Klaus Landfried ist tot. Als Universitätspräsident in Kaiserslautern hat er auch Kritikwürdiges geleistet.

Streik heißt die Devise!

Der frühere Präsident der Technischen Universität Kaiserslautern und Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) ist im Oktober 2014 gestorben. In den einschlägigen Nachrufen wird er als Kollege geehrt, aber manches wird nicht würdigt.

 

Klaus Landfried hat während seiner Zeit als Universitätspräsident in Kaiserslautern in den Jahren 1996 und 1997 Veranstaltungen des AStA der Universität verboten, darunter eine Veranstaltung mit Dr. Rolf Gössner zum Thema "Abbau demokratischer Grundrechte" im November 1997 und eine mit Dr. Ingrid Kurz-Scherf aus Marburg zum Thema "Arbeitszeitverkürzung, Gewerkschaften und Patriarchat" Anfang 1997. Begründung war jeweils die "Wahrnehmung des allgemein-politische Mandat", das den ASten nicht zustehe.

Landfried hat als Rechtsaufsicht die Verfasste Studierendenschaft gezwungen, große Teile der studentischen Mitgliedsbeiträge an den Hochschulsport zu übergeben. Der Haushalt der Studierendenschaft wurde von ihm nicht genehmigt, weil der AStA seinen Angestellten 15 Mark pro Stunde zahlen wollte, was Landfried zu viel fand. Mit dieses Repressalien sollte der AStA finanziell ausgeblutet werden. Landfried sprach von "Zwangsbeiträgen" der Studierenden und regte an, die Auszahlung an die Wahlbeteiligung zu koppeln. Landfrieds Wunsch war ein Dienstleistungs-AStA. Die örtliche Rheinpfalz kommentierte: "Dem konservativen Unipräsidenten ist die Arbeit des AStA offensichtlich zu links" und forderte die Nichteinmischung (Rheinpfalz, 26.11.1996).

Prof. Dr. Klaus Landfried war während der rheinland-pfälzischen Landtagswahl 1996 im Schattenkabinett des CDU-Ministerpräsidentenkandidaten Johannes Gerster für den Posten des Wissenschaftsministers vorgesehen.

Die rheinland-pfälzischen ASten haben 1997 während der Kandidatur Landfrieds zum Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz gewarnt. Wie sich später herausstellte zurecht: Landfried hat die Hochschulen umgekrempelt, hat maßgeblich den Bologna-Prozess vorangetrieben und zeichnete unter anderem für die Einführung der Bezahlung der Professoren nach Leistung verantwortlich.

Ein Zitat aus seiner Zeit in Kaiserslautern steht exemplarisch dafür: "Nur als wettbewerbsorientiertes, kostenbewusstes Unternehmen kann die Universität von morgen die nötigen Innovationsleistungen organisieren und den materiellen Spielraum für Bildung und freien Geist in sich selbst schaffen, ohne den wir in Forschung und Lehre unsere Humanität einbüßen würden."

Klaus Landfried zeichnete sich durch ein Demokratie- und Wissenschaftsverständnis aus, das der AStA der Uni KL nicht teilte. Der AStA schrieb: "(Formale) Demokratie als von oben gewährtes Prinzip, welches nur so lange aufrechterhalten wird, solange sich die 'Untergebenen' gegenüber dem Ganzen 'loyal' verhalten. [...] Dementsprechend ist alles zu unterlassen, was das Ganze oder Teile "schädigt". Dieser Argumentation entspricht ein harmonisches Gesellschaftsverständnis, das die Existenz von struktuellen Interessensgegensätzen bzw. unversöhnlichen Widersprüchen negiert bzw. als Erfindung zersetzender Kräfte darstellt. [...] Obigem Demokratieverständnis entspricht auch ein Begriff von politischer Bildung, wie es der Präsident in der Begründung des Verbots des "Bert Brecht/FDJ-Abends" nicht klarer hätte formulieren können. Politische Bildung, die zu praktischer politischer Betätigung führen soll, ist in diesem Kontext 'politische Agitation und Propaganda'. [...] Ein klareres Plädoyer für den Elfenbeinturm Hochschule und gegen die gesellschaftliche Verantwortung von Wissenschaft und Forschung ist kaum vorstellbar." (zitiert aus dem Programm "Kritische Uni", Wintersemester 1996/97, Erweiterte unzensierte Neuauflage)

Die andauernden Verbote des Klaus Landfried brachten ihm auch Kritik ein - von Amtskollegen anderer Hochschulen, von der Fachschaft A/RU/BI, von Pfarrer Dieter Schupp (Apostelkirche) bis hin zur rheinland-pfälzischen Landesregierung und dem weit entfernten Brecht-Theater Berliner Ensemble. Die Evangelische Studierendengemeinde (ESG) Kaiserslautern bot in ihren Räumlichkeiten für einige verbotene Veranstaltungen Asyl. So konnten die Informationen über die Menschenrechtssituation in der Türkei, über die Beschneidung demokratischer Rechte ausländischer (in diesem Fall türkischer und kurdischer) Menschen in der BRD und über die strukturelle Benachteiligung von Frauen im Arbeitsleben an der Uni Kaiserslautern nicht zurückgehalten werden. "Ich freue mich, daß der AStA standhaft geblieben ist und daß heute abend der Vortrag "Repression gegen die türkische und kurdische Opposition in der BRD" stattfinden kann", schrieb damals ein solidarischer Pfarrer.

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und da soll einer sagen der Kapitalismus sei ein apersonales, abstraktes System ;-)

Ich war Anfang der 1990er Schwulenreferent im Kaiserslauterer Asta. Klaus Landfried hat sich für unsere Sache eingesetzt, nie öffentlich, aber doch zeigte er stets sich verbunden. Er soll auch an dem alten, heute nicht mehr vorhandenen Parkplatz am Hauptbahnhof, wo sich die schwule Szene mit bestimmten Bedürfnissen getroffen hat, öfters gesehen worden sein. Wir haben uns auch ab und zu unterhalten. "Sie sind auch vom anderen Ufer", hat er zu mir einmal gesagt. Später hat er tatsächlich gegen den AStA scharf geschossen. Das war nach meiner Zeit. Er war politisch ein neoliberaler Mensch, dem die Politik des AStA und die AStA-Veranstaltungsreihe "Kritische Universität" ein Dorn im Auge war.

Ganz nebenbei war er auch noch einer der sog. Klimawandel-Skeptiker. Er hat eine Petition des mehr als fragwürdigen EIKE (Europäisches Institut für Klima und Energie) an Frau Merkel unterstützt und war als Redner bei einer Veranstaltung an der Universität Leipzig mit dem Titel "Wo bleibt der Klimawandel" zugegen. 

Bei dieser Veranstaltung hat Werner Kirstein vom Institut für Geographie der Universität Leipzig auf bemerkenswerte Weise seine Inkompetenz präsentiert.

Das Video zu diesem Vortrag gibts hier: https://www.youtube.com/watch?v=xRszuxcyJjg

Es ist übrigens nicht weiter verwunderlich das es rund um dieses Video bei Youtube zahlreiche Verweise auf Beiträge von Verschwörungstheoretikern wie InfokriegerBerlin oder den Holocaust-Leugner Jo Conrad gibt.

Wichtig wäre mir an dieser Stelle, welchen Inhalt die verbotenen Veranstaltungen hatten und wer dort etwas zum besten geben wollte.

Veranstaltungen mit kritischen Titeln lassen sich so einfach nicht verbieten.

Die Referenten der verbotenen Veranstaltungen stehen doch im Text: Dr. Rolf Gössner und Dr. Ingrid Kurz-Scherf. Und die genauen Inhalte wird Klaus Landfried nicht gekannt haben. Warum auch? Soll bei jeder AStA-Veranstaltung der AStA vorher das Redemanuskript beim Hochschulpräsidenten zur Genehmung einreichen? Wo leben wir denn? Aber auch allein der Titel von Veranstaltungen reichte Prof. Landfried wohl aus, um ein Verbot auszusprechen - ohne vorher nachzufragen oder das Gespräch mit den Veranstaltern zu suchen. Die Verbotsbegründung zum "Abbau demokratischer Rechte in der BRD" soll gelautet haben: "weil allein der Titel eine Unterstellung enthält".

Zu den Höhepunkten in der Auseinandersetzung ums Politisches Mandat gehörten auch die Veranstaltungsverbote von Universitätspräsident Klaus Landfried in Kaiserslautern.Unter dieser Quelle http://www.pm-buendnis.de/de/themen/politisches-mandat/hoehepunkte-in-de... findet man folgendes:

 

Brechtabend
Klaus Landfried (heute Präsident der Hochschulrektorenkonferenz) verbietet im März 1996 dem AStA der Uni Kaiserslautern einen Gedenkabend zum 98. Geburtstag von Bertolt Brecht. Er sieht in der im Namen der "FDJ-Leitung der Uni Kaiserslautern" angekündigten Veranstaltung, die auf Stilelemente aus der DDR zurückgreift, eine unzulässige allgemeinpolitische Betätigung.

Süddeutsche Zeitung, SZ, vom 10.03.1997, S. 46 / Ressort: Hochschule

Zwischenfrage: Was haben Sie gegen Studentenvertreter, Herr Landfried?
Nach sieben Jahren bekommt die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in diesem Sommer einen neuen Präsidenten. Nachfolger von Hans-Uwe Erichsen ist Klaus Landfried, derzeit Vize-Chef der HRK und Präsident der Universität Kaiserslautern. Der 56jährige Politikwissenschaftler, der bei der letzten Landtagswahl in Rheinland-Pfalz als Wissenschaftsminister im Schattenkabinett der CDU gehandelt wurde, hat sich bei den Karlsruher Studentenvertretern nicht gerade beliebt gemacht. Imke Henkel fragte den neuen Rektoren-Chef, wie er sich studentische Mitbestimmung vorstellt.

SZ: Ihnen eilt der Ruf voraus, Sie wollten die verfaßten Studentenschaften, also die ASten, am liebsten verbieten.
Landfried: Meine persönliche Meinung ist, daß man angesichts der blamabel niedrigen Beteiligung an den studentischen Wahlen - sie liegt meist zwischen fünf und 15 Prozent - darüber nachdenken muß, wie man künftig die Interessenvertretung der Studierenden anders organisiert. Ich habe aber nie gesagt, daß man die ASten abschaffen solle.

SZ: Wie stellen Sie sich denn eine neu organisierte Interessenvertretung vor?
Landfried: Wir brauchen keine neue Organisation. Es gibt ja die Fachschaften - in der Regel sind das fachbezogene Einrichtungen, die darum bemüht sind, den Studierenden das Leben an der Hochschule zu erleichtern - bis in die Freizeit hinein. An meiner Hochschule stellte ich fest, daß diese Fachschaften einen wirklich konstruktiven Beitrag leisten zur Studienreform und auch bei Berufungen Einfluß nehmen. Denkbar wäre für mich, daß die Fachschaften sich zu einer Art Rat zusammenschließen. Darüber sollen sich die Landesgesetzgeber und die Studierenden selbst Gedanken machen.

SZ: Hessen und Nordrhein-Westfalen wollen den Studentenvertretern erlauben, sich auch zu allgemeinpolitischen Fragen zu äußern. Was halten Sie davon?
Landfried: Ich halte das schlicht für verfassungswidrig. Genausogut könnten wir den Industrie- und Handelskammern oder Ärztekammern ein allgemeinpolitisches Mandat geben. Wenn AStA-Mitglieder selbst erklären, sie hätten den Bezug zur studentischen Basis und zum Studium verloren und sie interessierten sich nur noch für die politische Arbeit in Richtung auf einen von ihnen so genannten Sozialismus, dann ist für mich die Grenze, die einer Zwangskorporation gesetzt sein muß, weit überschritten.

SZ: Wollen Sie die Studierenden denn an der aktuellen Debatte um eine Hochschulreform beteiligen?
Landfried: Über die Hochschulen sind sie das ja bereits. Ich denke aber auch, daß wir innovative Studierende bei der Arbeit der HRK noch stärker berücksichtigen müssen. Ich kann Ihnen noch nicht sagen, wie. Aber ich könnte mir vorstellen, bei Symposien oder Workshops über Themen, die Studierende betreffen, auch Studentenvertreter dabei zu haben.

SZ: Bundesbildungsminister Rüttgers hat ein neues Hochschulrahmengesetz noch in diesem Jahr versprochen. Mittlerweile aber ist aus dem Bonner Ministerium zu hören, daß vor Herbst nicht mit einem Gesetzesentwurf zu rechnen ist. Dauert das nicht etwas zu lange?
Landfried: Ich fände es möglich und auch besser, wenn das Gesetz schnell käme. Die Argumente zwischen Bund und den Ländern sind ausgetauscht, die Kompromißlinien sind erkannt. Und es schwirren schon hinreichend viele Formulierungen durch die Bonner Lüfte.

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Süddeutsche Zeitung, SZ, vom 03.03.1997, S. 29 / Ressort: Hochschule

"[...] Studentenvertreter munitionierten sich rasch und bereiteten ihm [Klaus Landfried vor seiner Wahl zum Vorsitzenden der HRK] einen unwirschen Empfang: 'Mit Bestürzung' reagierte das Landes-ASten-Treffen Nordrhein-Westfalen auf die Wahl Landfrieds, der sich wiederholt dafür ausgesprochen habe, die Verfaßten Studentenschaften nach dem Vorbild Bayerns und Baden-Württembergs abzuschaffen.
Den Hintergrund für die schroffe Ablehnung bilden Konflikte an der Universität Kaiserslautern. Dort verbot der 56jährige Politikwissenschaftler dem AStA mehrfach Veranstaltungen, sperrte Mittel und Räume. Auch der Freie Zusammenschluß von StudentInnenschaften (fzs) befürchtet nun einen konservativen Umschwung gegenüber dem moderaten Vorgänger - kein schöner Start für Landfried, der vor einem Jahr als Minister-Anwärter im Schattenkabinett der rheinland-pfälzischen CDU galt. [...]"

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Frankfurter Rundschau, 25.02.1997, S. 4

"[...] Zur Studentenschaft wird Landfried ein gespaltenes Verhältnis nachgesagt. Die Landeskonferenz der Asten warnte ausdrücklich vor seiner Wahl. Dem Asta Kaiserslautern sperrte der Präsident Mittel und Räume für Veranstaltungen.
Landfried hegt grundsätzlich Zweifel an der Legitimation der verfaßten Studentenschaft. "Hochschulpolitisch ist bei der verfaßten Studierendenschaft die Frage zu stellen, ob nicht aus der äußerst schwachen Repräsentationsbasis der gewählten Studentenschaftsorgane (bei einer Wahlbeteiligung 1995 von 11,31 Prozent) Konsequenzen hinsichtlich der Beiträge der Studierenden und der Zwangskörperschaft im Sinne eines Mindest-Quorums gezogen werden sollen", zitiert der Asta aus dem Rechenschaftsbericht 1996 des Präsidenten.
Dessen Nähe zu CDU-Positionen ist bekannt. Im Frühjahr 1996 gehörte er einen kurzen Wahlkampf lang zur Regierungsmannschaft des rheinland-pfälzischen CDU-Spitzenkandidaten Johannes Gerster - und scheiterte mit ihm. [...]"

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TAZ, 14.02.1996, S. 13 / Kultur

Unterm Strich

In einem heftigen Anfall unakademischer Ironie hatte der Asta der Universität Kaiserslautern einen "FDJ-Abend" mit Liedern, Filmen, Plakaten, Schriften und Getränken "in gemütlicher Atmosphäre" angekündigt. Absichtlich, so steht zu vermuten, haben sie einen Unanlaß gewählt: "Bert Brecht zum 98. Geburtstag." Das hatte Folgen! Nicht DDR-Nostalgiker fühlten sich auf den Schlips getreten, sondern die örtliche Presse und der Präsident der Universität, Klaus Landfried. Er nannte die Ankündigung "geschmacklos". Und griff auch gleich zum Mittel der Rechtsaufsicht, um den Abend zu verbieten. Der Asta freut sich über "Solidaritätskundgebungen" (Fax 0631- 205 35 23) und Protestnoten (schönes Wort) an den Präsidenten (Fax 0631-205 35 35).

Es gab damals mehrere Solidaritätsbekundungen, die der Uni-AStA in seiner wöchentlichen Zeitung, die "Schrödinger" o.ä. hieß, abgedruckt hat. Die wertvollste kam direkt vom Berliner Ensemble, unterzeichnet von Martin Wuttke. Den Inhalt kenne ich leider nicht mehr.