu kämpfen.

 

...ob an den Grenzen, auf der Straße, in der Kita oder bei der Eisenbahn!

 

Deshalb kommt zur Demo:

Samstag 9. Mai
17 Uhr auf dem Willy Brandt Platz
Essen HBF

 

Autonome Linke Lokführer*innen Essen (A.L.L.E.)

"In der Türkei gab es solche Beispiele schon zu beobachten, in Deutschland hingegen sind, zumindest mir, bisher keine bekannt. Bezugspunkte zwischen (Teilen) der Ultraszene und den Streikenden gäbe es eigentlich wirklich genug. Aber wäre sowas wirklich denkbar? Hier bei uns? In diesem verfluchten Deutschland?"

 

Ja das ist wirklich ein interessanter Punkt. Denn die linken Ultragruppen in Deutschland leiden an antideutscher Hegemonie. Ein Aspekt davon ist eben dass die sie sich vor allem als moralische Instanz darstellen jedoch was konkrete praktische Unterstützung für Klassenkämpfe reines Wunschdenken ist.

 

Was deine Annahme anbelangt eine Ergänzung: Die Ultras Nürnberg haben die ArbeiterInnen der AEG unterstützt (Siehe Gate 8 Film)

Danke für deine Berichtigung.

Warum soll ich mich mit Polnischen Hools aka Faschos solidarisieren habt ihr sie noch alle ??? Der wollte einen Fanblock stürmen und wurde von einem Gummigeschoß getroffen. Sowas hat hier nichts zu suchen. Mit dem BFC würde sich doch hier auf kein*e solidarisieren

Auf so einen dämlichen Kommentar sollte man eigentlich gar nicht antworten, da du mit dieser Meinung aber leider nicht alleine dastehst, werde ich es in aller Kürze dennoch tun. Die Bullen in Polen haben keinen Fascho erschossen, sondern einen Hooligan. Was dieser Fan politisch dachte, weiß ich nicht und du wahrscheinlich auch nicht so genau. Es gibt in Polen viele ungemütliche Hools, da hast du recht und es ist überhaupt nicht unwahrscheinlich, dass auch jener zu genau diesen gehörte. Die Bullen wussten allerdings wahrscheinlich auch nicht, was dieser politisch denkt und ob er sich eher rechts oder links verortet - das war ihnen auch völlig egal. Entscheidend ist: Sie haben auf Kopfhöhe mit Gummigeschossen auf Fußballfans gezielt und einer davon ist tödlich getroffen worden. Ich bin selbstverständlich in jedem Fall dagegen, dass Bullen einfach so Leute abballern (auch wenn die doch einen Fanblock stürmen wollten, wie du entrüstet schreibst). Oder entscheidest du je nach Qualität des Führungszeugnisses sowie anhand der politischen Gesinnung, ob du für oder gegen Bullengewalt  bist? Darf denn deiner Meinung nach auch auf Steine schmeißende Autonome geschossen werden? Oder sind die fein raus, weil sie uns politisch näher stehen? Wie sieht's mit Gangmitgliedern aus den französischen Banlieues aus? Auf die darf geschossen werden - auf brave Schüler aus dieser Gegend jedoch nicht?

Zu deiner doch eher rhetorisch gestellten Frage/Aussage: "Mit dem BFC würde sich doch hier auf kein*e solidarisieren" (Rechtschreibfehler im Original): Wahrscheinlich würden das leider nur wenige tun. Da hast du recht. Aber auch dort machst du einfache Gleichsetzungen, die in dieser Einfachheit nicht funktionieren: BFC=Nazis. Ich bin auch überhaupt kein Freund dieses Vereins und noch weniger von großen Teilen seiner Fanszene. Aber selbstverständlich würde ich in diesem Fall mit auf die Demo gehen und meine Position kenntlich machen: Gegen Bullgengewalt bei gleichzeitiger Nichtakzeptanz von rassistischer Scheisse. Wenn ich merken würde, dass ich mit dieser Meinung ganz  alleine dastehen würde, müsste man die Segel streichen. Aber erst dann. Antifa Genclik hat damals beispielsweise auch zur Demo aufgerufen, als der Hooligan Mike Polley im November 1990 von Bullen erschossen worden. Aber ihnen (und auch mir) ging/geht es darum, gesellschaftliche Widersprüche wahrzunehmen, sie auszuhalten und in der Lebenswirklichkeit klare Positionen zu vertreten (Gegen Staat, Bullen, Rassismus etc.). Das geht mir leider die ganze Woche so, ob beim Einkaufen, auf Arbeit, im Fußballstadion, auf der Party und auch in meinem Lieblingsrestaurant. Wenn man sich nur zwischen Kuschel-WG und Gammel-VoKü bewegt, bekommt man davon selbstverständlich nix mit und lernt auch nichts dazu. Aber zumindest weißt du schon, dass man "keine" heutzuage mit * schreibt und weißt bestimmt auch, dass es korrekter ist, von KüfA zu sprechen als von VoKü. Herzlichen Glückwunsch!

Man sieht wie weit sich die Welt entwickelt hat, die Stadien sehen von oben immer noch genauso aus wie im Altertum. Interessanterweise werden dazu dann noch griechische Antifaschisten, die dutzende Nazis ins Krankenhaus geschickt haben und dafür in Knast mußten, hier als Nazis verhetzt. Vorher wurden bei einem Pogrom Griechen von Rapid durch  Wien gejagt.

Amstetten

 

Die Diskussion geht weiter:

Im Folgenden eine etwas ausgeartete Antwort auf einen Kommentar von Karl auf meinen Blogbeitrag vom Mittwoch:

Der kommende Spieltag, ein gekillter Fan in Polen und der Streik der Bahner.

http://footballuprising.blogsport.eu/2015/05/08/bratwurst-oder-bambule/

Im Folgenden eine etwas ausgeartete Antwort auf einen Kommentar von Karl auf meinen Blogbeitrag vom Mittwoch Der kommende Spieltag, ein gekillter Fan in Polen und der Streik der Bahner.

 

>>Also wenn Solidarität, dann mit allen Streikenden.

 

Da stimme ich dir vollkommen zu, Karl. Und du hast auch Recht mit deiner Aussage, dass die Arbeit, die in Kitas und Sozialeinrichtungen von den dort Beschäftigten geleistet wird – und dies zudem oft zu prekären und mies bezahlten Bedingungen – viel zu gering geschätzt wird. Nicht nur deshalb ist es absolut zu begrüßen, dass sie sich nun gemeinsam zur Wehr setzen. In dieser Hinsicht geht es mir um keine Priorisierung von Streiks und ich unterstütze erstmal alle Lohnabhängigen, die gegen eine Verschlechterung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen kämpfen und noch besser: für eine Verbesserung der selbigen! Egal, ob dies in Kitas, bei der Lufthansa, im Knast oder eben bei der Bahn geschieht. Leider finden Streiks jedoch meist komplett getrennt voneinander statt und wir stehen uns als Konsumenten und Malocher gegenüber – immer in wechselnden Rollen und ohne dies zu hinterfragen. Kaufe ich gerade ein oder bin ich der, der an der Kasse sitzen muss? Wird das Kind schnell der Kita-Beschäftigten in die Hand gedrückt, um zur eigenen Arbeit zu hetzen oder sehe ich mich mit einer Situation konfrontiert, als Erzieher zwanzig Schreihälse gleichzeitig bespaßen zu müssen? Will ich rechtzeitig im Stadion sein oder bin ich die Lokführerin, die gerade ihre zwanzigste Überstunde schiebt?

 

Zwischen den Taliban der Fußballfans und den Lokführer-Terroristen bei der Bahn gibt es jedoch einige gemeinsame Bezugspunkte, nicht nur hinsichtlich ihrer derzeitigen Beliebtheit bei der schreibenden Zunft: Seit jeher stellt die Bahn das wichtigste Transportmittel für Fußballanhänger dar. In einer Welt der Trennungen stehen sich jedoch auch reisende Fußballfans auf der einen und das schuftende Bahnpersonal auf der anderen Seite oftmals feindselig gegenüber. Während die einen sich nach einer Woche voller Mühsal von ihren Strapazen am Arbeitsplatz, in der Schule oder der Universität erholen wollen, sind die anderen genau zu jener Zeit diesen Belastungen (an Spieltagen sogar in verstärkter Form) ausgesetzt. Dass dies nicht konfliktfrei abläuft, liegt auf der Hand.

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