DO: Solidarität mit den Betroffenen von Repression!

No one will walk alone

Am 23. August wollten Dortmunder Neonazis, der Partei "Die Rechte", eine Kundgebung gegen das Verbot ihrer Kameradschaft "Nationaler Widerstand Dortmund" abhalten. Der Ort der Kundgebung, die Katharinenstraße als zentrale Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Innenstadt, wurde von mehreren Hundert Antifaschist_innen blockiert, die dem Aufruf des BlockaDO-Bündnis gefolgt waren, die Straße zu besetzen. Auch Besucher_innen des zeitgleich stattfindenden Christopher Street Day demonstrierten gegen den Aufmarsch. Den Neonazis blieb angesichts der Blockaden nichts übrig, als ihre Kundgebung – eingezwängt abseits der Katharinenstraße zwischen einem Cafe und einer Baustelle und umringt von Gegendemonstrant_innen – nach weniger als einer Stunde zu beenden. Dieser Auftritt der Dortmunder Neonazis war ein weiterer Reinfall für die Szene, welcher durch antifaschistischen Protest erreicht wurde.

 

Statt nach der Beendigung der missglückten Kundgebung abzuziehen, fuhren die Neonazis anschließend in die Nordstadt. Hier hatten sie bereits in der Nacht auf Samstag eine Kundgebung gegen die Besetzung einer ehemaligen Kirche angemeldet. Die Kirche war am Freitagabend besetzt worden, um ein Soziales Zentrum für das Viertel aufzubauen.

Der Polizei, die weder Anwohner_innen noch die Aktivist_innen des Sozialen Zentrums über die Kundgebung in Kenntnis gesetzt hatte, entglitt die Situation an dieser Stelle vollkommen: Die Neonazis stürmten direkt nach ihrer Ankunft an der Enscheder Straße auf die Kirche zu. Die wenigen Polizeikräfte waren nicht in der Lage, dies zu verhindern. Erst als Gegenstände vom Dach der Kirche flogen, zogen sich die Neonazis zurück und wurden dann von hinzugezogenen Polizist_innen endgültig aus der Enscheder Straße gedrängt.

Etwa 100 aus der Innenstadt herbeigeeilte Antifaschist_innen fanden sich wenig später an der Kirche ein, um sich solidarisch zu zeigen, während die Neonazis unter dem Spott und Protest von Dutzenden Anwohner_innen ihre Kundgebung an der Oestermärsch abhielten.

Am 29. August jedoch, sechs Tage nach dem Vorfall an der besetzen Kirche, holte die Polizei zum Schlag aus. Das zwischenzeitlich durch die zuständige Gemeinde temporär geduldete Soziale Zentrum Avanti wurden am frühen Morgen von einer Hundertschaft der Polizei und Beamten der Mordkommission gestürmt, angeblich um nach Täter_innen und Beweisen für die knapp eine Woche zurückliegenden Steinwürfe zu suchen.

Alle im Gebäude Anwesenden wurden kontrolliert und durchsucht, persönliche Gegenstände wie Mobiltelefone, Laptops oder Kapuzenpullover beschlagnahmt. Das Gebäude wurde unter dem Vorwand, es als Tatort zu beschlagnahmen, geräumt. Eine Anwesende wurde von der Polizei festgenommen und als dringend Tatverdächtige bezeichnet, später jedoch wieder freigelassen.

Seitdem lässt die Polizei nichts unversucht, um an die unbekannten Täter_innen zu gelangen, denen versuchter Mord vorgeworfen wird. Aktivist_innen des Sozialen Zentrums werden von Beamten angequatscht, ein Steckbrief mit Fotos von acht angeblichen Täter_innen wurde veröffentlicht und eine Belohnung ausgesetzt.

Am Morgen des 11. September dann, wurde ein 17-Jähriger vorläufig festgenommen, da sich der Tatverdacht gegen ihn nach Angaben der Polizei erhärtet habe. Seine Wohnung wurde durchsucht, er selbst bis zum Vormittag des Folgetages festgehalten. Die Bemühungen der Polizei, den 17-jährigen in Untersuchungshaft zu nehmen, scheiterten jedoch schon an der Staatsanwaltschaft, die sich der Sichtweise der Polizei nicht anschloss: Der 17-jährige, welcher jede Aussage verweigerte, ist daraufhin aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden.

Die Polizei nutzt die aktuellen Ermittlungen, um gegen ein beispielhaftes Projekt vorzugehen, in dem abseits von staatlicher Regulierung Menschen zusammen Großartiges auf die Beine gestellt haben. Die Woche vom 22. bis zum 29. August hat gezeigt, dass die Idee eines sozialen Zentrums in der Nordstadt aus dem Stand Hunderte von Menschen begeistert und zur Teilnahme bewegt hat. Diese für die Ordnungskräfte nicht steuerbare Entwicklung wurde mit der Razzia am 29. August zerschlagen.

Zusätzlich versucht die Polizei sich selbst aus der Kritik zu nehmen, die ihr in den letzten Monaten entgegenschlägt. Nicht erst seitdem Neonazis am 25. Mai die Wahlparty im Rathaus überfallen haben, sieht sich die Polizei dem Vorwurf ausgesetzt, ihren Aufgaben nicht gewachsen zu sein. Während Antifaschist_innen bereits am Abend des Wahlsonntag klar war, dass mit einem Erscheinen der Neonazis zu rechnen war, hatte der polizeiliche Staatsschutz bereits Feierabend gemacht, als ca. 30 Neonazis auf die Mitglieder von Parteien und Antifaschist_innen losgingen, die sich vor dem Rathaus versammelt hatten. Die Neonazis sprühten mit Pfefferspray, warfen mit Flaschen und schlugen auf ihre Gegner_innen ein. Nachdem die Polizei nicht in der Lage war, den Angriff zu verhindern, ermittelte sie im Anschluss vor allem gegen die Menschen, die mit einer Menschenkette das Eindringen der Neonazis in das Rathaus verhindert haben.

Auch etwa vier Wochen vorher, als Neonazis am 1. Mai durch Dortmund marschierten, machte die Polizei keine gute Figur. Während mehrere Hundertschaften abgestellt wurden, um Blockaden des Naziaufmarsches zu verhindern, war die Polizei nicht in der Lage, gegen die Neonazis vorzugehen, die Passant_innen bedrohten, einen Hitlergruß zeigten oder sogar Polizeibeamte angriffen.

Beide Ereignisse zogen ein peinliches Nachspiel im Innenausschuss des Landtags nach sich und führten dazu, dass weit ins bürgerliche Lager hinein die Arbeit der Polizei in Frage gestellt wurde.

Die jetzige Repression gegen die Aktivist_innen des Sozialen Zentrums Avanti ist in diesem Kontext zu sehen. Die Polizei hat wieder einmal darin versagt, Gewalt von Seiten der Neonazis zu verhindern. Stattdessen nutzt sie die Folgen der durch ihre Untätigkeit erst ermöglichten Angriffe, um nun die Aktivist_innen mit Hausdurchsuchungen, Festnahmen und einer Mordanklage zu überziehen.

Als Dortmunder Antifa-Gruppen stehen wir solidarisch zu den beiden Beschuldigten und allen, die von den Maßnahmen der Polizei betroffen sind.
Wir raten allen Betroffenen, keine Aussage bei der Polizei zu machen, sondern die Tür zu schließen, sich umzudrehen und das Gespräch zu beenden.

No one will walk alone!

Autonome Antifa 170
Antifaschistische Union Dortmund
Antifa Medienzentrum Dortmund
Jugendantifa Dortmund

September 2014

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Zumindest sollte der Triumpf der Nazis so nicht stehen bleiben. Sie kündigten an, die Besetzung zu bekämpfen. Und haben gewonnen, weil die DO-Cops ihrem Willen entsprochen haben. Ist das so inDortmund? Nazis und Cops entscheiden arbeitsteilig und einvernehmlich über die Belange der Zivilgesellschaft?

Die Antifa zwischen Rhein und Ruhr ist seit Jahren in einem schlechtem Zustand. Ihnen fehlt es an Qualitäten und Substanz. Damit gefährden diese sich selbst und jene welche mit ihnen in Kontakt stehen.

 

Ich bin froh das, ausserhalb von Nordrhein-Westfalen, bessere Realitäten existieren.

Gerade in Dortmund wurden doch in den letzten Jahren antifaschistische Strukturen revitalisiert, ausgebaut und zu ausgeprochen fähigen Gruppen ausgebaut, die noch dazu deutliche Impulse für eine Stärkung der gesamten radikalen Linken im östlichen Ruhrgebiet geliefert haben – so zumindest die Eindrücke von einer, die gleichfalls nicht (mehr) in NRW lebt. Ein gutes Beispiel ist doch dieser Artikel, aus dem deutlich wird, dass die notwendigen Unterstützungsstrukturen für den Fall, dass sich die Ermittlungen nicht im Sande verlaufen, von den Antifas geliefert werden. Hierfür vielen Dank, auch für die gesamte kontinuirliche Arbeit!

Zumindest erfüllen die Dortmunder Genoss_innen das antifaschistische Ideal, solidarisch zu sein und die von der Bullenrepression Betroffenen zu unterstützen deutlich besser als mein_e Vorredner_in mit dem Bash gegen Antifa-Strukturen. Die Cops fahren hier offensichtlich größtes Geschütz auf, setzen darauf, junge Genoss_innen durch Inhaftierung unter Druck setzen zu können. Respekt an den 17-Jährigen fürs Fresse halten bei der Polizei!

Das sollten sich alle anderen zum Vorbild machen: Solidarisch sein, Maul halten, keine Aussagen, auch nicht tratschen!

Sicher ist es im Rhein & Ruhrgebiet nicht sonderlich gut gestellt um radikale Linke Struktren, betrachtet man aber die Tatsache das es dort auch eine der aktivestn Naziszenen gibt, muss man sagen das dort in den vergangenen Jahren stetig arbeit geleistet wurde. Fakt ist einfach Städte mäßig kann grade das Ruhrgebiet als großer Wohnraum nicht mit Szenestädten mithalten. Die dortigen Strukturen hingegen geben scheinbar ihr bestets und fahren, von aussen betrachtet, eine 365 Tage Politik.

 

Grade Dortmund hat in den vergangenen Jahren gezeigt das durch kontinuirliche Arbeit Druck aufgebaut werden kann und den Nazis Grenzen gezogen werden können. Beschäftigt man sich mit der Stadt ein bisschen mehr wird dies auch deutlich, ist halt anders gelaufen als in Dresden oder sonst wo, hat aber funktioniert. Bei meinem letzten Besuch dort musste ich auch, erfreulicherweise, feststellen das es ebend nicht mehr die Stadt ist wo "überall" autonome Nationalisten rumlungern.

 

Zudem enstehen dort momentan scheinbar immer mehr neue Kollektive und Strukturen die über "Antifa" hinausgehen. Was will man mehr im Ruhrpott, zumindest für den moment ;).

 

PS. unabhängig davon hatte "die Antifa" scheinbar eher weniger mit dem Avanti-Projekt zutun sondern macht jetzt genau das richtige was in einer solchen Situation zu tun ist. Solidarität zeigen!

Wo wurde denn bitte von Seiten der radikalen Linken in Dortmund Druck auf die Nasen aufgebaut? Das ist ein (schlechter) Scherz, oder?

Zwecks meines Studiums habe ich mich an den Unis in NRW umgeschaut. Gerade das Ruhrgebiet ist auf dem absteigenden Ast. Die Antifa dort kann nichts bewirken. Dort existiert seit einem Drittel Jahrhundert stetig wachsende Arbeitslosigkeit. Die Lebensqualität da sinkt unaufhörlich. Kulturfeste und Messe hin oder her. In Dortmund, Duisburg, Oberhausen, Mülheim an der Ruhr, Geslsenkirchen, Herne beispielsweise gibt es Familien mit drei Generationen von Hartz IV Empfängerschaft. Sämtliche Gemeinden an Rhein und Ruhr sind überschuldet. Tourismus haben die vor Ort nicht. Auch das Münsterland hat davon nichts zu gewinnen. Es wird besonders im Ruhrgebiet lediglich schlimmer werden. Siehe Bochum wie Opel, Johnson Controls, Essen mit Karstadt etc. Das führt allein zu einer wachsenden Größe an Verlierer_innen anstatt Investionen in die Wissenschaft zu tätigen, das gewinnen von Investoren, das betreiben von Wertschöpfung und Produktion von Gütern für die Menschen welche sie zum Leben -wirklich- brauchen, das erfolgreiche werben um Touristen. NRW hat somit ein schlechtes Image. Der NRW Landtag schaut ohne "Kraft" zu, setzt dem nichts entgegen. Für Nazis ist dies ein fruchtbarer Boden. Wer kann hat dieses Gebiet bereits verlassen. Für mich ist dies kein Lebensraum.

 

Gerade als junge Frau habe ich viel vor mir, will weiterhin eine vernünftige Zukunft haben. Deshalb habe ich mich dagegen entschieden, mich an einer Uni, in NRW zu immatrikulieren. Jetzt bin ich an der Universität Hamburg. Zuhause habe ich eine VDSL 50 Leitung, anders in Nordrhein-Westfalen. Hier bin ich rundum zufrieden und werde auch in Zukunft bleiben oder in ein anderes Land auswandern wo ich mich einbringen kann und ein vernünftiges Leben habe. Darin ist kein Platz für Nazis.

 

Es kommt nicht häufig vor das hier sachlich geschrieben wird. Schade um das Ergebnis. In jedem Fall vielen Dank für Deinen Beitrag !

Als Dortmunder Antifa-Gruppen beteiligen wir uns nicht an Diskussionen in Kommentarspalten, noch halten wir diese für sonderlich Hilfreich. Strukturen und Einschätzungen haben hier nichts verloren. Solidaritätsbekundungen, Anmerkungen & Kritik können den jeweiligen Gruppen gerne per Mail zugesendet werden.

 

Danke für Euer Verständnis.

 

dab.nadir.org

Erstaunlicher finde ich das, bis auf Leizip, es niemand geschafft hat ne Solibekundung für die GenossInnen dort auf die Beine zustellen.

 

ANTIFA IN DER KRISE, und selbst Berlin ist jetzt verloren!

Leider sind die Dortmunder Genoss*innen in den letzten Jahren durch verschiedenste Geschichten (das muss hier aber nicht zum 1000ten Mal durchgekaut werden) in der Region in Misskredit gefallen.

bei einer demo wegen repressionen gegen hausbesetzer*innen in ffm wurde sich sehr eindeutig mit den besetzer*innen (und antifaschist*innen) in dortmund und Hamburg solidarisiert. leider gibs auf indy dazu nix.. hier fr: http://www.fr-online.de/frankfurt/demonstration-hausbesetzer-demonstrier...

Nur kurz: Dortmunder Antifaschist_innen wird hier bescheinigt, sie seien 24/7 politisch aktiv. Ich will kein Salz in offene Wunden streuen aber wie erklärt es sich dann, dass die autonomen Nationalisten von "der Rechten" im Wahlkampf circa 80 Infostände ohne jeglichen Gegenprotest von nicht-parteigebundenen Antifaschist_innen durchführen konnten? Darüber sind wohl viele noch immer zutiefst entäuscht! :-(

 

Solidarische Grüße eine_s/ r Pazifistin

die haben bestimmt auch nicht jeden Nazi-Sticker weg gemacht...